Balancing ist wichtig, weil kein Spieler gerne was Zweitklassiges spielt.
Wieso soll es eigentlich immer dem Spielleiter aufgedrückt werden, defekte Regelsysteme (oder Kaufabenteuer) auszubalancieren? Ich sehe das nicht immer als Aufgabe des Spielleiters.
1. Balancing durch den Spielleiter:
Ein wichtiger Teil im Rollenspiel ist das Ermitteln, Untersuchen und Erforschen. Hier gibt es oft Unausgewogenheiten, wo der eine Charakter mal qualifizierter für eine Aufgabe ist als der andere.
In Systemen, in denen es Spezialisierungen gibt, obliegt es dem Spielleiter, bei seiner Weltgestaltung und Abenteuervorbereitung darauf Rücksicht zu nehmen, dass jeder Spezialist sich einbringen kann. (In Kaufabenteuern haben das meiner Meinung nach die Autoren zu berücksichtigen.) Aber mehr meiner Meinung nach nicht - es ist, finde ich, Sache des Spielers, herauszufinden, wie er seine Skills/Charakterfähigkeiten sinnvoll einsetzen kann. Der Spielleiter muss ihm nicht die Goldene Brücke bauen, sondern darf auf die Angebote des Spielers warten. Er kann es bei einem sehr schüchternen Spieler tun, muss aber nicht.
2. Balancing in den Regeln:
Ein wichtiger Teil des Rollenspieles ist der Kampf. Er nimmt eine lange Zeit am Spieltisch ein, und in dieser Zeit sollten alle die Möglichkeit haben, sich einzubringen. (Mit Einschränkungen gilt das auch für körperliche herausforderungen wie Verfolgungsjagden oder Kletterpartien.) Eine gewisse sportliche Konkurrenz kommt da nicht selten vor - und die muss nicht auch noch durch schrottige, unbalancierte Regeln verstärkt werden, bis sich Frust ausbreitet. Weitgehendes Balancing gibt den Optimierern die Möglichkeit, nach ihrem "Quentchen mehr" in den Regeln zu suchen, ohne die weniger am Optimieren interessierten Spieler vollständig abzuhängen, unterzubuttern oder zu einem Gruppenrisiko zu machen.
Alles oben Gesagte trifft für mich in erster Linie auf klassisches Rollenspiel zu, in dem es darum geht, Herausforderungen gemeinsam in einer Gruppe zu bewältigen, um Abenteuer zu erleben. Für das Nachspielen von Geschichten oder das Durchleiden innerer Konflikte ist Balancing zwischen den Charakteren wahrscheinlich weniger wichtig. Insofern würde ich sagen: Ja, balancing hat einen "gamistischen" Hintergrund.