Thema: Runter/Rauskommen nach intensiven Spiel

[Joerg.D]

Der Gedanke um dieses Problem kreist seit einem guten Gespräch auf dem Demon Con in meinem Kopf und hat nach meiner letzten Dramatik Runde eine völlig neue Bedeutung bekommen, da eine der Spielerinnen nicht aus dem Charakter kam.

Sie hat ihre Rolle so intensiv gespielt, das der Akzent mit dem sie spielte auch nach der Runde beim Essen (unsere traditionelle Art runter zu kommen) drinne blieb und sie nicht auf ihren Namen hörte.

Ich habe dann eine Blechdose genommen und darauf getrommelt um so etwas wie einen Pausengong zu bekommen, was half.

Due Spielerin hat das Problem beim Rollenspiel öfter und wundert sich, wieso sie die Problematik vom Theater das sie spielt nicht kennt. Haben irgendwelche Immersiv-Spieler von Euch Erfahrungen mit der Problematik und Vorschläge/Erfahrungen wie man dem Problem begegnen kann?

Ich arbeite zur Zeit mit einem Wechsel von Licht (während des Spieles nur Kerzen, danach normales Licht) und einer Änderung der Musikrichtung zu etwas schnellerem, aber das scheint nicht auszureichen.

[Chiungalla]

Also ich hatte das Problem so extrem noch nie.

Aber ich könnte mir vorstellen, dass ein triviales Gespräch über Alltagsthemen ("Wie läufts denn bei Dir auf der Arbeit?", "Mist Wetter die letzte Woche, oder?", "Das Unkraut wuchert gerade wie Sau, bei Dir auch?", "Was meinst Du denn zu [Hier aktuelle Nachrichtenmitteilung, oder noch besser Katastrophenmeldung einfügen]?", u.s.w.) ganz gut klappen könnte.

Ansonsten in ganz harten Fällen Glotze an und 10 Minuten N-TV gucken.
Aber ob man überhaupt so sehr in die Realität zurück geholt werden möchte, muss man selbst wissen...

[Joerg.D]

Fernsehen fällt bei mir mangels Fernseher aus.

[LordOrlando]

Vielleicht wärs für solche Spieler gut gewisse Einstiegs und Ausstiegsrituale (die immer gleich bleiben) beispielsweise aus dem autogenen Training einzuführen, d.h. wenn das nicht zu 'psycho' für euch ist :-). Grund: viele psychotherapeutische Methoden Arbeiten mit Visualisierungstechniken - Rollenspiel kann sicherlich als eine Form von Visualisierung bzw. Psychodrama gesehen werde. Bei allen Formen dieser Therapien gibt es bestimmte Einstiegs- und Ausstiegsrituale, damit klar ist, auf welcher Realitätsebene man sich gerade bewegt - also würde ich empfehlen dich mal umzusehen bei Literatur zu autogenem Training, Katathymen Bilderleben oder zu 'Phantasiereisen' etc.

Die Entspannungsaspekte würd ich dabei aber weglassen, die sollen ja was spannendes erleben und nicht wegpfeifen oder in Trance geraten, obwohl so ein Ritual nur dann Sinn macht wenn die Leute nicht zu abgelenkt sind: der Gong ist da ein guter Ansatz: drei Gongschläge:es geht los, zum Abschluss wieder drei gongschläge.

Konkret könnte der Ablauf so Aussehen: Drei Gongschläge, wenn die Leute aufmerksam lauschen erzählst du den Spieler wie sie z.B. über eine Labyrinth o.ä. in das Rollenspiel einsteigen und zum Sc werden, am ende den selben Weg zurück, und wieder der Gong.
Hört sich ein wenig Krass an, aber: HTH!

 

[ErikErikson]

Kill ihren Char und lass sie ienen erstellen, der mit wohlklingendem Akzent spricht und einen Namen hat, mit dem man sich in der Öffentlichkeit nicht lächerlich macht.

[Darkling ["beurlaubt"]]

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@topic:
So krass hab ich das auch noch nie erlebt, aber ich denke auch, dass da gewisse Einstiegs- und Ausstiegsrituale helfen können. Das muss ja nicht mal bewusst rollenspielfern gesteltet sein. Eine gemeinsame Rekapitulation des letzten Abends am Anfang des Spiels und eine kurze Feedbackrunde reißen nicht unbedingt so extrem aus dem Spiel, sind aber dennoch ein klarer Schnitt zurück raus aus der Charakter- und rein in die Spielerebene.

[ErikErikson]

 

[Joerg.D]

Kill ihren Char und lass sie ienen erstellen, der mit wohlklingendem Akzent spricht und einen Namen hat, mit dem man sich in der Öffentlichkeit nicht lächerlich macht.

Für dich ein Einwurf von bestechender Qualität.

[Chobe]

Hmm.. bin das nur ich, oder sollte man sowas nicht ziemlich alarmierend finden?

So intensiv habe ich das noch nie gesehen oder erlebt. Kann auch daran liegen, daß wir wirklich immer einen klaren optischen und akustischen Cut hatten. Musik aus, elektrisches Licht an, BÄM! Das kam in der Hinsicht manchmal fast schon einem Tritt gleich.

[Joerg.D]

Ich mach Kerzen aus, Spots an und Klassik aus, System of a Down an.

Das reicht nicht.

[Glgnfz]

Für dich ein Einwurf von bestechender Qualität.

Ich war auch etwas überrascht und gebe nur ungern zu dreckig geschmunzelt zu haben...

[Belchion]

Beim Einstiegs- / Ausstiegsritual ist es meiner Erinnerung nach wichtig, dass die Leute sich auf das Ritual konzentrieren. Deswegen dürfte das Licht an, Musikwechsel versagen, da konzentriert sie sich nicht drauf. Zum Spielbeginn und -ende muss sie etwas tun, worauf sie sich konzentrieren muss.

[Village Idiot]

Das ist schon heftig und das Essen, das Licht und die Musik, sind ja schon ein deutlicher Cut. Ich wüsste auch nicht, was auuser deiner Trommel noch helfen könnte. Vielleicht zwischen drin schon einmal eine Pause machen? Nach dem Spiel erstmal kurz raus an die frische Luft gehen?

Sylandryl

[ErikErikson]

Ich meine solche Witze meistens provokativ. Hier passt mir nicht, das ihr unreflektiert die Norm "Sowas sollt ma eigentlich ned mache, gell Sieglinde?" anlegt.

[Village Idiot]

Off Topic:

Ich denke es war allen klar, das der Beitrag provozieren sollte. Die Frage ist allerdings, wenn du meinst es sei nötig dies zu erklären, bist du dann wirklich weise genug um kluge um provozierende Einwürfe zu machen?

[ErikErikson]

Du hast recht. Ab sofort wird nix mehr erklärt. Dann verstehts zwar kaum einer, aber was kümmerts mich. Ich hätt eigentlich eh die Klappe gehalten, aber momentan bin ich wegen Prüfungszeit etwas gereizt.

[Zornhau]

So etwas, also daß ein Spieler "nicht mehr Rauskommt" nach einer Spielsitzung, ist mir in über 30 Jahren Spielpraxis NOCH NIE passiert.

Und dabei hatte ich mit durchaus psychisch problematischen Spielern zu tun (auch mit - mir vorher unbekannt - psychisch Erkrankten).

Wenn diese Spielerin das Problem ÖFTER hat, dann ist Rollenspielen NICHTS für sie. Denn dann hat sie ein gesundheitliches Problem.

Es ist NICHT normal, wenn man nach einer Spielsitzung nicht mehr auf den eigenen Namen hört. Bei so etwas sollte der Gang zum Arzt, mindestens aber der zu einem psychotherapeutischen Berater eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

Gefährlich ist, hier nach "Rezepten" in "psychotherapeutischer Hausmittel-Art" zu suchen, denn wer kann bei solchen Vorschlägen, Ideen schon die Verantwortung übernehmen, daß hierduch nichts SCHLIMMERES angerichtet wird. Denn offensichtlich ist die Psyche des/der Betroffenen ja nicht gerade stabil, und eine "Hauruck"-Methode zum "Rauskommen", kann hier eventuell mehr Schaden als nutzen.

Wie gesagt: Die obige Spielerin sollte das mit einem Arzt besprechen, weil hier etwas Ernsteres dahinter stecken kann (nicht muß - aber sicher ist sicher).

[carthinius]

Es ist NICHT normal, wenn man nach einer Spielsitzung nicht mehr auf den eigenen Namen hört. Bei so etwas sollte der Gang zum Arzt, mindestens aber der zu einem psychotherapeutischen Berater eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
(...)
Wie gesagt: Die obige Spielerin sollte das mit einem Arzt besprechen, weil hier etwas Ernsteres dahinter stecken kann (nicht muß - aber sicher ist sicher).

Tatsächlich bin ich mir nicht sicher, ob Zornhau nicht recht hat. So ein "Verlieren" in der Rolle könnte ernstliche Probleme nach sich ziehen - das das keine "normale" Immersion mehr ist, scheint ja auch offensichtlich.
Gibt ja auch Horrorstories von Larpern, die aus ihren Rollen nicht mehr herauskamen.

[Joerg.D]

Ja, die möchtegern Psychologen.

Leute überlasst das Beurteilen, ob so etwas gefährlich ist oder nicht besser Profis.

[Erdgeist]

Ich stimme Zornhau teilweise zu. Professionelle Ratschläge von außen sind angeraten, wenn das beschriebene Phänomen derart heftig ist und auch regelmäßig vorkommt. Ich präzisiere es aber auf einen Psychologen; ein Arzt wird bei Verhaltensweisen nicht viel weiterhelfen können.

Wichtig hierbei ist, dass die Spielerin es selbst als Problem oder zumindest merkwürdig verstörend wahrnimmt. Vielleicht hängt auch momentan oder allgemein in ihrem Leben etwas schief. Bereits ein einfacher Psychologe kann da schon sehr weiterhelfen, das Problem zu reflektieren und nach Ursachen zu forschen. Zum Psychologen zu gehen soll ja nicht heißen, dass eine Krankheit vorliegt; häufig ist man einfach nur durch Ereignisse im Leben ein wenig aus der Bahn geworfen. Mithilfe eines professionellen Gesprächs kann man sein Selbstbewusstsein und Selbstwahrnehmung wieder stärken.

[carthinius]

Ja, die möchtegern Psychologen.

Leute überlasst das Beurteilen, ob so etwas gefährlich ist oder nicht besser Profis.

Du wolltest Vorschläge, du bekommst Vorschläge. Immerhin habe ich NICHT gesagt "Boah, die is ja voll bekloppt, schließ die weg und lass die bloß nicht mehr rollenspielen!".
Zugegebenermaßen bin ich kein Profi in Bezug auf psychologische Beratung - aber man wird ja wohl noch erwähnen dürfen, dass es eventuell nicht schlecht wäre, da mal abklopfen zu lassen, ob alles okay ist, wenn man sich so in einer Rolle verliert.

Aber gut, du musst selbst wissen, was du willst.

[Dr.Boomslang]

Ich wär mal vorsichtig mit den guten Ratschlägen, wir alle waren nicht dabei. Das kann auch einfach nur eine alberne Spielerei gewesen sein. Wahrscheinlich ging es Jörg einfach nur auf die Nerven, dass die Spielerin sich nach dem Ende des Spiels weiter auf eine Weise damit beschäftigen wollte, wie es eigentlich nur im Spiel selbst möglich ist.

Ich habe das auch schon häufiger erlebt, dass Spieler mit mir als SL nach dem Spiel quasi inoffiziell weiter spielen wollen, also weiter erzählen was ihr Charakter machen würde und wissen wollen wie irgendwas wäre oder was passieren würde, ohne es selbst richtig zu merken dass wir dazu weiter spielen müssten.

Wer Inception gesehen hat weiß ja wie man so ein Problem löst: Mit dem Kick

[Eulenspiegel]

Leute überlasst das Beurteilen, ob so etwas gefährlich ist oder nicht besser Profis.

Genau das war doch der Vorschlag:
"Ich habe keine Ahnung, ob das gefährlich ist. Also schicke sie doch zu einem Profi, damit der das beurteilen kann."

[Chobe]

Ja, die möchtegern Psychologen.
Leute überlasst das Beurteilen, ob so etwas gefährlich ist oder nicht besser Profis.

Na, Du hast nach Meinungen gefragt.

Hätte ich nur einmal eine solche Situation wie in Deinem Eröffnungspost erlebt, würde ich auf jeden Fall erst einmal großen Abstand vom Rollenspiel mit dieser Person nehmen. Denn egal welches psychologische Problem da vorliegt -möchtegern hin oder her- hätte ich die Sorge, daß ich es noch unterstütze oder verschlimmere (eben weil ich kein Psychologe bin)!

Ich finde die wichtige Frage ist nicht, was man tun kann, daß jemand in die Wirklichkeit zurückfindet... sondern ob so jemand weiterhin Rollenspiel betreiben sollte.

[Joerg.D]

Ich will in diesem Thread Tipps haben, wie die Dame aus dem Rollenspiel wieder rauskommen kann, wenn sie zu tief drinne ist und keine Äußerungen, dazu wie ihr dieses Spiel bewertet, weil die gute Dame einfach alt genug ist um selber zu eintscheiden, wie tief sie in den Charakter gehen möchte. Sie ist beileibe nicht die einzige und auch nicht die Erste, die mal im Charakter hängen bleibt. So etwas passiert bei hoch intensiven Runden und sensiblen Mitspielern nun einmal ab und an.