Dass hier überhaupt so wenig geposted wurde führe ich einfach mal darauf zurück, dass entweder mein Thema nicht verstanden wird (das bedeutet dann schlechte Kommunikation meinerseits ) oder dass für euch Theoretiker, die ihr wahrscheinlich aus guten Spielern und SLs besteht mit der Kommunikation schon lange keine Probleme mehr habt, dass euch das Thema nicht relevant erscheint.
Ich tippe eher darauf, daß das Thema dermaßen relevant ist, daß man dazu mehr sagen muß, als man so nebenher mal gerade tippen kann. Da ging es mir gestern einfach wie Liquid Night:
Deine Frage beziehen sich auf ein sehr weites Feld. Ich wüsste jetzt gar nicht, wo anfangen.
Ich bin mir auch nicht so ganz sicher, wie ich mich davon abhalten soll, ganze Romane darüber zu schreiben... ich versuche es mal knapp, in der Hoffnung, daß ich es dabei nicht bis zur Unverständlichkeit verkürze.
Kommunikation ist das A und O des Rollenspiels. Demzufolge kann man es überhaupt nicht spielen, wenn die Teilnehmer nicht kommunikationsbereit sind. Ein Allgemeinplatz, aber ich möchte ihn zu Anfang einmal kurz festhalten, weil es bedeutet, daß ich im folgenden konsequent von Leuten ausgehe, die an gegenseitiger Kommunikation prinzipiell (wenigstens bis zu einem gewissen Ausmaß) interessiert sind.
Das steht dennoch nicht im Widerspruch zu der Beobachtung:
Ich habe oft beobachtet, dass SL und Spieler nicht aufeinander hören, ...
Das ist ein Problem gerade der aktiveren Spieler und der Spielleiter, die sich selbst gern reden hören. Irgendwie schleicht sich ja doch immer wieder das Gefühl ein, daß Gespräche aus Reden bestehen - dabei ist entscheidend die Erkenntnis, daß sie aus
Zuhören bestehen. Und daß man dazu Geduld braucht, auch im Rollenspiel, denn eine Klärung auch nur aller
wichtigen Elemente der Vorstellungsräume ist nun einmal langwierig. Darum sind Werkzeuge, die das Klären beschleunigen, hilfreich:
- Da ist zum einen gutes "grounding", wenn ich es aus pharyons wenigen Worten richtig verstanden habe: Es synchronisiert die Vorstellungsräume (wenigstens ein Stück weit). Ich würde hier auch die ganze Klischee-Thematik einordnen.
- Zum anderen helfen Bilder (inklusive Skizzen, Battlemaps usw.), weil sie bestimmte Informationen gedrängter transportieren als Worte.
- Dasselbe gilt für nonverbale Kommunikation, die zusätzliche Erklärungen durch Gesten, Schauspiel u.ä. vermittelt.
Man kann diese Techniken optimiert einsetzen, wenn man sich klar macht, was sie jeweils transportieren sollen, und man darauf den Fokus legt, so daß nicht ein Spieler etwas Nebensächliches für das Eigentliche hält. (Vielleicht läßt sich die Liste noch erweitern?)
Viele Mißverständnisse ergeben sich, wenn jemand "jetzt weitermachen will", während die verschiedenen Vorstellungsräume noch nicht abgeglichen sind. Vor allem, wenn die Spieler "in Fahrt" sind, was ja eigentlich ein sehr wünschenswerter Zustand ist, und bei Szenen, bei denen ein hohes Tempo das Spielgefühl unterstützt... Vielleicht ist darum der Einsatz von Miniaturen gleich doppelt hilfreich: Er beschleunigt den Abgleich wichtiger Elemente der Vorstellungsräume, und während des Aufstellens der Figuren gibt es eine (allgemein akzeptierte) Unterbrechung, in der man nochmal über Dinge reden kann, die noch zu klären sind. Allerdings können je nach gewünschtem Fokus auch die Ansichten, was wichtig zu klären ist, sehr weit auseinandergehen: Für den Spieler, der Handlung erleben will, sind unter Umständen viele Dinge eher gleichgültig, die für einen anderen den Unterschied zwischen "bloßem Herumgerenne" und "Handlungstiefe" ausmachen. Der handlungsaffine Spieler wird also zur Ungeduld neigen, wenn der detailaffine Spieler gerade richtig in Fahrt kommt - und umgekehrt wird der detailaffine Spieler unter Umständen sich fragen, wozu man einen Kampf mit Battlemap und allem ausstaffieren muß, wo doch eigentlich nur zählt, wer am Ende überlebt hat, was zu klären auch mit einer Handvoll Würfelwürfen möglich wäre. Aber da kann nur ein adäquates Sozialverhalten helfen: Zuhören, nach bestem Vermögen einfach mitmachen, was den anderen freut - und sich seinerseits den eigenen Spaß nicht vermiesen lassen, sondern notfalls auch mal klar formulieren: "Das ist jetzt das, was für mich den Spaß am Rollenspiel ausmacht, also habt jetzt Geduld mit mir."
Eine Unterbrechung, wenn die Informationsvermittlung unter dem Spielfluß leidet, ist bedauernswerterweise nicht immer empfehlenswert, aber sie kann nun einmal leider den Spielfluß abwürgen, statt ihn nur zu unterbrechen. Das würde ich derzeit als Dilemma betrachten, aus dem ich noch keinen Ausweg gefunden habe. Wenn die Spieler wieder ins Spiel hereinkommen, ist eine gezielte Unterbrechung wohl dennoch manchmal angeraten, um ein Auseinanderlaufen der Vorstellungsräume zu vermeiden. Das gilt vor allem für den Moment vor Spielphasen, in denen ein hohes Tempo gewünscht wird (was vielleicht auch das Wieder-Hineinkommen in den Spielfluß erleichtert).
Was für die Praxis noch ein sehr nützliches Werkzeug sein müsste, wären Hinweise darauf, woran sich ein Auseinanderlaufen der Vorstellungsräume erkennen läßt. Wenn es so etwas gibt...?
Und außerdem: Gibt es Techniken, eine notwendige Unterbrechung so zu gestalten, daß sie das Wieder-Hineinkommen in die Handlung möglichst vereinfacht? Das müsste die Akzeptanz für solche Unterbrechungen steigern.