Und Kämpfe, die wichtig sind und viele Beteiligte haben, möchte ich nicht ohne Minis spielen. Aber dennoch spielen wir sehr oft ohne Minis. Kämpfe mit wenig Beteiligten, unwichtige Kämpfe oder einfach nur Kämpfe, die in der Stimmung entstehen, sind hier zu nennen.
Ich habe in SW noch NIE auch nur EINEN "unwichtigen" Kampf erlebt!
Kampfszenen in SW haben IMMER das Potential HEFTIGSTER Konsequenzen für die SCs! - Die gängigste ist: Der SC stirbt. Ende. Aus. Tot.
"Aufwärm"-Kämpfe gibt es in Regelsystemen, in denen Kämpfe nur zur Reduzierung der Gruppenresourcen dienen, wo sie aber KEINE ECHTE GEFAHR darstellen.
Sobald in SW aber gekämpft wird, steht mindestens ein SC-Leben auf dem Spiel!
Und damit ist dieser Kampf ein WICHTIGER Kampf.
Und wenn er für das Überleben des SC wichtig ist, dann ist es auch wichtig, daß der SPIELER wirklich ALLE Informationen hat und ALLES regelgetreu erlaubte TUN kann, um seinen SC aus dieser Todesgefahr herauszubringen.
Dazu gehört die Visualisierung der Szenerie.
Wenn man mal anfängt ein Entermanöver bei 50 Fathoms mit 30 Mann auf dem eigenen Schiff und 40 auf dem gegnerischen zu versuchen "nur im Kopf" und dabei auch noch FAIR und OHNE BESCHEISSEN durchzuspielen, dann merkt man, warum andere Systeme, die NICHT diese Skalierbarkeit wie SW aufweisen, an dieser Stelle auf das Handwedel (= BESCHEISSEN) durch den Spielleiter verweisen.
Da spielen dann die Spieler nicht mehr ihrer Charaktere in einer Kampfszene, sondern sie WERDEN gespielt!
Sie werden vom Spielleiter hin- und her-"gewedelt" und bekommen ihre willkürlich abgemessenen Bröckchen minimaler Einflußmöglichkeit präsentiert.
Bei SW ist das anders.
Hier ZÄHLT der Spieler noch etwas!
Hier ist die FINDIGKEIT des Spielers DAS entscheidende Gut, welches über den Verlauf des Spiels entscheidet.
Hier muß NICHTS "handgewedelt"/hinbeschissen werden, sondern ALLE werden FAIR behandelt.
Savage Worlds ist als Gesamtsystem auf mehreren Ebenen unterschiedlich "konkret" bzw. "abstrakt" aufgebaut.
Beim sehr abstrakten Massenkampf beeinflussen die Charaktere immer noch den Ausgang (sogar entscheidend!), aber hier reden wir von mehreren Zehntausenden an Kampfbeteiligten, so daß sich eine Visualisierung nicht unbedingt anbietet.
Bei Verfolgungsjagden wird mit einem eher abstrakten Positionierungs- und Distanz-Rahmen gearbeitet, um die hohe Mobilität nicht in ein ständiges "Stückeln" der Bodenpläne ausarten zu lassen - wobei natürlich auch die hohe Geschwindigkeit z.B. bei Autoverfolgungsjagden im Miniaturenmaßstab zum Tragen kommt: Ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit ist in einer oder zwei Runden "vom Tisch", weil er so schnell ist.
Nur beim INDIVIDUELLEN Kampf in Szenerie, also beim nicht so HOCH-mobilen Kampf, sondern beim MOBILEN Kampf ist eine angemessene Visualisierung notwendig.
Miniaturen-Verächter haben hier im Forum schon JEDE MENGE Alternativen für eine brauchbare und FAIRE Umsetzung der Visualisierung bekommen. - Vom Nadelspiel über Whiteboards, Magnetmarker, flache Counter, Halma-Pöppel, ausradierbare Kreuzchen auf einem Stück Papier. - ALLES geht.
Ich habe den Eindruck, daß die NOTWENDIGKEIT einer Visualisierung GENERELL bestritten wird - nicht daß es WIRKLICH nur um Miniaturen (die ja auch eine gewisse Anschaffung darstellen) geht.
Und mit der GRUND-ABLEHNUNG einer fairen, angemessenen Visualisierung bekommt man auch außerhalb von SW immer dieselben alten Probleme: Die "Nachfrage-Zirkel".
Die einzelnen Spieler müssen STÄNDIG immer erst in dem Moment, wo sie dran sind, nochmal nachfragen, wer wo steht, wo wer steht, wo was im Raum ist, wo die Tür oder das Fenster nochmal war.
Reine Gedankenbilder sind SEHR flüchtig.
Vor allem, wenn es um den TOD des SC gehen wird!
Erst DANN, wenn so langsam wieder ein Bild im Kopf entstanden ist, kann der Spieler überhaupt zu überlegen ANFANGEN, was er seinen SC denn nun tun lassen möchte.
Währenddessen müssen die anderen Spieler genervt warten bis SIE die Fragen NOCHMAL stellen werden, denn auch IHR Bild von der Lage ist hochgradig flüchtig und braucht den ständigen verbalen Refresh.
Glaubt ja nicht, daß hier ein "Vorurteil" aus mir spricht!
Ich bin LANGE Zeit der Hybris aufgesessen, daß man doch "rechtes Rollenspiel" nur betreiben könne, wenn man so WENIGE "immersionsstörende" "Minispiele", "Ablenkungen", "Regelanwendungen, die bewußtes Auseinandersetzen mit Mechaniken erfordern" wie möglich im Spiel verwendet.
Das war eine SACKGASSE!
Ich mußte immer mehr bei den Kampfszenen mit der Beschreibung zurückfahren, weil meine Spieler all die vielen Details, die ICH im Kopf hatte, eben NICHT aufgefaßt hatten. Von 100 beschriebenen Eigenschaften einer Szene kamen gefühlt 5 an. Und nicht einmal die Wesentlichen!
Dann beschrieb ich weniger. Das kam bei den Spielern wenigstens an, doch sah dann JEDER Kampf irgendwie GLEICH LANGWEILIG aus.
Hinzu kam noch die Verwendung von Regelsystemen mit so viel "Un-Finesse" wie " Ich geh halt hin und hau mal drauf".
Bei SW kommt bei solch einer Vorgehensweise der SC schneller um, als manch einer glaubt. - Sei UNFINDIG und Dein SC ist tot.
Ich LEHNTE die ganz früher GERNE und OFT verwandten Miniaturen ab, auch die vielen Pappcounter, die ich für Midgard immer in Mengen gebastelt und verwandt hatte.
Kopfkino war das Schlagwort.
Leider wäre FILMRISS aber TREFFENDER gewesen.
Die obigen Nachfrage-Zyklen sind ERFAHRUNGSSACHE.
Aus meinen eigenen Runden.
Und - ganz aktuell - aus Runden z.B. im Verein, in denen der WFRP-Spielleiter OHNE Visualisierung spielen wollte.
Da hatte neulich erst eine Kampfszene mit mageren 6 Beteiligten (insgesamt!) fast eine STUNDE gedauert!
WAHNSINN! Welche SPIELZEITVERSCHWENDUNG!
Ich hatte früher mal in einer DL Classic Runde als Spieler einen EINZIGEN Kampf von 5 SCs gegen 14 inkompetente NSCs über fast 5 Stunden mitgespielt. - Die GESAMTE Spielzeit wurde von diesem EINEN Kampf weggefressen, der noch nicht einmal SPANNEND war!
Bei SW ist das ANDERS!
Wenn ich vor Ende der Spielzeit noch 45 Minuten Zeit habe, bis alle wegmüssen und ich noch eine Kampfszene mit 30 NSCs gegen 6 SCs habe, dann WEISS ich, daß ich diese Szene SPANNEND UND FAIR durchgespielt bekomme UND noch Zeit für Dialogszenen nach dem Kampf haben werde!
Das ist AUCH meine Erfahrung aus meinen Runden.
Und das war für mich das "Hauptverkaufsargument", warum ich von D&D 3E komplett auf SW umgestiegen bin.
Ich wollte nicht nur "dahinbeschreiben" und unbefriedigte Spieler im FILMRISS ihres Kopfkinos leiden sehen.
Und ich wollte nicht nur "Regelsystemabwicklung" betreiben, statt Rollenspiel.
Und ich wollte kein "Kästchenzählen", keinen freien 5-Foot-Step, keine AoO mehr sehen.
Alle diese Probleme bin ich mit SW LOSGEWORDEN!
Und zwar durch KONSEQUENTE Verwendung der von SW wirklich auf hohe Abwicklungsgeschwindigkeit, hohe ENTLASTUNG des Spielleiters und starke Förderung von Immersion durch Visualisierungen ausgelegten SW-Kampfregeln unter Verwendung von - bei mir - billigen Faltfiguren und 2D-Battlemaps oder 3D-Szenerie.
Allein die Map oder die Szenerie erlaubt auch den Spielern, die gerade noch NICHT dran sind, schon genau zu überlegen, was ihr SC als nächste tolle Sache machen kann. - Dadurch habe ich eine Rundenabwicklungsgeschwindigkeit bei halbwegs eingespielten SW-Spielern, die ich NIRGENDWO sonst jemals erlebt habe.
Und - noch besser! - durch die Visualisierung sind die Spieler IMMER MITTEN DRIN im Geschehen!
Sie sind IM Charakter, IM Spiel, IN der Spielwelt!
Bei Visualisierungsablehnern als SL habe ich schon öfter selbst als Spieler erlebt, wie sehr MEINE Gedanken immer dann, wenn er die (lange dauernde) Runde um den Tisch für die Handlungen der anderen SCs macht, so sehr abschweifen, daß ich geradezu einen Memory Reset erlebe, bis ich wieder dran bin.
Das ist bei anderen Spielen, wo man um Erzählrechte oder die Erzählung selbst spielt, anders. Da fabuliert jeder mit. - Aber solch ein Spiel ist SW nicht und will es auch nicht sein.
SW ist ein normales, klassisches Rollenspiel - aber das RASANTESTE und LEICHTGÄNGISTE - genauer: LEICHTSPIELIGSTE Rollenspiel, was ich nicht nur kenne, sondern was mir die FREUDE am Spielleiten wieder zurückgebracht hat.
Ich war, wie gesagt, in der Anspruchsdenke der "Besserspieler", welche die Nase über "die Figurenschubser" rümpfen, ebenfalls gefangen.
Und es WAR ein GEFÄNGNIS!
Ich konnte alles nur durch ein GITTER, nur KLEINKARIERT wahrnehmen!
Bis ich entdeckt hatte, daß es nicht die Miniaturen sind, welche das Spiel verzögern oder "die Immersion" stören, sondern es ist das FEHLEN der OPTISCHEN und HAPTISCHEN Sinneseindrücke für die SPIELER, welche die Spieler zum Wegnicken auf der Couch, zum gedanklichen Abdriften, zum VERSACKEN nicht im Charakter, nicht in der Spielwelt, sondern in ihren eigenen geistigen Nebeln bringt.
Daher finde ich es wirklich langsam LÄSTIG, wenn in solchen Threads um das EIGENTLICHE Problem immer wieder herumgedrückt wird, und wenn die "Miniaturen-Allergiker" immer wieder VERDRÄNGUNG betreiben, statt ihre eigene Praxis mal KRITISCH ZU HINTERFRAGEN.
Beschränkt ihr Kampfszenen auf eine oder zwei Handvoll Beteiligter?
Wie oft WIEDERHOLT ihr die verbale Lagebeschreibung pro Runde um den Tisch?
Wie oft stellen Eure Mitspieler Nachfragen?
Kollidieren Eure Vorstellungen und Beschreibungen mitten in Szenen mit denen der Spieler? - Wie oft müßt ihr "back tracking" betreiben, weil ein Spieler sagt "Wenn ich geahnt hätte, daß der mich einfach so beschießen kann, dann wäre ich nicht rechts herum gegangen!"?
Das sind nur ein paar WENIGE Beispielfragen, die jeder mal für sich beantworten sollte, der seinen Spieler VORENTHÄLT etwas zum SEHEN und etwas zum ANFASSEN zu geben!
Der Mensch ist - glücklicherweise - eben KEIN reiner "Kopfmensch"!
Und wer ein SPIEL spielt, der möchte auch gerne SPIELMATERIAL zum Anfassen haben. Würfel, Figuren, Karten, Chips, Bennies, Maps, Szenerie, usw.
Savage Worlds ist ein Rollenspiel, welches ganz klar sagt: Ich bin ein SPIEL!
SW ist KEINE "Anleitung für Theaterschauspiel", sondern ein normales Rollenspiel mit ALLEN Elementen, die seit über 30 Jahren Rollenspiele ausmachen - und mehr!
Wenn Ihr "Ich mag aber meinen Spielern nicht ZEIGEN, wie es in der Szene aussieht"-Ablehner tatsächlich NICHT die Probleme in Euren Runden habt, die MICH über Jahre hinweg wirklich GEPLAGT haben, dann: Lucky you!
Dann spielt einfach das weiter, was ihr bislang so toll problemlos gespielt habt, und freut Euch.
Dann BRAUCHT ihr NICHT SW!
SW ist für die Spieler, die Probleme ERKANNT haben, und sie LOSWERDEN wollen!
Und das wird man NUR durch Verwendung aller gebotener Möglichkeiten - wozu auch Visualisierungen gehören. - Im Einfachfall mit ein paar Knabberkramteilen auf der Tischdecke. ALLES ist besser als KEINE Visualisierung.
Bei SW wird EMPFOHLEN Kampfszenen mit Miniaturen und Bodenplan (aber OHNE Raster-"Pflicht") zu spielen, weil es einfach BESSER und SCHNELLER und LEICHTER geht.
Meint ihr denn, diese Empfehlung wird aus irgendwelchen "ideologischen" Gründen gegeben?
Lest mal das Making-of-SW-PDF. - Dort wird klar, wie "unideologisch" Shane Hensley tatsächlich ist.
Mit Minis, ohne Minis, mit Map, ohne Map - EGAL!
Spielt, wie es Euch am meisten Spaß macht!
ABER: BESCHWERT Euch NICHT, wenn das Spiel von SW-Runden OHNE adäquate und schnelle und einfach zu bedienende Visualisierung genauso langsam läuft, wie in Euren anderen SCHNECKEN-Systemen, bei denen ihr sonst Eure Spielzeit verbratet!
Wer FAST! Furious! Fun! haben WILL, der spielt MIT ALLEM UND SCHARF!
SW ist wie ein feingetunter Formel-1-Bolide. Das Spiel läuft wirklich RASANT und flüssig und hat eine tolle "Straßenlage".
Wer aber hergeht und sich SW kauft und dann die LUFT aus den Reifen läßt, der sollte sich NICHT beschweren, daß sein alter 60er-Jahre-Opel Marke Rostlaube ja "viel schneller als SW" sei!
Solch eine Beschwerde wäre nämlich BESCHEUERT!