Realismus hat im Rollenspiel - wie eigentlich bei jedem Medium, dass dazu dient, eine gewisse Geschichte darzubieten, eine relativ klare Funktion, nämlich die des grundlegenden Minimalkonsenses. Wenn man sich auf nichts anderes einigen kann, gelten eben die nakten Fakten. Und das ist nicht nur ein Kompromis, mit dem die meisten Leute leben können, diese Annahme gilt auch meist, ohne sie lange diskutieren zu müssen. Eben weil es müßig ist, sich über Allgemeinplätze zu streiten.
Es gilt in aller Regel, dass auch in der beschriebenen fiktiven Welt die vertrauten Regeln und Gesetzesmäßigkeiten gelten, bis das Gegenteil erwähnt wird. Das hat zum einen rein praktische Gründe - wer will schon bei jedem fiktionalen Universum wieder bei 0 anfangen und jede Kleinigkeit erklären müssen - aber darüber hinaus auch einen gewissen psychologischen Grund. Lebenserfahrungen und Weltwahrnehmung wie auch allgemeines Wissen prägen die Weltsicht und somit auch die Erwartungshaltung, wie die Welt sich verhält. In aller Regel gilt dabei auch: Je mehr man weiß, desto klarer ist diese Erwartungshaltung und um so leichter ist es, diese Erwartung auch zu enttäuschen.
Das klingt jetzt alles relativ banal, aber klassischerweise ist Frustration eine Folge enttäuschter Erwartungen und daher ist es, gerade im Rahmen eines Spiels eben nicht völlig unwichtig, denn für ein Spiel, dass ja doch eher den Zweck hat, zur Unterhaltung zu dienen, sind Frustrationsquellen erst mal fehl am Platz.
Daher sollte man für die Spielgestaltung die Erwartungshaltung und dementsprechend auch den Wissensstand der Mitspieler nicht ausser Acht lassen. In dem man den Wissensstand der Mitspieler und die Erwartung an die Spielwelt berücksichtigt, kann man es manchmal verhindern, Leuten ungewollt vor den Kopf zu stoßen, oder regelmäßig eher unerfreuliche Gefühle eines "dummen" Spiels zu verhindern.
Gut, man kann auch erwarten, dass sich die Mitspieler erst mal dumm stellen und ihre Erwartungshaltungen herunterzuschrauben. Ich persönlich halte es aber für relativ unhöflich, die Intelligenz anderer Leute zu beleidigen.
Und in diesem Zusammenhang ist Realismus einfach ein sehr brauchbarer Universalkonsens auf den man sich eigentlich immer zurückziehem kann. Die Grundlage so ziemlich jedes einzelnen Genres liegt letztendlich in Realismus + Abwandlung und genrespezifische Eigenheiten. Einfach auf Grund der normalen Erwartungshaltungen und Grundannahmen. Realismus ist fast immer die Grundlage oder das Fundament, auf dem man ein Genre aufzieht. Und als solches ist er nicht zu verachten und es ist ein wenig törricht, ihn kleinzureden, eben weil kein Genre im luftleeren Raum vor sich hin schwebt sondern fast alle zu Mindest in Teilen eben auf dem Realismus aufbauen.