Autor Thema: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit  (Gelesen 35876 mal)

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Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #150 am: 15.09.2010 | 20:44 »
Nein? Ich habe zwar diese spezielle Aussage noch nicht gehört, aber durchaus die Verwendung "realistisch" in bezug auf rein fiktive Elemente einer Rollenspielwelt. Es ergibt auch Sinn, weil die Elemente in der Regel miteinander "vernetzt" sind und man darüber abschätzen kann, was "sein kann" und was "nicht sein kann". Der Bezug zur Realität ist also da - sonst ließen sich die fiktiven Elemente ja auch überhaupt nicht handhaben. 

Naja die Aussage ist wirklich etwas speziell zu den Feuerbällen.

Jedoch muss ich zustimmen, dass jede Abschätzung der "recast-Fähigkeit" der Magie komplett unabhängig von unserer Welt ist. Denn einerseits gibt es wirklich keine Stufen die wirklich abschatzbar sind außer Stufe 0 oder 1. Da fängt man ja eher noch als normalo an (meistens, da Magier wieder ausgenommen).

Aber wer könnte jetzt sagen wie viele Feuerbälle/andere Zauber ein Magier auf welcher Stufe zaubern kann.

Vielleicht ist alles mit einem kleinen Wurf zur Abwehr der Müdigkeit getan, und ein Feuerball ist ungefähr so anstrengend wie einmal mit dem Schwert zu schlagen. Ich würde zwar wetten die meisten Spieler würden sich beschweren, aber vielleicht ist das in der entsprechenden Welt einfach so.

Desweiteren ist jede Einschätzung der Stärke der Magie rein von unseren Konventionen und nicht irgendeiner messbaren Realität abhängig. Man könnte eine Spielwelt entwickeln, in der jeder Popelmagier ne halbe Stadt ausradieren kann.

Gut solche Spielsysteme sind mir (Gott sei dank) noch nicht über den Weg gelaufen. Aber das Gegenteil sehr wohl. DSA3, das einem ausgebildeten Krieger (zwar nur Stufe 1 aber die Ausbildung ist da fertig) auch mal von nen paar Bauern niedergekloppt wird. Oder der Magier der nach vollendeter Ausbildung nicht mal seinen besten Zauber halbwegs sicher über die Bühne bringt.

EDIT: Sry ist mir doch latt das zitat verlorengegangen-
« Letzte Änderung: 16.09.2010 | 00:11 von Voronesh »
Was manchmal nervt ist, das die Leute realistische Sachen fordern, aber viel unrealistischere Sachen, an die sie sich gewöhnt haben, völlig ignorieren. Wie wenn der Drache im Kino hockt und schreit "Voll unrealistisch, es gibt keine Orks."

Offline Bad Horse

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #151 am: 15.09.2010 | 21:53 »
Das mit dem Feuerball wäre dann unrealistisch / unplausibel, wenn ein Magier der 15. Stufe zwar nur drei Feuerbälle, aber dafür 7 Feuersbrünste werfen könnte, die dann auch noch mehr Schaden machen.  ;) "Unrealistisch" heißt in dem Fall einfach nur "Macht für mich keinen Sinn".

@Popelmagier und halbe Stadt ausradieren: Wenn du dich in der Richtung spezialisierst, geht das bei Ars Magica mit einem Anfangscharakter schon (Erdbeben und so). Eine Magierin hat da mal eher versehentlich einen Straßenzug platt gemacht, weil der Spieler die Spruchbeschreibung nicht gelesen hatte.  ;) (Es gibt setting-immanente Gründe, warum das Plattmachen einer halben Stadt problematisch sein könnte und wird daher meistens unterlassen.)
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Offline Merlin Emrys

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #152 am: 15.09.2010 | 22:01 »
Aber wer könnte jetzt sagen wie viele Feuerbälle/andere Zauber ein Magier auf welcher Stufe zaubern kann.
Wenn jemand das System kennt, kann er zumindest eine Abschätzung geben. Wenn ein Zauber eine bestimmte Ressource verbraucht, kann man einfach die Resourcenhöhe mit den Zauberkosten vergleichen (bei DSA 3 etwa: Mana steigt mit der Zeit, Zauberkosten bleiben konstant -> mit gewissen Unabwägbarkeiten wie Meditationen usw. kann man durchaus sagen, was ein Zauberer ungefähr an Ignisphaeri erzeugen kann).

Je nachdem, wie man "von unserer Welt abhängig" füllt, ist die Magie entweder sehr wohl von ihr abhängig (nämlich in den gleich näher ausgeführten Gesetzmäßigkeiten), oder zumindest die Gesetzmäßigkeiten, denen sie gehorcht, sind es, und die genügen ja zur Abschätzung. Ich vermute jedenfalls, daß ein "Stufenanstieg" immer einen Zunahme an Können bedeutet, d.h. man weiß schonmal, daß ein Zauberer auf Stufe x+1 entweder genausoviele Feuerbälle schleudern kann wie auf Stufe x oder sogar mehr. Wenn das System so angelegt ist, daß mit jeder Stufe ein Feuerball dazukommt, weiß man, daß die Zahl an aktuell verfügbaren Feuerbällen der Zahl der Feuerbälle auf Stufe 1 plus der Stufe entspricht. Daß unsere Realität keine von Zauberern erzeugten Feuerbälle zum Vergleich bereithält, macht da gar nichts - es reicht, daß das Regelwerk des Rollenspiels unter anderem den Regelmäßigkeiten der Mathematik gehorcht ;-) .
« Letzte Änderung: 15.09.2010 | 22:04 von Merlin Emrys »

Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #153 am: 16.09.2010 | 00:14 »
Naja innerhalb der Spielwelt sollten die Zauber natürlich an sich Sinn machen. Nur sind sie dann glaubwürdig bzw. realistisch innrhalb ihres zu 100% fiktiven Bezugsystems. Sprich der DSA3 Magier würd sich nur in die Hose machen, wenn er auf nen echten Caster anderer Spielwelten, tut er aber nicht. Wir als Spieler können das vergleichen die Charaktere nicht, für die gilt halt nur die Gesetzmäßigkeit ihrer eigegen Welt.

Jedoch mit unserer Welt hat das so ziemlich nichts mehr am Hut außer unserer Vorstellungskraft.

Und natürlich Städte auradieren ist selten praktisch, aber können heißt ja nicht wollen oder müssen.
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Offline Merlin Emrys

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #154 am: 16.09.2010 | 08:21 »
Wir als Spieler können das vergleichen...
Das reicht doch. Okay, es hat schon mehr "am Hut" als bloße (=regellose) Fiktion, aber das nur am (mathematischen) Rande.

Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #155 am: 16.09.2010 | 13:57 »
Sicher vergleichen ja.

Aber was befähigt uns nun aussagen zu können, welche Variante Magie jetzt realistisch ist und welche nicht? Nur unsere ebenfalls durch 100% Fiktion festgelegte Konvention, die irgendwo im Mittelalter beginnt, durch Tolkien beeinflusst wird, und in irgendwelchen Rollenspielen und aktuell geschriebenen Fantasy Romanen endet.
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Offline Joerg.D

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #156 am: 16.09.2010 | 14:23 »
Wenn ich hier so einige Posts lese, dann kann ich mir ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, denn man kann anhand der Antworten eigentlich prima erkennen, was für einen Stil die Spieler spielen und wie sie die Begriffe entsprechend ihrer persönlichen Vorlieben interpretieren.

Meine Interpretation von realistisch ist eher die, das das Spiel wirklichkeitsnah ist. Also, dass der virtuelle Realismus der im Spiel verwendeten Regeln eine bestimmte Wirklichkeit gut (glaubwürdig) abbildet.


Wenn ich ein Spiel spiele, dann bewege ich mich in einer virtuellen Realität. (Wirklichkeit) Die Handlungen meiner Figur müssen im Sinne der Regeln dieser virtuellen Welt realistisch dargestellt werden können. Sprich, die Handlungen meiner Figur müssen realistisch simuliert werden können. Realistisch bedeutet in diesem Fall nicht realistisch im Sinne von physischen Gesetzen der real existierenden Welt, sondern im Sinne der Glaubwürdigkeit der virtuellen Welt auf der ich spiele.

Der Realismus jedweder Spielwelt endet also in ihrer Glaubwürdigkeit. Etwas kann in meinen Augen nur glaubwürdig sein, wenn es eben im Sinne der Spielwelt realistisch (nachvollziehbar oder wirklichkeitsnah) ist.

Den Eingangsrant halte ich also für schlecht, weil ich zu große Wechselwirkungen zwischen den Begriffen Realismus und Glaubwürdigkeit sehe und er nicht auf die virtuelle Komponente des Spieles eingeht.

Der Kern dieser Diskussion ist also das, was in der Theorie als Suspension of Disbelief bezeichnet wird. Ich zitiere mal Peter Janik, der die meiner Meinung nach beste Zusammenfassung im Deutschen geliefert hat:

Zitat
Suspension of Disbelief ist dann notwendig, wenn ein setting sich grundsätzlich von unserer Erfahrungswelt unterscheidet, z.B. durch Vorhandensein von Magie oder Hochtechnologie. Wird diese Fremdartigkeit geschlossen und glaubwürdig (authentisch) dargestellt, gelingt es uns, unsere Skepsis für eine Weile beiseite zu legen und in die Geschichte einzutauchen. Die SoD endet, wenn man Teile der Welt anzweifelt, sie als lächerlich oder unglaubwürdig empfindet.

Wann SoD möglich ist, ist somit individuell verschieden.
(Hervorhebung von mir)

Kommen wir mal zu dem meiner Meinung nach besten Post in diesem Thread, dem von Mister Lee.

Er findet den Begriff Erwartungssicherheit und beschreibt schön, was er von einem Spiel erwartet. Meiner Meinung nach bricht die Logik seiner Argumentation, aber mit der Logik der Spielwelt, denn so wie er es beschreibt ist Erwartungssicherheit mehr eine Sache des SLs, der die Regeln auslegt als, der Regeln im mechanischen Sinne. Er erwartet einfach einen funktionierenden Gruppenvertrag, der dafür sorgt das die Spieler mit den Regeln planen können und so Spaß an der Spielwelt haben.

Tolle Einstellung, toller Post, hat aber IMHO nichts mit dem ursprünglichen Thema zu tun, sondern mit dem Gruppenvertrag.

Ist also eine andere Baustelle.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline sir_paul

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #157 am: 16.09.2010 | 14:40 »
Wenn ich ein Spiel spiele, dann bewege ich mich in einer virtuellen Realität. (Wirklichkeit) Die Handlungen meiner Figur müssen im Sinne der Regeln dieser virtuellen Welt realistisch dargestellt werden können. Sprich, die Handlungen meiner Figur müssen realistisch simuliert werden können. Realistisch bedeutet in diesem Fall nicht realistisch im Sinne von physischen Gesetzen der real existierenden Welt, sondern im Sinne der Glaubwürdigkeit der virtuellen Welt auf der ich spiele.

Hier möchte ich mal nachhaken. Wie du schon sagst bewegen wir uns in einer virtuellen Realität. Die "Naturgesetze" dieser Realität werden meiner Meinung nach vor allem durch die Regeln modelliert. Da meine Handlungen in der virtuellen Realität aber durch eben diese Regeln abgebildet werden, werden diese zwangsweise immer "realistisch" für die virtuelle Realität simuliert. Denn wir nutzen ja die Regeln welche auch die virtuelle Realität moddelieren!

Wie sieht bei dir ein Szenario aus in dem meine Handlungen in der virtuellen Realität nicht realistisch für eben diese Realität simuliert werden?

(Na hoffentlich versteht das jemand...)

Offline Joerg.D

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #158 am: 16.09.2010 | 14:59 »
In diesem Szenario strapaziert jemand in die Grenzen der Regeln so weit, das die Realität bricht, weil nie alle Bereiche durch Regeln abgedeckt werden.

Beispiel: Kopftreffer geben -4 Abzug. Spieler nimmt Kanone und mach einen gezielten Treffer auf den Kopf. Das ist vielleicht Regelkonform, bricht aber IMHO mit der Realität/Glaubwürdigkeit der meisten Systeme. Eine logische Entwicklung der Spielweltregeln (Bricolage) wäre in diesem, Fall zwingend nötig um für mich weiter Realismus zu haben.
« Letzte Änderung: 16.09.2010 | 15:04 von Joerg.D »
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Offline sir_paul

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #159 am: 16.09.2010 | 15:07 »
OK, die Ausnutzung von Regellücken, etc.

So etwas sollten natürlich auch vom einem guten SL unterbunden werden. Somit sind wir wieder beim Spielleiter, seiner Interpretation der Regeln und dem Gruppenvertrag. Also bei den gleichen Punkten welche auch Mister Lee behandelt hat. Damit müsste dein Einwand auch ganz weit weg vom ursprünglichen Thema sein oder der von M.L. näher am Thema als du dachtes! Oder übersehe ich da etwas?

Offline Joerg.D

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Re: [RANT]
« Antwort #160 am: 16.09.2010 | 15:13 »
Nein, Mister Lee ist nah am Thema befindet sich aber auf einer übergeordneten Ebene. (alles IMHO)

Das eine ist die Glaubwürdigkeit und der aus ihr resultierende Realismus, das Andere (also das vom Mr. Lee) ist wie man im und neben dem Spiel damit umgeht um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen.

Es gibt kein Realismus versus Glaubwürdigkeit, weil beide eng miteinander verknüpft sind. Es gibt aber den Bruch des Suspension of Disbelif und den Umgang des SL damit.
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Offline sir_paul

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #161 am: 16.09.2010 | 15:16 »
Danke!

Offline Merlin Emrys

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #162 am: 16.09.2010 | 15:32 »
Aber was befähigt uns nun aussagen zu können, welche Variante Magie jetzt realistisch ist und welche nicht?
Unser Wissen um die Wirklichkeit und unsere Fähigkeit, Analogien zu erkennen.

Wie sieht bei dir ein Szenario aus in dem meine Handlungen in der virtuellen Realität nicht realistisch für eben diese Realität simuliert werden?
(Wenn ich auch noch etwas dazusetzen darf...)
Wie DSA, D&D, ... oder fast jedes andere Rollenspiel, das Magie als "verbreitet" setzt, aber dann eine Gesellschaft dazutut, in der die meisten Dinge ohne magische Komponenten funktionieren. Das impliziert, daß entweder der (für Charaktere dann ja doch meist übliche) Einsatz von Magie zur Lebensbewältigung den gesellschaftlichen Setzungen widerspricht oder der Verzicht den Setzungen der Magie als "verbreitet". Indikatoren für solche Szenarios sind darum auch ganz einfach zu benennen: Es sind innere Widersprüche.

Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #163 am: 16.09.2010 | 16:32 »
Unser Wissen um die Wirklichkeit und unsere Fähigkeit, Analogien zu erkennen.

Das Wissen um diese Wirklichkeit in der wir Leben? In der es keinen einzigen Fall wissenschaftlich bewiesener Magie gibt?

Also von 0 auf etwas zu schließen?

Ich glaub irgendwie reden wir grad aneinander vorbei. Ander kann ich mir das nicht erklären.
Was manchmal nervt ist, das die Leute realistische Sachen fordern, aber viel unrealistischere Sachen, an die sie sich gewöhnt haben, völlig ignorieren. Wie wenn der Drache im Kino hockt und schreit "Voll unrealistisch, es gibt keine Orks."

Offline Merlin Emrys

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #164 am: 16.09.2010 | 19:31 »
Also von 0 auf etwas zu schließen?
Wenn Du Deine Kenntnisse in diesem Bereich auf "0" einschätzt, solltest Du sie erweitern. Beispielsweise weiß ich, daß es in vielen Kulturen "magische Konzeptionen" gibt, die auch durchaus eine innere Plausibilität haben - in Verbindung mit Ahnenkulten etwa, oder bei Opferriten. Denn auch Geschichte, Ethnologie und Religionswissenschaft sind ja echte Wissenschaften.
Die magischen Vorstellungen des Rollenspiels sind ja nicht aus dem Nichts heraus in die Existenz gepoppt, sie haben Vorläufer und Grundlagen. Sie wurden dann nur anhand weiterer Elemente und unter Zuhilfenahme von ganz verschiedenen Analogisierungen verändert. Diese Analogisierungen sind oft sogar passabel "quasi-mathematisch", weil Rollenspielentwickler auch nur begrenz Zeit haben und ein einmal gesetztes Schema gern wieder aufgreifen. Das "ein Regelmechanismus für alles" macht daraus sogar eine Forderung.

Und mehr ist fast nicht nötig, auch wenn ein paar zusätzliche Elemente (wie Phantasie ;-) ) hilfreiche Ergänzungen darstellen können.

Offline Maarzan

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #165 am: 16.09.2010 | 19:47 »
Das Problem ist ja typischerweise nicht, dass irgendeine Regel , insbesondere irgend welche exotischen Randdetails nicht stimmt, sondern dass sich eben diese Regel mit der Weltbeschreibung oder den Abenteuerelementen beißt.
Wenn es eine Regel ist, welche ein Kernelement eines Spiel sausmacht, kann so etwas sicher eher vorkommen oder eben, wenn jemand an genau so einer Regelschwäche auch noch ein Spiel aufhängen will, z.B. oneshotattentate in Systemen, wo das unter den bekanntenfakten so nie hinkomemn könnte, doppelte Punktzahl, wenn Spielerfähigkeiten zur rettung willkürlich negiert werden.

Viel öfter als irgend ein Wert ist es daher ja auch einfach eine Schlussfolgerung oder ein Verhalten, welches grob nicht paßt und daher so die Spielweltlogik bricht, z.B. wenn man für leere Weinschläuche mehr bekommt als man für den vollen bezahlt hat oder wenn die Charaktere unbedingt die dringende Medizin über den 3+4 Tage langen Weg durch unbekanntes Gebiet nehmen sollen, aber nicht den bekannten lockeren Hinweg, der 5 Tage gedauert hat nehmen sollen und diverse Charakterhandlungen, welche nur dann Sinn machen, wenn man sich die Leute als willenlose Marionette einer externen Kraft vorstellt.

Der Großteil der Realismusbrüche meiner Erfahrung nach sind nicht irgendwelche Spitzfindigkeiten oder allgemeine sonst funktionierende Regeln, sondern nicht eingesehene Fehler oder auch einfach Faulheit und Nachlässigkleit von Autoren aller Art, die nicht erkennen (wollen), das Beteiligung auch eine gewisse Stufe von Verstehen und Nachvollziehen können beinhaltet.
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Offline Master Li

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #166 am: 16.09.2010 | 19:49 »


Kommen wir mal zu dem meiner Meinung nach besten Post in diesem Thread, dem von Mister Lee.

Er findet den Begriff Erwartungssicherheit und beschreibt schön, was er von einem Spiel erwartet. Meiner Meinung nach bricht die Logik seiner Argumentation, aber mit der Logik der Spielwelt, denn so wie er es beschreibt ist Erwartungssicherheit mehr eine Sache des SLs, der die Regeln auslegt als, der Regeln im mechanischen Sinne. Er erwartet einfach einen funktionierenden Gruppenvertrag, der dafür sorgt das die Spieler mit den Regeln planen können und so Spaß an der Spielwelt haben.

Tolle Einstellung, toller Post, hat aber IMHO nichts mit dem ursprünglichen Thema zu tun, sondern mit dem Gruppenvertrag.

Ist also eine andere Baustelle.

Ich geh mal davon aus, Du meinst mich ;)... Dann heißt das Master Li, für Dich natürlich Mr. Master Li  >;D

Danke für die Lorbeeren. Du hast natürlich recht, dass ich zum Teil auf die Metaebene des Gruppenvertrages wechsle. Aber im Bereich Realismus und Glaubwürdigkeit geht es ja nie nur um Regeln, sondern immer auch um das Erlebte am Tisch. Sonst haben wir ja nur eine Diskussion um nichts Ergiebiges.
Konsequenz geht auch nicht nur vom SL aus, sondern normalerweise von einem Regelkonsens (in meinen Augen der Gruppenvertrag). Nicht der Meister alleine entscheidet die Regelanwendung, sondern immer die Gruppe (oft passiv durch Mund halten). Insofern sind Regeln immer nur innerhalb eines Gruppenvertrages existent. Und die Erwartungssicherheit gilt ja zudem auch immer für den SL, der weiß, wie bestimmte Dinge miteinander interagieren werden, selbst wenn das Ende noch offen ist.

Ich hoffe, ich habe Deine Kritik richtig verstanden.
Viel Spaß.
Master Li und der Hamster des Todes

Offline Joerg.D

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #167 am: 16.09.2010 | 20:05 »
Ja Sir, Mister Master Li, Sir!

Die Metaebene des Gruppenvertrages ist aber etwas anders als der Realismus versus Glaubwürdigkeit Rant von Calisto, da geht es um eine Unterebene. (zumindest für mich) Callisto schreibt aus ihrer persönlichen Sicht was sie anpisst und deshalb muss man sich IMHO auch auf diese persönliche Ebene beziehen.

Dein Post ist halt toll, aber er zieht das Problem von dem Rant einer einzelnen Spielerin in Richtung Gruppenvertrag.
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Offline Master Li

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #168 am: 16.09.2010 | 20:17 »
Du hast ja recht, allerdings sah ich bei 6 Seiten Thread durchaus auch mal die Chance auf einen kleinen Sprung hinaus :D
Viel Spaß.
Master Li und der Hamster des Todes

Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #169 am: 16.09.2010 | 23:41 »
Wenn Du Deine Kenntnisse in diesem Bereich auf "0" einschätzt, solltest Du sie erweitern. Beispielsweise weiß ich, daß es in vielen Kulturen "magische Konzeptionen" gibt, die auch durchaus eine innere Plausibilität haben - in Verbindung mit Ahnenkulten etwa, oder bei Opferriten. Denn auch Geschichte, Ethnologie und Religionswissenschaft sind ja echte Wissenschaften.
Die magischen Vorstellungen des Rollenspiels sind ja nicht aus dem Nichts heraus in die Existenz gepoppt, sie haben Vorläufer und Grundlagen. Sie wurden dann nur anhand weiterer Elemente und unter Zuhilfenahme von ganz verschiedenen Analogisierungen verändert. Diese Analogisierungen sind oft sogar passabel "quasi-mathematisch", weil Rollenspielentwickler auch nur begrenz Zeit haben und ein einmal gesetztes Schema gern wieder aufgreifen. Das "ein Regelmechanismus für alles" macht daraus sogar eine Forderung.

Und mehr ist fast nicht nötig, auch wenn ein paar zusätzliche Elemente (wie Phantasie ;-) ) hilfreiche Ergänzungen darstellen können.

Ich unterstelle dir mal nicht dass zu das meintest, aber übersetzt heißt dein erster Satz: "Du bist blöd." Ich hab ne dicke Haut, aber andere mag das schon auf die Palme bringen.

Natürlich kenne ich Geschichte, aber wenn du aus fiktivem heidnischem Glauben (Ahnenglauber der Urvölker), nordischen Sagen etc, jetzt auf die "realistische Umsetzung" einer Magieform im Rollenspiel schließen willst, halte ich das für weit hergeholt. Dass unsere allgemeine Vorstellung der Magie darauf beruht postete ich ja schon. (bzw habs versucht anzudeuten, aber ich bin manchmal etwas zu gut im andeuten mit zuwwenig direkt sagen)

Nur weil die Kirche fest an Wunder glaubt, so ist doch keines bisher nach naturwissenschaftlichen Methoden geprüft. Und außerhalb der Kirche wirds dann etwas sehr dünn.

Zugegeben von Philosophie etc, hab ich eine sehr laienhafte Ahnung. Deshalb mein Verweis auf die Naturwissenschaften.
Was manchmal nervt ist, das die Leute realistische Sachen fordern, aber viel unrealistischere Sachen, an die sie sich gewöhnt haben, völlig ignorieren. Wie wenn der Drache im Kino hockt und schreit "Voll unrealistisch, es gibt keine Orks."

Callisto

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #170 am: 16.09.2010 | 23:50 »
Natürlich kenne ich Geschichte, aber wenn du aus fiktivem heidnischem Glauben (Ahnenglauber der Urvölker), nordischen Sagen etc, jetzt auf die "realistische Umsetzung" einer Magieform im Rollenspiel schließen willst, halte ich das für weit hergeholt. Dass unsere allgemeine Vorstellung der Magie darauf beruht postete ich ja schon. (bzw habs versucht anzudeuten, aber ich bin manchmal etwas zu gut im andeuten mit zuwwenig direkt sagen)

Nur weil die Kirche fest an Wunder glaubt, so ist doch keines bisher nach naturwissenschaftlichen Methoden geprüft. Und außerhalb der Kirche wirds dann etwas sehr dünn.

Zugegeben von Philosophie etc, hab ich eine sehr laienhafte Ahnung. Deshalb mein Verweis auf die Naturwissenschaften.

Ähm, der Glaube ist definitiv nicht fiktiv sondern für die, die daran glauben, sehr real. Abgesehen davon gebe ich dir in so fern recht, dass eine magische Welt sich allein dadurch von unsrer so unterscheiden kann, dass die Magie überhaupt nich so funktionieren muss, wie man es auf unserer für möglich hält. Magie kann insofern gar nicht realistisch sein, da unsere Wirklichkeit keine stabilen Vergleichsmöglichkeiten bietet. Wie viel Schaden ein Bolzen im Gegensatz zu einer Schusswaffe macht, das kann man in unsrer Welt testen. Aber Magie gilt ja schon in unserer Welt als reine Fiktion, wie kann die also einen Anspruch an Realismus erfüllen? Es kommt doch da nur drauf an, wie sehr das Setting an unsere Welt angelehnt ist. Wenn es unsere Welt plus funktionierende Magie ist, dann ist es wünschenswert sich über magische Praktiken unserer Welt zu informieren und seine Regeln daran anzulehnen. Aber in einer Fantasywelt kann man das alles auch gaaaaaaaaaanz anders handhaben. Es muss nur glaubwürdig erklärt werden.

Offline Merlin Emrys

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #171 am: 17.09.2010 | 00:25 »
Ich unterstelle dir mal nicht dass zu das meintest, aber übersetzt heißt dein erster Satz: "Du bist blöd."
Ich bitte um Entschuldigung - das hatte ich nicht gemeint, und ich wollte Dich damit auf keinen Fall beleidigen. Es ging mir nur um den Hinweis, daß Naturwissenschaften nicht den ganzen Raum des Wißbaren abdecken und in dieser Frage mE sogar sehr wenig zur Sache beitragen können. Eine Einschränkung auf sie ist der Sache also schlicht nicht dienlich. Wenn man wissen will, welche Funktionsweise man Magie (ggfs. irrtümlich) unterstellen kann, muß man dahin schauen, wo es entsprechende Konzepte gab bzw. gibt, und in der zeitgenössischen Naturwissenschaft sieht es da etwas dünn aus. Aber die anderen Konzeptionen müssen darum nicht "schlechter" sein, sie sind zunächst einmal nur anders.
Und vielleicht ist dann genau das "Herholen von etwas weiter weg" das Geheimnis hinter der Fähigkeit, auch für fiktive Dinge den jeweiligen Realismus einschätzen zu können. Wie gesagt, es geht um Analogisierung, nicht um Homologien. Analogien kommen ja fast immer von weiter weg.
« Letzte Änderung: 17.09.2010 | 00:27 von Merlin Emrys »

Offline Thot

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #172 am: 17.09.2010 | 09:34 »
[...] Wie viel Schaden ein Bolzen im Gegensatz zu einer Schusswaffe macht, das kann man in unsrer Welt testen. [...]

Das geht allerdings nur mit Spielsystemen, die den Schaden irgendwie aus realen Zusammenhängen und Fakten herleiten können. Also für die meisten nicht.

Offline Voronesh

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #173 am: 17.09.2010 | 09:50 »
Ich bitte um Entschuldigung - das hatte ich nicht gemeint, und ich wollte Dich damit auf keinen Fall beleidigen. Es ging mir nur um den Hinweis, daß Naturwissenschaften nicht den ganzen Raum des Wißbaren abdecken und in dieser Frage mE sogar sehr wenig zur Sache beitragen können. Eine Einschränkung auf sie ist der Sache also schlicht nicht dienlich. Wenn man wissen will, welche Funktionsweise man Magie (ggfs. irrtümlich) unterstellen kann, muß man dahin schauen, wo es entsprechende Konzepte gab bzw. gibt, und in der zeitgenössischen Naturwissenschaft sieht es da etwas dünn aus. Aber die anderen Konzeptionen müssen darum nicht "schlechter" sein, sie sind zunächst einmal nur anders.
Und vielleicht ist dann genau das "Herholen von etwas weiter weg" das Geheimnis hinter der Fähigkeit, auch für fiktive Dinge den jeweiligen Realismus einschätzen zu können. Wie gesagt, es geht um Analogisierung, nicht um Homologien. Analogien kommen ja fast immer von weiter weg.

Kein Problem, nur ich muss zugeben sehr in den Naturwissenschaften beheimatet zu sein, 7 Jahre Studium in denen der Tellerrand aus Jura besteht tun einfach sien übriges. Vor allem da viel der Ahnenmystik etc, relativ einfach auf das falsche (oder in dem Fall vielleicht eher "richtige") Zeug im Tee oder der Pfeife zurückzuführen ist. Vieles kann auch mit dem Erklärungsbedarf der Menschheit erklärt werden, wass früher ein Baumgeist erledigt hat, wird inzwischen mit Sonne, Chlorophyll etc. erklärt. Die zeitgenössische Naturwissenschaft ist ja auch mehr damit beschäftigt "Magie" zu widerlegen, als sie zu beweisen, bzw sie auf einfach Naturgesetze zu reduzieren.

Die Wunder der Kirche sind eben nun mal einfach Wunder, und in keinster Weise mit Magie auf Knopfdruck zu vergleichen.
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Wulfhelm

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Re: [RANT] Realismus versus Glaubwürdigkeit
« Antwort #174 am: 17.09.2010 | 19:38 »
Genau das ist mein Problem. Zum ersten Teil gehören die gebildeten Schichten, was nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausmacht, über dessen Lebens- und Gedankenwelt wir natürlich auch die besten Quellen haben. Dass dort nicht zwangsläufig die Überzeugung herrschte, die Erde sei flach, sondern dass diese Behauptung wahrscheinlich auf die "Propaganda" der Renaissance zurück geht, glaube ich gerne. Allerdings ist (aufgrund der noch nicht weit vollzogenen funktionalen Aufspaltung der Gesellschaft) unter den Gebildeten auch ein großer Teil mathematisch bewandert, darum habe ich das mal so verkürzt als "kleiner Kreis Mathematiker" wiedergegeben.
Wie kommst Du darauf, dass irgend ein Schreiber oder Priester mathematisch bewandert war?

Zitat
Zum Zweiten gibt es eben die illiteraten Schichten, die nicht (in unserem heutigen Verständnis) gebildeten Schichten. Und über die gibt es eben wenig Quellen, und die Quellen, die es gibt, stammen von den Gebildeten. Darum kann man da wenig aussagen. Darum würde ich nicht einfach vom Elitenwissen aufs Weltbild des "einfachen Volkes" Rückschlüsse ziehen.

Ich schon, jedenfalls insoweit, als dass die Annahme "Weniger Gebildete, wenn sie überhaupt eine Meinung dazu hatten, haben die Ansichten der Gebildeteren übernommen" plausibler ist als "Weniger Gebildete haben ein diametral zur Meinung der Gebildeten entgegengesetztes Weltbild gehabt, auch wenn es für dieses Weltbild ~0 Quellenbelege gibt".

Zitat
Der Reichsapfel? Naja, Apfel ist eben ein Symbol für Fülle
Nein, er ist ein Symbol für die Erde in diesem Falle. Und ein Apfel ist er auch nicht.