Kip Hanrahans Album "Desire Develops An Edge" ist von 1983 und ein ganz erstaunliches Sammelsurium von afrikanisch anmutenden Trommeleien, Karibiksounds, Jazznummern und balladenartigen Songs. Alle Stücke sind glasklar produziert, die Musiker sind echte Größen ihres Genres (u. a. Jack Bruce von Cream, Steve Swallow und Arto Lindsay) und sowohl in der Lage sehr präzise auskomponierte Formen als auch offene Improvisationen umzusetzen.
Das Album ist aufgrund der heterogenen Stile, die sich darauf befinden, etwas umstritten, für mich ist es aber ein Werk, was sicherlich mehr ist als die Summe seiner Teile. Ich muss bei dieser Aussage immer denken: "...aber kann der Einzelteil trotzdem für sich bestehen?"
Ich greife also eine beliebige Nummer heraus und erwische "All of us working class boys". Das Stück durchzieht von Anfang bis zum Ende ein Teppich aus Conga-Grooves. Irgendwann kommen die übrigen Musiker dazu. Jack Bruce singt über die Arbeit, dann über die Freiheit, dann über die Liebe. Die Harmonien sind ein bisschen melancholisch und Bossa Nova artig, die Melodie besteht aus einer einfachen Abwärtsbewegung, im Bass klingt eine simple Pendelbewegung. Es sind für sich genommen ganz elementare Bestandteile, die aber ungewöhnlich zusammengesetzt sind. Wenn eine solche kurze Strophe vorbei ist, verstummt die Band, nur der Congateppich läuft weiter. Weitere Strophen folgen, irgendwann wird nicht mehr gesungen sondern Saxophone beginnen zu improvisieren... auch über das Strophenende hinaus. Schließlich erklingt eine letzte Strophe, die den Song in einer offenen Geste zum Abschluss bringt.
Bereitschaft zur Innovation, Ökonomie der Mittel, maßvolle Bescheidenheit im Ausdruck. Schöner Song.
Kip Hanrahan: All Us Working Class Boys (for Jack Bruce)