Ich höre John Lee Hooker beim Geschichtenerzählen zu:
Mama hat dem Knaben verboten in den Boogie Schuppen zu gehen. Er tut´s trotzdem und erlebt einen tollen Abend. Eines Nachts belauscht er ein Gespräch zwischen seinem Vater und seiner Mutter. Der Vater sagt zur Mutter, sie soll den Sohn gehen lassen, der Sohn habe den Boogie in sich und muss ihn hinauslassen können. Der Sohn fühlt sich gut.
Der Blues ist bei John Lee Hooker natürlich stets präsent. In seinen frühen Jahren spielt er ihn allerdings sehr reduziert. Im verlinkten Beispiel verwendet er statt den üblichen drei nur zwei Akkorde, das Blues-Schema selbst ist kaum zu erkennen. Die Melodien geben nicht viel her, vieles ist sogar lediglich gesprochen. Ich frage mich, was eigentlich den musikalischen Reiz seiner Musik ausmacht?
Wenn ich genauer hinhöre erkenne ich kleine melodische Nuancen, immerhin... besonders interessant scheint mir aber die Textverteilung zu sein – manche Passagen sind fließend erzählt, dann wieder langes Schweigen, diese unterschiedliche Textdichte schafft durchaus Kontraste und Spannung, wie ich finde. Und dann gibt es natürlich auch noch den wohlplazierten, expressiven Ausbruch: "Boogie Chillen!“, es dauert in der Folge noch einen kleinen Moment und das monotone Gitarrenspiel wird aufgegeben, die Musik wird für ein paar Takte extatischer, ich nehme an, um das Geschehen in den Boogie Schuppen abzubilden.
Am tollsten finde ich aber den gezielten Einsatz des erzählerischen Sprechens. In der zweiten und zu Beginn der dritten Strophe wird es für seine nächtlichen Streifzüge und den Bericht über die elterliche Diskussion verwendet. Wenn er dann aber hört, wie sich sein Vater für sein nächtliches Ausgehen ausspricht, äußert sich seine Freude darüber in den letzten zwei Versen wieder singend. Das ist so einfach und schön, dass ich heute noch, nach mehr als 70 Jahren, unmittelbar Sympathie für den jungen John Lee Hooker auf seinen Streifzügen durch die Nacht empfinde – schon ganz schön toll, was Musik kann.
John Lee Hooker: Boogie Chillen (1948)