Hier nochmal Roland Kirk, und zwar mit dem Titelstück seines berühmtesten Albums (von 1965). Kirk probiert auf dem Album alles aus: mehrere Blasinstrumente gleichzeitig, avantgardistische Klangerzeugung, sogar elektronische Klänge finden Eingang in die Stücke seines Quartetts. Trotzdem ist häufig zu hören, dass verschiedene Jazztraditionen aufgegriffen werden. Oft werden sie neu kombiniert, bleiben aber immer wiedererkennbar. Und dann ist auch wichtig, dass das gesamte Album swingt... was nicht ganz selbstverständlich ist, das geht im Avantgarde-Jazz ja auch öfter mal verloren.
Das Titelstück "Rip, Rig And Panic" beginnt mit experimenteller Klangerzeugung von Kirk auf verschiedenen Saxophonen und Richard Davis am Bass. Bei 1:22 zerbricht ein Glas (?) und die Band stellt ein Thema in ABA-Form vor. Der A-Teil ist recht konventionell und besteht aus Unisono-Skalen, der B-Teil ist laut, schräg und polyrhythmisch. Ab 2:01 startet Kirk mit einem Solo, in dem er durch Permanentatmung eine lange, kaum enden wollende intensive Tonkette bläst. Das Solo geht im Stil des B-Teils weiter, ab 3:16 nimmt Kirk ein zweites Saxophon dazu und produziert synkopische Hup-Töne. Ab 3:43 übernimmt Jaki Byard die Führung und spielt ein Klaviersolo, das aus in sich kreisenden Dissonanzen und Pendelbewegungen besteht. Es klingt wie Thelonius Monk auf Speed. Ab 4:53 spielt der großartige Elvin Jones ein Schlagzeugsolo (das sich nicht unbedingt nach Jazz anhört), etwas später lässt Kirk eine Sirene dazu erklingen. Die Solo-Section endet mit einigen wenigen experimentellen Sounds, ähnlich wie ganz zu Beginn des Stückes. Ab 5:54 erklingt noch einmal das Thema. Danach folgen allerdings noch metallische Donnergeräusche und erregte Rufe, die das Stück zu einem apokalyptischen Schluss führen (die "Panic"?).
Musik voller Überraschungen und verrückter Einfälle, gespielt von großartigen Jazzern auf Entdeckungstour. Ich mag das Album sehr.
The Roland Kirk Quartet: Rip, Rig And Panic