Ach, Crimson King, das mit Boris freut mich aber!
Manchmal fühle ich mich ja so ein bisschen wie beim öffentlichen Onanieren, wenn ich hier die Musik einstelle, die ich liebe, und es kommt so gar keine Reaktion. Na, macht nichts - trotziges Weitermachen! - aber wenn dann doch mal so ein Sprüchlein kommt, finde ich´s schon schön.
Passenderweise ist meine Boris-Phase gerade wieder mal ein bisschen abgeflaut. Zum Ohren freispülen brauche ich Pierre Boulez (leider kein Rock).
Structures: Zwei Klaviere, ein Werk - wahrscheinlich das durchstrukturierteste Stück der Musikgeschichte. Hört man ihm das an? Nein. Was sich (auch beim wiederholten) Hören nach völlig zufälligem Eulengepinkel auf den Tasten anhört, ist die Atomisierung des Klangs: Jedes Klangereignis ist in seiner Lautstärke, Tondauer, Tonhöhe und Klangfarbe einem strengen Schema unterworfen. Sind das schöne Klänge? Nein, ich denke nicht. Interessant? Naja... Eins kann ich aber immerhin sagen: Wenn ich Auto gefahren bin und im Radio so den üblichen Pathos von Popschnulzen, populistischen Politikerreden und Schicksalsberichten um die Ohren gepfeffert bekommen habe, zu Hause angekommen flennt mein Sohn, weil er noch Hausaufgaben machen muss und schließlich lese ich mir im Tanelorn Stränge über Railroading durch... dann finde ich es manchmal ganz schön, dass es diese komplett emotionsbefreite "serielle Musik" gibt, die mir Klangereignisse gibt - und sonst nichts. Ich lasse zu, dass sie mein Trommelfell in Schwingungen versetzt. Mehr nicht. Für mich zumindest hin und wieder toll.
Pierre Boulez: Structures 1, erstes Stück