@Metaplotfreie Zonen:
Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Ulisses/DSA seit einiger Zeit versucht, Spielwiesen zu schaffen, die einigermaßen metaplotunabhängig sind. Bestes Beispiel dafür ist vielleicht Herren von Chorhop, dann gibt es die Wildermark, die Waldinseln, die Dunklen Zeiten, demnächst auch Uthuria (dessen "Metaplot", wenn ich das richtig verstanden habe, ja auch sehr stark von den Spielern abhängig sein soll), Tharun (ach, da freu ich mich auch drauf).
@Xemides' Idee des Abenteuers an sich:
Da hat er recht. Beim vollkommen freien, ergebnisoffenen Spiel brauche ich nur ein Setting, eine Sandbox, der Rest muss sich aus der Interaktion der Chars mit diesem Setting und durch Würfe auf Zufallstabellen ergeben. Ein Abenteuer hingegen liefert einen Plotaufhänger, eine Queste, ein Problem, das unabhängig von den Aktionen der Spieler bereits da ist. Damit komme ich aber zu
@wie ich mir Abenteuer vorstelle:
Diese Abenteuer, die auf einem vorgegebenen Problem beruhen, können zwar nicht komplett frei sein, aber sie dürften insofern etwas ergebnisoffener sein, als dass es von den Spielern abhängt, wie sich die Handlung gestaltet. Das erreicht ein Abenteuer-Text am ehesten, indem er auf vorgeskriptete Szenen verzichtet (wie man sie bis zum Abwinken aus G7 und JdF kennt) und die "Handlung" erstens gar nicht und zweitens nicht "chronologisch" präsentiert. Die Lösung(, die nicht theoretisch ist, sondern seit den 80ern bereits in mitunter hochgelobten und bis heute beliebten Publikationen praktiziert wird) wäre eine modulartige Präsentation, die weniger wert darauf legt, einen optimalen Abenteuer-Verlauf darzustellen, sondern detaillierte Beschreibungen der NSCs, Orte, Ereignisse und Terminpläne in den Vordergrund rückt. Aus diesen Infos lässt sich für den RR-Freund genauso gut ein Ablauf zusammenstellen (könnte ein solches AB auch in Form von SL-Tipps liefern), dem er folgen kann, aber er ermöglicht eben auch freies Spiel -- nicht in dem Sinn, dass alles passieren kann, aber im Sinne des Klassikers: "Hilfe, aus irgendeinem Grund wollen die Spieler gleich als erstes in die Kanalisation, dabei war das fürs Finale geplant." Ein hervorragendes Beispiel eines modular präsentierten DSA-Abenteuers ist "Unter Wudu", das ich in diesem Thread durchgelabert habe:
http://tanelorn.net/index.php/topic,62333.msg1201660.html#msg1201660Mir ist bewusst, dass dagegen argumentiert wird, dass die Geschichte dann ja keine Dramaturgie und somit keinen Spannungsbogen mehr hat, wenn sie von den Spielerentscheidungen geskriptet wird und man keinen vorgegebenen Pfad hat. Dabei verkennt man aber die Tatsache, dass es potenziell mehrere spannende Handlungsverläufe geben kann und man lässt natürlich auch die Dynamik am Spieltisch außer acht, die ihre eigene Form der Spannung und Dramaturgie durchaus erschaffen kann. Genauso kann die vorgeskriptete Dramaturgie nach hinten losgehen: In Goldene Blüten haben sich meine Spieler seinerzeit mit viel Geschickt, guten Ideen und sagenhaften Würfen in das Dorf geschlichen, in dem Galotta mithilfe des Ogerkreuzes ein Ritual durchführen will. Die Helden kommen, fein geskriptet, kurz vor knapp an. Ihre Performance war so überzeugend, dass Interventionen meinerseits doof gewesen wären. Ein Elf der achtzehnten Stufe, vollendeter Schütze, fünfzehn Schritt von dem in sein Ritual versunkenen Galotta entfernt. Die Spieler: "Lass es. Kannst Du gleich vergessen. Der ist wichtig für die Kampagne, der muss überleben." Da musste also mal wieder eine frei erspielte, grandiose Szene der vorgeskripteten Dramaturgie geopfert werden.
@Soziales Spiel:
In einem derart präsentierten Abenteuer muss das Spielen "sozialer" Szenen keinesfalls schwieriger sein als ein Dungeoncrawl. Bestes Beispiel könnte auch hier wieder Warhammer sein, dessen ABs sehr stark auf Recherche beruhen, weil Kämpfe viel zu tödlich sind, um Spielabende nur mit Action zu füllen. Für gewöhnlich sind dort sämtliche relevanten NSCs so gut dargestellt, dass man reichlich Material hat, um soziale Encounters zu gestalten, ohne sich selbst alles aus den Finger saugen zu müssen. Für meinen persönlichen Geschmack lassen sich die so präsentierten Figuren sogar besser handeln, weil sie nicht nur auf eine bestimmte Szene hin gestaltet sind. (Schönes Beispiel hierzu überigens das Warhammer-AB Winds of Change aus der Magie-Box für die 3rd.)
@Metaplot-AB:
Ich sehe k(aum )ein Problem darin, ein solches AB-Konzept auch auf Szenarien anzuwenden, die (zumindest das Potenzial haben,) aventurische Geschichte (zu) schreiben. Man müsste nur die Interaktion mit dem Boten anders gestalten, dürfte nicht ständig prominente NSCs als eigentliche Handlungsträger in die Abenteuer mauscheln, und es dürfte am Ende eben weniger offizielle Zeugen geben, sodass die Helden dieser Geschichten am Ende doch vor allem die Helden sind. In diesem Zusammenhang finde ich Yehodans Vorschlag, das Ende solcher ABs nicht vorzugeben, sondern die Ergebnisse der Spielrunden mithilfe von Umfragen zusammeln und dementsprechend die Geschichte für den nächsten grünen band neu zu schreiben, eigentlich auch sehr schön.
Wie man sieht, geht es mir weniger um RR/Metaplot in Reinform versus Freies Spiel/Sandboxing in Reinform, sondern um einen Mittelweg und, wie es Xemides sagte, einfach nur um Abenteuer ....