Hallo.
Die Last des Spielleiters oder: Dürfen sich Spieler berieseln lassen?
Das Berieseln der Spieler ist keine Last.
Wie seht ihr das: Wieviel Verantwortung trägt der Spielleiter für das "Gelingen" eines Abenteuers (vorausgesetzt, er ist auch derjenige, der das Abenteuer geschrieben hat)? Oder: Haben die Spieler eine zumindest moralische Pflicht, zur Qualität einer Session beizutragen?
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Das gesagt habend, finde ich, dass mindestens 50% des Gelingens auf das Konto der Spieler gehen. Würdet ihr diese Einschätzung teilen?
Die "Aufgaben" des Spielleiters und die "Aufgaben" der Spieler im Rollenspiel sind so grundverschieden, dass ich mich schwer damit tue, sie in Prozenten gegeneinander zu halten.
Das Gelingen des Spiels hängt sehr stark, um nicht zu sagen: "tendenziell gegen ausschließlich", von den Spielern ab
Bitte nicht gleich einen tanelornesken Herzkasper erleiden; weiterlesen, Gesamtbild im Auge behalten! Außerdem bitte keine Satzfetzen zitieren und kommentieren, sondern auch hier den Gesamtzusammenhang im Auge behalten! Danke
- vorausgesetzt, der Spielleiter ist zuverlässig und spielt nicht bewusst unfair oder gegen die Spieler; dass der Spielleiter aus seiner Rolle heraus der Gegenspieler per se ist, das steht hoffentlich außer Frage; ebenso steht wohl außer Frage, dass der Spielleiter aber nicht alle Register ziehen soll/muss/darf, um die Spieler und ihre Charaktere zu demütigen oder zu zerstören (=epic fail).
Warum hängt das Gelingen des Spiels ganz erheblich (also im Tenor Deines Postings zu entscheidend mehr als "nur" 50%) von den Spielern ab? Weil sie ihre Figuren/ Charaktere handeln lassen; sie bestimmen letztlich die vordergründige Handlung im Spiel, indem sie beschreiben: Mein Charakter macht das und das, haut den und den, will dies und das und verfolgt jenes Ziel(-objekt).
Klar: Der Spielleiter macht den ganzen Hintergrundkram (was tun die Nichtspielerfiguren; gibt es irgendwelche besonderen Ereignisse; wie sehen die einzelnen Orte aus; wo finde ich zur Not welche Hilfsmittel, um Unerwartetes bewältigen zu können; etc.?); und mit diesen Vorarbeiten leistet er einen wesentlichen, aber nicht den ausschlißelichen Beitrag zum Fundament des Spiels; das Spielgeschehen hingegen wird nach meinen Erfahrungen als Spieler sowie als Spielleiter durch den Spielleiter hauptsächlich reaktiv beeinflusst - nämlich als Antwort darauf, was die Spieler unternehmen; ausgenommen davon sind Szenen, in denen der Spielleiter Zucker für oder Peitsche gegen die Spieler auspackt, um die Spieler zu einer Handlung zu motivieren.
Unabhängig davon:
Bei der Masse an unterschiedlichen Spielern kann unmöglich erwartet werden, dass jeder Spieler oder gar eine Mehrheit, noch nicht mal ein großer Teil geschweige denn ein in irgendwie als solche erkennbare große Gruppe von Spielern als so aktiv bezeichnet werden können, dass die von mir eingangs erwähnte Haltung so verstanden werden kann/soll/muss/darf (mitnichten nämlich), die Spieler müssten zum 100%igen Gelingen beitragen.
Das geht gar nicht. WIEDER: WEITERLESEN und NICHT DURCHDREHEN! Gesamtbild im Auge behalten ...
Es wurde hier vielfach beschrieben: dazu sind die Spieler zu unterschiedlich, dazu sind die individuellen Gruppen mit ihren Spielstilen, ihren ausgesprochenen oder unausgesprochenen Erwartungshaltungen einfach zu unterschiedlich.
Und selbst wenn es theoretisch so wär', dass alle Gruppen gleich wären, alle Spieler und Spielleiter sehr ähnlich handeln würden, selbst dann würde das
nicht bedeuten: Spieler dürfen sich nicht berieseln lassen.
Natürlich
dürfen sich Spieler berieseln lassen - durch szenische Darstellungen, durch gute Beschreibungen, durch stark das Spielgeschehen beeinflussende Eingriffe seitens des Spielleiters.
Weg von der Theorie, hin zur Praxis: DIE MISCHUNG MACHT'S! Es gibt Abenteuer, in denen ich den Spielern wenig zuwerfe, dann müssen sie einfach von sich aus handeln, auch wenn dies unter Umständen dazu führt, dass sie sich von dem eigentlich geplanten Abenteuer entfernen; dann gibt es aber wiederum Abenteuer, in denen ich die Spieler gewissermaßen "verhafte" und sie entweder zu Entscheidungen zwinge oder sie beriesele.
Und siehe da: Den Spielern gefällt es, mal mehr und mal weniger gefordert zu werden bzw. auch mich als Spielleiter mal mehr oder mal weniger zu fordern.
Und ja: In meinen Runden gibt es auch die unterschiedlichen Rollenspielertypen, unter anderem auch zuletzt zweieinhalb Nasen, die sich einfach nur gerne berieseln lassen und einen gemütliche Nachmittag/ Abend mit Leuten verbringen. So what?
Oder hat hier sonst noch jemand zuweilen das Gefühl, als SL alles Mögliche bieten zu müssen, ohne entsprechende Gegenleistung zu bekommen?
Das kenne ich; das Gefühl hatte sich bei mir in der Vergangenheit auch eingestellt; allerdings habe ich "gelernt", indem ich meine eigenen Erwartungshaltungen geändert habe bzw. es mit den Spielern abgeglichen hatte. Diese Lösung wurde hier ja auch schon mehrfach erwähnt.
Wenn dieses bescheuerte Gefühl aufkommt, dann läuft etwas grundsätzlich falsch. Obwohl ich kein Freund von dieser Totschlag-Und-Keine-Widerworte-Phrase bin, so ist sie hier einfach zutreffend:
Das Spiel soll Spaß machen und nicht in Arbeit ausarten; es ist genau dann in Arbeit ausgeartet, wenn dieses Gefühl da oben aufkommt.
Oder haben die Spieler ein Recht darauf, sich berieseln zu lassen?
Settembrini fasst es sehr gut zusammen: JA!
DER Rollenspieler
auch nur
EIN Rollenspieler