Don´t rest your head ... in
Würgen an der Sorge
Würgen an der Sorge liegt an einem kleinen Regionalbahnhof, der von einem kleinen Regionalzug aus der kleinen Kreisstadt zweimal am Tag bedient wird, um die Pendler abzuholen. Rund um das Städtchen gibt es Hügel, dichte Wälder und die vielen Nebenarme des Flüsschens Sorge, die irgendwie, irgendwo im Moor versumpfen, dem "Würgener Loch". Irgendwann in den 80ern hat man versucht, Würgen eine waschechte Fußgängerzone zu verpassen in der sich all die Ketten ansammeln sollten, die sich in jeder deutschen Fußgängerzone finden. Die Filialen von Kardstadt, Schlecker, Bodyshop, dm, H&M und wie sie alle heißen sind allerdings verwaist; durch die lange, breite Straße pfeift nur noch der Wind vom Moor und überall sieht man "zu verkaufen"-Schilder. In den Seitengässchen mit dem Kopfsteinpflaster finden sich hingegen uralte Familienbetriebe, die den Würgenern mehr zu liegen scheinen. Katzen blinzeln in den staubigen Fenstern.
Würgen hat eine mittelalterliche Kirche, die es trotz des unbedeutenden Standorts irgendwie geschafft hat, in jedem Krieg seit dem 30jährigen komplett zerstört zu werden. Ein Hinweisschild macht die wenigen Touristen fast stolz darauf aufmerksam.
Außerdem gibt es in Würgen den "Hof Sonnenenschein", eine Behindertenwerkstatt mit Wohnheim, wo etwa 30 geistig Schwerbehinderte zusammen leben. Im Jugendclub "Conme in" hält der Holger einsam Wacht, ein bärtiger, freundlicher Mann mit einem endlosen Vorrat ewiggleicher Strickpullis. In den Wäldern und dem Moor findet zum Mittsommer nun schon im zehnten Jahr ein Gothic/LARP-Treffen statt, die "Schwarzen Tage in Würgen", die allein für etwa 60% des Touristenaufkommens sorgen. Die anderen 40% stellen die Vogelkundler, die den nur im Loch vorkommenden, in ganz Europa einmaligen "Würgener Würger" beobachten wollen, dessen klagender Ruf Uneingeweihten einen Schauer über den Rücken jagt.
Hauparbeitgeber im Städtchen ist die Würgener Spielzeugfabrik, die ihre Produkte dank eines etwas undurchsichtigen Deals mit den Stadtoberen hauptsächlich nach Nordkorea, Vietnam und Kasachstan absetzt. Infolge dessen landet etwa einmal im Jahr eine Delegation fremdländischer Geschäftsleute in Ostblock-Anzügen in Würgen.
In Würgen hat sich ein Mord ereignet. Christine Kaufmann, die 17jährige Tochter des Pfarrers, ist aus dem "Würgner Loch" gezogen worden, nackt und ... na ja, eure Kollegen ziehen euch schon die ganze Woche damit auf, dass ihr den Fall des Mädchens untersuchen müsst, das in Würgen erwürgt wurde. Kurz vor ihrem Tod hatte sie Sex mit zwei verschiedenen Männern ... und die Tatwaffe, eine mit Würgerfedern geschmüchte Seidenschnur hat irgendjemand auf dem Altar der Würgener Kirche deponiert. Der grausige Fund warf den armen Vater per Herzinfarkt ins Koma und ließ die Gemeinde führungslos zurück. Das Städtchen ist in Aufruhr, die bizarren Details beschäftigen schon die überregionale Presse und für die einsamen Kollegen draußen in der Pampa wird der Fall eindeutig zu heiß .. zumal sie auch nach Wochen noch keine Erfolge vorzuweisen haben.
Ihr arbeitet in irgendeiner Funktion für das Ermittlerteam aus der großen Stadt. Und bei der Anreise ist euch ziemlich mulmig - denn jeder von euch hat eine ganz besondere Beziehung zu Würgen, sodass diese Dienstreise auch eine Reise in eure Vergangenheit wird ... und tief in euer Innerstes.