Autor Thema: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"  (Gelesen 16165 mal)

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Offline Ludovico

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Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« am: 29.12.2010 | 00:52 »
Ich eröffne dann mal den Thread zu Erzählrechte für Spieler - Will ich das als Spieler?

Offline Blechpirat

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #1 am: 29.12.2010 | 08:04 »
Danke!

Offline Yehodan ben Dracon

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #2 am: 29.12.2010 | 09:12 »
Ich möchte Erzählrechte für Spieler, einfach weil ich (als eSeL) die Kreativität in den Spielern wecken und nutzen möchte.
Gemeinsam eine Geschichte erzählen ist sicher viel unterhaltsamer, als nur einer vorgegebenen Geschichte folgen.

Andererseits möchte ich für Anfänger Erzählrechte mit Regeln haben, um langsam an das Thema heranzuführen.

Erfahrene und eingespielte Gruppen haben ja auch Restriktionen, nur ersetzen sie etwaige Spielregeln durch die (konkludente) Gruppenabsprache, was geht und was nicht.
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Offline Xemides

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #3 am: 29.12.2010 | 09:33 »
Ich werde ab ab Januar ein paar mehr Fate-Erfahrungen mit Erzählrechen machen.

Bisher bin ich mehr der Typ, der nur bedingt Erzählrechte beim Spieler will.

Wenn ich Spieler bin, macht es mir Spaß, die Aufgabe zu lösen, die der Sl sich ausgedacht hat und den Plot zu erkunden.

Das beinhaltet nicht unbedingt Railroading, falls das jemand meint.
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Offline Maarzan

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #4 am: 29.12.2010 | 09:45 »
Für mich sind Erzählrechte unerwünscht, da sie wie gesagt die Art des Spieles für mich unangenehm verändern und Rechte, dies auch noch zementieren und einforderbar machen. Dazu fehlen mir wie so oft auch die entsprechendne Pflichten zu formulieren bzw. wo diese Rechte im Bezug zu den Mitspielern enden - und dann natürlich die dafür nötigen Informationen. (Was aber noch mehr von der gewünschten Art Rollenspiel ablenken würde) 

Die bisherigen Möglichkeiten sich einzubringen per Frage oder Vorschlag halte ich für völlig ausreichend ohne in die Rechtefalle zu tappen. Punkt 4 der Abstimmung sehe ich damit als keinen eigenständigen Punkt sondern nur als das, was ohne ausdrückliche "Rechte" effektiv schon immer gemacht wurde.

Kreativität ist für mich auch nicht sich schnell etwas dazu zu erfinden, was ein Problem löst, sondern innerhalb der gesetzten Parametern mit den gegebenen Mitteln eine Lösung zu finden.
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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #5 am: 29.12.2010 | 09:53 »
Ich bin in zu vielen Runden (gern) Settingtourist. Da mag ich es nicht, wenn andere Spieler mit schrägen Ideen die schöne Umgebung kaputt machen, die sich der SL aufzubauen bemüht. Auch finde ich "Recht" etwas zu hart als Begriff, siehe auch Maarzans Post. Ich möchte nicht vor Gericht ziehen müssen, damit ich auf Mittelerde keine UFOs landen sehe, nur weil ein Mitspieler grade eine Laune hat.

Daher:
Die bisherigen Möglichkeiten sich einzubringen per Frage oder Vorschlag halte ich für völlig ausreichend ohne in die Rechtefalle zu tappen.
+1
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Offline First Orko

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #6 am: 29.12.2010 | 10:07 »
Ich bin generell ein großer Befürworter von Erzählrechten für Spieler, auch innerhalb klassischer Systeme. Ich habe kaum Probleme mit Narrative Truth wenn ich leite und mag es eigentlich, wenn die Spieler sich Details dazuerfinden. Einfach weil ich weiß, dass ich als SL alleine gar nicht auf so viele Ideen komme wie alle zusammen, wieso soll man die Kreativität der Spieler aussperren?

Allerdings habe ich mittlerweile auch diverse Systeme ausprobieren dürfen, die genau das durch Regeln forcieren und ich bin nicht sicher, ob ich das wirklich grundsätzlich so haben möchte. Meiner Erfahrung nach fördert das gezielte Einfordern der Mitspielerkreativität einen Wettbewerb im sich-gegenseitig-mit-coolen-Ideen-übertrupfen und das kann mitunter absurde Züge annehmen. Das ist natürlich sowohl eine Frage des persönlichen Geschmacks als auch des Settings, in einem Pulp-Setting sind ausufernde Beschreibungen und abgefahrene, zT auch alberne Aktionen ja durchaus erwünscht aber wenn ich als SL darauf aus bin, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen (zBps. Horrosettings) kann das dem entgegenwirken.
Deshalb bin ich eher ein Freund von Systemen, die Erzählrechte von Spielern anbieten aber nicht zwanghaft einfordern, zBsp in Form von Tokens, die man für bestimmte Dinge eintauschen KANN aber nicht muss. Dass man durch Chips bei Western City Fakten schaffen kann finde ich zBsp extrem reizvoll, aber der Chipsfluss zwingt einen dazu, bestimmte Szenen an sich zu reißen und zu "glänzen", um sich Chips zu verdienen. Dem steht eigentlich nix entgegen, aber für meinen Geschmack führt das doch ein wenig zu häufig zu "Coolness-Wettbewerbe", was ich in einem eher klassichen System so nicht möchte.
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Offline Scylla

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #7 am: 29.12.2010 | 10:09 »
Mentor trifft meine Meinung genau, +1.

Offline Joerg.D

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #8 am: 29.12.2010 | 10:22 »
Zitat
Dass man durch Chips bei Western City Fakten schaffen kann finde ich zBsp extrem reizvoll, aber der Chipsfluss zwingt einen dazu, bestimmte Szenen an sich zu reißen und zu "glänzen", um sich Chips zu verdienen. Dem steht eigentlich nix entgegen, aber für meinen Geschmack führt das doch ein wenig zu häufig zu "Coolness-Wettbewerbe", was ich in einem eher klassichen System so nicht möchte.

Eher im Gegenteil, man muss sich in Szenen zurückhalten um Chips zu sparen und dann später glänzen zu können.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline First Orko

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #9 am: 29.12.2010 | 10:32 »
Eher im Gegenteil, man muss sich in Szenen zurückhalten um Chips zu sparen und dann später glänzen zu können.

Es sei denn, man haut sie (wie ich) immer fröhlich für Fakten und NSCs raus, dann wirds schnell knapp- Als wenn ich mich zurückhalten könnte  >;D
Andererseits hat Western City auch noch einen generischen Chipsfluss durch die Verteilung am Ende der Szene, ist also als Beispiel wohl doch eher weniger geeignet. Trotzdem wäre es wohl nicht das System meiner Wahl, wenn ich zBsp ein Deadlands-Szenario spielen wollen würde, auch wenn ichs sonst gern spiele. Aber ich lass mich auch immer wieder gern vom Gegenteil überzeugen ;)

@Jörg: City System Testrunde Anfang nächsten Jahres?
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ErikErikson

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #10 am: 29.12.2010 | 11:09 »
Ich persönlich hab nur gute Erfahrungen mit Erzählrechten gehabt. Wenn die Spieler mal gebrauch gemacht haben, was sie bei mir eher selten tun. Es erhöht die Plastizität der Breschreibung, die bei mir immer etwas mager ausfällt und bringt neue interessante Elemente und Wendungen rein.

alexandro

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #11 am: 29.12.2010 | 11:19 »
Ich mag Erzählrechte, weil sie die Settingimmersion (=! Charakterimmersion) fördern.

Durch die Beiträge der verschiedenen Spieler entsteht ein viel dichteres, glaubwürdigeres Setting, als dies bei einem einzigen Erzähler möglich wäre. Wenn ich dem SL eine Frage stellen muss, dann reißt mich das immer aus der Vorstellung des Settings raus und kostet unnötig Zeit (besonders wenn der SL nichtweiß, worauf der Spieler jetzt hinaus will).

Als SL zwinge ich niemanden zu erzählen, aber wenn dann ein Spieler ankommt und sagt "du, mit deiner Ausschmückung bremst du meine Spielbeiträge aus/machst du meinen Hintergrund kaputt", dann sage ich gerne "selber Schuld!".

Offline Terrorbeagle

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #12 am: 29.12.2010 | 11:30 »
Zitat
Durch die Beiträge der verschiedenen Spieler entsteht ein viel dichteres, glaubwürdigeres Setting, als dies bei einem einzigen Erzähler möglich wäre.

Interessant. Das entspricht so ziemlich dem exakten Gegenteil meiner eigenen Erfahrungen. Ich habe weit verteilte Erzählrechte fast immer als ein sprichwörtliches Breikochen mit vielen Köchen erlebt.

Ich persönlich finde, dass starke und allgemeine Erzählrechte auf Spielerseite ein nettes, kurzfristiges Gimmick sind, die etwas neues bieten, dass aber auch relativ schnell wieder abnutzt. Bietet kurzfristig etwas Abwechslung, und ist dann mal ganz nett, wird aber fast alle Gimmicks ziemlich schnell langweilig, um somit als Dauerbeschäftigung eher ungeeignet zu bleiben.
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

ErikErikson

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #13 am: 29.12.2010 | 11:33 »
Vielleicht erzählen deine Spieler zu viel. Gutes Maß bei allen Dingen. Ich kann mir vorstellen das bei Spielern die ständig selber was einbringen das totale Chaos herrscht.

Nin

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #14 am: 29.12.2010 | 11:38 »
(+) Wenn es gut läuft, steigen die SpielerInnen tiefer in die Geschichte ein. Stricken alle mit, dann wird das Abenteuer vielschichtiger und origineller, als es sich eine Person alleine vorstellen könnte.
(-) Im schlechten Fall widerspricht sich das Eingebrachte. Oder die SpielerInnen lassen die Figuren unüberlegt und planlos durch die Szenen stolpern, wohl wissend, dass negative Folgen jederzeit mit einem entsprechenden Beitrag ausgehebelt werden können (das Spiel verflacht).

Eigentlich ist es wie immer, es kommt drauf an, was daraus gemacht wird.

Offline Voronesh

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #15 am: 29.12.2010 | 11:53 »
Es wurde ja schon oft genug angesprochen, dass es eine Gratwanderung zwischen: Mehr Zutaten, schmeckt besser! und dem sprichwörtlichen Köcheüberfluss ist.

Persönlich finde ich Detailausschmückungen sehr hilfreich, zwecks Immersionsförderung. 4 Gehirne errecihen oft genug mehr als 1.

Wenns jedoch an so Sachen geht wie Fakten/Storysachen, dann kann das störend sein. Wenn der Heuchler von Spielerseite schon als schmierig erzählt wird, wirds schwierig den noch zu benutzen die SC in die Falle laufen zu lassen.
Was manchmal nervt ist, das die Leute realistische Sachen fordern, aber viel unrealistischere Sachen, an die sie sich gewöhnt haben, völlig ignorieren. Wie wenn der Drache im Kino hockt und schreit "Voll unrealistisch, es gibt keine Orks."

Offline Oberkampf

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #16 am: 29.12.2010 | 12:08 »
Also, eigentlich komme ich aus der klassischen Ecke, wo Spielwelt = SL-Angelegenheit und Charakter = Spielerangelegenheit ist, und habe früher häufig recht empfindlich reagiert, wenn ich das Gefühl hatte, das Spieler in meinem Aufgabenbereich herumrühren. Wenn ich strikt herausforderungsorientiert spielen will, also als SL ein schwieriges Abenteuer entwerfe, dass man durch clevere Ideen, gute Taktik, hohe Aufmerksamkeit und kluge Charakterplanung bestehen kann, dann würde ich wahrscheinlich ich auch keine Spielermitbestimmung mögen.

Momentan steht das aber nicht im Vordergrund für mich, sondern der gemeinsame Enturf einer actionreichen und abenteuerlichen Geschichte, in der vor allem die Spielercharaktere im Mittelpunkt stehen. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass so eine Geschichte um die Spielercharaktere am Besten zustandekommt, wenn die Spieler auch Einfluss auf die Spielwelt nehmen können, um ihren Charakteren ihre Glanzauftritte vorzubereiten. Was Spieler mit ihren Charakteren machen wollen, wissen diese, glaube ich, besser, als ich es als SL weiß.

Wenn ich heut das Wort "Story" höre, geistern vor meinem inneren Auge NSC-Paraden herum und ich sehe strikt lineare Erzählpfade vor mir, in denen Spielercharaktere lustige Nebenrollen einnehmen müssen. Wenn ich nicht aufpasse, entwerfe ich selbst so ein verschwurbeltes Storygefängnis, wenn meine Spieler nach storyorientiertem Spiel fragen. Spielermitbestimmung ist da ein gutes Gegengift (natürlich nicht das einzige).
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killedcat

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #17 am: 29.12.2010 | 12:29 »
Ich möchte keine Geschichte gestalten, sondern eine erleben. Ich freue mich, wenn am Ende einer Kampagne eine gute Geschichte zustande gekommen ist, aber noch viel mehr freue ich mich, wenn ich ein tolles Erlebnis hatte. Daher keine Erzählrechte für mich.

Offline Bad Horse

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #18 am: 29.12.2010 | 16:07 »
Ich leide ein bißchen unter überschäumender Kreativität, und da ich die im Rollenspiel ausleben möchte, sind mir Erzählrechte gerade recht. Sowohl als SL als auch als Spieler.

Dämliche Ideen können sowohl vom SL als auch vom Spieler kommen (gab´s da nicht mal ein offizielles DSA-Abenteuer mit einem abgestürzten UFO?). Insofern verstehe ich die Angst davor, dass die Spieler im "Plot herumrühren" könnten, nicht so recht. Im Normalfall sind die Spieler doch genausosehr an einer stimmigen, dramatischen Geschichte interessiert wie der SL. Und selbst auf den ersten Blick absurde Vorschläge können das Setting bereichern (wenn nicht, werden sie eh schnell ignoriert).
Mir hat mal ein Spieler ein Nussknackermuseum in einen Ort erzählt. Das fand ich am Anfang etwas abstrus, aber es hat sich schnell herausgestellt, dass das der zündende Funken an der Geschichte war, der mir noch gefehlt hatte.  :)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Ludovico

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #19 am: 29.12.2010 | 19:54 »
Ich bin auch ein großer Freund von Erzählrechten für Spieler. Ich finde sogar, dass Spieler eine Erzählpflicht haben sollten. Zumindest haben sie das bei mir.

Als Spieler finde ich es tierisch nervig, wenn ich nicht einfach einen Stein am Flussbett aufheben darf, ohne vorher nachzufragen, denn das reisst mich wirklich aus dem Charakter oder auch weitergehend zu bestimmen, dass gerade eine Kutsche in der vielbefahrenen Strasse auf eine ahnungslose Dame zurast. Ich bin immer wieder begeistert, wenn der SL die Eingebungen der Spieler aufgreift und den Ball zurückspielt.

Als SL empfinde ich es schon fast als Verschwendung meiner Zeit, wenn ich Sachen a la "Ist ein Stein in greifbarer Nähe am Flussbett" gefragt werde. Es gibt genügend Dinge, die ein SL zu tun hat und auf die er sich zu konzentrieren hat und davon wird man abgelenkt, weil es Spieler gibt, die außer der Darstellung und Verwaltung ihres Charakters nicht sonderlich viel zu tun haben und entweder zu faul oder nicht willens sind, mal selber ihre Phantasie anzustrengen. Deswegen finde ich, dass Spieler auch eine Erzählpflicht haben, denn sie nehmen dem SL so Arbeit ab. Durch erweiterte Erzählpflichten kreiern sie sogar Plothooks und Spotlights. Der SL muss dann nicht ständig darauf achten, dass keiner zu kurz kommt, sondern wenn ein Spieler ein Spotlight haben möchte, dann kann er dem SL einfach den Ball zuspielen. Kann sein, wenn es gerade nicht passt, dass er mit einem Veto abgewatscht wird (was auch freundlich geschehen kann), aber wenigstens weiß er, was Sache ist und sich bei der nächsten Gelegenheit darauf einstellen.

Mittlerweile weiß ich auch, dass ich es kaum ertrage, wenn Spieler keine Erzählrechte haben oder diese nicht nutzen. Bei einer Runde hat vor allem ein Mitspieler ständig den SL (der nicht ich war) gefragt:
"Ist ein Schornstein auf dem Haus?"
"Pass ich da durch?"
"Wo befindet sich die Haustür?"
"Gibt es Fenster bei dem Haus?"

Innerlich starb ich tausend Tode und die Runde wurde so in die Länge dadurch gezogen, dass mir der Spass verging.

ErikErikson

  • Gast
Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #20 am: 29.12.2010 | 20:12 »
Ich bin auch ein großer Freund von Erzählrechten für Spieler. Ich finde sogar, dass Spieler eine Erzählpflicht haben sollten. Zumindest haben sie das bei mir.

Als Spieler finde ich es tierisch nervig, wenn ich nicht einfach einen Stein am Flussbett aufheben darf, ohne vorher nachzufragen, denn das reisst mich wirklich aus dem Charakter oder auch weitergehend zu bestimmen, dass gerade eine Kutsche in der vielbefahrenen Strasse auf eine ahnungslose Dame zurast. Ich bin immer wieder begeistert, wenn der SL die Eingebungen der Spieler aufgreift und den Ball zurückspielt.

Als SL empfinde ich es schon fast als Verschwendung meiner Zeit, wenn ich Sachen a la "Ist ein Stein in greifbarer Nähe am Flussbett" gefragt werde. Es gibt genügend Dinge, die ein SL zu tun hat und auf die er sich zu konzentrieren hat und davon wird man abgelenkt, weil es Spieler gibt, die außer der Darstellung und Verwaltung ihres Charakters nicht sonderlich viel zu tun haben und entweder zu faul oder nicht willens sind, mal selber ihre Phantasie anzustrengen. Deswegen finde ich, dass Spieler auch eine Erzählpflicht haben, denn sie nehmen dem SL so Arbeit ab. Durch erweiterte Erzählpflichten kreiern sie sogar Plothooks und Spotlights. Der SL muss dann nicht ständig darauf achten, dass keiner zu kurz kommt, sondern wenn ein Spieler ein Spotlight haben möchte, dann kann er dem SL einfach den Ball zuspielen. Kann sein, wenn es gerade nicht passt, dass er mit einem Veto abgewatscht wird (was auch freundlich geschehen kann), aber wenigstens weiß er, was Sache ist und sich bei der nächsten Gelegenheit darauf einstellen.

Mittlerweile weiß ich auch, dass ich es kaum ertrage, wenn Spieler keine Erzählrechte haben oder diese nicht nutzen. Bei einer Runde hat vor allem ein Mitspieler ständig den SL (der nicht ich war) gefragt:
"Ist ein Schornstein auf dem Haus?"
"Pass ich da durch?"
"Wo befindet sich die Haustür?"
"Gibt es Fenster bei dem Haus?"

Innerlich starb ich tausend Tode und die Runde wurde so in die Länge dadurch gezogen, dass mir der Spass verging.

 :d

Ich hab auch manchmal die Tendenz Spieler zu schlagen, die mich so Sachen fragen.

alexandro

  • Gast
Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #21 am: 29.12.2010 | 20:19 »
Erzählrechte sind auch außerhalb von unwichtigen Details (die man sich sowieso dazudenken kann) ein tolle Sache.

Wenn es um NSC-Inventar geht (seien es die Besucher eines großen Balles oder auch nur die Kundschaft der typischen Taverne), dann ist die Frage "Wer ist denn da?" tödlich für den Spielfluss. Im klassischen Spiel beschreibt der SL hier seine 2-3 vorbereiteten Standard-NSCs (bzw. sein Dutzend plotwichtige Strippenzieher bei einem Ball) in Groben Zügen. Auf die Frage "Ist da sonst noch wer?" folgen (im günstigsten Fall) hastig improvisierte Beschreibungen von NSCs ohne bemerkenswerte Eigenschaften, welche keinerlei Begeisterung versprühen und das Interesse der Spieler nicht dauerhaft zu fesseln vermögen.

Wenn dagegen die Spieler selber mit Ideen um die Ecke kommen ("Ich gehe auf einen fetten, glatzköpfigen Brigadegeneral zu..."), die anderen dann auf die Ideen einsteigen und sie ergänzen (einem anderen Spieler kommt die Idee, dass der Brigadegeneral mit bayrischem Akzent spricht und etwas begriffstutzig ist) und der SL dann noch für eine Anbindung an den Hintergrund sorgt (der General ist der Vater des Hauptbösewichts und hat Informationen zu dessen Plänen, auch wenn er sich über deren Bedeutung nicht im Klaren ist...), dann entstehen viel dynamischere, unvorhersehbarere Situationen, weil die Gesamtheit der kreativen Leistungen der Spielteilnehmer eben größer ist, als die Summe ihrer Teile.

Wulfhelm

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #22 am: 29.12.2010 | 20:23 »
Als Spieler finde ich es tierisch nervig, wenn ich nicht einfach einen Stein am Flussbett aufheben darf, ohne vorher nachzufragen, denn das reisst mich wirklich aus dem Charakter oder auch weitergehend zu bestimmen, dass gerade eine Kutsche in der vielbefahrenen Strasse auf eine ahnungslose Dame zurast. Ich bin immer wieder begeistert, wenn der SL die Eingebungen der Spieler aufgreift und den Ball zurückspielt.
Das sind für mich zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
Dass Spieler die aus der Natur der Sache resultierenden Lücken in der Weltbeschreibung mit GMV ausfüllen, ist für mich selbstverständlich.
Dass Spieler eigenständig den Ablauf außergewöhnlicher, dramatischer Ereignisse herbeierzählen, ist meiner Meinung nach etwas ganz anderes (und etwas, das ich persönlich nicht so mag.)

Online Sashael

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #23 am: 29.12.2010 | 23:25 »
Wenn dagegen die Spieler selber mit Ideen um die Ecke kommen ("Ich gehe auf einen fetten, glatzköpfigen Brigadegeneral zu..."), die anderen dann auf die Ideen einsteigen und sie ergänzen (einem anderen Spieler kommt die Idee, dass der Brigadegeneral mit bayrischem Akzent spricht und etwas begriffstutzig ist) und der SL dann noch für eine Anbindung an den Hintergrund sorgt (der General ist der Vater des Hauptbösewichts und hat Informationen zu dessen Plänen, auch wenn er sich über deren Bedeutung nicht im Klaren ist...),
Das und die Aktion mit der Kutsche und der Dame sind für mich zwei Beispiele, die ich weder als Spieler noch SL haben möchte. Beides würde für mich ein Gefühl der Beliebigkeit erzeugen, das eine Story eher abwertet als sie zu verbessern. Aber ich spiele auch eher Herausforderungsorientiert und genieße es wesentlich mehr, innerhalb fester Parameter mit den gegebenen Möglichkeiten etwas zu erreichen, anstatt die Situation ständig meinem Gusto anzupassen, um so "weiter zu kommen" oder ein Spotlight (Kutsche + Damsel in distress) abzugreifen. Das finde ich eher abstoßend.

dann entstehen viel dynamischere, unvorhersehbarere Situationen, weil die Gesamtheit der kreativen Leistungen der Spielteilnehmer eben größer ist, als die Summe ihrer Teile.
Oder eben chaotischer Storybrei. Mit der Extraportion Hä-wie-jetzt-? in der praktischen Knickecke.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Offline Jiba

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Re: Diskussion zu "Erzählrechte für Spieler"
« Antwort #24 am: 30.12.2010 | 00:02 »
Beides würde für mich ein Gefühl der Beliebigkeit erzeugen, das eine Story eher abwertet als sie zu verbessern. Aber ich spiele auch eher Herausforderungsorientiert und genieße es wesentlich mehr, innerhalb fester Parameter mit den gegebenen Möglichkeiten etwas zu erreichen, anstatt die Situation ständig meinem Gusto anzupassen, um so "weiter zu kommen" oder ein Spotlight (Kutsche + Damsel in distress) abzugreifen. Das finde ich eher abstoßend.

Naja... beliebig ist die Story doch auch, wenn nur eine Person (der SL) dran herumbuttert - denn der passt ja auch die Situationen seinem persönlichen Gusto an. BadHorse hat ganz richtig darauf hingewiesen, dass auch ein SL für "Hä? Wie jetzt?"-Reaktionen am Spieltisch sorgen kann und ihm nicht zuletzt auch Dinge in seiner Spielwelt entgehen ("Ach ja, da gibt es auch noch..."). Ich glaube zwei Irrtümer von denen viele Gegner der Erzählrechte für Spieler ausgehen, sind:

1. Spieler neigen eher dazu, durch Erzählrechte die Konsistenz und Plausibilität eines Settings zu zertrümmen... das habe ich persönlich noch nie so erlebt. Da sich niemand über Erzählrechte bei der Beschreibung des eigenen Charakters zu beklagen scheint ("Mein Char sieht so und so aus..."), glaube ich, dass die Zerstörung von Spielweltkonsistenz hier schon beginnen kann - spätestens dann, wenn ich meinem Zwergenkrieger lilafarbene Haare andichte. Das kommt in der Praxis aber kaum vor, denn in der Regel herrscht ein einigermaßen klares Verständnis des Settings in der Gruppe vor, zumindest wenn man es offen bespricht. Und falls dann wirklich ein Veto nötig sein sollte, dann konkretisiert ja dieses auch den gemeinsamen Vorstellungsraum weiter ("Okay... nachdem wir drüber gesprochen haben wissen wir: wir wollen keine Aliens in unserem Pulp-Abenteuer").

2. Spieler neigen dazu, sich durch Erzählrechte Vorteile für ihre Charaktere zu verschaffen... Vielleicht ist das tatsächlich der Fall, aber auch nur, bis man beginnt die Möglichkeiten des freien Erzählens auszuloten. Zunächst einmal hindert niemand den SL oder die Mitspieler daran einen offensichtlichen Vorteil oder eine dramatische Wendung zu einem Problem für die Spielercharaktere zu machen - so kann der Brigardegeneral natürlich ein ernstzunehmender Widersacher der SCs werden und die Damsel in Distress stellt sich vielleicht als Schurkin heraus, die die Aktion mit der Kutsche nur inszeniert hat und sich hat retten lassen, um das Vertrauen eines Heldens zu gewinnen. Kein vom Spieler erschaffener Fakt ist konkret genug, um nicht mit Einverständnis aller in unvorhergesehene Richtungen entwickelt zu werden. Und selbstverständlich gehört es zu einer guten Geschichte für mich auch immer dazu, meinen Charakter durch Eigenerzählung in ernste Schwierigkeiten zu bringen. Denn natürlich kann ich auch negative Dinge dazuerzählen, die Situationen spannender machen.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini