Ich hab' tatsächlich schon mal einen Streetsam bei GURPS:Shadowrun gespielt und hab da andere Erfahrungen gemacht, das hat cool funktioniert! Die Sache ist halt, dass man in solchen Settings auch die ganze "awesomeness" von Advantages, Magie u.ä. raushauen muss, um dieses Power-Feeling zu kriegen
…snip coole Wege, um Sams nachzubauen…
Wäre es mit den ganzen extras nicht immernoch effizienter, einfach ein Sturmgewehr zu nehmen?
Damit kommt dann konsistenz rein: Wenn du das so konntest, gibt es doch bestimmt auch Leute, die das gleiche können, aber Feuerwaffen nehmen, und damit deutlich stärker sind als du. Warum gibt es dann noch Straßensamurai mit Katanas.
In Shadowrun 3 heißt das Stichwort „Stoßpanzerung“ (statt Ballistischer)
Aber wenn man wenig krasse Features nehmen kann, bzw. nicht soviel Punkte hat oder einfach nicht das Richtige auswählt, wird es in der Tat sehr schnell "hart u. dreckig" und extrem ungemütlich für Nahkämpfer, das entspricht dann genau Deiner Beschreibung... - Bei GURPS ist das dann halt nen besonderer Fall weil es ein Regel-Framework und nicht "fix" ist, das eigentliche System begrenzt selten, es hängt fast immer von der individuellen Abstimmung ab.
Gurps legt fest, was wie teuer ist, und damit regelt es, was sich für Leute in der Welt lohnt.
Auf jeden Fall bemerkenswert, dass in Deiner Runde das High Fantasy-Feeling mit Unberechenbarkeit zusammenhängt, das hätte ich jetzt so nicht damit assoziiert. Ich weiss andererseits auch von Leuten, die z.B. von D&D her zu GURPS gekommen sind und den d20 und seine hohe Zufälligkeit lieben und den einfach mit ein paar kleinen Tweaks weiterverwenden und damit sehr zufrieden sind... ^^ (das ist allerdings schon eine extreme Hausregelung und i.d.R. nicht so günstig).
Vielleicht ist es eher die Handlungsweise, die ich mit High Fantasy verbinde (die Vor- und Nachteile dafür gibt es alle - die verwenden wir oft direkt aus Gurps
). Es ist nicht ganz leicht prägnant in Worte zu fassen, was genau den Unterschied ausmacht, aber es ist sehr präsent.
Ich denke z.B. dass Shadowrun viel stärker beim dreckigen Cyberpunk geblieben wäre, wenn es kein Poolsystem hätte: „12 Würfel! 8 Erfolge! Und 4 Sechser! Und noch zwei! Und noch eine! Und 4! Mindestwurf 22, nimm das!“
Das ist zwar zweifellos cool, aber es ist in meinen Augen Hollywood und nicht Cyberpunk. Und genau in die Richtung ging SR dann auch immer mehr. Mehr schwarze Trenchcoats, weniger Irokesen, Anarchisten und Tattoos.
Grundsätzlich glaube ich, dass wahrgenommene Konflikte zwischen System u. Setting in vielen Fällen stark subjektiv bzw. geschmacksabhängig sind (sofern es nicht um grundsätzliche Plausibilität geht o.ä.). Oft wird da mit einer bestimmten "Brille" sehr eine etwas andere Färbung als Konflikt wahrgenommen, obwohl meistens der Kern eines Settings entsprechenden Interpretationsspielraum zulässt. Ich denke, das verlangt dann (wie fast immer) einfach nach einem guten GM, der das entsprechend als funktionierendes und stimmiges Gesamtpaket vermitteln kann
Etwas überspitzt: Wenn das System nicht passt, lass die SL es richten
Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich dazu mal einen alten Beitrag von mir zitiere statt alles neu abzutippen und doch nicht mehr zu sagen
Das Regelwerk legt dabei zum Beispiel fest, wie heldenhaft ein anfangender Kämpfer ist.
- In DSA (3) trifft ein Anfangskrieger nur gut jedes zweite Mal, obwohl er jahrelang Schwertkampf gelernt hat, schließlich sind Kämpfe eine völlig andere Situation als das Schwerttraining.
- In Shadowrun (3) trifft ein anfangender Kämpfer einen ungeübten so gut wie immer und kann auch gegen 5 Gegner gleichzeitig bestehen. Nach der ersten Wunde sinken seine Chancen im Nahkampf allerdings massiv.
- In Gurps (4) wird die Anfangsfähigkeit eines Kriegers zum Großteil bei der Erschaffung durch die gewünschte Charakterstärke festgelegt und ist dann sehr gut planbar. Angehende Helden (Wert 13) treffen in etwa 83% der Fälle. Sie parieren aber nur in etwa 38% der Fälle (3 + halber Wert).
- In 1w6 hängt die Trefferchance im Nahkampf v.a. von der Stärke des Gegners ab. Wenn ein Kämpfer 6 Punkte besser ist als sein (einzelner) Gegner (z.B. guter Krieger gegen Goblin), muss er sich um den Kampfausgang keine großen Sorgen mehr machen. Bei mehreren Gegnern sieht das schnell anders aus (Malus von 3 pro zusätzlichem Gegner - da sind die 6 Punkte schnell weg).
Die Geschichte "Krieger stürzt sich auf 20 Goblins, die gerade eine adlige Frau aus ihrer Sänfte zerren" würde also in den verschiedenen Systemen sehr unterschiedlich enden.
- DSA 3: Der Krieger wird nach heldenhaftem Kampf niedergerungen, nimmt aber viele Goblins mit in den Tod und kann der Frau die Zeit zur Flucht verschaffen.
- Shadowrun: Wenn der Krieger nicht das Pech hat, eine Wunde abzubekommen, richtet er ein fürchterliches Gemetzel an (Goblins->Ganger ohne Fernkampfwaffen). Sobald er aber die erste Wunde hat, sollte er sich zurückziehen, da er sonst schnell als Schaschlik endet.
- Gurps: Da der Paradewert niedriger liegt als der Angriffswert, wird der Krieger immer wieder getroffen und bricht recht bald zusammen.
- 1w6: Wenn der Krieger intelligent genug ist, den Wagen im Rücken zu haben, hat er realistische Chancen viele der Goblins mitzunehmen. Sonst wird er niedergemacht, sobald ihn vier Goblins von allen Seiten angreifen.
Deswegen greift das System direkt in den Hintergrund ein: Ein Shadowrunner wird sich viel eher einfach in die Mitte der Ganger/Goblins stürzen als ein Krieger im 1w6, selbst wenn beide im Vergleich zu den Gangern/Goblins überragend sind.
Darüber hinaus haben die grundlegenden Regelmechanismen noch direkte Auswirkungen auf die Verteilung der Ergebnisse. Ein Poolsystem (xW6 gg MW, z.B. Shadowrun) hat völlig andere Wahrscheinlichkeiten als ein Unterwürfel-System (DSA, Gurps), oder ein ± System (1w6), und mehrere addierte Würfel (Gurps) geben eine viel stärker um den Erwartungswert zentrierte Verteilung als ein Würfel (DSA, Kampf).
Damit ist auch klar, dass ein DSA Krieger viel eher fürchten muss, dass ein Goblin mal Glück hat, aber auch viel häufiger von den glücklichen Fügungen des Schicksals berichten kann als z.B. ein Gurps Krieger, und dass in SR (6-er wiederwürfeln, viele Würfel) und im 1w6 (mit krits: 6-er Hochwürfeln, ein Würfel) die Ergebnisse nochmal sensationeller aussehen (weil die Spieler sehen, was mit dem Wurf sonst noch alles möglich gewesen wäre). Ein Shadowrunner (SR3!) hat die besten Chancen, auch härteste Mindestwürfe zu schaffen, also versuchen Shadowrunner eben doch noch, dem fliehenden Hubschrauber eine Minigranate durch das winzige Loch in der Scheibe zu feuern (hat bei uns geklappt - ich hatte lange nicht mehr so viele 6-er hintereinander gesehen ). Ein Gurps-Kämpfer würde das gar nicht erst versuchen, weil er viel weniger die Erfahrung macht, dass das Schicksal auf seiner Seite steht (dafür aber viel häufiger, dass gute Pläne auch gelingen - Boni machen deutlich mehr aus).
- Abschnitt aus
http://1w6.org/blog/drak/2009-05-04-das-regelwerk-beeinflusst-das-setting