Äh, nein. Die Edda wurde von dem isländischen Skalden Snorri Sturluson niedergeschrieben, und das bereits im 12. Jahrhundert. Seine Quellen dürften, wenn auch nicht ganz unverfälscht, bis ins 10. Jahrhundert zurückgehen, d.h. die gesamte Blütezeit des skandinavischen Skaldentums abdecken.
Weiterhin OT: Sturlesons Edda ist, streng genommen, auch eine christliche Überlieferung, denn Snorri selbst war kein Heide. In dem Punkt liegt der Teufel nämlich im Detail. Die Christianisierung war zu Snorris Zeit, im Island des 12. Jahrhunderts schon weitestgehend abgeschlossen und das Christentum, trotz einiger weniger heidnischer Überbleibsel, Staatsreligion. Das allein wäre allerdings gar nicht so wichtig wie die Übernahme der christlichen Schriftkultur. Wikinger, Germanen und Kelten selbst haben während ihrer heidnischen Phase nämlich kaum Dinge verschriftlicht. Aus der Zeit gibt es zwar hie und da einige Inschriften, aber kaum zusammenhängende Texte. Die Technik der Verschriftlichung von Sagenzyklen und Historien ist ein Kulturimport aus dem (zur fraglichen Zeit) bereits christlichen Süden. Bleibt dabei: Ohne Jesus kein Odin.
Einen Kritikpunkt lasse ich gelten: Snorri Sturleson war weder Mönch noch Kleriker. Allerdings auch kein Heide.
(Irgendwie ist diese OT-Diskussion weit interessanter als irgendwelche aventurischen Götter
)
Zum Thema christianisierung fällt mir nur das Mabinogion ein, dass später zur Artusgeschichte wurde.
Verhält sich, soweit ich weiß, ähnlich wie die Edda. Deutlich ältere, heidnische Geschichten, die zu christlicher Zeit verschriftlicht wurden (sehr wahrscheinlich mit der Absicht, die Mythen vor dem Verschwinden zu retten). Glücklicherweise kann man annehmen, dass der christliche Verfälschungsgrad sowohl in Mabinogion als auch in der Snorri-Edda
vergleichsweise gering ist. Bleibt allerdings das Grundproblem, dass die Geschichten erst da niedergeschrieben wurden, als die dazugehörigen Religionen längst schon verschwunden oder im christianisierten Volksglauben aufgelöst waren.