Autor Thema: Poly- und Monotheismus im RPG und im Spiegel der Geschichte (war: Eure Meinung: Aventuriens bescheuertste Gottheit)  (Gelesen 12605 mal)

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Der Gedanke, dass die unzähligen Heiligen eigentlich Götterersatz, eine Art "Heiligenpantheon" sind, finde ich da viel interessanter.
Man sollte da auch nicht den Teufel vergessen, der vor allem im Volkskatholizismus und freikirchlichen Protestantentum noch sehr gepflegt wird. Selbiges für die Engelschar.

Offline Skele-Surtur

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Man sollte da auch nicht den Teufel vergessen, der vor allem im Volkskatholizismus und freikirchlichen Protestantentum noch sehr gepflegt wird. Selbiges für die Engelschar.
Guter Hinweis.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Helmron

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Manchmal würde ich mir zur Abwechslung wirklich mal ein Fantasy-RPG mit "vertauschten Rollen" wünschen. (Dreckige, blutrünstige Polytheisten als Bösewichte und eine auf Güte und Barmherzigkeit konzentrierte freundliche Monotheistenkirch.)  ;D

Ja am besten die Dreckige, blutrünstige Polytheisten Menschen, die allen anderen ihre Götter aufdrängen wollen, gegen die Freundlichen Barmherzigen Orks, die andere Kulturen Respektieren und in Frieden Leben wollen. ::)

Hey, das ist eigentlich keine so schlechte Idee.
Ich werd mich mal dransetzen und das Setting entwefen.
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Offline Merlin Emrys

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Der Gedanke, dass die unzähligen Heiligen eigentlich Götterersatz, eine Art "Heiligenpantheon" sind, finde ich da viel interessanter.
So neu kommt mir das nicht vor. Gerade der Katholizismus hat vermittels der Heiligen stark synkretistische Elemente ermöglicht. Der Reiliquienkult hat Amulett-Traditionen und dergleichen legitimisiert. Und schließlich konnten vermittels der Verehrung von Maria, die sämtliche "Muttergottheiten" und "Fruchtbarkeitsgottheiten" in sich "inkorporieren" konnte, diese sozusagen "an einen zulässigen Platz innerhalb der katholisch-philosophischen Weltordnung gebracht werden". Mal stark vereinfacht ausgedrückt, natürlich.

Offline Jed Clayton

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Zum Thema Dreifaltigkeit und Dreigestirn:

Mir fiel gerade ein, dass in einer alten Folge von The Dragons' Landing Inn (Podcast) mal eine Hörerzuschrift zu dem Thema "Drei abwechselnde Götter" für eine Kampagnenwelt besprochen wurde. Dort hatte mal jemand vorgeschlagen, dass es in einer Fantasy-Kampagnenwelt drei Götter oder zumindest drei Hauptgötter geben könnte, wobei jeder der drei für ein Drittel des Jahres eine bestimmte Macht über den Verlauf der Welt, das Wetter und so weiter haben würde.

In einem Jahr mit 12 Monaten wäre also jeder der drei Götter für je 4 Monate an der Reihe.

Natürlich war das auch als Regelidee gedacht: In den 4 Monaten, wo der jeweilige Gott seine "Saison" hat, sind seine eigenen Kräfte und Aspekte stärker und seine Geweihten und Priester können stärkere Magie wirken als alle anderen. Entsprechend ist dann die Kraft der beiden anderen Göttergeschwister etwas schwächer, bis sie wieder an der Reihe sind.

Ich habe mir das Beispiel deshalb so gut gemerkt, weil die Podcaster die drei Götter damals "Larry, Curly und Mo" nannten. ;D
« Letzte Änderung: 22.04.2011 | 14:35 von Calisota »
"Somewhere there is danger, somewhere there's injustice, and somewhere else the tea is getting cold."

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Offline Lyonesse

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Jedenfalls ist dieser römisch-katholische Glaube schon eine seltsame Kopfgeburt. Da ist ja nicht nur dieses Geschwurbel von der Dreifaltigkeit - kein Wunder, dass die Arianer da nicht mehr mitkamen -, sondern auch das schon erwähnte riesige Pantheon der Heiligen, Märyrer und Mutter Gottes, die man allesamt nochmal gesondert anbeten kann. Ist für mich, im Gegensatz zum Judaismus und dem Islam, eigentlich gar kein Monotheismus im klassischen Sinne sondern irgendwas dazwischen.
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Offline Jed Clayton

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Jedenfalls ist dieser römisch-katholische Glaube schon eine seltsame Kopfgeburt. Da ist ja nicht nur dieses Geschwurbel von der Dreifaltigkeit - kein Wunder, dass die Arianer da nicht mehr mitkamen -, sondern auch das schon erwähnte riesige Pantheon der Heiligen, Märyrer und Mutter Gottes, die man allesamt nochmal gesondert anbeten kann. Ist für mich, im Gegensatz zum Judaismus und dem Islam, eigentlich gar kein Monotheismus im klassischen Sinne sondern irgendwas dazwischen.

Trotzdem und gerade deswegen war der Katholizismus aber jahrhundertelang ausgesprochen erfolgreich! Am Ende der Antike, als das Christentum begann, richtig erfolgreich zu werden, dachte das einfache Volk weitestgehend polytheistisch. (Ausgenommen die Juden in Judäa, aber die wurden ja in ihrer Geschichte auch niemals mehrheitlich christlich. Die Griechen und Römer dagegen schon.) Ein lupenreiner, voll durchdachter Monotheismus war doch den einfachen Leuten gar nicht zu verkaufen! Deshalb haben wir bis heute unser Ostern verknüpft mit heidnischen Frühlings- und Fruchtbarkeitstraditionen und Weihnachten am Tag eines alten heidnischen Winterfestes. Das sollte doch auch für fiktionale Welten zu denken geben.

Interessant ist doch, dass in verschiedenen katholischen Ländern - obwohl es immer eine in der Theorie zentralistische Kirchenführung mit dem Papst in Rom gab - ganz unterschiedliche Volkstraditionen gibt und ganz verschiedene Heilige im Vordergrund stehen, z.B. Sankt Patrick in Irland, aber Santa Barbara und andere in Italien und Spanien. Je ländlicher und volkstümlicher der Katholizismus ist, desto mehr werden sogar einzelne historische Bischöfe, Mönche und nur regional bekannte Heilige verehrt. Diese komische "Santa Muerta" Skelettfigur, die in Mexiko überall zu sehen ist und sogar ihren eigenen Feiertag hat, ist auch überhaupt nicht vom Vatikan legitimiert, wird aber trotzdem in Mexiko verehrt.

Mir gefällt die Überlegung, dass der Eingottglaube des Judaismus zunächst ein "Henotheismus" oder Ein-Gott-für-einen-Stamm-Glaube war. Die Hebräer konzentrierten sich eben auf eine Schutz- und Stammesgottheit JHW (Heiliger Bund, spezielle Hohepriester etc.), während sie die Gottheiten der Philister, Kanaaniter, Babylonier, Ägypter, Hethiter und so weiter nicht abstritten, aber - aus politischen Gründen - eben nicht mehr selber anbeten wollten. Diese sollten bei ihrem jeweiligen Volk bleiben. Jeder Volksstamm im Vorderen Orient hatte eben seine eigene oberste Schutzgottheit. Der Gedanke, dass es tatsächlich nur einen einzigen Gott gibt, der sich zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedliche Weise manifestiert oder offenbart hat, ist wohl noch recht neu. Ich persönlich denke, abgesehen von Echnatons Sonnenkult in Ägypten taucht diese Konstruktion erst in einer Zeit auf, die weniger als 2000 Jahre zurückliegt.

Auch im Hinduismus ist die Konstruktion eines All-Gottes mit verschiedenen Gesichtern und Erscheinungsformen (Dreiheit Brahma-Vishnu-Shiva) erst eine jüngere Konstruktion, die das Resultat mehrerer philosophischer Schulen und Entwicklungen war. Zunächst waren das durchaus getrennte Kulte aus unterschiedlichen Epochen und unterschiedlichen Landesteilen.
« Letzte Änderung: 23.04.2011 | 13:54 von Calisota »
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Offline Kermit

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Jedenfalls ist dieser römisch-katholische Glaube schon eine seltsame Kopfgeburt. Da ist ja nicht nur dieses Geschwurbel von der Dreifaltigkeit - kein Wunder, dass die Arianer da nicht mehr mitkamen -, sondern auch das schon erwähnte riesige Pantheon der Heiligen, Märyrer und Mutter Gottes, die man allesamt nochmal gesondert anbeten kann. Ist für mich, im Gegensatz zum Judaismus und dem Islam, eigentlich gar kein Monotheismus im klassischen Sinne sondern irgendwas dazwischen.
Wenn du die Heiligen oder die Mutter Gottes anbetest, hast du den Katholizismus falsch verstanden. Anbeten kannst du nur Gott, der ein einziger ist. Ansonsten wäre es schön, wenn man bei der Fantasy bleibt und keine halbgaren Halbwahrheiten über Religionen in die Runde wirft, von denen man wenig Ahnung hat. Das ist nicht böse gemeint, aber solche Diskussionen mit Halbwahrheiten führen zu nichts als Missverständnissen.
Zur Funktion der Heiligen: Sie sind lediglich Mittler und Fürbitter, genau wie Maria übrigens auch. Man richtet seine Gebete in diese Richtung, damit sie, die in der Gottesnähe sehr weit gekommen sind, "ein gutes Wort einlegen". Sie sind sozusagen ein Fokus für die eigenen Gebete, eine Hilfe für den Betenden. Ich habe Theologie studiert, wer da mehr wissen will, kann das gerne per PN haben.
Insgesamt gehört das Thema aber nicht ins Fantasy-RPG. Ich mochte es schon in den neunziger Jahren auf LARPS nicht, wenn Gruppen als Darsteller von "Christen" auftauchten und ganz seltsame Dinge von sich gaben. Ich gehe ja auch nicht als Buddhisten-Darsteller (um nicht wieder den Islam zu bemühen) auf einen Con und karikiere die Glaubenswelten anderer.
Das gehört aber alles eher in den Community-Bereich, finde ich.
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Offline Jed Clayton

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Wenn du die Heiligen oder die Mutter Gottes anbetest, hast du den Katholizismus falsch verstanden [...]
Zur Funktion der Heiligen: Sie sind lediglich Mittler und Fürbitter, genau wie Maria übrigens auch. Man richtet seine Gebete in diese Richtung, damit sie, die in der Gottesnähe sehr weit gekommen sind, "ein gutes Wort einlegen". Sie sind sozusagen ein Fokus für die eigenen Gebete, eine Hilfe für den Betenden.

Korrekt. Das ist so.

In der Fantasiewelt Glorantha, wo es Entsprechungen zu praktisch allen Religionsformen der realen Welt gibt (von der Verehrung von Steinen, Wurzeln und Bäumen bis zu einem hochgradig abstrahierten abgehobenen Mono- und Pantheismus), wurde deswegen in den Hero Wars-Regeln bei Gottheiten stets das Verb "worship" verwendet, und bei Heiligen das Verb "venerate", welches eher "achten" oder "verehren" bedeutet. Bei der deutschen Übersetzung mussten wir ganz schön penibel darauf achten, dass "worship" Anbetung war und "veneration" eben "Verehrung".

Übrigens gibt es im Malkionismus von Glorantha, dem großen Monotheismus dieser Welt, mit Propheten und Heiligem Buch, sowohl radikal monotheistische Strömungen mit Volksheiligen als Mittlern und Identifikationsfiguren, als auch henotheistische und andere Abweichlerbewegungen, in denen z.B. die Götter der Orlanthi unter leicht abgewandelten Namen als Heilige präsent sind, mit dem Zusatz "Saint" vor dem Namen. Das ist so, als ob wir in Deutschland heute eine einheitliche Kirche mit Sankt Wotan, Sankt Freya und Sankt Loki hätten, zusätzlich zum Alten und Neuen Testament. Natürlich sind die Parallelen von realer Geschichte zu einer Fantasy-Welt nur unvollständig und holprig.

Zitat
Ich habe Theologie studiert, wer da mehr wissen will, kann das gerne per PN haben.
Insgesamt gehört das Thema aber nicht ins Fantasy-RPG. Ich mochte es schon in den neunziger Jahren auf LARPS nicht, wenn Gruppen als Darsteller von "Christen" auftauchten und ganz seltsame Dinge von sich gaben. Ich gehe ja auch nicht als Buddhisten-Darsteller (um nicht wieder den Islam zu bemühen) auf einen Con und karikiere die Glaubenswelten anderer.

Also, mich stört's auch, wenn die Christen und andere Monotheisten in Spielrunden und Filmen immer nur die tumben Kreuzzugsfanatiker, Hexenverbrenner, Inquisitoren und Betonköpfe sind. Da steckt meines Erachtens viel Zimmer-Bradley'sche Propaganda drin. Oft sind dann die Monotheisten nämlich die bösen radikalen Spinner und die unterdrückerische Obrigkeit und die Spielercharaktere die edlen guten Heiden mit Magie und so weiter. Eben die "Edlen Wilden", die Winnetous und Robin Hoods ihrer jeweiligen Welt.

Zitat
Das gehört aber alles eher in den Community-Bereich, finde ich.

Nichts dagegen, würde ich sagen. Im Moment steht eben im Titel dieses Threads "Poly- und Monotheismus im RPG und im Spiegel der Geschichte". Das sind zwei getrennte Sachen. Wenn wir über Religionen und Pseudoreligionen in Rollenspielwelten reden wollen, dann sollte das eben in einem Spiele-Bereich stehen. Das mit dem "Spiegel der Geschichte" aber im Community-Bereich.
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Offline Tarin

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Ach, das ist die Karfreitagswelle. Heiligenverehrung als Argument gegen christlichen Monotheismus ist genauso alt wie Kreuzzüge und Hexenprozesse als Argument gegen die heutige Kirche :)


Zurück zum Fantasythema:
Wir spielen seit einger Zeit in den Iron Kingdoms und deren Religion finde ich äußerst spaßig. Es gibt mit der Menoth Kirche die üblichen bösen, unterdrückenden Monotheisten (aka die Fantasy-RKK gone bad), mit Morrow aber als Gegenentwurf auch die eher positiv, freiheitlich besetzte Kirche inklusiv einigen Typen, die als sowas wie Heilige durchgehen können. Man könnte anführen, dass die Morrow Kirche wegen der ebenfalls göttlichen Thamar kein Monotheismus ist, die nimmt aber eigentlich eher die Rolle als böser Gegenpart ein und wird als eigener Kult verehrt. Ich fands jedenfalls überaus erfrischend, nicht dauernd betonen zu müssen, wessen Tempel das jetzt ist, zu welchem Kult der Priester da gehört usw. Da ist zumindest größtenteils nur die Morrow Kirche zu finden. Und das ist toll. Es vereinfacht mir extrem die Darstellung der Religiosität.
Wenn dann diverse andere Gottheiten thematisiert werden (kommt demnächst irgendwann), kann ich die erstmal schön in Kontrast zur gewohnten Religion setzen.

Gruß
Tarin
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Offline Jed Clayton

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Ich finde es auch lustig, dass dieser Thread gerade am Karfreitag so auflebt. Ist doch auch klar: Wahrscheinlich sitzen wir zum Großteil gelangweilt zu Hause, haben ein langes Wochenende vor uns, und haben keine Lust auf die Jesus- und Bibelfilme im Feiertagsfernsehen.

Das kommt jedes Jahr zu den Feiertagen wieder hoch ...
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Boni

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Ich werfe mal die These in den Raum, dass Polytheismus leichter ins Spiel zu integrieren ist.

Nehmen wir mal die Zwölfgötter von Aventurien. Da hat jeder Gott/jede Göttin ein klar umrissenes "Aufgabenfeld" und kultische Handlungen. Ich bitte um Erleuchtung/Rat? Hesinde. Beistand im Kampf? Rondra. Und so weiter.

Ein monotheistischer Glaube muss diese "Aufgabenbereiche" anders und aufwändiger erklären. Die Spieler haben dadurch einfach eine andere Hürde, in das Spielgefühl bzw. die realen Auswirkungen innerhalb des Settings zu finden.

Allein die Verquickung realer und religiöser Bezugspunkte im Mittelalter ist so komplex und für moderne Menschen so wenig nachvollziehbar, dass ich nicht glaube, eine Spielgruppe aus Nicht-Hiistorikern käme damit klar. Also blendet man es aus, was sich dann aber auch wieder falsch anfühlt (als Beispiel: Arthussage ohne religiösen Bezug?). Ein fantasy-Monotheismus scheitert da wahrscheinlich shcon an der Ausformulierung des Glaubens.

Offline Tarin

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Habe ich wie gesagt eine komplett gegenteilige Erfahrung. Der Ein-Gott-Glaube erleichtert mir eine Menge:
- ich kann das Bild eines Kultes klar definieren und immer wieder neu abrufen. In Aventurien muss ich das bspw. für zwölf Kulte tun
- ich muss mir nur einmal überlegen, was die grundlegenden Aspekte eines Kultes sind
- ich muss mich nicht mit diversen Göttergeschichten und Blickwinkeln befassen. Gerade, wenn Spieler eher wenig Lust auf sowas haben, hilft es doch ungemein, wenn eine Aussage verbindlich für die Religion der Welt oder zumindest des Landstriches gilt.

Zitat
Nehmen wir mal die Zwölfgötter von Aventurien. Da hat jeder Gott/jede Göttin ein klar umrissenes "Aufgabenfeld" und kultische Handlungen. Ich bitte um Erleuchtung/Rat? Hesinde. Beistand im Kampf? Rondra. Und so weiter.
Das ist in meinen Augen doch schwerer. Warum nicht um Rat und Erleuchtung, Beistand, für die Seelen der Toten, die eigene Seele, gute Ernten und schöne Tage bei ein und demselben Gott beten? "Herr XY, bitte steh mir bei in der Schlacht" und "Herr XY, bitte lass die Ernte sprießen, damit wir nicht verhungern" und "Herr XY, bitte nimm dich unserer Tante an, die verstorben ist" kann man doch alles einer einzelnen Gottheit sagen, solang diese eben Schöpfergottheit oder Gott der Menschen/Lebewesen ist.
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Offline Kermit

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Allein die Verquickung realer und religiöser Bezugspunkte im Mittelalter ist so komplex und für moderne Menschen so wenig nachvollziehbar, dass ich nicht glaube, eine Spielgruppe aus Nicht-Hiistorikern käme damit klar. Also blendet man es aus, was sich dann aber auch wieder falsch anfühlt (als Beispiel: Arthussage ohne religiösen Bezug?). Ein fantasy-Monotheismus scheitert da wahrscheinlich shcon an der Ausformulierung des Glaubens.
Ich finde, das System "Pendragon" hat das sehr schön gelöst. Hier ist Religion wichtig und es wird mit "realen" Religionen gearbeitet, jedoch werden die Wertesysteme neutral betrachtet. Weder gibt es die "reinen, edlen Heiden", noch die "fanatisch-exorzistischen" Christen. Jeder hat seine Berechtigung und es wird auf Toleranz gesetzt. Wenn man schon mit real existenten Religionen arbeitet, dann so!
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Offline Helmron

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Mir ist gerade noch eine Idee gekommen, wie man Götterwirken persönlicher machen kann. Bei der Geburt eines Menschen (Goblin, Oger, Halbling, Elf, Zwerg u.s.w) entsteht auch ein Gott, aus den Unterbewusstsein  der einzelnen.
So kann man jegliche Glaubenskriege im Setting ausklammern, da jeder "Kult" nur ein Mitglied hätte.
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Offline Jed Clayton

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Ich finde, das System "Pendragon" hat das sehr schön gelöst. Hier ist Religion wichtig und es wird mit "realen" Religionen gearbeitet, jedoch werden die Wertesysteme neutral betrachtet. Weder gibt es die "reinen, edlen Heiden", noch die "fanatisch-exorzistischen" Christen. Jeder hat seine Berechtigung und es wird auf Toleranz gesetzt. Wenn man schon mit real existenten Religionen arbeitet, dann so!

Pendragon ist zünftig und sehr schön durchdacht.

Dabei ist es auch nicht frei von Augenzwinkern: Soweit ich mich erinnern kann, muss ein germanischer Kriegercharakter (Sachse) "Wordly", prahlerisch und aggressiv sein, um einen Spezialbonus von Wotan zu bekommen.

Feigheit, Grausamkeit und Willkür werden aber in allen organisierten Religionen mit Missbilligung gestraft.
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Offline Tarin

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Pendragon ist sowieso für so ziemlich alles ein Paradebeispiel und sollte viel öfter erwähnt werden  ;D
Aber stimmt, die ganze Thematik ist da toll umgesetzt.
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Offline Jed Clayton

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Ich habe vor zwei Stunde gemerkt, dass ich hier ja auch ein Exemplar des Pathfinder-Bandes Almanach der Götter und Magie herumliegen habe. Ich habe mir nämlich kürzlich mehr Pathfinder-Bände zugelegt, als ich überblicken kann. (Die Zeiten, als ich mir nur alle drei Monate mal ein Rollenspielbuch dazugekauft habe, sind schon lange vorbei.)

Also habe ich heute erstmals einen Blick in diesen Almanach hineingeworfen. Selbstverständlich habe ich da auch gleich wieder eine Lieblingsgottheit. Das ist selbstverständlich Shelyn.

Kurz etwas zum Aufbau: Die Pathfinder-Welt Golarion kennt ein Hauptpantheon von zwanzig großen Göttern, guten wie auch bösen. Diese Götter sind in bestimmten Kulturen der Menschen beheimatet, werden aber von herumreisenden Personen (Händlern, Söldnern, Soldaten, Predigern, Künstlern und so weiter) auch weit außerhalb ihrer angestammten Heimat oder Kerngebiete verehrt. Aus Gründen der Spielbalance haben die 20 Hauptgötter jeweils 5 ihnen zugebilligte Domänen (den so genannten "Affinitäten" aus Hero Wars sehr ähnlich). Alle Hauptgottheiten haben ihre eigenen Versionen von Kulten, Tempeln und hauptberuflichen Priestern hervorgebracht.

Neben dieser Gruppe von 20 Hauptgöttern tummeln sich in der Kampagnenwelt noch zahlreiche Götter, die nur von einem spezifischen Volk außerhalb der Menschenkulturen verehrt werden (Gnomgötter, Halblingsgötter, Orkgötter und so weiter), und eine Vielzahl von regionalen Sondergottheiten und götterähnlichen Wesen, die man nur noch aus uralten Legenden oder Gerüchten kennt.

Die Zwanziger-Gruppe hat auf Golarion streng genommen kein übergreifendes kulturelles "Flair" oder Feeling, sondern versucht, alle möglichen Figuren aus realen Religionen nachzuahmen. Manche wirken griechisch-römisch, andere aber keltisch, babylonisch oder wieder ganz anders. Neben einer Art Bacchus (Cayden) und Aphrodite (Shelyn) gibt es beispielsweise auch eine Art chinesisch-japanische Buddha-Figur (Irori), eine Variante der Jeanne d'Arc / Rondra (Iomedae), eine schimärenartige chaotische Göttin der Gnolle (Lamashtu), die auf mich babylonisch wirkt, einen keltischen Jagd- und Naturgott (Erastil), einen S/M-Leder-Gott, der direkt den Hellraiser-Filmen entsprungen zu sein scheint (Zon-Kuthon), sowie den Leibhaftigen persönlich (Asmodeus). Dass die Zwerge einen Hammer- und Schmiedegott hochhalten (Torag), wird hier wohl niemanden überraschen. Aber der Beitrag der Elfen ist ausgerechnet eine Wespengöttin, die gleichzeitig für Sex steht (Calistria).

Mancher wird nun sicherlich vor Schmerzen aufschreien, "Ja, ist ja wieder alles typisch amerikanisch! Kein Konzept dahinter und alles bunt zusammengeschmissen!" Aber ich mag das und werde mir das Material gleich mal reinziehen. ;D

Übrigens kann man bei näherer Betrachtung wahrscheinlich eh nicht von einem Pantheon reden, da alle zwanzig Hauptgottheiten jeweils eine "Kirche" mit festen Strukturen und Hierarchien hervorgebracht haben. Also handelt es sich wohl mehr um zwanzig Konfessionen oder gar Religionen als zwanzig zusammenhängende Götter. Das ist ein großer Unterschied zu Glorantha, wo die Verehrung und die Initiierung in den Kult eines Gottes de facto stets die Anerkennung der verwandten Götter und Göttinnen mit einschließt, die irgendwie zur selben Mythologie gehören. Diese Regel gilt, selbst wenn man lebenslang immer nur den gleichen Gott aus dieser Mythologie anbetet.
« Letzte Änderung: 23.04.2011 | 00:06 von Calisota »
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Offline Helmron

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Ich hab ein AD&D Buch mit den merkwürdigen Titel Die Myhten der Monster.
Da Stehen z.B massig Götter der unterschiedlichen nicht menschlichen Rassen und eben der Monster.  :o Warte die Monster haben Götter?!? AHHHHH verschont mich, ich war jung und Brauchte die Xp  :o

Habt ihr im Spiel schon mal schlechte Erfahrungen mit den Götterwirken gemacht?
« Letzte Änderung: 23.04.2011 | 01:59 von Helmron »
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Offline Thot

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Monotheismus (im Gegensatz zu Henotheismus, der zwar nur einen Gott anbetete, aber die Existenz anderer Götter nicht bestreitet) ist er Natur nach intolerant - so ist er ganz einfach definiert. Intoleranz aber, das wissen wir aus Geschichte und Alltagsleben, ist in pluralistischen, heterogenen Gesellschaften eine verdammt schlechte Idee.

Und nun kommt da eine Welt daher, in der es unterschiedliche Spezies von Alben über Echsenmenschen bis hin zu Zwergen gibt, mit Jahrtausenden eigener Geschichte, und die sollen alle den gleichen Gott anbeten? Mehr noch, Abweichler sollen betrachtet werden wie Monotheisten Abweichler nun mal betrachten, nämlich im günstigsten Fall als abergläubische Spinner?

Das kann doch nicht gut gehen.

Die meisten Fantasywelten sind, abgesehen von der Technologie, in den meisten Dingen zumindest in einem geographischen Teil eigentlich eher vergleichbar mit dem klassischen Altertum als mit dem Mittelalter: Sklaverei, organisierte Staaten, eine relatv moderne Weltanschauung. Die Oikumene des Mittelmeerraums aber kannte Tausende von Göttern (meine Wenigkeit eingeschlossen) und funktionierte (auch schon vor Alexander oder Rom) kosmopolitisch und pluralistisch, mit Toleranz für die anderen Götter und Respekt vor dem Geldbeutel des Gegenübers.

Was wäre die Folge von Monotheismus am Spieltisch? Es gäbe nur noch den richtigen Gott - und die falschen. Mehr noch, wenn das Christentum das Vorbild ist, gibt es auch nur eine gültige Interpretation dieses Gottes, und welche das ist, entscheidet der Priestercharakter. Zu Ende gedacht, wird das ein ziemlich hierarchisches Spiel, und wir wissen ja alle, wie die Leute darauf stehen, sowas zu spielen. Die nervtötenden Interpretationen des "Paladin" aus so mancher Runde, die jeder von uns schon gesehen hat, werden doch dann noch katastrophaler.

Konflikte in einer Spielwelt sind gut. Konflikte innerhalb der Gruppe von Spielercharakteren sind aber schlecht. Darum ist "Leben und Leben lassen" die bessere Lösung für Rollenspielwelten, und darum ist Poly- oder Henotheismus gut, und Monotheismus taugt nur als antagonistisches Glaubenssystem.

Offline Waldviech

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Mit der Argumentation würde ich nicht mitgehen. Ob und wie Monotheismus im RPG funktioniert, hängt von vielen vielen Faktoren ab - unter anderem, welche Aspekte des Monotheismus ich einbaue und wie ich das tue. Hier zum Beispiel:
Zitat
Und nun kommt da eine Welt daher, in der es unterschiedliche Spezies von Alben über Echsenmenschen bis hin zu Zwergen gibt, mit Jahrtausenden eigener Geschichte, und die sollen alle den gleichen Gott anbeten?
könnte man die Existenz nur eines Gottes damit erklären, dass ER sich jeder der Spezies auf seine Weise offenbart hat. Klar beten die Echsenmenschen IHN etwas anders an die Zwerge das tun - aber der Allianz der "guten" Völker ist seit der Erscheinung ihres Propheten natürlich klar, dass sich hinter dem "Großen Licht" der Elben, dem Erhabenen Baumeister der Zwerge, dem Allvater der Echsenmenschen und dem Sonnengott der Menschen stets ER verbirgt.... ;D

Zitat
Was wäre die Folge von Monotheismus am Spieltisch? Es gäbe nur noch den richtigen Gott - und die falschen. Mehr noch, wenn das Christentum das Vorbild ist, gibt es auch nur eine gültige Interpretation dieses Gottes, und welche das ist, entscheidet der Priestercharakter. Zu Ende gedacht, wird das ein ziemlich hierarchisches Spiel, und wir wissen ja alle, wie die Leute darauf stehen, sowas zu spielen. Die nervtötenden Interpretationen des "Paladin" aus so mancher Runde, die jeder von uns schon gesehen hat, werden doch dann noch katastrophaler.
Folglich wären historische Mittelalter-, Rennaisance- oder Barock-RPGs und RPGs wie 7.See also kaum spielbar, weil der Monotheismus das Spiel vernichtet ? Ich denke, da schätzt du die Wirkung des Monotheismus am Spieltisch doch etwas arg negativ ein. Denn die gruppeninternen Konflikte, die du erwähnt hast, treten nur unter ganz bestimmten Vorzeichen auf. Nämlich zufällig dann, wenn ich z.b. einen buddhistischen Kampfmönch in meine Outlaw-Truppe im Sherwood-Forrest mische, der sich dauernd mit Bruder Tuck streitet. Ohne solche "Exoten" wären im Normalfall alle SC britisch und katholisch. Oder normannisch und katholisch. In jedem Falle aber sicherlich katholisch ;)
Und was die kulturelle Vielfalt angeht: Die kann auch bei gleichbleibender Religion gewahrt bleiben. Man braucht nicht für jeden Weiler einen eigenen Götzen, um bunte Vielfalt zu demonstrieren Schau dir mal an, wie radikal verschieden Marokko und Indonesien vor 300 Jahren gewirkt haben müssen. Oder welche kulturellen Unterschiede es zwischen Irland und Sizilien gibt.....oder Magdeburg und Barcelona....
« Letzte Änderung: 23.04.2011 | 11:31 von Waldviech »
Barbaren ! Dekadente Stadtstaaten ! Finstere Hexenmeister ! Helden (oder sowas Ähnliches)!

MALMSTURM !

Eulenspiegel

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Bezüglich der Frage nach Monotheismus:
Und nun kommt da eine Welt daher, in der es unterschiedliche Spezies von Alben über Echsenmenschen bis hin zu Zwergen gibt, mit Jahrtausenden eigener Geschichte, und die sollen alle den gleichen Gott anbeten?
Ist das so wie hier auf der Erde, wo der Gott im verborgenen agiert und es keine Beweise für seine Existenz gibt?

Oder ist es eine Welt, wo der Gott einmal jährlich erscheint und direkt zu den Leuten spricht?

Eine Welt, wo die Priester keine einfachen Leute sind, sondern wo die Priester Engel sind, die auf die Erde entsandt wurden, um den Menschen Gottes Willen zu verkünden? Oder evtl. gibt es sogar überhaupt keine Priester sondern alle Menschen sprechen direkt mit Gott persönlich.

Oder Kulturen, die es wagen, einen fremden Gott anzubeten, werden von IHM ausgelöscht.

Alles Gründe, wieso nur ein Gott angebetet wird.


Offline Sashael

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Hm, beides gute Punkte. Aber ist Intoleranz nicht unsympathisch?
Es werden ja auch intolerante Kulturen im Rollenspiel gespielt. Ist Intoleranz in einem Pantheon sympathischer als in einem Monotheismus?
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D