Sich als derjenige, der bei erstbester Gelegenheit mit Beleidigungen um sich schmeißt, als ob es die im Dutzend billiger gegeben hätte, über die Form der "Diskussionskultur" in einem Forum aufzuregen und im selben Beitrag noch qualitativ anspruchsvolle Inhalte als Antwort auf die eigene, unmotiviert rausgeblubberte Schei*e zu verlangen...
Dafür gibt es von mir ein von Herzen kommendes "+1"
Und genau das ist es, was ich mit einer Auseinandersetzung mit der Form an Stelle des Inhalts meine. Gut, ist bei diesem Beitrag jetzt wirklich nicht gegeben, aber an sich finde ich es bemerkenswert, wie viel Augenmaß in manchern Dingen im Verhältnis auf Form und wie wenig auf Inhalt gelegt wird.
Und ja, Diskussionskultur zielt meines Erachtens auf Inhalte, nicht Form ab.
Du "argumentierst" ja gar nicht. Du sagst einfach: "Man hat gefälligst in jeder Lebenslage über alles und jeden, selbst bei Freizeit, Sport und Spiel, so sorgfältig und kritisch wie nur irgend möglich nachzudenken. Alle, die das nicht machen, sind doof."
Halt, ich sage, dass es nötig ist, kritisch und sorgfältig über alles, mit dem man sich beschäftigt auseinanderzusetzen, und auch die eigenen Überlegungen und Überzeugnungen regelmäßig in Frage zu stellen, da dies der beste Weg ist, um nicht in Dogamtismus, Faulheit und letztendlich Stagnation zu verfallen. Ohne jetzt ins Extrem zu verfallen ("wie nur irgend möglich"), ist
jedes Nachdenken besser als
kein Nachdenken, und es relativ schwer ist, über etwas,
was einem selbst wichtig ist, zu viel nachzudenken. Vor allem führt es den Zweck eines Forums wie diesem ad absurdum, denn worüber will man diskutieren, wenn man nicht über die eigenen Ideen und Interessen - geschweige denn den Argumentationen anderer Leute - reflektiert? Was übrig bliebe, wäre ein reines Aneinanderreihen von "Nein!"- "Doch!" Aussagen.
Und ich finde es peinlich und ehrlich gesagt auch etwas anstößig, wie Leute, die es eigentlich besser wissen solten, trotzdem krampfhaft versuchen, diese Geistlosigkeit zur Salonfähigkeit hochzujubeln.
Ja, ich kann mit dem Bedürfnis, nicht nachdenken zu müssen, nicht viel anfangen. Ich halte das für eine ungefähr genauso sinnvolle Überlegung, wie die Aufforderung, nicht atmen zu müssen. Oder, und das trifft es vermutlich besser, Anorexie. Es mag Leute geben, die damit sehr glücklich werden und es gibt eine regelrechte Subkultur, die das ganze idealisiert (oft genug fast ausschliesslich aus den Betroffenen selbst bestehend), aber richtig toll ist das ganze jetzt nicht, oder? Womit wir beim entscheidenden Unterschied wären: die hier stellenweise propagierte Glorifizierung des Verzichts auf Nachdenken und kritischer Auseinandersetzung läßt die Betroffenen nicht nur von Zeit zu Zeit ihre Unüberlegtheit aufflackern (wobei wohl niemand dagegen gefeit ist, Fehler zu machen, oder aus dem eigenen Arsch zu reden. ich bin da auch sehr gut drin, und schreibe manchmal schneller, als ich denke und haue dann großen Unfug raus, was mir aber dann auch meist sehr peinlich ist, wenn es mir später auffällt, oder es jemand kenntlich macht), sondern erzeugt auch eine Toleranz für Ignoranz die ich für ganz und gar unangemessen halte.
(Und weil das Gegenargument jetzt schon absehbar ist, nehme ich es vorweg: Ja Anorexie ist körperlich ziemlich ungesund. Dummheit ist für den Geist aber nichts anderes.)
Wenn du wirklich so sehr für den Gebrauch des eigenen Gehirns einstündest, wie du propagierst, lieber Lachender Mann, dann hättest du
1. es nicht nötig, Beleidigungen und Kraftausdrücke zu verwenden, wann immer dir die Meinung eines anderen nicht passt
Ich verwende "Kraftausdrücke" aber ganz allgemein in meinem Sprachgebrauch; jetzt sehr unabhängig von der Thematik. Genau wie ich fast immer diese relativ langen Schachtelsätze verfasse, genau wie der Hang zu Vergleichen und die Tendenz, von Zeit zu Zeit Thesen in Frageform zu bringen, um diese dann als Diskussionsgrundlage anzubieten, oder viel, viel zu oft für ein mimik- und betonungsfreies Medium wie ein Internetforum auf sarkastische Überhöhungen zu setzen, so dass vieles immer weitaus Ich habe ja immer die Hoffnung, dass die Verwendung von bodenständigeren Begriffen etwas als Ausgleich zu den zugegebenermaßen oft unnötig komplexen Satzwürste zu schaffen.
Aber ich muss doch zugeben, dass ich bass erstaunt bin über die Feinheit der Gefühle der Sittenhaftigkeit und des Anstands im Sprachgebrauch, die hier teilweise kolportiert werden.
Das würde dir erlauben, die Meinungen, Einstellungen und Einschätzungen anderer zu einem Thema, ganz gleich, wie sehr es dir am Herzen liegt oder nicht, als den deinigen mindestens ebenbürtig anzuerkennen. Das ist es nämlich, was sie sind.
Entschuldigung, aber genau das ist der Punkt, an dem du - so sehr ich deine Meinung auch respektieren will - schlicht falsch liegst. In dem du Ignoranz auf die gleiche Stufe wie kritische Auseinandersetzung hiefst, erschaffst du den Eindruck der Unnötigkeit der letzteren und schaffst Freiräiume durch Duldung für die Dummheit.
Es ist immer problematisch, all zu viel Toleranz für Dumme, Ignoranten und Tiefstapler an den Tag zu legen. Denn letztendlich signalisiert man damit bloß, dass es okay ist, dumm, ignorant oder teifstapelnd zu sein.
Oder, überspitzt ausgedrückt: Wenn die Gerippe der unterernährten annorektischen Geister an mir vorrüber ziehen, will ich sie nicht auch noch ob ihrer vorstehenden Rippen und hohlen Wangen
beneiden sondern
bemitleiden, während ich meine Rinderrouladen verspeise.
... hmmm ..... Rouladen...
The trouble with the world is that the stupid are cocksure and the intelligent are full of doubt.
Hell, ich beginne, voller Verständnis auf Karl Kraus zu schielen, während ich Sisyphos kanalisiere.