Autor Thema: Heinlein  (Gelesen 5176 mal)

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Offline mattenwilly

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Re: Heinlein
« Antwort #25 am: 18.08.2011 | 20:01 »
Heinlein streut sehr stark.

Seine "Juveniles" (zu denen auch Tramps von Luna gehört) sind recht apolitisch. Wenn kritisieren sie (leise) die Regulierungswut.

Einige seiner "Erwachsenenromane" haben faschistoide Züge. Starship Troopers ist da am heftigsten, Zahl des Tiers aber auch nicht viel besser.

Andere sind wieder etwas "abgedrehter" (Lazarus Long)

Politisch ist er "konservativ-nationalistisch" und stand in späteren Lebensjahren wohl den Republikanern näher als den Demokraten (In jungen Jahren war das anders). Wobei die US Parteien sich in den 60ern gerade im Bereich "Patriotismus/Nationalismus" stark auseinander gelebt haben so das für einen Mann wie Heinlein die "Dems" wohl nicht mehr wählbar waren.

Das US-Wiki hat hier mehr
Manchmal kommt bei Foren der Punkt wo man einem "Diskussionsteilnehmer" mental mit einem freundliches "Ja, Ja" den Kopf tätscheln und ihn dann ganz leise auf die Ignore-Liste setzen sollte. Die gewonnene Zeit kann man dan mit interessanten Sachen verschwenden. Etwa Staubmäusen beim wachsen zu sehen

Offline Horatio

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Re: Heinlein
« Antwort #26 am: 18.08.2011 | 21:24 »
Gerade wenn man einen Kontrast zu Starship Troopers haben will, sollte man Fremder in einer Fremden Welt (Stranger in a strange land) lesen. Allerdings am besten in der gekürtzten Erstveröffentlichung; gerade Dialoge schreiben ist nicht unbedingt Heinleins Stärke :P.

Ansonsten finde ich persönlich noch Das Leben des Lazarus Long (Time enough for Love) sehr unterhaltsam.
Gibt noch einige kleinere Werke von ihm die ich mochte, aber ich denke wenn man sich ein Bild verschaffen will, sollte man erstmal die bekannten Sachen durchlesen :).

Zusammenfassend glaube ich ist das Einzige was man über alle seine Zukunftsvisionen aussagen kann, dass er die Demokratie als nicht sonderlich praktische Staatsform beschreibt :P. Ansonsten gehen die schon in sehr unterschiedliche Richtungen.

Sein Frauenbild muss man denke ich in der Zeit sehen. Teilweise sind das schon starke Frauen die sich nicht ganz in das Geschlechterbild fügen aber in den 50ern und frühen 60ern, aus denen viele seiner bedeutenden Werke stammen, war da die gesellschaftliche Wahrnehmung einfach noch eine andere; nur Friday ging bei mir gar nicht.. nach der Vergewaltigungsgeschichte in der sie einem ihrer Enführern klar macht, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlt um ihn auf seine Seite zu ziehen wars einfach bei mir vorbei; das ist einfach eine so gefährlich naive und Betrachtungsweise..
« Letzte Änderung: 18.08.2011 | 21:30 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
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Offline Feuersänger

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Re: Heinlein
« Antwort #27 am: 24.03.2013 | 02:26 »
Ich revive mal diesen Thread, weil ich gerade ein Buch ausgebuddelt habe, das ich schonmal vor vielen vielen Jahren gelesen habe: Farnham's Freehold. Kein wirklich typischer Heinlein - es kommen keine Raumschiffe vor - und lang nicht sein bester Roman, aber ein interessantes Setting.

Es fängt erstmal an mit 1960er Jahre: Atomkrieg. Es rumst, aber Papa Farnham und seine Familie (nebst Freundin der Tochter und dem schwarzen Hausdiener) bringen sich in ihrem selbstgebauten Atombunker in Sicherheit. Papa angelt sich besagte Freundin, weil mit seiner eigenen saufenden Frau eh nix mehr geht. Später bekommt sie Zwillinge von ihm.
Als sie nach einigen Tagen oder Wochen wagen, den Bunker zu verlassen, laust sie der Affe: sie stehen inmitten unberührter Natur, weit und breit kein Zeichen von Krieg oder Zerstörung - und auch nicht von anderen Menschen, ebensowenig von erhöhter Strahlung.
Die Überlebenden richten sich ein, bauen Nahrung an und so weiter. Sie nehmen an, durch einen direkten Bombentreffer irgendwie in ein Paralleluniversum versetzt worden zu sein.
Diese beiden Abschnitte sind eher dröge und nehmen zusammen etwa die Hälfte des Buches ein. Aber dann wird es plötzlich interessant:

Aus dem Nichts tauchen Flugmaschinen mit Menschen auf - alles Farbige - die die Überlebenden quasi gefangennehmen.
Es schält sich folgender Twist heraus: sie sind zwar versetzt worden, aber nicht in ein anderes Universum, sondern 2000 Jahre in die Zukunft. Im 3. Weltkrieg hatten sich quasi alle Menschen der Nordhalbkugel gegenseitig ausgelöscht; Europäer und Russen und Amerikaner und Chinesen und so weiter. Es waren quasi nur noch Afrikaner und andere vorwiegend dunkelhäutigen Völker übrig; diese nahmen nun eine Vormachtstellung ein und bezeichnen sich selbst als die Auserwählten. Die überlebenden Weißen sind jetzt Menschen allerletzter Klasse, eine Mischung aus Sklaven und Nutzvieh. Sie werden beispielsweise medizinisch durch "Veterinäre" versorgt, alle Männer über einer gewissen Körpergröße werden kastriert, und so weiter. Die Lingua Franca basiert anscheinend auf Bantusprachen, soweit ich das einordnen kann; nur sehr gebildete Zeitgenossen haben eine Tote Sprache wie Französisch oder dergleichen gelernt.
Der ehemalige Diener steigt hier dank seiner Hautfarbe sofort in die Oberschicht auf; der Rest wird in die Dienerschaft eingegliedert.
Ansonsten geht es den Rest des Buches weitgehend darum, diese neue Gesellschaft auszuleuchten.

Ist halt nicht zuletzt deswegen interessant, als hier mal das übliche Rassenschema exakt umgedreht wird, mit den Schwarzen als Herren und Weißen als Sklaven, und einer vorherrschenden Kultur, die im Wesentlichen aus diversen afrikanischen und asiatischen Versatzstücken zusammengeschustert scheint.

Und jetzt zur Auflockerung noch ein Spiel für euch: in o.g. Buch beschließt der Held an einer Stelle, seiner Geliebten eine codierte Nachricht zu schicken, auf dass ganz bestimmt niemand anders daraus schlau werden würde. Im Buch selber ist die Klartext-Übersetzung enthalten, darum kann ich nicht objektiv beurteilen, ob das hier für einen Menschen aus dem 20.Jh wirklich verständlich wäre. Probiert's mal (muss nicht Satz für Satz sein aber so den ungefähren Inhalt?):

Ya bin smoking komplott seit Hector was weaned. The Count of Monte Cristo bit, dig? Kinder too klein machs nix-ya hawchoo! Goldlocks' troubles machs nix-as the fellow said, it's the only game in town. Good Girl Scouts always follow the Boy Scout motto. Speise, schuhen, messer-what Fagin taught Oliver, nicht? Da! Schnell is die herz von duh apparat; Berlin is too far from the Big Rock Candy and Eliza would never make the final curtain.
      Em ander jahr, nyet. It takes two to tango and four to play bridge, all in em kainmer, or the trek is dreck. A house divided is for the vogelen, like doom. Mehr, ya haben schrecken. Mein Kronprinz now rules 'only the Duchy of Abelard. Page Christine Jorgenson, he answers-I kid you not. Spilt milk butters no parsnips after the barn is burned so weep no more, my lady-but falsetto is not the pitch for detski whose horoscope reads Gemini. Borjemoi! Old King Coal is a Merry Old Soul but he'll get no zwilhing keilneren from thee. Better a bonny bairn beards bären y begegn Karen-is ratification unanimous? Igday eemay?
      Verb. Sap.: I don't drink, smoke, nor chew, nor run around with twists who do. Cloud nine is endsvffle for this bit. Write soon, even if it's only five dollars utbay swing the jive; the dump is bugged and the Gay Pay Oo is eager.
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"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline Fenix

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Re: Heinlein
« Antwort #28 am: 24.03.2013 | 09:19 »
Kennt ihr den: http://www.youtube.com/watch?v=PfJzeLyOQmw Die Science Fiction-Propheten: Robert A. Heinlein ?

Der gehört zu einer ganzen Reihe interessanter Filmchen über SF-Schriftsteller von Ridley Scott.
« Letzte Änderung: 24.03.2013 | 09:21 von Fenix »

Offline Horatio

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Re: Heinlein
« Antwort #29 am: 24.03.2013 | 10:52 »
Ich revive mal diesen Thread, weil ich gerade ein Buch ausgebuddelt habe, das ich schonmal vor vielen vielen Jahren gelesen habe: Farnham's Freehold. Kein wirklich typischer Heinlein - es kommen keine Raumschiffe vor - und lang nicht sein bester Roman, aber ein interessantes Setting.

Oi das hab ich als Teenager auf deutsch gelesen in meiner Heinlein Phase.. lange her.
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Re: Heinlein
« Antwort #30 am: 26.03.2013 | 02:31 »
Hab heut abend noch eine Kurzgeschichte gelesen, die auch für die Entwicklung meines Redshift-Settings interessant ist, da es um Kolonialismus geht:

Logic of Empire
Das Setting ist anscheinend das gleiche wie in Space Cadet; jedenfalls ist die Venus ein bewohnbarer Djungelplanet und man begegnet denselben amphibischen Eingeborenen.
Wer auf der Erde keine Perspektive mehr hat, dem bleibt immer noch, einen Sechsjahresvertrag mit "der Company" abzuschließen. Man bekommt eine Prämie (Bounty) ausbezahlt und wird dann zur Venus verbracht -- und dort gegen Bares an Gutsbesitzer "verkauft"; offiziell für die Dauer von besagten 6 Jahren, während derer man aber für seine Arbeit zwar schlecht, aber immerhin bezahlt wird. Außerdem kann man jederzeit den Vertrag mit Zweiwochenfrist kündigen und hat seine Freiheit wieder. Allerdings muss man dazu seine Prämie zurückzahlen, _und_ die Passage zur Venus und wieder zurück, sonst hängt man dort ohne Einkommen fest und wird wohl oder übel verhungern.
Auch nach der vollen Vertragslaufzeit wird einem offenbar lediglich der Hinflug erlassen -- die Prämie und den Rückflug muss man sich über die Zeit vom Lohn absparen.
Was wiederum dadurch erschwert bis unmöglich gemacht wird, dass man seinen halben Tageslohn für eine Art Droge ausgeben muss, um unter diesen Bedingungen überhaupt schlafen zu können. Wenn man nach Ablauf des Vertrags seine Restzahlung nicht leisten kann, bleibt einem nichts anderes übrig, als ihn um den gleichen Zeitraum zu verlängern. De Fakto ist also die Vertragslaufzeit reine Augenwischerei, man kann sich nach 2 Tagen genauso gut oder schlecht auslösen wie nach 6 oder 12 Jahren. Wehren kann man sich natürlich nicht, wenn man nicht irgendwie arrangieren kann, das Geld von daheim gedrahtet zu bekommen.

What is your case? It's nothing new; it happened in the Old South, it happened again in California, in Mexico, in Australia, in South Africa. Why? Because in any expanding free-enterprise economy which does not have a money system designed to fit its requirements the use of mother-country capital to develop the colony inevitably results in subsistence level wages at home and slave labor in the colonies. The rich get richer and the poor get poorer, and all the good will in the world on the part of the so-called ruling classes won't change it
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