Im Zusammenhang mit Dungeonslayers 4 höre ich in letzter Zeit immer wieder, dass es sich bewähren müsste. Dass man abwarten müsste, ob es langzeittauglich ist. Ob es mehr kann als Dungeons. Überhaupt, dass es mehr können muss als Dungeons um vollwertig zu sein.
Woher kommt dieser Anspruch eigentlich? Wo liegen die Gründe? Findet ihr sie angebracht?
Was heißt "vollwertig"?
Natürlich ist auch ein humoristisches Rollenspiel, das sich zu 100% auf Dungeons konzentriert, ein vollwertiges Produkt.
Munchkin d20, zum Beispiel.
Kobolds ate my Baby (na gut, keine Dungeons, aber Humor).
INS/MV war auch "nur" humorig, von
PP&P ganz zu schweigen.
Paranoia war geradezu ein Kultspiel in seiner Zeit.
Das Problem mit manchen humorigen Spielen ist allerdings, dass sie von den Spielern als Wegwerfspiele angesehen werden. Dinge, die man zum "Sau-rauslassen" und zwischendurch spielt. Ein legitimer Spielzweck, wenn das Spiel selbst nichts anderes sein will.
Bei
Dungeonslayers haben wir jedoch einen anderen Fall. Die erste kostenlose Version war noch als Zwischendurch-Humor-Verliesprügelei erkennbar. Mit jeder weiteren Version hat der Fokus sich in Richtung "Vollrollenspiel" verschoben, und mit
DS4 liegt ein System vor, das in seiner ganzen Ausrichtung, Detailreichtum, usw. den völlig normalen Fantasy-Systemen der Achtziger entspricht. Knackig auf den Punkt gebracht, ohne viel Flavour Text und "Was ist Rollenspiel"-Gedöns, und deshalb auch so schön handlich.
DS4 ist eher in der Nachfolge von
Midgard 2 oder
MERS zu sehen, und daher glaube ich nicht, dass die Frage ist, ob
Dungeonslayers sich behaupten
kann, sondern ob es von seinen Spielern angenommen
wird als das, was es kann, und nicht "nur" das, was der Titel suggeriert.
Da habe ich mich wahrscheinlich etwas ungenau ausgedrückt: Ich verstehe nicht wirklich wie man bei Spielen wie Dungeonsslayers, wo der Fokus so klar ist, auf den Trichter mit der Bewährung kommt.
Der Fokus ist hier her ein Legacy-Problem, wie auch das Image von
AD&D insgesamt. In der
AD&D-Community ist die Zeit der Second Edition als ausgesprochen Storytelling- und Metaplot-"verseucht" verschrien, was trotzdem nie dafür gesorgt hat, dass
AD&D außerhalb seiner Community sein Dungeon-Image ablegen konnte.
Genauso bei
DS4. Das, was sichtbar ist, sind die
Dungeons-2-Go und der sprechende Titel des Systems, aber mit einem
anderen Titel bei unverändertem Inhalt (
Die Herren von Sommerfell, Helden & Legenden, Der Zauber von Avalon, whatever) hätte sich der Eindruck eines auf Verliesprügeleien optimierten Spiels gar nicht eingestellt, weil das Buch genau das abdeckt, was früher für Systeme wie
DSA 2 und
Abenteuer in Magira üblich war: Kampf, Skills, Magie, Monster.
Jetzt ist die Frage, ob Autor und Verlag das Dungeon-Image festigen wollen (um das Spiel in einer Nische stark zu machen) oder ob sie die Bandbreite des Systems durch Abenteuer im Stil von
Smaskrifter (Midgard), Der Zorn des Bären (DSA), Die Froschkönig-Fragmente (Cthulhu), Power behind the Throne (Warhammer FRP) u.ä. aufzeigen wollen (was
Dungeonslayers in das Haifischbecken der breiteren Konkurrenz zu
DSA, Pathfinder, Earthdawn usw. wirft). Auch eine marktstrategische Frage.
Was mich nicht davon abhalten würde, weiterhin auf die Vielseitigkeit des Systems hinzuweisen.
Okay, anders gefragt: Warum wollte man noch ein Fantasy-Rollenspiel haben, das alles (und wahrscheinlich nichts davon richtig) kann?
Dazu zitiere ich mal wieder
David Johansen von der RPGsite:
"D&D almost accidentally managed to be a very broadly applicable system with aspects that appealed to wargamers, roleplayers, story tellers, adventurers and so on."Und in Bezug auf
D&D4, das ja eine viel stärker umrissene Zielgruppe hat und damit zumindest ein Spielelement "richtig" machen will:
"It's not a bad game, just one that utterly misunderstood why D&D has been so popular for so long."