Ich sage es noch mal: Die Rezension ist besser geschrieben als Vieles, was auf vergleichbaren Seiten und in Foren rumläuft. Hut ab!
Mir geht es eben -- und das dürfte bekannt sein -- auch um eine Kombination aus offenem Spiel und Plot.
Und als ich die Diskussion gestern verließ, weil ich weg musste, fiel mir noch "Tote des Winters" ein. Witzig, dass Senebles nun damit angekommen ist. Dieses Harnmastermodul gilt zu recht als eine der großen Perlen im Rollenspielbereich. Bei diesem Werk müsste man, wenn man die Brille des Rezensenten aufsetzte, wohl aber ganz ähnliche Dinge bemängeln: "Wow, so ein tolles Setting, so atmosphärisch, was für ein interessanter Mordfall, doch dann kümmern sich die Autoren plötzlich nicht mehr darum, gestalten das nicht liebevoll, lassen den SL bei der Recherche im Stich. Keine Führung!" Weil es auch hier so ist, dass das Abenteuer sich nur so lange um den Plot kümmert, bis die SCs ihn übernehmen.
Die Lektüre von VdS liegt bei mir leider zu weit zurück, weshalb ich die Kritik an der Recherche, die Teylen anführt, nicht mehr recht beurteilen kann. Es mag sein, dass hier tatsächlich Informationen fehlen, es kann aber auch sein, dass lediglich die Information fehlt, wie genau denn die Recherche -- wieder unabhängig von dem, was die Spieler eventuell machen würden -- abzulaufen hat. Denn es heißt in der Rezi (ich hebe hervor):
So werden beispielsweise die wiederholten Recherchen der Helden nicht gut geführt. Der Meister wird die entsprechenden Informationen sorgfältig herausarbeiten müssen, damit seine Helden nicht ziellos umherirren.
Das klingt schon so, als wären die relevanten Recherche-Infos da, aber eben nicht einer "Dramaturgie" folgend geordnet, es mangelt an Führung (weil man nicht davon ausgeht, dass die Infos an sich schon eine Richtung vorgeben: Je nach dem, was die Helden wo erfahren, werden die meisten von ihnen auch ohne Führung das nächste tun -- man weiß nur eben vorher noch nicht, was das sein wirf). Deshalb muss der Eindruck von "Ziellosigkeit" entstehen, weil der Abenteuertext keine Abfolge/Ordnung/Zielgerichtetheit liefert, sondern all das erst im Spiel durch die Handlungen der Spieler im Zusammenspiel mit den Infos entsteht.
Und aus all den Gründen und meiner Kenntnis des Abenteuers (auch wenn die Lektüre ein wenig zurückliegt), würde ich eben bei der Behauptung bleiben: In der Rezension werden Dinge als strukturelle, mehr oder weniger objektive Mängel dargestellt, die eigentlich Geschmackssache sind.
Ich habe als junger DSA-Fan damals so Sachen wie Tote des Winters in die Hand genommen und für unspielbar gehalten. Auch in Warhammer-Abenteuern, die ich damals gelesen habe, gab es immer wieder diese "offenen" Stellen: Die SCs treffen hier und da auf jenes Problem, die Gegebenheiten sind so und so, die Parteien x und y sind beteiligt und würden in der Situation so und so vorgehen, ach ja, und hier sind die Werte -- wenn die Helden das Problem gelöst haben und dazu auch noch leben, geht es im nächsten Kapitel weiter. Und ich dachte damals immer: Hilfe, wie soll denn das gehen? Kann mir da nicht jemand sagen, welche Partei die SCs unterstützen sollen und wann NSC Osterhase auftaucht, um einen Monolog zu halten und der Szene einen Höhepunkt zu geben? Und gleichzeitig dachte ich: Wow, es gibt unter den Rollenspielern bestimmt arschcoole Typen, die damit überhaupt kein Problem haben, die das sogar richtig geil finden. Anders wäre Harnmaster ja auch gar nicht spielbar, und ich wusste ja, dass es Harnmasterspieler gab. Deshalb hatte ich so etwas immer etwas ehrfürchtig bewundert, obwohl ich mich selber nicht in der Lage fühlte, so etwas zu meistern (pun intended).
Auf jeden Fall aber hätte ich nicht gesagt: Das stimmt so nicht, weil ich wusste, dass es für manche Leute stimmte. Und so hätte ich mir das eben auch in der Rezi gewünscht. So wie es Xemides gemacht hätte: Mag ja sein, aber ich möchte so nicht spielen, für mich taugt das Abenteuer nicht, ich will lieber andere Abenteuer. Stattdessen aber werden in der Rezi strukturelle Fehler herbei argumentiert, und das finde ich eben schade. Mehr aber auch nicht.
Im Übrigen finde ich Verdammte des Südmeers insgesamt gar nicht sooo prall. Die ganze Fluchgeschichte zum Beispiel finde ich uninteressant. Mich freut dabei vielmehr gerade die Herangehensweise und die Art der Präsentation. Und einzelne Teile, vor allem
die Piratenhöhlen und die Fahrt zur Schatzsuche
sind ganz famos. Vor allem erstere lässt sich auch wunderbar in jedes andere Südmeer-Abenteuer einbauen und ist im Prinzip genau das, was ich von Katakomben und Kavernen erwartet hätte, aber nicht bekommen habe
.