@SJT:
Im Prinzip sprichst du eigentlich D&D und nahestehende Systeme an.
Der andere von dir angesprochene Punkt hat mit einem Paradigmenwechsel zu tun. Die Frage wer nun gefordert wird, Spieler oder Charakter, schwingt immer stärker zu Charakter und die Regeln spiegeln das wieder. Lass uns da mal offen und unprätentiös sprechen: In einem System in dem alles über den Charakter abgehandelt werden kann, ist das "Balancing" auch auf den Charakter ausgelegt. lass uns nicht drum herumreden, spiele wie D&D 3E, bei denen auch soziale Regeln fest integriert sind, funktionieren auch nur wenn man alle Regeln als solche nutzt. Keine rumgerede über Rollenspiel und Ausspielen, genau das versaut nämlich die heißgeliebte Balance, hier wird der Charakter gefordert und nicht der Spieler. Deswegen rocken Barden. Im gleichen Zuge neigt man gerne dazu erst mal unsinnig wirkende Regeln wie Random Encounters zu kippen, die aber den Sinn haben den Charakter zu fordern, damit stellt sich die Caster-Balance komischerweise wieder ganz schnell her.
Ums kurz zu fassen: Bei Systemen, bei denen der Charakter gefordert wird, nicht der Spieler, versauen wir die heilige Kuh Balance selber.
Und dort sage ich dir wieder.
Es ist vermessen anzunehmen, dass man absolute Balance herstellen kann.
Wenn Fertigkeit_1 in Situation_A angewandt wird und Fertigkeit_2 in Situation_B, Fertigkeit_1 und Fertigkeit_2 gleich hohe Steigerungskosten haben, dann wird man nie "gleich viel" für seine EP bekommen.
Das hängt nämlich schon mal damit zusammen wie häufig kommt Situation_A relativ zu Situation_B vor und das ist vom Abenteuer- und Kampagnenverlauf abhängig. - Das ist aber mMn überhaupt nicht schlimm, denn das können Spieler ziemlich gut abschätzen. Wenn man eine Kriegskampagne spielt, dann kann ich mir ausmalen, dass der Philosophencharakter tendenziell nutzlos sein wird.
Dann hängt es auch davon ab was die Konsequenzen sind.
Wenn ich mit "Kämpfen" einen (N)SC tothauen kann, aber mit "Verführen" einen Fürsten hörig machen kann und ihn so dazu bringen kann Kriege zu führen und Frieden zu schließen, Leute einzusperren, zu verbannen und hinzurichten.
Dann ist Verführen effektiv der mächtigere Skill, denn damit kann ich mehr in der Spielwelt bewegen.
Das ist allerdings auch kein Problem, wenn man das vorher weiß. Denn derjenige der seinen Kämpfer baut weiß vorher wo er gut ist (gegen die 5 Gossenschläger die meine Kohle und mein Leben wollen) und wo nicht.
[Das wird allenfalls dann ein Problem, wenn der Spieler ein Charakterkonzept im Kopf hat bevor er das Spiel überhaupt kennt und dann feststellt, dass mit den Skills das nicht geht was er vorhatte. Z.B. wenn er einen Intriganten bauen wollte, der alle durch seine Lügen und seinen Charme wie Puppen gegeneinander ausspielt und nachher die Sozialfertigkeiten das nicht her geben. Aber das bewegt sich irgendwie in der gleichen Größenkategorie wie "Ich will einen Krieger bauen, der jeden Gegner mit einem Treffer tötet - wie das geht nicht?" ist also nur mMn sehr fragwürdig ob das in die Kategorie "Fehler des Spiels" oder "(un)balancing" fällt.]
Das ist das was ich meinte. Balancing ist nicht wichtig, so lange die Spieler wissen worauf sie sich einlassen, was sie bekommen wenn sie Fertigkeit_1 oder Fertigkeit_2 steigern.
Problematisch wird unbalancing dort, wo es nicht absehbar ist bevor man die EP ausgegeben hat bzw. das unbalancing spielweltintern keinen Sinn macht (z.B. weil der Kampfstil mit Schwert und Schild einfach Regeltechnisch total scheiße ist aber vom Fluff her jeder Armeen aus Schwertkämpfern aushebt obwohl die viel besseren Speerträger auch noch billiger wären.) Denn beim einen Fall wird man gefühlt betrogen und beim anderen Fall kann es den Genuss der Spielwelt versauen.
Was man tun kann, ist dafür zu sorgen, dass die Entscheidungen keine No-brainer sind.
Dass also kein Skill so gut ist, dass er offensichtlich einer ist, den man haben muss.
Das ist allerdings nicht das was ich als "balanced" bezeichnen würde. Denn auch das wird es nicht schaffen, dass jeder Skill und jedes Talent gleich viel in der Spielwelt bewegen können wird.