Durchgeblättert und angefangen, in Magic World
zu lesen.
Für diejenigen, die noch nichts davon gehört haben: Magic World ist ein neues Grundregelwerk von Chaosium (ich glaub von 2012) basierend auf dem BRP gedacht für Fantasy. Es soll leicht für verschiedene / eigene Fantasy-Settings anpassbar sein.
Die Illustrationen sind erfrischend old-schoolig, ich glaube in manchen auch alte Stormbringer-Illus zu erkennen. Es gibt ein paar übelst schlechte Ausreißer nach unten und ein Bild habe ich entdeckt, bei dem ich mir ziemlich sicher bin, dass es nicht im richtigen Verhältnis vergrößert wurde und daher verzerrt ist (zu breit, ich meine die Zeichnung auf S. 126). Leider gibt es auch ein paar Schwächen im Druck, manchmal sind die Kontraste nicht gut. Das Schriftbild ist aber ausgezeichnet und die Schrift ist angenehm groß. Das Layout hätte ich mir aber einen Ticken übersichtlicher und klarer gewünscht, weniger verspielt, aber von Chaosium bin ich nichts anderes gewohnt.
In der Einleitung fiel mir auf, dass da wirklich für absolute Newbies erklärt wird, z.B. was ein Wx ist (da werden tatsächlich die möglichen Ergebnisse eines W10, W6 und W8
aufgelistet).
Hm, da das jetzt ein bisschen negativ wirkt, erwähne ich mal die coole und sehr schöne Faltkarte, die einem nach dem Aufschlagen des Buches erst einmal entgegenkommt und ich sollte auch erwähnen, dass ich das Cover absolut hammergeil finde. Auf der Karte, die eine Küstenregion mit Bergen und Wäldern zeigt, versprechen Orte wie die Indigo Sea, Glimmerwell, Titans Hollow oder Dwarven Hold große Abenteuer.
Die Charaktererschaffung findet im BRP-üblichen Rahmen statt. Attribute werden ausgewürfelt (manche 3W6, manche 2W+6), es gibt Optionalregeln zur HP-Berechnung, wenn man es heroischer mag oder auch Mooks verwenden möchte. Es werden die Kulturen vorgestellt (Band, Tribe, Chiefdom, State), die alle typischen Gesellschaftsformen abdecken, die in Fantasy-Settings vorkommen. Es werden auch immer Beispiele gegeben. Die Standard-Generierung geht von Menschen aus, aber im Kreaturenkapitel wird erläutert, wie man andere Wesen als SC generieren kann.
In der Verteilung der Skills ist man festgelegter, als ich es aus Stormbringer 5th kenne. Statt mal eben z.B. 250 Punkte frei auf Occupation Skills zu verteilen, bekommt man hier +60 auf einen, +40 auf drei und +20 auf vier Skills, dazu gibt es noch Hintergrundskills, Startgeld usw. Magie ist ab Power 16 jedem Charakter möglich.
Aus Stormbringer übernommen sind wohl auch die Allegiances, die hier anstatt Law und Chaos zu heißen Shadow und Light sind.
Super finde ich die "Survival Tips", die Hinweise geben, wie man einen Charakter klug baut (z.B. dass Kämpfer auf 101% im Waffenskill kommen sollten), aber auch ein paar Tipps zur Spielweise. Gerade in so offen angelegten Systemen ist es wichtig, den Spieler nicht allein zu lassen und ihm Empfehlungen zum Charakterbau mitzugeben, damit er auch den Charakter bekommt, den er spielen möchte.
Die Skills scheinen das übliche zu bieten.
Für mich neu ist die Unterscheidung von Special und Critical Results in Skill Rolls. Das macht die Attack and Defense Matrix auf den ersten Blick um einiges umfangreicher als die Matrix aus Stormbringer 5th. Ich muss mir das noch eingehender anschauen, ob es sich lohnt, dies zu übernehmen oder auf die einfachere Variante zurückzugreifen.
Es sind keine Schwarzpulverwaffen berücksichtigt. Wer die möchte, muss auf andere BRP-Publikationen zurückgreifen um von dort die Werte zu übernehmen.
Es ist die Spruchzauberei aus Stormbringer enthalten, die hier Sorcery genannt wird.
Was mir zu fehlen schien, ist die Zusammenarbeit von Charakteren und das gegenseitige Unterstützen oder Behindern.
Regeln zum Seefahren finde ich super. Es ist schön, hier an die Vollständigkeit des Regelwerks zu denken und Regeln für etwas aufzunehmen, das nicht unbedingt selbstverständlich ist. Ich erinnere mich noch gut an Space 1889 von Uhrwerk, das ja ohne Regeln für Luftschiffkampf etc. daher kam, wo das doch als wichtiges Spielelement angepriesen wird. Dass die SC im Schnellstarter einen Luftkampf VERSCHLAFEN sollen ist da nur folgerichtig.
Im Bestiary fällt mir auf, was ich am BRP mag. Das System wirkt insgesamt doch eher simulativ und realistisch, aber die Stat Blocks der Tiere und Monster sind so schön kurz. Meine Lieblingsmonster beim Durchblättern sind die Chonchons (schwebende Köpfe mit riesigen Ohren), die Fachans (Zyklopen, die auch nur ein Bein und einen Arm haben), der Orc auf dem Wildschwein und die Sea Serpent, damit es zu See auch schön brenzlig wird. Neben ein paar ausgefallenen Kreaturen gibt es also auch die üblichen Klassiker.
Den Abschluss bilden ein SL-Teil inkl. magische Gegenstände, die Vorstellung der Southern Reaches, der Region, zu der auch eine Karte enthalten ist sowie ein Index und ein paar Charakterbögen und Werbung für andere Chaosium-Titel. Warum zur Hölle der Index mit doppeltem Zeilenabstand gesetzt wurde, entzieht sich mir.
Insgesamt macht es auf mich einen sehr guten Eindruck, auch wenn das Buch genau so wahrscheinlich auch vor 10 Jahren hätte veröffentlicht werden können
. Für mich besteht die Leistung darin, eine brauchbare Zusammenfassung des BRP für Fantasy-Verhältnisse in einem Band zu haben. Es versteht sich dabei aber wirklich eher als Grundregelwerk denn als vollständige Kompilation aller relevanten Regeln, daher sollen noch weitere Magiesysteme nachgereicht werden.
RuneQuest 6 ist mit Sicherheit vollständiger, allein durch die verschiedenen Magiesysteme, und auf jeden Fall weitaus besser aufgemacht. Um Magic World den Vorzug geben zu wollen, muss man vermutlich einfach das leichtere Kampfsystem haben wollen oder andere Regelelemente des jüngeren RuneQuest (z.B. Einfluss der Charakteristika auf Skills) ablehnen. Bei mir war das der Fall.