The Enemy Within (Warhammer Fantasy 1st): Nachdem Death on the Reik und Power Behind the Throne schon gewürdigt wurden, breche ich noch eine Lanze für Mistaken Identity/Shadows over Bögenhaven, um die Trias (die Dreieinhalbfaltigkeit) vollzumachen: Die ersten beiden Abenteuer der Kampagne haben lange nicht den epischen Rumms der beiden Nachfolger. Aber: Mistaken Identity ist als absolutes Einsteigerabenteuer gedacht, das man quasi anstatt des Einführungsabenteuers im GRW mit Leuten spielen kann, die im Prinzip noch keine Ahnung haben. Inklusive vorgefertigten Chars. Entsprechend gemächlich geht es darin zu, aber dennoch wartet gleich diese erste Episode mit einem außergewöhnlichen Plotdetail auf. Dieses führt dann auch in die Schatten der Händlerstadt Bögenhaven, wo die Chars dann in eine warhammereske Mischung aus Detektiv-, Dungeon- und Intrigenplot geraten. Das fühlt sich stellenweise etwas betagt an, aber trotzdem ist alles so erstaunlich viel brauchbarer aufgemacht, als ein Großteil der seitherigen Rollenspielprodukte ähnlicher Thematik. Dazu ist SoB die ultimative Lektion in Ergebnisoffenheit
. Die eigentliche Meisterleistung dieser beiden Abenteuer ist aber, dass sie die Spieler beim Grundregelwerk (wenn überhaupt) abholen und in eine wahrhaft dramatische und epische Kampagne schmeißen.
Im Prinzip hätte man die Kampagne aus diesem Grund auch für die zweite und dritte Edition von WFRP überarbeiten und erneut herausbringen sollen. Es gibt kaum einen besseren Einstieg. Dabei hätte man auch die Chance gehabt, eine Alternative für das fehlplatzierte, aber irgendwie coole Something Rotten in Kislev anzubieten und das Finale, wie von Hogshead seinerzeit geplant, völlig neu zu gestalten.
Gerüchteweise soll es ja ein Fragment von dem geplanten Hogshead-Abenteuer geben, Empire in Chaos. Weiß jemand, ob man da rankommt? Empire at War, das alternative Finale von Alfred Nunoz ist ja allgemein bekannt und erhältlich.
The Witch's Song (Warhammer Fantasy 3rd): Wie bei allen Abenteuern der 3. Warhammer Edition haben wir auch hier mit dem Fischerdorf Fauligmere einen liebevoll verelendeten Schauplatz. Die Bedrohung durch einen Hexer, der verarmte Dorfadel, verängstigte Fischer, ein skrupelloser Hexenjäger und verstörende Exkursionen in die Sümpfe sind bestens miteinander verschnürt. Die zusätzliche Bedrohung, die am Ende auftaucht, wirkt zwar etwas aufgesetzt, aber auch dieser Konflikt ist gut umgesetzt. Der SL wird sehr gut "betreut", die Spieler haben große Freiheiten, für Atmosphäre wird gesorgt. Für mich ein Beweis, dass es immer noch geht (das Abenteuer ist von 2011)
.
Die Verdammten des Südmeers (DSA): Ich nenne dieses Abenteuer nur, weil hier nach DSA gefragt wurde. Allerdings gefällt mir die Geschichte um einen verfluchten Piratenschatz an sich nicht besonders. Doch die einzelnen Abenteuer-Etappen sind vorbildlich aufgebaut (wenn man ergebnisoffenes Spiel mag). Auf geskriptete Szenen wird in den entscheidenden Momenten völlig verzichtet. Die einzelnen Etappen leiten nicht zwingend zur nächsten Etappe über (
einmal finden die "Helden" mit großer Wahrscheinlichkeit eine Schatzkarte -- wenn sie der Schatz nicht interessiert, kommt es nicht zu den weiteren Teilen des Abenteuers
). Das bedeutet aber, dass man sie auch gut in andere Abenteuer und -- was bei DSA selten ist -- auch in andere Systeme/Welten einbauen kann.
Und um die
-Gemeinde noch ein bisschen zu nerven, nenne ich auch die zwei Abenteuer aus jüngerer Zeit, die ich für nahezu perfekt halte und von denen ich mir wünschen würde, dass sie als leuchtende Vorbilder für Autoren dienten. Allerdings sind sie in diesem Thread nicht ganz richtig aufgehoben, da es Kurzabenteuer und keine eigenständigen Werke sind:
Unter Wudu (DSA, aus der Box: Die Dunklen Zeiten): Der geforderten Kürze geschuldet hat das Abenteuer zu Beginn und am Ende jeweils eine Schwachstelle, der Kern aber ist hervorragend ausgearbeitet. Wen's interessiert, ich habe mich
hier in der mir so eigenen Länge darüber ausgelassen.
Winds of Change (Warhammer Fantasy 3rd, aus dem Supplement: Winds of Magic): In einem heruntergekommenen Kiez in Altdorf müssen die SCs Nachforschungen über einen verschwundenen Zauberlehrling anstellen. Auf wenigen Seiten schafft es das Abenteuer, das Viertel, eine Reihe faszinierender NSCs, Hinweise, Spuren, mögliche Ereignisse und Verläufe darzustellen. Egal, an welcher Stelle die SCs ansetzen, jede Information führt sie weiter, und wenn die Sache erst einmal ins Rollen kommt, überschlagen sich auch bald die Ereignisse. Aber nichts wird vorgeskriptet, alles entwickelt sich aus den Infos/Gegebenheiten im Zusammenspiel mit den SCs. Und herrlich peinlich-abgefahrene Monster!
Edit: Hatte den Link vergessen. Ist jetzt drin.