So, nun hier mein Review zu "Die Welt der Schwertmeister"..
„Ita kämpft gegen Brog.
Brog trägt Echsenbronn, Kuppet und Spälter, Ita einen Thorax und Eisenrock, und ist bewaffnet mit einen Kreuzdorn. Sie schlagen mit so einer Wucht zu, dass die Luft hinter ihren Waffen zu brennen anfängt, und sie sich die Rüstungen Stück für Stück vom Leib hacken.
Beide besitzen unmenschliche Fähigkeiten, Konstitution, Körperkraft und Geschicklichkeit jenseits des Vorstellungsvermögens eines normalen mittelalterlichen Kämpen.
Und diese Fähigkeiten hat Ita sogar noch mit Hilfe der mythischen Runenmagie verstärkt.
Der ehrenhafte rituelle Zweikampf ist die einzige Option für die beiden Kombattanten.
Das Ganze findet in einer unwirklichen Landschaft statt, mit brennenden Stonehenge-Steinen, riesigen Bäumen mit eingeschnittenen Fratzen und einem unwirklichen düsteren Licht.„
Man merkt, wir befinden uns grad mitten in den 80ern, allerdings nicht im Plattencover der aktuellen Manowar-Scheibe, sondern in der gerade neu erschienenen „DSA Professional“-Box, die die Welt Tharun beschreibt.
Das was ich gerade beschrieben habe, hat natürlich mit dem Tharun, wie es ab dem zweiten Kasten und dem nun erschienenen Werk beschrieben wird nichts mehr zu tun.
Da wir aber damals mit unseren Helden noch nicht so weit waren, und uns erstmal „hochleveln“ durften, spielten wir Tharun erst ein Jahr später. In dieser Zeit habe ich allerdings, wie empfohlen, mir das Regelbuch der ersten Box lange und oft zu Gemüte geführt.
Und ich denke, aus diesem Regelwerk stammt meine doch etwas verquere Vorstellung, wie Tharun eigentlich sein müsste. In diesem Buch, das ein Jahr lang meine Vorstellungswelt von Tharun geprägt hat, gab es noch keine Reitinsekten, keine Inselwelt, keine Kasten, viel weniger asiatische Einflüsse, keine straffe Gesellschaftsordnung, keine Götter, eigentlich nicht mal die Sonne mit ihrem verschiedenfarbigen Licht.
Obwohl ich die zweite Box „Das Fest der Schwerrtmeister“ kenne, blieb diese vorher beschriebene Urfassung doch immer „das Tharun meines Herzens“. Und ich denke, einigen Anderen, die irgendwie verwundert sind, welchen Weg Tharun genommen hat, geht es ähnlich.
So, um das jetzt mal aus dem Weg geräumt zu haben: Ich werde nun trotzdem versuchen das neue Werk zum Thema Tharun, „Die Welt der Schwertmeister“ zu reviewen, und das so objektiv, wie ich es kann.
Denn auch, wenn es nicht „mein Tharun“ ist, finde ich es trotzdem ein sehr eindrucksvolles Werk.
„Tharun - Die Welt der Schwertmeister“ gliedert sich grob in eine Einleitung, ein paar weltrelevante Themen wie der Geschichte, eine Beschreibung der Gesellschaft Tharuns, der acht Götter, den verschiedenen Reichen mit samt ihren Archipelen, und zuguterletzt den Mysterien Tharuns. Was also hinter dem Ganzen steckt.
Man merkt dass die Schreiber tonnenweise Material zur Verfügung hatten, denn selbst in den schon wuchtigen 275 Seiten ist der Text geradezu gedrängt. Die Schrift wirkt für mich einen Hauch zu klein, und die Seiten erfahren leider wenig Auflockerung durch Illustrationen.
Die Qualität der Illustrationen ist sehr schwankend.
Hin und wieder gibt es tolle Bilder zu sehen, diese wirken aber oft ein wenig verloren im etwas sehr starren blockigen Layout. Duchgängig wird der asiatische Charakter Tharuns in den Bildern unterstrichen. Vor allem in den Illustrationen Mia Steingräbers hat man oft das Gefühl, Bilder von irdischen asiatischen Kulturen zu sehen, mit leichten Abwandlungen.
Die Qualität des großartigen Covers erreichen die Illustrationen im inneren des Bandes leider nie.
Nun zum Inhalt…
Den Autoren gelingt es im Abschnitt über die Gesellschaft, Tharun als einen sehr düsteren und strengen Ort darzustellen.
Es gibt eine alles umgebende, von den Göttern veranlasste Gesellschaftsordnung. Wer diese missachtet, wird entweder von den „Richtern“ der Herrscher bestraft, oder gleich von den Rachedämonen des obersten Gottes.
Frauen haben eigentlich keine Rechte, und sind in einer dienenden Rolle festgelegt.
Überall, und an jeder Ecke lauert der Tod. Wer nicht im Kampf mit der Schwinge (erinnert mich auf dem Cover und im Text hier an eine Art Katana, während im Original das mehr nach Krummschwert/Säbel aussah) umkommt, den holen schon mal gern Urweltmonster, Rieseninsekten, oder andere Scheußlichkeiten.
Mir persönlich ist das fast alles einen Ticken zu deprimierend, muss ich zugeben. Ich hätte mir da ein wenig mehr Dynamik in verschiedene Spielrichtungen gewünscht.
Es ist schon hier im Kapitel zu merken, dass es nicht ganz einfach ist, sich fürs Rollenspiel in Tharun die passenden Abenteuer herauszupicken, zu straff erscheint die Gesellschaftsordnung und die Möglichkeiten etwas außerhalb der Norm zu tun. Und dies auf beiden Seiten. Für oder gegen das Regime.
Die nun im Band folgende Beschreibung der Reiche finde ich eine der absoluten Stärken des Buches.
Die Autoren schaffen es, jedem der Reiche eine eigene Identität zu verpassen, allerdings hin und wieder auch teilweise angelehnt an reale asiatische Kulturen. Ich meine zum Beispiel in Hashandra viel japanisches, und in Memonhab einiges arabisches entdeckt zu haben. Allerdings oft mit einem "Twist" versehen. Die Menschen in Hashandra sind zum Beispiel eher blond und großgewachsen.
Es gibt auch ein Reich mit Horden, ähnlich wie bei den Mongolen. Die Illustrationen verstärken hier mal wieder den Eindruck der irdischen Bezüge immens.
Jedes der Reiche hat eine oder mehrere interessante Eigenheiten. Und selbst in den Reichen haben die verschiedenen Archipel und deren Inseln oft einen so eigenen Charakter, dass man sogar in diesem eigentlich kleinen Teilstück Tharuns durchaus eine sehr abwechslungsreiche Kampagne über viele Spielsitzungen spielen könnte. Abenteueraufhänger gäbe es eigentlich genug.
Was mir gefällt, und auch dem Setting gut tut:
Hin und wieder werden in den Reichsbeschreibungen auch glücklicherweise ein paar der im Rest des Buches gesetzten Konventionen aufgehoben, so dass ein gesellschaftlich wesentlich freieres Spiel zb vor allem im Reich Lania möglich ist.
Wer eine Frau als gesellschaftlich geachteten Schwertmeister spielen will, ist auch nicht komplett verloren, denn es gibt sogar ein Reich, in dem dies problemlos möglich ist.
Diese Ausnahmen gibt es immer wieder in den verschiedenen Reichen zu lesen.
Dafür ein dicker Pluspunkt von mir.
Ganz großes Kino erwartet einem im letzten Teil des Buches, mit den Mysterien Tharuns.
Natürlich kann ich hier nicht viel zu dem Thema schreiben, wär ja alles Spoiler, aber die hier aufgebrachten Ideen empfand ich als sehr spannend. Große, über Äonen angelegte Themen, die wirklich den Lauf der Welt und ihre Geheimnisse samt Strippenziehern beschreiben.
Schön.
Nun kommen wir zum Fazit….
Ich finde das beschriebene Setting spannend, in sich stimmig, und gut ausgearbeitet.
Allerdings, mir fehlt aufgrund der strengen gesellschaftlichen Verhältnisse noch ein wenig der Ansatz, wie das Ganze zu bespielen ist, obwohl eigentlich Beschreibung von Land und Leuten Seite für Seite Aufhänger zu Abenteuern geben als gäbe es kein Morgen mehr.
In einem Satz: Es gäbe viel zu erleben, aber wer soll das alles tun, wenn es denn keiner darf?
Allerdings erwarte ich mir hier die Aufklärung von den beiden nächsten Büchern, einem Regel- und einem Abenteuerband.
Wer ein düsteres asiatisch beeinflusstes Setting sucht, ganz abseits von hurra-Samurai-Romantik und lustigen Kung-Fu-Kämpfern, der ist hier auf jeden Fall richtig.
Liebe Grüße,
Grubi