Au ja, auf solche Selbstgeißelung steh ich ja:
Mein Nickname ist Tümpelritter, und ich bin ein schlechter SL.
Allerdings habe ich eher mehrere gleichbleibende kleinere Schwächen, die dafür kontinuierlich auftreten, als dass mir große Schnitzer unterlaufen (schlechte Abenteuereinstiege, kein Kampagnenende usw.).
Meine drei miesesten Fehler:
1. Ich habe mal eine Informantenszene so gespielt, dass nur die Bardin der Gruppe an wichtige Infos (von anderen Barden) rankommen konnte, was äußerst aktives Spiel mitsamt des falschen "Ausspielens"* der Charakteraktion erfordert hätte. Und das, obwohl ich wusste, dass die Spielerin eher der stille Typ war. Laienschauspiel von einem Spieler zu erzwingen und daran dazu noch extrem abenteuerrelevante Informationen anzubinden (ein Flaschenhals), das sind gleich zwei Schnitzer auf einmal.
2. Ich habe einmal einen kompletten Plot gegen Spielerinteresse durchgepeitscht. Das Abenteuer sah vor, dass ein Charakter der Gruppe mit einer jungen Frau anbändelt, die in der Nacht ermordet wird, woraufhin der Charakter verdächtigt wird und die Gruppe den Fall aufklären muss. Wir haben das auf Earthdawn gespielt, und ich habe den (elfischen?) Schwertmeister der Gruppe als Ziel der romantischen Annäherungsversuche gesehen (der Windlingbarde war zu klein
). Bloß wollte der Schwertmeister nichts von der Dame, und ich habe das nicht akzeptiert, sondern sogar die Erzählonkel-Leier: "Als Spieler musst du mit dem Plot mitgehen!" außerhalb des Spiels angestimmt. Das Abenteuer war natürlich dann ein ziemliches Gewürge.
3. Ich habe eine Kampagne mit zu vielen Spielern, einem Rotzsystem und einem Co-SL geleitet. Wer sowas mal in Erwägung zieht, der sei gewarnt:
tut es euch nicht an! Die Kampagne enthielt alles, was einen Spieler zum Speien bringen kann: Parade mysteriöser NSCs mit deus ex machina-Qualitäten, kein Anfang und kein Ende, Geheimnisse um der Geheimnisse willen, Railroading, Regelwillkür, Erzählonkelei. Am Schlimmsten aber waren die
Über-NSCs. Hinzu kamen noch die Koordinationsprobleme zweier SLs mit unterschiedlichen Stilen. Das ist rollenspielerisch gesehen das Finsterste, woran ich mich erinnern kann.
Mann, jetzt hab ich Lust, mich mit einer Eisenbahnschaffnermütze auf dem Kopf in eine Ecke zu stellen.
Zum Glück hab ich irgendwann mal damit aufgehört und bin wieder auf Fantasy und schließlich auf (A)D&D gewechselt, wo ich nach einigen Startschwierigkeiten gelernt habe, das Erzählonkelige in meinen Abenteuern zu reduzieren und den Spielern wieder Entscheidungsmöglichkeiten und Herausforderungen vorzusetzen. Das geschah alles, bevor die ARS-WARS anfingen oder ich irgendwas von der Forge oder Old School Bewegung gehört habe.
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* Unter falschem Ausspielen verstehe ich, dass soziale Interaktion mit NSCs nur und ausschließlich "live" durch Laienschauspiel abgehandelt wird.