Autor Thema: Entwertung von Spielleiterentscheidungen  (Gelesen 17937 mal)

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Offline sir_paul

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #100 am: 22.07.2011 | 19:25 »
Mir stellt sich nach wie vor die Frage, warum ich als Spieler dem Einfall eines anderen Spielers aus einer Launer heraus folgen soll, auch wenn dabei sicherlich auch gute Sachen entstehen können. Denn der Einfall des Spielers ist ja durch nichts unterfüttert. Keine (ausgearbeiteten) NSC, keine Bilder oder Karten, keine Twists & Turns.

Also schmetterst du jede Idee deiner Mitspieler ab, weil sie ja nicht durch NSC, Twist&Turns usw. untermauert sind? Welche eigenen Entscheidungen könnt ihr in eurer Gruppe denn dann noch treffen? Und was ist wenn dein Mitspieler seine Idee gut begründet und es eigendlich Sinn machen würde so vor zu gehen?

Offline aminte

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #101 am: 22.07.2011 | 19:33 »
Also schmetterst du jede Idee deiner Mitspieler ab, weil sie ja nicht durch NSC, Twist&Turns usw. untermauert sind?
Nein, ich sagte lediglich, dass die Wahrscheinlichkeit, bei ein vorbereiteten Plot auf seine Kosten zu kommen für jeden Spieler höher ist, als bei einem spontanen Einfall ohne eben diese Vorbereitung. Das heißt nicht, dass die Ideen der Spieler vollkommen irrelevant sind und abgeschmettert werden müssen, sondern dass ich im Zweifelsfall dem SL das Recht zugestehe, Spielerentscheidungen zurückzustellen. Wenn der SL das natürlich permanent macht, ist das sehr unschön, und ich würde dann auch das Gespräch suchen. Die meisten SL, die ich bisher kennengelernt habe, setzen diese Befugnis jedoch sparsam ein.

Zitat
Und was ist wenn dein Mitspieler seine Idee gut begründet und es eigendlich Sinn machen würde so vor zu gehen?
Dann wird auch der SL sicherlich mit sich reden lassen.

ErikErikson

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #102 am: 22.07.2011 | 19:44 »
Ich glaube, das Problem ist eher, das der SL seine Story in einer gewissen Selbstverblendung für toll hält, dies aber nicht ganz den Tatsachen entspricht. Auf der anderen Seite neigen Spieler dazu, totalen Blödsinn zu erfinden.

Offline Bad Horse

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #103 am: 22.07.2011 | 19:48 »
Die meisten Leute, die einen Vorschlag bringen, halten diesen auch für gut.  :)
(Wenn wir jetzt mal reine Blödelspieler auslassen, die einfach nur Vorschläge machen, die ihnen "witzig" erscheinen. Das kommt meistens dann vor, wenn die Spieler keine Lust auf Planung oder größere Denkarbeit haben, sondern einfach nur irgendwas machen wollen.)
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ErikErikson

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #104 am: 22.07.2011 | 19:55 »
Es kann daher sinnvoller sein, wenn primär der SL entscheidet, was ein guter Vorschlag ist. Dann hat man wenigstens einen Standard. Andererseits ist der Standard dann neben eventuell schlecht. Aber eventuell besser, als wenn die Spieler alle ihre Vorschläge umsetzen, aber jeweils ganz andere Vorstellungen davon haben, was jetzt eine gute Idee ist. Zumindest merkt man bei dieser Variante recht schnell, wenn was hackt.

Offline Blizzard

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #105 am: 22.07.2011 | 20:03 »
Mal ne blöde Frage, hat dir in diesem Strang irgendjemand das Recht abgesprochen mit deinen Spielern zu reden  ::)
Das ist, mit Verlaub, eine ziemlich blöde Frage.

Zitat
Und warum wird hier auf das Recht des SL's bestanden und woraus begründet sich dieses Recht. Daraus das er sich die Arbeit der Vorbereitung macht? Und damit haben die Spieler jegliches Recht verwirkt eigene Ideen einzubringen und mal vom Plot abzuzweigen? "Oh ihr niederen Wesen (Spieler), folgt den Geschichten des Allmächtigen (SL) sonst wird sein Zorn über euch kommen"?
Nein, die Spieler haben dieses Recht(ziemlich deplatzierter Begriff an dieser Stelle) nicht verwirkt. Sie dürfen natürlich vom Plot abzweigen...und machen das sogar meistens, ohne den SL vorher um Erlaubnis zu fragen. Ziemlich unverschämt von den Spielern, oder? ::) Abgesehen davon hat hier niemand behauptet, dass die Spieler sich sklavisch(um mal den anderen Thread miteinzubeziehen) an den Plot des SLs halten müss(t)en.

Zitat
Niemand in einer Spiellrunde hat irgendwelche Rechte, es sei denn die Gruppe gesteht sie ihm zu!
Nein, wie geil! :d Als ich das gelesen habe, musste ich erstmal herzhaft lachen. Nachdem der Lachflash jetzt verflogen ist: Das zählt definitiv zu den TOP 5 der dämlichstenunreflektiertesten Aussagen die ich in den letzen Jahren zum Thema Rollenspiel gelesen habe. Aber machen wir uns doch mal den Spass, und zerpflücken das Ganze:
- dann hat keiner in der Runde das Recht, auf Toilette zu gehen während der Sitzung
- dann hat keiner in der Runde das Recht, nicht zu kommen, wenn er krank ist
- dann hat keiner das Recht, sich statt chinesischem Essen ne Pizza zu holen
- dann hat keiner das Recht, seinem Charakter einen eigenen Namen zu geben
- dann hat keiner das Recht, mit seinen eigenen Würfeln zu würfeln
- dann hat keiner das Recht zu sagen, was ihm gefallen oder nicht gefallen hat
- dann hat keiner das Recht, an der Sitzung teilzunehmen
- dann hat der SL nicht das Recht, die Sitzung und das Abenteuer vorzubereiten
- usw.(die Liste lässt sich beliebig fortführen)=> merkst du jetzt vielleicht, wielächerlich absurd diese Aussage ist? ::)
« Letzte Änderung: 22.07.2011 | 20:18 von Blizzard »
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Offline sir_paul

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #106 am: 22.07.2011 | 20:16 »
Nein, wie geil! :d Als ich das gelesen habe, musste ich erstmal herzhaft lachen. Nachdem der Lachflash jetzt verflogen ist: Das zählt definitiv zu den TOP 5 der dämlichstenunreflektiertesten Aussagen die ich in den letzen Jahren zum Thema Rollenspiel gelesen habe. Aber machen wir uns doch mal den Spass, und zerpflücken das Ganze:
- dann hat keiner in der Runde das Recht, auf Toilette zu gehen während der Sitzung
- dann hat keiner in der Runde das Recht, nicht zu kommen, wenn er krank ist
- dann hat keiner das Recht, sich statt chinesischem Essen ne Pizza zu holen
- dann hat keiner das Recht, seinem Charakter einen eigenen Namen zu geben
- dann hat keiner das Recht, mit seinen eigenen Würfeln zu würfeln
- dann hat keiner das Recht zu sagen, was ihm gefallen oder nicht gefallen hat
- dann hat keiner das Recht, an der Sitzung teilzunehmen
- dann hat der SL nicht das Recht, die Sitzung und das Abenteuer vorzubereiten
- usw.(die Liste lässt sich beliebig fortführen)=> merkst du jetzt vielleicht, wielächerlich absurd diese Aussage ist? ::)

Was genau haben deine "Gegenbeispiele" mit dem aktuellen Thema zu tun?

Aber netürlich hast du Recht Blizzard, ich stell mich gleich in die Ecke und schäme mich für meine lächerlichen und wirklich unreflektierten Aussagen!

Offline Bad Horse

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #107 am: 22.07.2011 | 20:21 »
Es denke mal, es geht Sir_Paul um Rechte bei der Gestaltung der Spielsitzung selbst, nicht um Grund- oder andere selbstverständliche Rechte.

- dann hat keiner das Recht, seinem Charakter einen eigenen Namen zu geben
Kann eingeschränkt sein. Wenn du L5R spielst, kann dir die Gruppe durchaus nahelegen, deinen Char nicht Spongebob zu nennen.
Zitat
- dann hat keiner das Recht, mit seinen eigenen Würfeln zu würfeln
Wir haben einem Spieler seine Würfel mal verboten, weil die offensichtlich gezinkt waren.
Zitat
- dann hat keiner das Recht, an der Sitzung teilzunehmen
Niemand hat ein Recht darauf, an einer Sitzung teilzunehmen, wenn die Gruppe das nicht will.
Zitat
- dann hat der SL nicht das Recht, die Sitzung und das Abenteuer vorzubereiten
Von einem Recht, die Sitzung vorzubereiten, kann hier keine Rede sein - aber das Recht, dieses Abenteuer zu leiten, hat ein Mitspieler eben nur durch die Zustimmung der Gruppe.
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #108 am: 22.07.2011 | 20:30 »
Was genau haben deine "Gegenbeispiele" mit dem aktuellen Thema zu tun?
Sie haben genau so viel mit dem aktuellen Thema zu tun wie deine Aussage-denn darauf beziehen sie sich.

EDIT:
Es denke mal, es geht Sir_Paul um Rechte bei der Gestaltung der Spielsitzung selbst, nicht um Grund- oder andere selbstverständliche Rechte.
Selbst wenn dem so sein sollte geht das aus der Aussage nicht hervor und zudem kann man diese betreffende Aussage imho nicht so stehen lassen. Das ist ja fast ähnlich schlimm wie die Passage aus dem SotC-GRW.
« Letzte Änderung: 22.07.2011 | 20:35 von Blizzard »
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Offline sir_paul

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #109 am: 22.07.2011 | 20:53 »
EDIT:Selbst wenn dem so sein sollte geht das aus der Aussage nicht hervor und zudem kann man diese betreffende Aussage imho nicht so stehen lassen.

Aussagen sollten immer im Kontext gesehen werden, meine also im Kontext dieses Threads. Allgemeine Menschenrechte wurden hier glaube ich nicht besprochen.

Offline sir_paul

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #110 am: 22.07.2011 | 20:58 »
zudem kann man diese betreffende Aussage imho nicht so stehen lassen.

OK, warum nicht. Welches Recht hat ein SL bezüglich der Spielgestaltung, wenn der Rest des Gruppe ihm das nicht gewährt? Welches Recht hat ein Spieler bezüglich der Spielgestaltung, wenn der Rest der Gruppe es ihm nicht gewährt?

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #111 am: 22.07.2011 | 22:37 »
Ich hab mich schon vier Seiten über PE-Extremismus beschwert, und ich weiß warum:

Also schmetterst du jede Idee deiner Mitspieler ab,

Hervorhebung von mir. Mal ganz ehrlich an all' die, die es IMMER NOCH NICHT verstanden haben. Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen. Laut nachsprechen und dann gleich nochmal: Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen.

Es geht darum, daß Spieler - einzeln oder als Kollektiv - bescheuerte Ideen haben KÖNNEN, die im EINZELFALLE den Spielspaß der Gruppe für diese Session beerdigen. Gleich nochmal, nur zur Sicherheit: Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen.

Es ist sowohl das RECHT als auch die PFLICHT des SL, der im klassischen Rollenspiel einen Informationsvorsprung hat, SCHÄDLICHE Abirrungen auf möglichst schlüssige, unauffällige Art und Weise wegzubiegen. Aufgrund seines Informationsvorsprunges hat er als Einziger die Möglichkeiten, derartige Implikationen eines Spielerwunsches oder eines Gruppenwunsches abzuschätzen. Daher genießt er dieses Recht und dieses Vertrauen.

Nochmal: Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen. Und es wäre schön, wenn das in den Posts berücksichtigt werden könnte. Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen. Es geht auch nicht um die Hungersnot in Somalia.

EDIT/ Anekdotische Beweisführung

Ich habe mehrmals genau dies getan, nachdem "Eingehen auf abseitige / schwachsinnige Spielerwünsche" zwei-, dreimal in frustrierendem TPK endeten inkl. Vorwürfe, ich als SL hätte das Verhindern müssen, auch durch Eingriffe auf Spielerebene. Ich behalte mir seitdem vor, meine Gruppen nicht mehr sehenden Auges ins Verderben zu führen, nur weil sie der Hafer sticht.  

Und eine Ergänzung: Ich halte die in diesem Strang wieder anagesprochene Kiste von Mike NICHT für ein Beispiel sinnvollen Eingreifens, sondern für eine schöne Illu zum Thema "SL schießt sich in Fuß". Das ist eine ganz andere... ah.... Kiste.

Es geht NICHT darum, JEDEN Spielerinput abzuwürgen.
« Letzte Änderung: 22.07.2011 | 22:48 von Hróðvitnir »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #112 am: 22.07.2011 | 22:54 »
Die Frage ist halt: Wo ist die Grenze?

Wann ist es sinnvoll, die Ideen der SCs zu blocken, weil sie schädlich für eine sinnvolle Weiterführung der Handlung sein könnten?
Wann ist es sinnvoll, die Ideen der SCs zuzulassen und zu schauen, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt?

Und welche Methoden sind angemessen, wenn man sich fürs Blocken entscheidet?

Manche Leute finden, a) ist nie sinnvoll und b) ist immer richtig; andere finden a) eigentlich ganz okay und b) eher in Ausnahmefällen sinnvoll.

Die meisten dürften sich irgendwo dazwischen bewegen - und diese Grenze ist eine, die eine Gruppe für sich selbst finden muss.
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #113 am: 22.07.2011 | 23:09 »
Die meisten dürften sich irgendwo dazwischen bewegen - und diese Grenze ist eine, die eine Gruppe für sich selbst finden muss.

Deswegen sind Quotes wie das von mir monierte Zitat aus SOTC SCHÄDLICH, zumal sie im Gewand des "besseren" progressiven Spiels daherkommen und von daher von einigen aufgeleckt werden wie verschüttete Milch, nur weil da das Logo eines der ach so schicken In-Systeme draufpappt. Das ist derselbe Spielfaschismus wie in WhiteWolf, nur von der anderen Seite des Zaunes.

Ich stimme Dir voll zu: Das Ausmaß der SL-Macht muß jede Gruppe für sich entscheiden. Wichtig ist nur, daß jeder auch weiß, daß diese Entscheidung getroffen wird und sie daher bewußt trifft.

Also sollten Designer WEGE aufzeigen und nicht irgendwelche Glaubensgrundsätze in Stein meißeln, wenn sie ein GRW verfassen. Irgendeiner hat mir zwar gesagt, ich müsse dieses Zitat im Kontext sehen, aber den hat man mir halt nicht gegeben (das ist a)), und b): Auch der nachgelieferte Kontext macht diesen selbstherrlichen Schwachsinn nicht zu einer intelligenten Äußerung.
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #114 am: 22.07.2011 | 23:13 »
Ich sehe da trotzdem keine so grosse Differenz zwischen Charakter-und Storyspieler. Ich habe viel eher das Gefühl, dass hier künstlich ein Problem geschaffen werden soll, das imho gar nicht oder zumindest nicht in einer so krassen Form existiert, wie einem hier weis gemacht werden soll.


Genau das ist die Standardantwort, die ich dann immer wieder anhören musste: "Nein, zwischen Charakter- und Storyspiel gibt es (fast) keine realen Differenzen, nur zwischen Storyspiel und "niederen" Spielformen."

Diese Antwort finde ich richtig ärgerlich, und auch unglaublich verblendet, als wisse der Kerl hinter dem SL-Schirm, wie ich meinen Charakter zu spielen habe, damit seine Story bei `rauskommt.

Ich habe mehrfach erlebt, wie sich aus Storygründen Charaktere verbiegen mussten, damit die Story eben wie vorausgeplant weitergeht. Im anderen Thread habe ich sogar ein Beispiel gebracht, wo ich so ein Verhalten vor ein paar Jahren selbst einmal erzwungen habe: der als umsichtig und vorsichtig konzipierte Schwertmeister wurde von mir als SL gezwungen, der Story wegen eine Liebesaffaire einzugehen.

Heute abend gerade ist sowas ähnliches passiert: der gierige Dieb bricht unvorsichtigerweise einen Tresor auf, obwohl das für die "Story" eher hinderlich ist bzw. obwohl diese Handlung die "Story" völlig durcheinanderbringt. In meinen Augen vollkommen korrekt: der Charakter wird eben entlang seiner Wesenszüge gespielt, auch wenn die unerwartete Folgen haben. Dadurch schlägt der Abenteuerverlauf unvorhergesehene Volten (und ich muss als SL jetzt selbst mal nachdenken, wie die ausgeraubten NSCs vorgehen werden), aber das Spiel wird zumindest für mich interessanter. Das sind die Überraschungen, die ich am Rollenspiel liebe.

Und ganz ehrlich: wer das nicht abkann, sollte nicht leiten.
« Letzte Änderung: 23.07.2011 | 00:14 von youth nabbed as sniper »
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #115 am: 22.07.2011 | 23:19 »

Und ganz ehrlich: wer das nicht abkann, sollte nicht leiten.

Zumindest nicht für dich, oder auch für mich. ;)

Aber wenn seine Gruppe mit seinem "hier ist der rote Faden"-Stil besser klar kommt als mit völliger Ergebnisoffenheit und Entscheidungsfreiheit, dann soll er eben doch leiten. Jedenfalls in dieser Gruppe.

Natürlich ist Flexibilität und Improvisationsfähigkeit etwas, was jeder SL irgendwo können sollte. Aber manche Spieler haben eben lieber einen SL, der ihnen einen gewissen Rahmen vorgibt - und der muss dann auch nicht so flexibel und improvisierbegabt sein wie ein SL, dessen Spieler den Rahmen lieber selbst bestimmen.

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #116 am: 22.07.2011 | 23:22 »
Ich habe mehrfach erlebt, wie sich aus Storygründen Charaktere verbiegen mussten, damit die Story eben wie vorausgeplant weitergeht. Im anderen Thread habe ich sogar ein Beispiel gebracht, wo ich so ein Verhalten vor ein paar Jahren selbst einmal erzwungen habe: der als umsichtig und vorsichtig konzipierte Schwertmeister wurde von mir als SL gezwungen, der Story wegen eine Liebesaffaire einzugehen.

Können wir einen Unterschied machen zwischen "SL läßt Charakterspiel so laufen, wie der Spieler das will" und "SL unterwirft die Charaktere einer Verfolgungsbetreuung"? Im übrigen sind die meisten Verfolgungsbetreuer hinterm Schirm auch Plotfeuerwerker, was ich persönlich nicht minder verachtenswert finde.

Wenn uns also einigen könnten, daß dieser Unterschied grundsätzlich existiert (nicht, wo die Trennlinie ist, soviel Konsens benötige ich nicht), dann wäre das einen eigenen Thread wert. Natürlich ist das, was Du da schilderst abschreckend, aber das ist ja auch kein Charakterspiel.
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #117 am: 22.07.2011 | 23:45 »
Zumindest nicht für dich, oder auch für mich. ;)


Nee, Bad Horse, da glaube ich wirklich, so jemand sollte besser überhaupt nicht leiten, für niemanden.
Genauso wie ein Spieler, der kompromisslos jedes Abenteuer mit saudummen Ideen zerschießt vielleicht besser ein anderes Hobby suchen sollte.

Zur Klarstellung: ich verlange von keinem SL völlige Ergebnisoffenheit oder grenzenlose Spielerfreiheit, geschweige denn ständige Improvisation. Aber für mich zeichnet die Möglichkeit unterschiedlicher Abenteuerverläufe das Rollenspiel wesentlich aus. Wer das´als SL nicht haben kann, sollte kein Rollenspiel spielen, sondern wirklich am Lagerfeuer Geschichten erzählen. Das macht auch Spaß, ist auch unterhaltsam, aber eben kein Rollenspiel.

Deswegen sind Quotes wie das von mir monierte Zitat aus SOTC SCHÄDLICH, zumal sie im Gewand des "besseren" progressiven Spiels daherkommen und von daher von einigen aufgeleckt werden wie verschüttete Milch, nur weil da das Logo eines der ach so schicken In-Systeme draufpappt. Das ist derselbe Spielfaschismus wie in WhiteWolf, nur von der anderen Seite des Zaunes.

Ich glaube z.B. das es eine Reaktion von White Wolf geschädigten Spielern ist, genauso wie evtl. einige ARS-Manifeste. Aber es rückt meiner Meinung nach eher ein paar Fehlentwicklungen im Rollenspiel zurecht, als dass es bleibende Schäden hinterlässt. Wenn der SL sich als ehrlichen Teilnehmer mit eigenen Vorlieben, eigenen Verantwortungen, eigenen Gestaltungsmöglichkeiten und eigenen Grenzen wahrnimmt, anstatt als ein Halbgott am Spieltisch, ist für das Hobby Rollenspiel viel zurückgewonnen, was in der Storyteller-Phase verschüttet ging.

Also sollten Designer WEGE aufzeigen und nicht irgendwelche Glaubensgrundsätze in Stein meißeln, wenn sie ein GRW verfassen. Irgendeiner hat mir zwar gesagt, ich müsse dieses Zitat im Kontext sehen, aber den hat man mir halt nicht gegeben (das ist a)), und b): Auch der nachgelieferte Kontext macht diesen selbstherrlichen Schwachsinn nicht zu einer intelligenten Äußerung.

Zwei Antworten:
1) Ein Spiel kann ja spezifisch für diese Grundsätze designt sein, dann begrüße ich es, wenn der Autor seine Motive/Ziele klar benennt. FATE ist z.B. ein Spiel mit Schwerpunkt auf Charakterspiel und Verlaufsoffenheit der gemeinsam erspielten Story.

2) Ich lese das (Edit:) SotC-Zitat wieder aus dem Kontext der Vorherrschaft der Erzählspieler (edit: in den 1990ern) in der spezifischen Ausprägung des "Erzählonkels" heraus, auch wenn das ein Kampfbegriff ist, der viel böses Blut nach sich ziehen kann. Nach meinem Eindruck war das Scheitern von Rollenspielabenden, die ich erlebt habe, immer stärker durch den Wunsch des SLs auf das Erzählen einer Geschichte hervorgegangen, als durch völlig abgedrehte Aktionen der Spielercharaktere. Beziehungsweise Aktionen der SCs wurden dann zu völlig abgedrehten/"unsozialen" Aktionen erklärt, wenn sie der Geschichte des Spielleiters im Weg standen. Selbst das Problem des Gruppenzusammenhalts wurde meistens erst durch SL-Erzählspiel akut.

Für mich ist der "zerstörerische Spieler" tendenziell eher ein Phantom, der "zerstörerische SL" dagegen eine sehr reale Erfahrung. Aber andere Menschen, andere Lernbiographien...
« Letzte Änderung: 23.07.2011 | 00:19 von youth nabbed as sniper »
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #118 am: 22.07.2011 | 23:50 »
Zur Klarstellung: ich verlange von keinem SL völlige Ergebnisoffenheit oder grenzenlose Spielerfreiheit, geschweige denn ständige Improvisation. Aber für mich zeichnet die Möglichkeit unterschiedlicher Abenteuerverläufe das Rollenspiel wesentlich aus. Wer das´als SL nicht haben kann, sollte kein Rollenspiel spielen, sondern wirklich am Lagerfeuer Geschichten erzählen. Das macht auch Spaß, ist auch unterhaltsam, aber eben kein Rollenspiel.

Okay, ich laß jetzt mal raus, daß Du mir später im Text irgendwie Erzählonkeln zu unterstellen scheinst, vielleicht täusch ich mich da, ist auch egal weil bizarr. Ich beziehe mich jetzt alleine auf diesen zitierten Gedanken von Dir und frage: Wo wird Dir da in diesem Strang widersprochen?

Nirgends. So what?

Aber wie oft muß man eigentlich noch sagen: in Ausnahmefällen, in Ausnahmefällen, in Ausnahmefällen... Es geht darum, für einzelne, seltene Fälle die Option freizuhalten, auch mal einfach nur "Nein. Ende der Diskussion." sagen zu können.Der Regelfall sieht doch ohnehin immer anders aus!
« Letzte Änderung: 22.07.2011 | 23:53 von Hróðvitnir »
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #119 am: 22.07.2011 | 23:58 »
Okay, ich laß jetzt mal raus, daß Du mir später im Text irgendwie Erzählonkeln zu unterstellen scheinst, vielleicht täusch ich mich da, ist auch egal weil bizarr. Ich beziehe mich jetzt alleine auf diesen zitierten Gedanken von Dir und frage: Wo wird Dir da in diesem Strang widersprochen?

Nee, sorry ich unterstelle dir nicht Erzählonkeln, ich glaube bloß, dass es in den 90ern eine stark propagierte Form des Rollenspiels war.

Die Klarstellung habe ich nur allgemein geschrieben, ohne direkten Bezug auf dich, weil der Post von mir, aus dem das Zitat stammt, ziemlich radikal anfängt. Ich wollte nur klarstellen, dass ich mit dieser Radikalität nur die Spielleiter ablehne, die ausschließlich "Erzählonkeln" - dabei hatte ich weder dich noch sonst einen Teilnehmer dieses Strangs im Blick, sondern eher meine persönlichen Horrorerlebnisse.

Ansonsten glaube ich, dass der Hauptunterschied zwischen Deinen und meinen Ansichten daher kommt, dass wir das Phänomen aus unterschiedlichen, fast gegenüber liegenden Perspektiven betrachten, das meine ich mit unterschiedlichen Lernbiographien. Ich habe mehr gruselige SLs erlebt, die keine Freiheit geduldet haben, du vielleicht mehr gruselige Spieler, die mit Freiheit nur Zerstörung verbunden haben. (Ist nur eine Hypothese.)
« Letzte Änderung: 23.07.2011 | 00:11 von youth nabbed as sniper »
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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #120 am: 23.07.2011 | 01:33 »
Welches Recht hat ein SL bezüglich der Spielgestaltung, wenn der Rest des Gruppe ihm das nicht gewährt? Welches Recht hat ein Spieler bezüglich der Spielgestaltung, wenn der Rest der Gruppe es ihm nicht gewährt?
ich schreibe jetzt mal nicht, was ich dazu meine, sondern hätte gerne von dir eine Antwort auf diese Fragen.

Genau das ist die Standardantwort, die ich dann immer wieder anhören musste: "Nein, zwischen Charakter- und Storyspiel gibt es (fast) keine realen Differenzen, nur zwischen Storyspiel und "niederen" Spielformen."

Diese Antwort finde ich richtig ärgerlich, und auch unglaublich verblendet, als wisse der Kerl hinter dem SL-Schirm, wie ich meinen Charakter zu spielen habe, damit seine Story bei `rauskommt.
Ich frage mich wirklich, woran du genau den Unterschied zwischen Story-und Charakterspiel(er) festmachst? Bzw. wo ziehst du die Grenze? Ab wann "verkommt"(das trifft es wohl bei dir) denn jemand vom Charakter zum Storyspieler oder umgekehrt? Und aufgrund dessen, weil man da keinen oder keinen so grossen Unterschied sieht,wo du einen siehst, abzuleiten, der SL würde sich anmassen, festzulegen oder gar zu wissen wie du deinen Charakter zu spielen hast finde ich ehrlich gesagt befremdlich. Dass der SL mir sowas vorschreiben würde, oder ich bei meinen Spielern je sowas getan hätte-kann ich mich nicht drann erinnern.

Zitat
Ich habe mehrfach erlebt, wie sich aus Storygründen Charaktere verbiegen mussten, damit die Story eben wie vorausgeplant weitergeht. Im anderen Thread habe ich sogar ein Beispiel gebracht, wo ich so ein Verhalten vor ein paar Jahren selbst einmal erzwungen habe: der als umsichtig und vorsichtig konzipierte Schwertmeister wurde von mir als SL gezwungen, der Story wegen eine Liebesaffaire einzugehen.
Was heisst denn verbiegen? Dass die Charaktere auf Grund oder zu Gunsten der Story von den Spielern völlig konträr gespielt werden mussten? Ich habe es als SL eher erlebt, dass ich das Abenteuer(mehr als 1x) verbiegen musste, damit die Story auf Grund von Charakterspiel passend weitergeht. Habe ich mich als SL je darüber beschwert? Nein. Zudem: Wenn ich als SL das Abenteuer um 180° verbiegen muss, damit es stimmig weitergeht, könnte der Spieler ruhig beim nächsten Mal seinen Charakter um 90° anpassen, dann hätte ich nur noch halb so viel Arbeit. Es heisst doch immer, man solle Kompromisse eingehen...aber dazu gehören halt eben immer zwei, oder aber: geteiltes Leid ist halbes Leid. Ich denke du bist einfach bislang auf SLs getroffen, die nicht gut improvisieren können. Aber deshalb gleich den "Wutspieler" raushängen zu lassen finde ich dann doch etwas übertrieben.

Zitat
Heute abend gerade ist sowas ähnliches passiert: der gierige Dieb bricht unvorsichtigerweise einen Tresor auf, obwohl das für die "Story" eher hinderlich ist bzw. obwohl diese Handlung die "Story" völlig durcheinanderbringt. In meinen Augen vollkommen korrekt: der Charakter wird eben entlang seiner Wesenszüge gespielt, auch wenn die unerwartete Folgen haben. Dadurch schlägt der Abenteuerverlauf unvorhergesehene Volten (und ich muss als SL jetzt selbst mal nachdenken, wie die ausgeraubten NSCs vorgehen werden), aber das Spiel wird zumindest für mich interessanter. Das sind die Überraschungen, die ich am Rollenspiel liebe.
Ob du es glaubst oder nicht...aber so laufen die Abenteuer bei mir meistens ab. Meinen Grundsatz bzgl. Spielerfreiheit  habe ich von einem alten Englischlehrer übernommen, den er uns damals für Übersetzungen ans Herz legte: " So frei wie möglich, so eng wie nötig". Zumindest versuche ich das als SL zu berücksichtigen,bin bislang ganz gut damit gefahren(trotz teilweisen Gebrauchs von RR) und meine Spieler haben sich bislang nie darüber beklagt, dass sie klein gehalten würden.

Zitat
Und ganz ehrlich: wer das nicht abkann, sollte nicht leiten.
Nö. Derjenige hat dann eben eine Art zu Leiten, die dir nicht zusagt. Aber einem deswegen generell zu unterstellen, er sei unfähig für den SL-Posten halte ich doch für ziemlich vermessen.
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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #121 am: 23.07.2011 | 01:42 »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Offline sir_paul

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #122 am: 23.07.2011 | 07:54 »
ich schreibe jetzt mal nicht, was ich dazu meine, sondern hätte gerne von dir eine Antwort auf diese Fragen.

Meine Gedanken dazu hast du doch schon gelesen und dich herlich darüber lustig gemacht.  ::)

Um es dir also mal wieder in Erinnerung zu rufen: Keine!


Offline Oberkampf

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #123 am: 23.07.2011 | 09:17 »
Ich frage mich wirklich, woran du genau den Unterschied zwischen Story-und Charakterspiel(er) festmachst?

Storyspiel zielt auf eine Ordnung der Spielwelt ab. Wer auf Story spielt (und das können auch Spieler sein, eben solche mit Storyvorlieben), der versucht dem von Natur aus leicht chaotischen Verlauf des Abenteuers eine Struktur zu geben, die der Dramaturgie einer Geschichte ähnelt (also Spannungsbögen zu ziehen, an passenden Stellen Wendungen zu provozieren usw.) Das gelingt Spielleitern mit dem Blick für die Hintergründe traditionell besser, kann aber auch von Spielerseite aus kommen, besonders in Systemen/an Spieltischen mit viel PE. Meine Sundered Skies Truppe hat da ein paar Leute, die dem Spiel mit etwas mehr PE geniale Storyelemente eingefügt hätten.

Charakterspiel zielt darauf ab, den konsequent eigenen Charakter zu spielen, gleichgültig wie sich das auf die Spielwelt und die Story auswirkt. Deswegen ist es auch eine Variante des dramaturgischen Spiels, aber es steht nicht der Spannungsbogen der Story im Mittelpunkt, sondern die Konsistenz des Protagonisten. Das kann mit geplanten Storyverläufen konfligieren, insbesondere mit solchen, die eine andere Person (der Spielleiter) entworfen hat.

Einfaches Beispiel: eine dramaturgische SL-Story verlangt, dass die Charaktere eine halb- bis illegale Aktion tätigen, deren Folgen in der Geschichte sichtbar werden. Der konsequente Charakterspieler eines Paladins verweigert sich der illegalen Handlung...

...und überredet seine Gruppe, wodurch der ganze Rattenschwanz an vorbereiteten Konsequenzen flach fällt. Sieg des Charakterspiels über Storyspiel.

... beugt sich aber dem SL- und Gruppendruck. Sieg des Storyspiels über Charakterspiel.

Bzw. wo ziehst du die Grenze? Ab wann "verkommt"(das trifft es wohl bei dir) denn jemand vom Charakter zum Storyspieler oder umgekehrt? Und aufgrund dessen, weil man da keinen oder keinen so grossen Unterschied sieht,wo du einen siehst, abzuleiten, der SL würde sich anmassen, festzulegen oder gar zu wissen wie du deinen Charakter zu spielen hast finde ich ehrlich gesagt befremdlich. Dass der SL mir sowas vorschreiben würde, oder ich bei meinen Spielern je sowas getan hätte-kann ich mich nicht drann erinnern.

1. Im Gegensatz zu dir sehe ich einen großen Unterschied. Mir ist allerdings bewusst, dass der Unterschied gerade von Storytellerseite gerne klein geredet oder verleugnet wird, weil man sich meiner Meinung nach (bitte nicht als persönlichen Angriff verstehen) davor scheut, zuzugeben, dass es außer "Geschichten erzählen" und "Hack&Slay" noch andere Möglichkeiten im Rollenspiel gibt.

Die Grenze ist im Einzelfall zu ziehen, wird immer sichtbar, wenn eine Story von Charakteren verlangt, dass diese sich verbiegen müssen.

Die Frage ist natürlich, ob der SL merkt, wann er seinen Spielern, welche die "Hauptprotagonisten der Story" spielen sollen, sowas aufzwingt. Am deutlichsten kann man das wohl an Kaufabenteuern sehen, denn die selbstgeschriebenen Abenteuer sind ja oft auf die Charaktere zugeschnitten, mit denen man spielt, da tritt der Konflikt seltener auf.
Außerdem gibt es (gerade in D.) viele Storyspieler, die kein oder nur geringes Interesse am Charakterspiel haben, sondern lieber dem Storyverlauf folgen wollen - mit denen hat der Story-SL kein Problem.

Was heisst denn verbiegen? Dass die Charaktere auf Grund oder zu Gunsten der Story von den Spielern völlig konträr gespielt werden mussten? Ich habe es als SL eher erlebt, dass ich das Abenteuer(mehr als 1x) verbiegen musste, damit die Story auf Grund von Charakterspiel passend weitergeht. Habe ich mich als SL je darüber beschwert? Nein. Zudem: Wenn ich als SL das Abenteuer um 180° verbiegen muss, damit es stimmig weitergeht, könnte der Spieler ruhig beim nächsten Mal seinen Charakter um 90° anpassen, dann hätte ich nur noch halb so viel Arbeit. Es heisst doch immer, man solle Kompromisse eingehen...aber dazu gehören halt eben immer zwei, oder aber: geteiltes Leid ist halbes Leid. Ich denke du bist einfach bislang auf SLs getroffen, die nicht gut improvisieren können. Aber deshalb gleich den "Wutspieler" raushängen zu lassen finde ich dann doch etwas übertrieben.

Offensichtlich hast du diese Problematik schon öfter am eigegen Spieltisch erlebt. Wenn du deine Abenteuer um 180 Grad drehen musstest und die Spieler ihre Charaktere um 90 Grad, kann der Unterschied zwischen Story- und Charakterspiel doch nicht so gering sein, oder?

Als Spieler habe ich bisher nur einmal eine Gruppe wegen SL-Storytelling verlassen, so Wutspielermäßig bin ich gar nicht.

Derjenige hat dann eben eine Art zu Leiten, die dir nicht zusagt. Aber einem deswegen generell zu unterstellen, er sei unfähig für den SL-Posten halte ich doch für ziemlich vermessen.

Jeder hat halt andere Vorstellungen, was das ist, was Rollenspiel von anderen Gesellschaftsspielen und von Büchern/Filmen usw. unterscheidet. Für mich gehört die Möglichkeit des unterschiedlichen Abenteuerverlaufs (was nicht notwendigerweise der Szenenfolge heißt, wohl aber der unterschiedlichen Strategie der Szenen"bewältigung") eben zu den wichtigen, unterscheidenden Merkmalen, die Rollenspiel als solches gegenüber Büchern auszeichnet. Jemanden, der das anders sieht, halte ich für völlig ungeeignet für den SL-Job.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Entwertung von Spielleiterentscheidungen
« Antwort #124 am: 23.07.2011 | 10:09 »
Nee, Bad Horse, da glaube ich wirklich, so jemand sollte besser überhaupt nicht leiten, für niemanden. 
Warum ist dann das "dem-Pfad-Folgen" so weit verbreitet, wie es MMORPGs, Abenteuerspiele am PC und das "Abenteuerspiel" John Sinclair nahelegen? Es mag schwer sein, aber - andere Leute, andere Bedürfnisse. Und manchmal ist man, obwohl man sich's nicht vorstellen kann, in der Minderheit. Gerade dann allerdings kommt ein "Nenene, mein Weg ist der einzig mögliche, anders geht's ja gar nicht" äußerst seltsam...