Okay, ich glaube ja eher, dass ein Hobby wie Rollenspiel Subkulturgrenzen überwindet, als sie zu verfestigen oder bestimmte Subkulturen anzuziehen... naja, stimmt schon, es gibt bestimmte äußere Subkultur-Stile, die sich beobachten lassen, aber wenn ich meine Erfahrungen aus Cons heranziehe, dann muss ich ehrlich sagen, dass ich, zumindest in meinen Runden, jetzt kein Übermaß an langhaarigen Bombenlegern beobachten konnte. Und bis zu meinen ersten Erfahrungen mit Vampire habe ich Rollenspiel niemals mit Subkulturen in Verbindung gebracht und sträube mich irgendwie auch weiterhin dagegen - denn es gibt bei den drei Dingen, die eine Subkultur anscheinend ausmachen (Musik, Mode, Habitus) auch genug Leute (würde ich sagen, die Mehrzahl), die nur eines davon tatsächlich aufnehmen und die anderen nicht - grade im Mainstream sind die Gründe, sich mit einer bestimmten Subkultur zu identifizieren, sehr unterschiedlich. Und ich denke die Zahl derer, die aufhören, Rollenspiel zu spielen, weil sie aufhören sich der Metalszene zuzurechnen, doch eher niedrig sein dürfte - dazu bedient Rollenspiel einfach zu viele Geschmäcker. Ich hatte auf einem Con mal ein schwules Pärchen in meiner Runde, von der einer ganz offensichtlich HipHopper war... mehr das Klischee gebrochen geht schon gar nicht mehr.
Ich habe damals, als ich angefangen habe, Rollenspiel zu spielen, aber auch ein ähnliches Vorurteil gehabt: Alle Rollenspieler stehen auf Animes und Manga! Einfach, weil ich auf einem Anime-Con meine erste Rollenspielrunde hatte. Es gibt inzwischen derart viele Zugänge zur Fantasy, dass ich nicht mehr daran glaube, dass Rollenspiel das eine mehr als das andere anzieht. Vielmehr zieht Rollenspiel Fantasybegeisterte jeder Couleur an, ob die nun Subway to Sally, Pink Floyd, Eminem, Boppin' B, Lady Gaga oder Marius Müller-Westernhagen hören (Interpreten, die alle bei mir im CD-Schrank stehen).
Ich finde, was Jed macht, aber spannend... Affinität bestimmter Subkulturen zu bestimmten Spielstilen oder Systemen lässt sich für mich auch leichter feststellen, als Affinität von Rollenspiel zu bestimmten Subkulturen. Zumal man ja nicht vergessen darf, dass es auch im Rollenspielhobby einen Mainstream gibt. Nach meiner Beobachtung ist die Zahl an Goths in der RPG-Szene nach dem Tod der Storytellerspiele in Deutschland ziemlich zurückgegangen, während ich die Verbindung Metal-Rollenspiel jetzt erst bewusst wahrnehme.
Für mich war das Verbindende mit der Rollenspielszene also nie Mode, Musik oder Habitus, sondern ein, wie das bei Jed auch gewesen sein könnte, gemeinsames Interesse an narrativen Formaten - ich interessiere mich in meiner Freizeit für Anime, Comic, Videospiel, Film und TV-Serien und finde hier meine Verbindungen zum Rollenspiel, weil es mir ähnliche Angebote machen kann, wie diese Dinge.