Danke für den weiteren Input.
Nächster Themenkomplex: Wirtschaft und Produktion.
Im Wesentlichen sollte man wohl zwei Modelle betrachten: ein "imperialistisches", in dem es die Kolonialmacht darauf angelegt hat, die Kolonien in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu halten und auszubeuten -- und eines, nennen wir es "progressiv", in dem die Kolonie so schnell wie möglich selbständig werden soll.
Imperialistisch läuft darauf hinaus, dass die Kolonie zu einer Monokultur herangezüchtet wird, die nur eine einzige Ware produzieren soll. Je nach Techlevel können das z.B. wertvolle Metalle sein, Kernbrennstoffe oder sonstwas mit ausreichend hohem Marktwert, angesichts der vom Techlevel bedingten Transportkosten. Allerdings kann man diese gegen die Kosten der Versorgungsgüter aufrechnen, sodass sich am Ende unter Umständen sogar der Handel mit Grundnahrungsmitteln lohnen könnte, wenn man den Kolonisten nur einen ausreichend miesen Wechselkurs aufzwingt.
Beispiel: nehmen wir folgendes Kostenmodell (1credit ~1 Euro heutiger Kaufkraft)
Lift von der Oberfläche in den niedrigen Orbit: 10cr/kg [man beachte, wie spottbillig das im Vergleich zu heute ist]
Transport von Orbit zu Orbit: 10cr/kg
Landung: kostenlos (Aerobraking).
--> 1kg Nutzlast koste also 20cr/kg.
Da nun z.B. Mehl heutzutage unter 1€/kg kostet (z.T. nur 25 cent), wird das Betreiben einer Agrarkolonie erstmal unattraktiv, da die Transportkosten den intrinsischen Wert um das 20-100fache übersteigen.
Außer vielleicht, die Kolonisten brauchen einen Traktor, und den verkauft man ihnen so teuer, dass damit die Transportkosten wieder drin sind.
Hab mal eben recherchiert: ein neuer Traktor kostet heutzutage je nach Größe, Leistung und Ausstattung um die _200.000€_
und wiegt etwa 8 Tonnen. Das macht also einen Kilopreis von 25€/kg.
Übertragen wir das 1:1, müssten unsere imperialistischen Ausbeuter den Kolonisten für die selbe Fuhre Landmaschinen nicht 25, nicht 45, sondern 65cr/kg berechnen (also 520.000cr pro Trecker), um das zu normalen Marktpreisen verrechnete Getreide wirtschaftlich zur Erde verfrachten zu können.
Natürlich müssen die Kolonisten so nicht nur den Traktor, sondern auch alle anderen importierten Güter bezahlen; Computer, Werkzeuge, und so weiter -- entsprechend dürften sie sich einen recht spartanischen Lebensstil angewöhnen.
Daraus folgt noch ein weiteres Problem einer solchen Kolonie: die Gesamtbilanz von Import und Export muss sich decken. Wenn sie Getreide im Wert von 1 Mrd cr im Jahr exportiert, kann sie auch nur Güter für 1 Mrd cr (Wuchertarif) importieren. Wenn aber die typische Importware (Maschinen) aufs Kilo 100mal so teuer ist wie die Exportware, müssen die Frachter Hinweg zur Kolonie praktisch "leer" fahren. Also ein Schiff, dass 1000 Tonnen Getreide laden kann, kann nur etwa 10 Tonnen Fracht auf der Kolonie absetzen. Dazu noch ein paar neue Kolonisten, aber die 1000 Tonnen bekommt man auf dem Hinweg niemals annähernd voll.
[Streng genommen würde das den Frachtpreis für den Hinweg wiederum explodieren lassen, aber das ignorieren wir mal einen Augenblick.]
Wie gesagt: es ist sehr schwierig, eine Agrarkolonie plausibel in ein SF-Setting zu integrieren, in dem die Weltraumfracht teurer ist als die heutige Seefracht.
Plausibler wäre daher eher, man lässt jede Kolonie ihre eigene Nahrung herstellen, und dazu dann andere, kostbarere Exportgüter wie z.B. seltene Erden, Edelmetalle, Kernbrennstoff usw., während man sie weiterhin dazu zwingt, verarbeitete Produkte, Maschinen etc. zu Wucherpreisen zu importieren.
Jedenfalls ist das der Schluss, zu dem ich komme. Was meint ihr?
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Bei einer
progressiven Kolonialpolitik hingegen dürft es aufs Gegenteil hinauslaufen: man will sie möglichst schnell autark machen, also gibt man ihr nicht nur die Produktionskapazität für Rohstoffe, oder für Maschinen zur Rohstoffproduktion, sondern möglichst schnell Maschinen zur Herstellung von Maschinen.
Ich denke da in etwa an die weitere Entwicklung der 3D-Drucker. Man braucht quasi 3D-Drucker, mit denen sich die Bauteile für noch größere 3D-Drucker herstellen lassen, mit welchen man dann die ganzen Maschinen bauen kann, die letzten Endes zum Betrieb der Kolonie erforderlich sind.
Mit dem Handel sieht es dann freilich auch wieder schwierig aus: sobald eine Kolonie in der Lage ist, etwas selbst herzustellen, dürfte sie das billiger hinbekommen, als ansonsten der Import mit Transportkosten ausmachen dürfte.