Autor Thema: "Respekt" vor der Umwelt....Oder "moderne Einstellungen/Moralvorstellungen" in f  (Gelesen 14194 mal)

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Offline Morvar

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"Respekt" vor der Umwelt....Oder "moderne Einstellungen/Moralvorstellungen" in feudalen Fantasywelten

Ein ziemlich schwülstiger Titel für ein "Problem" das ich nur sehr schwer in Worte fassen kann.
Vielleicht geht es anhand eines Beispiels:

Umwelt: (Ziemlich langweilig)
Land: Vergleichbar mit dem mittelalterlich/legendären Englands (Merlin/Robin Hood usw), klassisch EDO
Regierungssystem: Feudal mit starker Kirche/aber auch Magiergilden
Bevölkerung: Die meisten Menschen/Zwerge/Halblinge haben gehörigen Respekt/Angst vor Magie, Respekt oder Angst vor Kirchenangehörigen , Die Menschen sind sich der Strukturen/Stände in ihrem Leben recht bewußt.
Was gibt es nicht: Diskriminierung von Geschlechtern, Sklaven

Szene: Ziemlich klassisch
Meine sehr mächtigen Spieler
(10 Jahre Realzeit/1200 CP schwer [fast jedem NSC an CP überlegen] und im Spiel innerhalb der Adelsstruktur mittlerweile auf mittlerer Stufe, bei den Magiern etwa 1/3 der Ränge erklommen, in der Kirche etwa die Hälfte der Ränge) begegnen innerhalb der recht logisch und plausibel reagierenden Spielwelt (also alle Untergeben und Gleichgestellten von mir gespielten NSC ) auf einen NSC der ihnen vom Rang überlegen ist, oder dessen Ausstrahlung sehr eindringlich ist (durch meine Beschreibungen) und sie zeigen leider kaum noch..."REspekt"...nein..."das ist falsch...eher für mich "beruhigendes" oder angemessenes Verhalten.

Nicht mal durch einen "inneren Monolog" wie: " Innerlich zucke ich bei dem Blick des Mannes zusammen..aber äußerlich sieht man es mir kaum an...."

Viele Situationen bei denen ich das Gefühl habe die Spielcharaktere müssten anhand ihrer REalität in der sie sich befinden anders reagieren, werden anhand der Vorstellungen des Spielers aus dem Jahre 2011 Wohnort Deutschland Demokratie entschieden.

Ziemlich wirr oder?

Ich ...mich ...stört das irgendwie...obwohl das Spiel allen sehr viel Spaß macht, alle sehr zufrieden sind. Aber diese eine Sache stört mich immer mehr. Die Chance eine sehr willenstarke Frau (70 Jahre alt, Hebamme und eine Willenskraft wie ein Stein) darstellen zu können und die Spieler darauf angemessen reagieren zu sehen ist nicht da. Vorgesetzte in Ordenstrukturen werden grundsätzlich immer in Frage gestellt und das teilweise öffentlich vor anderen NSC.
Ich habe einfach keine Lust mehr, jedesmal die "Umweltkeule" rauszuholen und den SC durch die NSC Standpaukendarüber halten zu lassen welchen Rang sie im Leben bekleiden.

Damit meine ich ausdrücklich nicht, dass Helden sich gegen Ungerechtigtigkeit stellen usw.
Nur..sie sollten sich der Realität der Spielwelt noch bewußter sein.

Wie würdet ihr da regeln?
Kennt ihr sowas?
Bin ich völlig durch?

Morvar

Taschenschieber

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Im Wesentlichen gibt es zwei Interpretationen:

a) Dass Spieler immer ein Stück weit ihre eigene Weltsicht in einen Charakter legen, ist klar. Wer von uns _weiß_, wie es im Mittelalter wirklich war, und kann das 100% korrekt darstellen? Und gerade, wenn man einen Charakter eher intuitiv als rational spielt, fließt natürlich die echte Welt mit ein.

b) Deine Spieler haben keinen Bock darauf, vor dem Rest der Welt schwanzzuwedeln. Spielt was, wo das nicht so sehr nötig ist.

Gruß,
Stephan

Offline Ghostrider

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Hab ich das richtig verstanden, dass du als SL deinen Spielern bzw. ihren SCs einen inneren Monolog aufs Auge drückst, oder wie meintest du das genau?


Und was meintest du mit dem "Respekt"-Thema?


Anders ausgedrückt: Was ist deine explizite Frage?

Ich habe Probleme damit, zu tun, was du eigentlich wirklich fragen möchtest, oder eher, worauf du hinaus willst.

Offline Morvar

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Nein ich drücke niemandem etwas auf...Die Spieler haben ihren Char und ich bin die Umwelt. Dies ist bei uns eine strikte Trennung.

Genau das Thema richtig zu finden ist schwer.

Also: Meine NSC reagieren auf den Stand/Macht/Eindruck/Charisma meiner Spieler. Die Spieler geniessen das. Es fühlt sich auch (in Bezug auf meine geschaffene Welt richtig an).
Sobald jedoch in irgendeiner Form der Fokus verschoben wird und die SC plötzlich jemanden über sich haben, fehlt mir dieses GEfühl "das es richtig" ist wie sie spielen. Da ich sie in keinster Weise bevormunden will. Und das auch nicht tue, spüre ich eine Unzufriedenheit in mir aufsteigen dasErfahrende NSC/Hauptmänner der Garde/Magister mit Einfluss ersteinmal....ja..."gedutzt" werden ;-).

Und das obwohl von den Spielern gespiegelt wird, das sie die Machtfülle des Chars durch meine Darstellung sehr gut erfassen können.

Klar? ich weiß ja selber nicht.
Mir fällt nichts ein um das darstellerisch ingame zu ändern.

Taschenschieber

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Stellst du die Reaktion deiner NSCs auf die Impertinenz der SCs angemessen dar? Oder ignorierst du einfach, dass die Spieler gegen die Etikette verstoßen?

Offline Morvar

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Oho...ich stelle sie sogar sehr da. Aber alleine das ich dies machen muss, geht mir schon gegen den Strich. Verstehst? Mein Charakter den ich mal ab und zu spielen darf in anderen Runden, zeigt sehr deutlich den am Tisch sitzenden wann er sich aus nachvollziehbaren Gründen gg. Vorgesetzte durchsetzt, wann es ihn Überwindung kostet, wie schwer das für ihn ist, wann er Angst hat usw....

Meine Spieler forden wirklich fast jeden NSC erstmal soweit heraus das er explodieren muss und dann kann ich noch nichtmal richtig auf den Tisch hauen, weil meine Welt sehr stimmig ist. Will heißen: ein Hauptmann der königlichen Garde in einer kleinen Garnison mit 10 Soldaten kann 6 Spielerhelden nichts an Macht entgegensetzen., Nur seinen Rang und seine "grauen Schläfen" und die Spieler ignorieren das häufig.

Wenn ich an die ganzen Szenen denke ich denen SC in Städten/Tempeln aufgrund geltenden Rechts ihre Waffen ablegen sollten..oh...mann.....

Die Spieler hinter den SC mögen das einfach nicht...aber es ist nunmal Teil der Spielweltrealität. Und ich behaupte das der SC in der Welt weiß, dass er Gesetzte befolgen sollte...

Taschenschieber

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Dann gilt erneut mein erster Post. Entweder die Spieler sind unfähig, das darzustellen (was recht natürlich ist), oder es geht ihnen gegen den Strich (was recht natürlich ist).

Offline Auribiel

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Falls noch nicht erfolgt:

Sprich die Problematik offen bei deinen Spielern an, erklär ihnen, dass du Wert auf die innere Glaubwürdigkeit der Welt legst und hier auch auf mittelalterlich angelehnte Macht- und Gesellschaftsstrukturen, führe auf, dass du die NSCs auch glaubwürdig auf die Stellung der SCs reagieren lässt und dass es dich ärgert, wenn sie dies im Gegensatz nicht tun. Und frag sie, wieso sie dies nicht tun:

- ist ihnen das Problem ev. gar nicht bewusst?
- sind sie schlicht unfähig, ein entsprechendes Gesellschaftssystem spielerisch umzusetzen?
- wollen sie nicht katzbuckeln? (Dafür sich aber immer wieder lobhuddeln lassen, bisschen unausgewogen, falls es nur das ist...)
- liegt ein anderes Problem vor?

Ich würde versuchen im Gespräch mit den Spielern das Problem anzugehen und eine Lösung zu finden. Wenn das nicht klappt, kann man sich immer noch über Alternativen Gedanken machen.


Im übrigen verstehe ich deine Einstellung, würde mir genauso gehen. Dann brauch ich auch nicht in einem ans reale Mittelalter angelehnte Setting zu spielen, sondern greif mir D&D (böses Vorurteil... ähem) oder spiel was in der Gegenwart, wenn die Spieler nicht mit der Darstellung eines solchen Hintergrundes zurechtkommen.
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Offline Tudor the Traveller

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Will heißen: ein Hauptmann der königlichen Garde in einer kleinen Garnison mit 10 Soldaten kann 6 Spielerhelden nichts an Macht entgegensetzen., Nur seinen Rang und seine "grauen Schläfen" und die Spieler ignorieren das häufig.

Tja. Die Spieler wollen sich nicht einfach vor einem Rang o.ä. unterordnen oder beeindrucken lassen. Warum auch? Man kann ihnen ja anscheinend nichts... vermutlich sollten die NSC froh sein, dass sie überhaupt Beachtung finden.

Da gibt es imo nur zwei Wege: stattgeben und die SC in der Hierarchie angemessen platzieren, d.h. tatsächlich entsprechend ihrer Fähigkeiten. Oder mit Verachtung strafen. "Ah, ihr seid doch die, die keinen Respekt vor den Leuten kennen..."
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Offline aminte

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Meine sehr mächtigen Spieler
(10 Jahre Realzeit/1200 CP schwer [fast jedem NSC an CP überlegen] und im Spiel innerhalb der Adelsstruktur mittlerweile auf mittlerer Stufe, bei den Magiern etwa 1/3 der Ränge erklommen, in der Kirche etwa die Hälfte der Ränge) begegnen innerhalb der recht logisch und plausibel reagierenden Spielwelt (also alle Untergeben und Gleichgestellten von mir gespielten NSC ) auf einen NSC der ihnen vom Rang überlegen ist, oder dessen Ausstrahlung sehr eindringlich ist (durch meine Beschreibungen) und sie zeigen leider kaum noch..."REspekt"...nein..."das ist falsch...eher für mich "beruhigendes" oder angemessenes Verhalten.
Also ich sehe hier zwei Möglichkeiten. Zum einen könntest du deinen Spielern ein ingame-Feedback geben, welches nicht auf den Rängen basiert, oder von ethischen Erwägungen geprägt ist. So könnte sich ihr "schlechtes" Benehmen rumsprechen, und die Leute fangen an, sie zu meiden. Sie müssen höhere Preise beim Einkaufen/in der Taverne bezahlen, kommen nicht mehr an wichtige Informationen heran, werden bei Beförderungen in den verschiedenen Organisationen häufiger "vergessen" und wenn sie einen Raum betreten, verstummt jedes Gespräch. Vielleicht taucht ja auch mal einen andere Heldengruppe auf, die vielleicht nicht ganz so mächtig ist, aber dafür beliebter. Die mit Aufträgen bedacht werden, kurzum protegiert werden, und die natürlich respektvoll mit allen umgehen.
Die andere Möglichkeit wäre, die SC in die Positionen zu bringen, die ihrer eigentlichen Macht entsprechen. Da wird zufällig ein Platz im Magierplenum/Kirchensynode/whatever frei, den sie mit ein bißchen Geschick besetzen können. Dann müssen sie zum einen kooperieren, wennsie überhaupt berücksichtigt werden wollen, und ihr Status korrespondiert vernünftig mit ihrer persönlichen Macht.

Offline Stahlfaust

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1200CP Charaktere sind ja praktisch schon Halbgötter. Ich habe ein bischen den Eindruck, dass du die SC mittels sozialem Druck kontrollieren möchtest, weil sie dir eigentlich zu stark sind. Ich finde es relativ plausibel, dass solch mächtige Charaktere weniger Respekt vor Autoritäten haben. Im Gegenteil würde imho ein Herrscher solchen Charakteren Honig ums Maul schmieren, um sich ihre Loyalität zu sichern. Ein Beispiel aus der Filmwelt wäre Troja, wo Achilles dem König auch keinen Respekt zeigt, aber so mächtig ist, dass dieser ihn braucht.

Mein Ratschlag: Bringt die Kampagne zu einem würdigen Ende und fangt wieder mit neuen Charakteren an. Oder falls es allen Spaß macht (wie du sagst), lasst alles wie es ist.
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Offline 1of3

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Ich denke auch, das könnte ein Faktor sein. Die meisten Rollenspiele sind gleichsam meritokratisch: Die Charaktere werden besser und irgendwann kann ihnen niemand mehr etwas, der nicht auch auf ihrem Level ist. Dass sich das mit einer ernstgemeinten Feudalgesellschaft beißt, kann ich mir vorstellen.

Offline Tudor the Traveller

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Dass sich das mit einer ernstgemeinten Feudalgesellschaft beißt, kann ich mir vorstellen.

Eigentlich nicht. In einer typischen Feudalgesellschaft mit Erbtiteln hängt der gesellschaftliche Status ja gerade NICHT von den Fähigkeiten ab. Die Frage ist: wie weit wollen die SC aufsteigen und was wollen sie dafür in Kauf nehmen? Sie könnten sich ja z.B. auch mit Gewalt einen Flecken Land nehmen und anschließend ihre Anerkennung als Herrscher einfordern. Wenn sie wirklich so mächtig sind, hat das durchaus Aussicht auf Erfolg. Sie wären sicherlich nicht die ersten Usurpatoren, die mit Erfolg ein neues Reich gründen.
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Offline korknadel

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In einer feudalen Gesellschaft ging es durchaus um Fähigkeiten, aber auch um Form, Zeremoniell. Solange der Bankier, dem der Fürstenhof im Grunde gehörte, nach außen hin vor dem Fürsten gekatzbuckelt hat, war alles okay. Gewiss wussten alle Bescheid, wie die Abhängigkeiten tatsächlich waren, aber man hätte an der gottgegebenen Ordnung nciht gerüttelt und wäre unverschämt oder gar herrisch aufgetreten.

Von daher fände ich es eigentlich sogar eher reizvoll, einen inzwischen aufgrund seiner Fähigkeiten mächtigen und wichtigen SC zu spielen, der seine Wünsche aber nicht durchsetzt, indem er den Fürsten oder den Wachhauptmann duzt und ihm modern die Leviten liest. Sondern indem man sich ans Protokoll hält und seine Ziele durch geschickte Winkelzüge durchsetzt.
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Offline Tudor the Traveller

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Ich habe nichts anderes geschrieben. Ich sprach ja vom gesellschaftlichen Status. Und der ist, wie du ja auch schreibst, oft "gottgegeben".
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Offline 1of3

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Eigentlich nicht. In einer typischen Feudalgesellschaft mit Erbtiteln hängt der gesellschaftliche Status ja gerade NICHT von den Fähigkeiten ab. Die Frage ist: wie weit wollen die SC aufsteigen und was wollen sie dafür in Kauf nehmen? Sie könnten sich ja z.B. auch mit Gewalt einen Flecken Land nehmen und anschließend ihre Anerkennung als Herrscher einfordern. Wenn sie wirklich so mächtig sind, hat das durchaus Aussicht auf Erfolg. Sie wären sicherlich nicht die ersten Usurpatoren, die mit Erfolg ein neues Reich gründen.

Genau das meine ich. Sie könnten das jederzeit tun. Wenn die Charaktere also schon darauf verzichten, können sie wenigstens erwarten, dass man sich entsprechend verhält.

Das kann auch, wie korknadel meint, durch die Blume passieren, aber hier scheint eben das Problem zu liegen. Der grauhaarige Typ versucht Autorität auszuüben. Die hat er nicht. Er sollte die Charaktere höflich begrüßen und ihnen jeden Wunsch von Augen ablesen. Er sollte zu seinem eigenen Interesse es gar nicht zu einer Situation kommen lassen, wo die Gäste impertinent werden müssten. Denn dann verliert er.

Ich nehme an, hier wird Gurps gespielt. Da hat ein Start-Held 100 CP, ein typischer Bürger vielleicht 40 und die besagten Charaktere 1200! Die können effektiv eigentlich keine mittleren Ränge in irgendwelchen Organisationen haben. Die müssten bei jeder Organisation den Ehrenvorsitz, die goldenen Schlüssel zur Stadt und Beraterposten bei Hofe bekommen.

Humpty Dumpty

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Also ich sehe da vornehmlich drei plausible Erklärungen:

Die wahrscheinlichste: wurde bereits von 1of3 genannt. Die Spieler fühlen sich und die Charaktere implizit unzureichend durch den SL/die Spielwelt gewertschätzt und äußern das durch Rebellion gegen die Spielwelt.

Die wahrscheinliche: für mich klingt das zusätzlich nach einem relativ typischen Clash von Spielvorlieben. Die Spieler haben keinen oder wenig Bock auf Charakterspiel (warum auch immer), der Spielleiter hingegen schon. Für mich klingen die Spieler jedenfalls wie die typischen Butt-Kicker, denen es unter den Nägeln brennt. Vielleicht solltest Du ab und zu ein paar Kämpfchen mehr einbauen, das hilft vielleicht bei der Reduktion des Testosteronspiegels. Sonst wird der Widerspruch schwer aufzulösen sein.

Die unwahrscheinliche: eine Nebenrolle könnte natürlich auch eine gewisse Müdigkeit der Welt, dem System und/oder dem SL gegenüber spielen. Wenn die Runde tatsächlich seit solchen Ewigkeiten besteht, dann mag sich das Charakterspiel auf allen Seiten durchaus mal abschleifen und uninteressant(er) werden. Halte ich nicht für unplausibel und kenne das auch von eigenen Runden. Da könnte entweder ein SL-Wechsel helfen (entweder mit der gleichen Runde weitermachen oder eine neue starten) oder Du könntest eine neue Runde beginnen. Letzteres wurde ja weiter oben schon mal empfohlen und ich schließe mich dem an.

Schließlich und letztendlich, aber nun gehen wir vollends in die Spekulation, haben viele Spieler nun mal wenig Spaß am Katzbuckeln. Das ist oft, aber keineswegs immer eine Frage der spielerischen Reife und sollte nicht unterschätzt werden. Da diese grundlegende Ablehnung katzbucklerischer Elemente aber nach meinem Eindruck sehr häufig mit Butt-Kicking und Verachtung von Erzählspielelementen zusammenfällt und mir das als Erklärungsmuster für die Problematik Eurer Spielrunde bereits ins Auge viel (s.o.), erwähne ich das hier zusätzlich. Wenn man nämlich, um mal auf GNS abzuheben, enorm gamistisch gepolt ist, dann fühlt sich katzbuckeln nun mal wie eine Niederlage an und ist entsprechend aggressiv zu vermeiden. Die Lust am schauspielerischen Element und das Bestreben der Bewahrung einer kohärenten Spielwelt tritt dagegen schon mal in den Hintergrund.
« Letzte Änderung: 1.09.2011 | 09:12 von TAFKAKB »

Offline Tudor the Traveller

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@1of3: Hm. Sie mögen es erwarten. Ob sie die Anerkennung bekommen, hängt von ihrem Gegenüber ab. Ich fand das Beispiel mit Achilles da sehr treffend. Der leistet sich das halt, weil er weiß, dass ihm keiner was kann (dafür halten ihn dann einige für einen ziemlichen Arsch). Gleichzeitig hat er aber auch keinen Bock auf Politik, also nimmt er sich weniger, als er könnte. Die Gegenseiten können darauf sehr verschieden reagieren. Ein paar versuchen sich einzuschleimen, andere ignorieren das, wieder andere rufen zur Ordnung und schließlich gibt's noch die, die einen Emporkömmling vor sich wähnen, der einfach nur unverschämtes Glück hatte und vergessen hat, wo er hingehört.

Das alles ist rollenspielerisch durchaus interessant, aber vielleicht auch anstrengend.

Und zuletzt: wer soll denn bitteschön noch von einer 70 jährigen Hebamme (!) mit strengem Blick beeindruckt sein, wenn er gerade erst Drache auf Toast genossen hat?

Ansonsten würde ich TAFKAKBs Analyse noch zustimmen.
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Offline Morvar

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@1of3

1200 CP bei Gurps sind nicht so einfach einzuschätzen.
Meine Spielwelt ist sehr klassisch EDO, denoch sind die Charaktere eher breit gefächert als überladen mit Superheldenvorteilen.

Bsp: Der Zwerg ist Kämpfer /Schmied und mittlerweile auch Geweihter seines Schmiedegottes, er hat Verbündete/Ressourcen/Kontakte. Natürlich ist er einer der besten Axtkämpfer (FW 26) aber auch ein Kunstkenner für Bidlhauerei und ein hervorragender Architekt. Und diese FW werden im Spiel auch durchaus abgerufen.

DIe meisten anderen sind ähnlich angelegt. Selbst der Magier ist nicht gottgleich. Außerdem ist Gurps so tödlich, dass auch ein Armbrustbolzen zum sofortigen Knock-out führen kann.

Habe die Spieler natürlich bereits bezg. dieser Situation befragt.

1. Nein sie fühlen sich nicht zu wenig von der Spielwelrt in ihrer Rolle bestätigt. Ganz im Gegenteil. Daran kann es also nicht liegen
2. Es gibt eine ausgewogene Mischung an Kampf und dem Rest :-)
3. CP sind bei mir in meiner Welt KEIN ausschließliches Anzeichen für gesellschaftlichen Rang oder Stand. Ich finde es mehr als lächerlich, wenn jeder Königssohn 1500 CP haben muss damit die Spieler das Gefühl haben sich mal unterordnen zu müssen bzw. einfach mal höflich zu sein. Menschen in einer Feudalgesellschaft sind oft genug nur Opfer ihres Standes. Sie profitieren davon. Oder eben nicht. Und egal wie gut D'artagnan mit seinem Degen umgehen kann, er beugt sein Knie vor seinem König.

Versetht mich nicht falsch. Die Spieler sind bei mir im Fokus, aber die Welt dreht sich nicht nur um sie. Sie entwickelt sich ohne sie weiter und ihre Taten beeinflußen die Welt. Aer wenn ich wirklich mal 100% ohne Gutmütigkeit handeln würde...dann wären einige SC bereits exkommuniziert und aus ihren Orden ausgeschlossen, oder vor den Rat der Magier berufen oder oder oder....

Was das Beispiel Achilles angeht. Ich empfinde den aus dem Film als nicht wirklich "tief". Aus den Sagen wird deutlich, dass er der Sohn eines göttlichen Wesens ist, meine Spieler sind sterblich. ER hat eine extreme Arroganz und wird dafür mehr als nur bestraft.

Viel interresanter ist doch zum Beispiel ein Kardinal Richelieu. ER hält sich an Rangordnungen, setzt seine Macht aber ein um seine Ziele durchzusetzen.

Was die Hebamme angeht. Das meine ich mit Bodenhaftung und REspekt. Mein Magiercharakter ist mittlerweile deutlich mächtiger als so ziemlich alles andere auf der Spielwelt. Er ist jetzt NSC . Aber wenn eine solche Frau auf mich zuschreitet und so erfrischend ist meine Titel und Ämter meine Aura zu ignorieren und ihre Lebenserfahrung/Willen mit gegenüber einsetzt. Sich nicht beugt, dann spiele ich das. Und das heißt  nicht das ich Kratzbuckel. Nur erkenne ich an wer sie ist, was sie getan hat und welche Willenskraft sie besitzt. Doofes Beispiel?

Humpty Dumpty

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Aer wenn ich wirklich mal 100% ohne Gutmütigkeit handeln würde...dann wären einige SC bereits exkommuniziert und aus ihren Orden ausgeschlossen, oder vor den Rat der Magier berufen oder oder oder....
Das könnte der Knackpunkt sein. Mach das doch einfach mal. Simulier die Spielwelt so, wie sie sein müsste. Eine Exkommunikation ist doch ein tolles Konfliktpotential innerhalb des Spiels. Daraus kann man dann je nach Vorliebe höfische Intrigen oder eine kampflastige Queste machen! Wie siehts mit den Geweihtenkräften aus? Bleiben die bei Euch in so einem Fall ne Weile weg? Dann zieh das mal durch. Die Charaktere sollten halt die negativen Konsequenzen ihres Handelns vollumfänglich zu spüren bekommen.

Aber Vorsicht: ich würde diese "simulativere" Herangehensweise den Spielern vorher ankündigen und fragen, ob das in Ordnung ist. Sonst kann sowas schnell mal persönlich werden.

Offline Yehodan ben Dracon

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Aber Vorsicht: ich würde diese "simulativere" Herangehensweise den Spielern vorher ankündigen und fragen, ob das in Ordnung ist. Sonst kann sowas schnell mal persönlich werden.

Yehodan likes this (and the rest)  ;)
Mein Hellfrost Diary

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ErikErikson

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Hatte dasselbe Problem. Die Spieler hatten vor nix Respekt, solange sie damit durchkamen war alles prima. Das Spiel hat Spaß gemacht. Dann hab ich das geändert(und vorher lang und breit angekündigt), die Spieler haben aber weiter null Respekt von nix gehabt. Das ging ne Weile gut, irgendwann kamen wir dann zu dem Punkt, wo sie sich bei allem was sich bewegt so unbeliebt gemacht haben, das sie eigentlich tot gewesen wären. Da hab ich dann wieder zurückgefahren. Also mein Ratschlag ist, wenn die Spieler schon so drauf sind, dann helfen mittelschwere, langsam ansteigende Konsequenzen nichts. War zumindest bei mir so. Was man noch machen könnte, wär ne Schocktherapie, also gleich drastische Konsequenzen. Damit reduzierst du zwar die Spielergröße, aber was übrigbleibt, das spielt dann eher so,wie dus dir vostellst. 

LöwenHerz

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Kennt ihr sowas?

Ich erlaube mir mal, Deine Fragen in etwas abgewandelter Reihenfolge zu beantworten ;)

JA ! Verdammt, ich kenne das verdammt gut sogar. nicht bei GURPS, sondern bei Stufe 5 D&D (PF) Helden, die merken, dass sie richtig was los haben.
Ich merke es bei erfahrenen Hârnmaster Charakteren und selbst in weitestgehend regellosen Systemen hatten wir immer solche Spieler dabei.

Das Problem liegt gar nicht so sehr in der Macht der Charaktere begründet.
Vielmehr ist es die Selbstwahrnehmung der Spieler. Wie fassen sie ihre ingame Umwelt und ihren Charakter auf... Wie ernst nehmen sie Dich als SL-Autorität? Wie sehr lassen sie sich auf die Welt ein?
Und da ist der Knackpunkt.
Deine Kommunikation kommt nicht dort bei den Spielern an, wo sie sollte. Die Spieler wiederum haben eine andere Selbstwahrnehmung ihrer Charaktere, als Du sie hast.


Zitat
Wie würdet ihr da regeln?

Ich kann Dir lediglich Tipps geben, wie ich das tun würde und auch (erfolgreich) getan habe:

Du als SL kannst nur an ersterem Punkt ansetzen. Deutlich formulieren. Härter leiten. Konsequenzen aufzeigen. Ab und an outgame gewisse Dinge ansprechen und die Spieler auf eventuelles "Fehl"verhalten hinweisen.

Deine Spieler wiederum können sich nur darauf einlassen, wenn Du deutlich genug warst. In jeder Hinsicht deutlich genug warst.


Noch eine kurze Analyse der Situation: ich vermute, dass Deine Spieler jeden NSC als potentiellen Wettbewerber wahr nehmen. Die Kräuterhexe/Hebamme mit unglaublicher Willensstärke? Der Magier der Gruppe muss zeigen, dass seine Willensstärke aber besser ist.
Sollte das grob umrissen der Fall sein, folgender Tipp:

Lass ihnen ihre Erfolgserlebnisse! Lass sie besser sein. Gib ihnen Raum für Macht, Erfolg und Alleinstellungsmerkmale. Schränke es ein, aber gib ihnen, wonach es sie dürstet.
Seitdem wir Pathfinder spielen und ich meinen Stil bewusst angepasst habe, merke ich, dass das Spiel deutlich an Qualität gewonnen hat. Probleme haben wir immer noch. Aber Deine geschilderten Sachen haben sich merklich reduziert.

Zitat
Bin ich völlig durch?
Morvar

Jupp. Entschuldige bitte ;)
Völlig verzweifelt und dem SL-Burnout nahe... (klingst Du zumindest)

Nimm Dir 'n bisschen Zeit, überlege und überdenke Deine Kampagnenplanung. Frage hier viele Sachem im :T: an und lasse Dich inspirieren. Starte einen Thread, was mich Charakteren in Situation oder Szene XYZ zu tun ist.
Mir hat das auf einem anderen Board damals sehr geholfen.

Offline MadMaex

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Aer wenn ich wirklich mal 100% ohne Gutmütigkeit handeln würde...dann wären einige SC bereits exkommuniziert und aus ihren Orden ausgeschlossen, oder vor den Rat der Magier berufen oder oder oder....
Zustimmung zu TAFKAKB:
Super, mach das doch!
Was heißt denn Exkommunikation? Das heißt doch nicht auf immer und ewig: "Du kommst hier nicht rein".
Vielmehr heißt das: Du kommst natürlich wieder rein, aber bitte schön nur im Büßergewand vor mir auf den Knieen.
Genau darin besteht ja auch die Macht der Kirchen- und Staatsoberen, auch wenn sie keine 1000 CP haben.

Solche Machtdemonstrationen müssen ja nicht gleich an den SCs erprobt werden (mit denen natürlich nur nach Absprache, denn das sind die ja nun nicht gewohnt), aber es kann ja schonmal über NSC (die bspw. wegen Fehlverhalten exkommuniziert wurden) angedeutet werden.
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Offline korknadel

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Ich habe nichts anderes geschrieben. Ich sprach ja vom gesellschaftlichen Status. Und der ist, wie du ja auch schreibst, oft "gottgegeben".

Das sollte auch kein Widerspruch sein. Habe einfach nur meinen Senf dazu gepostet.

Ich glaube, dass viele Spieler sich einfach nicht in eine andere als die von unseren modernen Vorstellungen geprägte Weltordnung fügen wollen. In meiner alten Stammrunde ging sowas auch gar nicht, selbst solange die Chars noch unerfahren waren, durfte man ihnen als NSC nicht "dumm kommen". In der Ars Magica-Runde, in der ich gerade mit anderen Leuten spiele, haben alle einen Mordsspaß dabei, sich in schicksalergebene Grogs hineinzuversetzen, die den meisten NSCs nicht "dumm kommen" dürfen, wenn sie nicht eins aufs Dach kriegen wollen.  
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