Für mich ist das ein bißchen ein Henne-Ei-Problem: Die Religionen und Weltanschauungen könnten maßgeblich dazu beitragen, Automatisierung [in bestimmten Bereichen] einzuschränken. Bislang fällt es mir aber schwer, mich in Religionen und Weltanschauungen hineinzudenken, die in einer Zeit "übermäßiger Automatisierung" entstanden sind, also quasi als Reaktion auf das "Überflüssigkeitsgefühl", das sich in der Bevölkerung breitmachte.
Vielleicht sollte ich mir hier mal zur Inspiration Rom während des Kaiserreiches ansehen. Da ließ sich ja im wesentlichen ein Großteil der Bevölkerung mit "panem et circenses" berieseln, aber Kulte als Zeitvertreib waren, wenn ich mich recht erinnere, ebenfalls sehr beliebt.
Gut, dann kann man ja auf Automatisierung mit der Vergöttlichung der Maschine reagieren - wir verstehen die Technologie sowieso nicht, also beten wir sie an, da alles gute aus der Robofabrik kommt. - Oder verteufeln: Die Auserwählten stellen sich dem Leben in den Kolonien, wo noch keine Infrastruktur für die Automatisierung existiert, und lehnen außerdem auch schon Hilfssysteme ab. Andere Möglichkeiten wäre die Hinnahme der Situation, und die Konzentration auf was anderes - Meditation, Erfahrungskulte für Humanismus/Transhumanismus (Schmerz, Vercyberung, Drogen, Sport, Sex etc.) - Oder Religionsmischmasch wie bei Herbert, Zen-Sufis, Judeo-Buddhisten, mit einer Heilserwartung (Erreichen der nächsten Evolutionsstufe - Psionische Fähigkeiten, Transdimensionalität, Verschmelzung mit KI, Unsterblichkeit). Oder, analog zum ausgehenden Rom, eine transzendentale Religion, die sich vom physischen Leben abwendet und Hinwendung zum Nebenmann predigt, als Reaktion auf die Automatisierung auch den Wert von Arbeit hervorhebt. Also sowas wie Katharer-Calvinisten...
Um das zu erleben, brauchen wir eigentlich nicht erst in die SF zu gehen. Man bekommt es doch im Arbeitsalltag oft genug mit, wie Unternehmensberater mal eben eine ganze Abteilung wegrationalisieren. Und als Softwareentwickler hatte ich durchaus meine Momente, wo der Auftraggeber begeistert jauchzte: "Mit diesem Programm kann ich 20 Leute einsparen!" ... und ich in diesem Moment am liebsten den Kram hingeschmissen hätte, weil ich dafür nicht verantwortlich sein wollte.
Mit "wegrationalisieren" meinte ich nicht bloß die Entfernung aus dem Produktionsprozeß. Menschen verbrauchen Ressourcen, die eine KI zweckmäßiger nutzen könnte...Und nachdem die Maschinennazis die Menschheit fast ausgerottet haben, hat man da Regulierungen beschlossen, ohne auf die Grundlagen für diese Enmtwicklung komplett zu verzichten. Analog zur Entnazifizierung, die ja auch weniger die systemischen Grundlagen des Erfolgs der NS-Diktatur beseitigt hat, als vielmehr andere Lösungen angeboten hat.
"Flatrate-Saufen im Weltraum - Das ultimative SF-Rollenspiel".
OK, aber du hast schon recht: daß Kneipen und Drogenhöhlen in einer Zeit mit über 75% Arbeitslosigkeit Hochkonjunktur haben, kann ich mir durchaus vorstellen. Ist ja auch im Cyberpunk ziemlich gang und gäbe, aber irgendwie hatte ich das bislang vollkommen ausgeblendet. Danke.
Keine Ursache
Was ansonsten den Einwurf: "Automatisierung ist sehr aufwendig und erfordert eine komplexe Infrastruktur" angeht, ja, das würde ich so unterschreiben. Die meisten Gesellschaften haben technisch das Zeug zur Automatisierung, aber angesichts nicht unendlicher Ressourcen und eines begrenzten Marktes (wer soll den Kram denn hinterher kaufen, wenn alles im Überfluß da ist?) wird dann eben priorisiert, von der aufgeklärten Demokratie, die automatisiert Kriegt führt, weil die Wähler lieber arbeiten gehen, bis hin zu "Spartanerfraktion", die die Wirtschaft automatisieren, aber lieber Krieg führen, weil man ohne Dienstzeit bei Flotte/Armee keine Familie gründen darf...