Schach passt da schlecht hinein. Es ist zwar auch eine spielerische Tätigkeit insofern, als es aus einer Eigenmotivation der Teilnehmer betrieben wird, und hat vieles mit dem Brettspiel gemeinsam, bei Schach fehlt aber der Zufall (Glück, Fortune) fast komplett (bzw. beschränkt sich auf außerspielerische Faktoren, wie Kofweh des Gegners). Darum sagen ja einige Leute, es sei eher ein "Denksport".
1) Auch Denksport kann ein Spiel sein. (z.B. Schach, Go, Mühle etc.)
2) Ja, bei Schach fehlt die Zufallskomponente komplett. Deshalb habe ich ja das Beispiel gewählt. Um aufzuzeigen, dass eine Zufallskomponente für ein Spiel nicht erforderlich ist.
Deshalb ist auch bei einem RPG keine Zufallskomponente erforderlich, um es als Spiel aufzuzeigen.
Disclaimer: Selbstverständlich
kann RPG eine Zufallskomponente enthalten. Aber es
muss nicht.
Moment, hast du nicht gerade den Herausforderungsaspekt von "Mensch ärger dich nicht" als gering erachtet? Bei so Sachen wie "Spiel des Lebens" ist er - nach deinem Verständnis davon, soweit ich das verstanden habe - noch geringer (man hat nur eine Figur zu ziehen, trifft keine Entscheidungen), es ist aber trotzdem ein Spiel.
Ja, Mensch-ärgere-dich-nicht hat in meinen Augen auch eine verdammt geringe Herausforderung. Die ist so gering, dass ich Mensch-ärgere-dich-nicht fast nicht mehr als Spiel werten würde. (Aber nur fast.)
Aber gerade Kinder bilden sich ein, das Spiel hätte einen viel größeren Herausforderungsgrad. Deswegen halten sie es auch für ein Spiel. (Evtl. ist der Herausforderungsgrad für Kinder tatsächlich größer als für Erwachsene. Evtl. abera uch nciht und das ist nur eine Einbildung der Kinder.)
Aber endgültig klären könnte man das nur, wenn wir eine große statistische Untersuchung machen, was die meisten Leute als "gewöhliche Spiele" definieren. Meine Hypothese ist, dass Schach (und andere zufallslose Denkspiele) eher einen Ausnahmestatus haben, während "Mensch ärger dich nicht", "Risiko", "Kniffel" und andere Spiele mit Zufallsgeneratoren der Normalfall sind.
Nochmal: Ich habe nie gesagt: "Tätigkeiten ohne Zufall sind keine Spiele."
Ich habe gesagt: "Tätigkeiten ohne Herausforderung sind keine Spiele."
Und Risiko und Kniffel besitzen Herausforderungen. Daher sind das auch Spiele.
Ich habe ferner gesagt: Je mehr Zufall das Spiel besitzt und je mehr Entscheidungen von den Würfeln getroffen werden, desto weniger Herausforderung ist enthalten.
Aber bei Risiko habe ich ja weiter oben erklärt, wieso nur etwa 25% alle Entscheidungen bei Risiko von den Würfeln getroffen werden und wieso daher bei Risiko noch genügend Raum für Herausforderung bleibt.
Und auch Kniffel besitzt eine Menge Herausforderung, da sehr viele Entscheidungen eben
nicht von den Würfelgetroffen werden.
Ersetze sie durch Handlungsversuch und Ergebnis. Ersteres ist Spielersache, letzteres Würfeln und Regeln (ggf. Abenteuerentwurf) überlassen.
Es ist vollkommen egal, ob ich nun "was" oder "Handlungsversuch" sage oder ob ich "wie erfolgreich" oder "Ergebnis" sage. Meine Aussage bleibt die selbe.
Handlungsversuch: "Den Bösewicht überführen."
Ergebnis: "Belastende Dokumente des Bösewichtes gefunden."
Handlungsversuch: "Belastende Dokumente des Bösewichtes finden."
Ergebnis: "In sein Haus eingebrochen und dort die Dokumente im Safe gefunden."
Handlungsversuch: "Ins Haus einbrechen."
Ergebnis: "Tür wurde aufgebrochen."
Handlungsversuch: "Tür aufbrechen."
Ergebnis: "Dietrich erfolgreich im Türschloss gedreht."
Handlungsversuch: "Dietrich erfolgreich im Türschloss drehen."
Ergebnis: "Erfolgreich gehört, wann der Dietrich eingerastet ist.
Handlungsversuch: "Erfolgreich hören, wann der Dietrich einrastet."
Ergebnis: "Den Dietrich langsam genug gedreht und genau genug hingehört."
Jeder Handlungsversuch kann als Ergebnis eines übergeordneten Versuches interpretiert werden. Und jedes Ergebnis als Handlungsversuch mit einem untergeordneten Ergebnis.
Das Hauptproblem ist jedoch, dass aus meiner Sicht du annimmst, dass die Spielertätigkeit unvermittelt, ohne objektivierende Zwischenstellen, über Erfolg oder Misserfolg einer Charakterhandlung Ausschlag gibt. Mit diesem Modell im Hinterkopf ist selbstverständlich jeder Würfelwurf eine Reduktion des Herausforderungsspieles.
Nein. Bei meiner Überlegung lasse ich offen, ob der Erfolg oder Misserfolg durch Würfeln oder durch Spielertätigkeit zu Tage tritt.
Ich sage sogar, dass der Punkt, an dem man würfeln kann bzw. der Punkt bis zu dem die Spielertätigkeit ohne Wurf geht, völlig willkürlich ist.
Wenn du dafür ein Beispiel willst, kann ich es gerne nachreichen. Aber das würde wohl den Rahmen des aktuellen Postes sprengen.
Dagegen sehe ich SLs z.B. als ziemlich unzuverlässige, von Eigeninteressen, Storyvorlieben, Spielersympathien usw. geleitete Bewerter von Spieleraktionen an. Ein SL ist kein objektiver Richter. Mit dieser Ansicht über SLs im Hinterkopf ist ebenso selbstverständlich eine unvermittelte Bewertung des Erfolges einer Charakterhandlung durch den SL eher herausforderungslos.
Ich sehe den SL auch nicht als objektiv an. Natürlich hat der SL auch Eigeninteressen.
Dies negiert jedoch nicht die Herausforderung. Und die Herausforderung ist es eben, dass er deine Spieleraktion als positiv bewertet. Und dass er das nicht objektiv, sondern subjektiv macht, erschwert das ganze nur. Was im Endeffekt bedeutet, dass die Herausforderung steigt.
Den Unterschied leugne ich nicht. Ich sage lediglich, dass im P&P-Bereich fast alle Rollenspiele (wenige Exoten ausgenommen) über Würfelmechaniken verfügen (und zum großen Teil auch über Brettspielmechaniken). Das ist ein Element, das zum P&P-Rollenspiel dazugehört. Ich nenne es das "spielerische Element", das in den Zufallsmechaniken liegt, die im RPG zur Anwendung kommen.
Dass es viele P&P Rollenspiele mit Zufallsmechaniken gibt, leugne ich auch nicht.
Aber du sagst selber, dass nicht alle P&P-Rollenspiele Zufallsmechaniken besitzen. Es gibt einige P&P-Rollenspiele ohne Zufallsmechaniken. Damit gehört es auch nicht zum Rollenspiel dazu. Es ist ein optionales Ad-On, aber kein integraler Bestandteil. Kein Must-have.
Bei der Frage, warum im Rollenspiel in Deutschland gerade im Bereich der zielgerichteten, verbalen Interaktion zwischen NSCs und SCs auf Würfelwürfe verzichtet wird (oft, obwohl sogar explizite Regeln dafür vorhanden sind!), kann man den künstlerischen Aspekt, oder vielmehr den künstlerischen Selbstanspruch mancher Runden/Systeme, nicht ignorieren.
Ich kenne ehrlich gesagt kaum Runden, in denen RPG zu einer Kunst erhoben wird.
Eigentlich alle Runden, die ich kenne, sehen RPG als Spiel/Freizeitaktivität an.
Das sehe ich anders. Wettkampf funktioniert eigentlich nur, wenn der Ausgang prinzipiell offen ist.
Der Ausgang ist ja prinzipiell offen: Die Spieler können den SL drohen, die Runde zu verlassen.
Oder die Spieler können, wenn sie gut sind, denn SL zu einem Regelbruch zwingen. Der SL hat zwar dann den Kampf auf der Battle-Map gewonnen, aber er hat trotzdem die Niederlage eingesteckt, dafür die Regeln brechen zu müssen.
Und die Spieler haben zwar den Kampf au der Battle-Map verloren, aber sie hatten den Sieg, dass der SL dafür die Regeln brechen musste.
Die Frage "Gewinnen wir die Schlacht auf der BattleMap oder nicht?" ist kein Wettbewerb, da hier das Ergebnis schon feststeht.
Aber die Frage "Können wir den SL zwingen, die Regeln zu brechen, damit er die Schlacht gewinnt?" ist ein Wettbewerb, da hier das Ergebnis offen ist.
Disclaimer:
1) Diese Form von Wettbewerb findet nicht bei allen Formen von Railroading statt. Es gibt auch Railroading ohne diese Form von Wettbewerb.
2) Wenn diese Form von Wettbewerb stattfindet, empfinde ich sie als disfunktional, da sie einen ingame Wettbewerb auf die outtime-Ebene befördert.
Manche spielen RSP auch nur, um zu sehen, was 'rauskommt, wenn sie ihren Charakter glaubwürdig nach ihrer Vorstellung spielen - ob dabei ein schwierig zu erlangendes "Spielziel" oder ein künstlerisch wertvolles "Geschichtsziel" erreicht wird, kann völlige Nebensache sein.
So etwas kenne ich hauptsächlich aus Animé-Fanfictions.
Und diese sind zwar teilweise nett zu lesen, aber nicht als Spiel zu bezeichnen.
Und dann gibt es noch beim LARP die sogenannten Tavernen-Abende, wo es auch keine Herausforderung gibt sondern die Spieler gemütlich in der Taverne sitzen und das alltägliche Heldenleben außerhalb der Questen ausspielen. Auch das kann eine Menge Spaß machen solange der Met fließt, aber auch das würde wohl kaum jemand als Spiel bezeichnen.
Welcher Regelfall? Du nimmst hier an, dass eine bestimmte Spielvorliebe (ergebnisoffenes Spiel mit "realistisch" agierenden Gegnern) der Regelfall ist. Statistisch, da bin ich mir ziemlich gewiss, ist das in einem Land, wo das populärste Rollenspiel DSA ist, ganz sicher nicht der Regelfall.
Auch bei DSA spielt der SL nicht gegen die Spieler.
Aber OK, lass es mich so ausdrücken. Es gibt drei Fälle:
1) Dem SL ist es egal, ob die SCs gewinnen oder verlieren.
2) Der SL will, dass die SCs gewinnen.
3) Der SL will, dass die SCs verlieren.
Bei D&D ist 1) der Regelfall. Bei DSA ist 2) der Regelfall. Bei den meisten anderen RPGs ist auch 1) oder 2) der Regelfall. Aber ich kenne kein Spiel, bei dem 3) der Regelfall ist. 3) ist die absolute Ausnahme.
Also ich trauere meinen Monstern zwar auch nicht lange nach, aber ich ärgere mich als SL durchaus, wenn meine Monster keinen Stich machen konnten und bin leicht betrübt, wenn meine Monster sang- und klanglos besiegt werden.
Klar. Aber Spieler sind ja nicht nur betrübt, wenn sie keinen Stich machen konnten. Spieler sind ja meistens auch betrübt, wenn der entscheidende Kampf haarscharf war, aber sie am Ende dennoch verloren haben.
Oder lass es mich so formulieren: Du als SLs willst den Kampf nicht gewinnen sondern die Spielern eine Herausforderung bieten. (Und wenn die Monster sterben, ohne einen Stich gemacht zu haben, war das keine Herausforderung. Deswegen bist du betrübt.)
Wenn die Monster die SCs jedoch in arge Schwierigkeiten bringen, aber die SCs es schaffen, die Monster im letzten Moment zu besiegen, hast du den SCs eine Herausforderung gebracht. Deswegen bist du wahrscheinlich zufrieden. (Obwohl deine Monster gestorben sind.)
Man muss unterscheiden zwischen SLs, deren Ziel es ist, die SCs zu besiegen (kommt extrem selten vor), und SLs, deren Ziel es ist, den SCs eine Herausforderung zu bieten (kommt bei D&D sehr häufig vor).