Exkurs: Ich bin mal in Almada in meiner Spielrunde als SL aufgefallen, weil ich die Erntezeit von Weintrauben falsch genannt habe. An sich kein Problem, aber ärgerlich. Ich kenn mich mit sowas nicht aus.
@feyamius: Du liest also vorher nach, wann genau Weinlese ist, und die Spieler erwarten das dann auch? Ok, das ist löblicher Simulationismus, aber ich würde spätestens da (wahrscheinlich) schreiend weglaufen.
Ich sage es mal so: Das gewählte Beispiel klingt banal und ist es vermutlich auch, weil man sich kaum vorstellen kann, dass das spielrelevant sein könnte. Für mich ist dieser Punkt allerdings ein Fall für die Frage, wie es die Gruppe mit der Glaubwürdigkeit der Spielwelt hält.
Das kann die zeitlich (bzw. vermutlich jahreszeitlich) falsch gelegte Weinlese sein, das kann aber auch ein Verstoß gegen die Grundregeln der militärischen Strategie oder Architektur (eine unsinnig entwickelte Burganlage) sein oder ein Bruch mit physikalischen oder anderen naturwissenschaftlichen Gesetzen, von denen alle Mitspieler annehmen, dass diese auch in der Spielwelt gelten.
Weil man dieses Beispiel auf alle möglichen Arten der Informationen über die Spielwelt anwenden kann, bin ich mir auch nicht sicher, ob man das mit einem Verweis auf "Simulationismus" ausreichend klassifizieren kann, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es in allen anderen Fällen irrelevant ist.
Auf jeden Fall bin ich der Meinung: Als SL ist es verzeihlich, wenn man bestimmte Dinge nicht auf dem Kasten hat, aber wenn man ein Setting oder ein Abenteuer entwickelt, muss man sich über diverse Details Gedanken machen. Als ich eine Walfängerstadt beschreiben musste, habe ich mich mit der Geschichte des Walfangs befasst und mit der vorindustriellen Verarbeitung des Fangs. Denn ich wollte, dass man der Stadt den Walfang auch ansieht, dass es nicht nur ein Platzhalterwort für "irgendwas werden die hier schon machen" ist. Dasselbe, als es um Mühlentechnik und Wasser-Bewehrungen ging bzw. um Fährverkehr auf einem mit Großschiffen befahrbaren Flusses.
Natürlich ist das bereits ein Grad an Simulation, der nicht überall gebraucht wird, aber als Autor/Entwickler sage mir halt: Warum falsch machen, wenn man es auch richtig machen kann? Man gewinnt ja nichts, indem man solche irdischen Zusammenhänge ignoriert. Und ich würde auch als Autor für andere Systeme darauf achten, dass innerhalb meiner Ausarbeitungen eine Glaubwürdigkeit des Settings gewahrt wird, dass z.B. eine Sägemühle nicht mitten im Wald steht, sondern an einem Gewässer mit ausreichender Fließgeschwindigkeit steht. Es ist nur ein Detail, es ist vielleicht nicht einmal plotrelevant und garantiert würde ich auch gar keinen dreiseitigen Vorlesetext dazu verfassen, aber was ist der Vorteil, wenn ich es "falsch" machen würde?...
Und wie eingangs schon erwähnt, als SL ist das natürlich noch einmal eine andere Sache, gerade wenn man improvisieren will/muss, können einem gewisse Details einfach entgehen. In solchen Fällen bin ich ein Fan von "Mund abputzen, weitermachen", d.h. eine kurze Unterbrechung zur Klärung der Frage, evtl. Retconning (na, dann ist doch kein Sommer, ist heißer Herbst, gut so?) und weiter im Programm. Daraus muss man kein großes Drama machen - nicht innerhalb der Spielrunde.
Aber vielleicht bin ich mit diesem Posting auch einfach falsch in der "Lästerrunde"?
Schöne Grüße
Chris