Mal wieder neues Geblubber:
Schon oft wurde der DSA-Spielhilfenstil ja als "Reiseführerstil" beschrieben. Mir ist gestern beim Versuch, ein Mini-Abenteuer an der Rashduler Pentagramm-Akademie vorzubereiten, klar geworden, wie treffend das tatsächlich ist, und ich bin ein bisschen isn grübeln darüber gekommen, warum es mir so unglaublich schwer fällt, DSA-Spielhilfen tatsächlich als Ressourcen für die Abenteuergestaltung einzusetzen.
Zur Verfügung standen mir: "Land der ersten Sonne" mit der Beschreibung Rashduls und "Hallen Arkaner Macht" mit der Beschreibung der Akademie. Beide für mich relevanten Texte waren, ohne dass ich mir jetzt die Mühe des Zitierens mache, tatsächlich in der Weise reiseführermäßig, als dass ich das Gefühl hatte, mir wird erzählt, was ich mir alles unbedingt ansehen muss, wenn ich mal das Glück habe, nach Rashdul zu kommen.
Was macht ein guter Reiseführer? Er sagt mir, wo ich hingehen kann, was ich dort vorfinden/erleben kann, auf was ich besonders achten sollte und welche allgemeine Atmosphäre ich wahrscheinlich an bestimmten Orten (eventuell zu bestimmten Tageszeiten) vorfinde. Dazu noch ein paar praktische Tipps.
Die Sache ist die: All das ist eigentlich nur nützlich um sich entweder auf eine Reise schon mal einzustimmen, Pläne zu machen, die Gedanken schweifen zu lassen, oder aber und vor allem, um die Erfahrung der Reise selbst aufzuwerten. Dafür ist es aber entscheidend, dass der Reiseführer sich um einen Ort dreht, den man tatsächlich besuchen kann.
Das geht mit Rashdul nun leider nicht.
Moment, sagt jetzt vielleicht wer, man kann Rashdul doch besuchen, nämlich im Spiel!
Stimmt, aber die Spielhilfe macht es mir als SL nur wenig einfacher, diesen Besuch für meine Spieler zu gestalten, weil sie vor allem das macht, was ein Reiseführer macht: Sie weckt Erwartungen, die von der Realität (hoffentlich) befriedigt werden. Ich empfinde DSA-Spielhilfentexte eher als Appell: Lieber SL, bitte erschaffen Sie für ihre Spieler eine Welt, die sich so anfühlt, wie das, womit wir ihnen hier den Mund wässrig machen. Dies ist die Welt, die Ihre Spieler gern bereisen würden, jetzt entwickeln Sie sie bitte.
D.h. DSA-Spielhilfen bedienen typischerweise die Makroebene (Geografie, was ist wo, wie ist die allgemeine Atmosphäre) und die mittlere Ebene (wo steht welcher Palast). Die Mikroebene (wie viele wie ausgerüstete Wachen stehen vor dem Palasttor) fehlt aber. In einem Reiseführer braucht man die auch nicht, denn man fährt ja selber hin, um sich die Details anzusehen und sie zu erfahren. Als SL brauche ich aber viel mehr Mikroebene als Mittelfeld, um die Erlebnisse für die Spieler zu generieren (die ein Reisender ja einfach in der empirisch vorhandenen Wirklichkeit machen kann). Die mittlere Ebene ist dagegen für mich eher unwichtig, sie taugt eigentlich nur dazu, Sighseeing-Texte zum Vorlesen daraus zu machen. Als SL brauche ich den "Establishing shot" und dann die Details. Das sind Ressourcen. Alles dazwischen ist nur Werbung dafür, wie toll eine Reise nach Aventurien doch ist.
Und weil natürlich nicht alle Details ausgestaltet sein können, müssten die Spielhilfen eben noch viel, viel mehr Exemplarisches enthalten, das aber im Detail. Die Beschreibung eines Rashduler Oberstadthauses mit allen Bewohnern samt Werten und bis zum Abort, statt einem bunten Rundgang, bei dem man erfährt, dass das eine Haus eine mit Muscheln verkleidete Fassade hat, das andere eine mit emaillierten Ziegeln gedecktes Dach. Oder statt der Information, dass es unter der Rashduler Akademie geheimnisvolle Gewölbe (ohne Karte) gibt, in denen man magische Fallen wie z.B. Feuerwände auslösen kann, lieber eine Karte zumindest eines Teils der Gewölbe und von mir aus eine Zufallstabelle mit fünf Fallen, die ausgelöst werden können (mehr braucht man ja gar nicht), die dann aber bitte komplett mit Werten und Funktionsweise. Und statt einem unlesbaren Grundrissplan mit Athmo-Texten zu den einzelnen Gebäudeteilen bitte ein richtiger Grundriss mit Maßstab und abstrakten Symbolen sowie exemplarischen genauen Beschreibung von einem Gemach einer Lehrperson, einem Elevenzimmer, einem Unterrichtsraum und der Bibliothek, samt dem Vermerk, dass man diese Zimmer dann immer dann verwenden kann, wenn ein entsprechender Ort betreten wird.
Und: WERTE will ich, denn die will ich mir wirklich nicht selber machen müssen!
Ach, MERS hat zumindest das wirklich perfekt vorgemacht. Und ich hab meine Sammlung verkauft, ich Hornechse!