@ Terrorbeagle: Es wirkt auf mich fast so, als würdest Du Rumpelstielzchen absichtlich missverstehen. Parallel würgst Du ihm nach meinem Verständnis zwischen den Zeilen rein, ein unreflektierter, unmündiger, sozial hoffnungslos inkompetenter Technokrat zu sein - denn das ist der Umkehrschluss Deiner Aussagen. Ist klar, dass diese Interpretation naheliegt? Falls ja, ist Dein Beitrag bestenfalls bigott. Falls nein, zeigst Du damit genau jene mangelnde Empathie und soziale Inkompetenz, die Du anderen großspurig vorwirfst - das natürlich gefällt mir das eigentlich noch viel besser und passt hervorragend in diese Blubberlästerrunde hier Weiter so!
Also das war nicht wirklich meine Intention. Um es mal aufzuschlüsseln:
1: Die DSA-Regeln können entweder versuchen, gebalancet zu sein, oder versuchen, die Spielwelt innerelb ihrer eigenen Vorgaben realistisch/plausibel/konsistent darzustellen. Diese beiden Ansätze widersprechen sich in Teilen.
1 b: Balancing zwischen Charakteren beim Rollenspiel ist bestenfalls eine Absichtserklärung, in dem man versucht, darauf zuzuarbeiten und schlimmstenfalls ein Akt der bewußten Selbsttäuschung. Im Bereich klassischer Rollenspiele gibt es meines Erachtens kein einziges Spiel, das dies gewährleisten kann
(Anmerkung: sollte es Gegenbbeispiele geben, wäre ich darauf wirklich gespannt), da von vorneherein vorgegebene Werte und Fähigkeiten tendentiell statisch sind, während die im Spiel auftretenden Gegebenheiten und Situationen schlicht und ergreifend - und damit die Anwendungsmöglichkeiten verschiedenster Möglichkeiten zu vielschichtig sind, um im Vorfeld bestimmen zu können, wie anwendbar verschiedene Optionen und Mittel sind, da der menschliche Faktor - wie etwa die Kreativität der Spieler - nicht berücksichtigt werden kann, da er einfach zu vielschichtig ist. Dies ist auch der Unterschied zwischen einem "richtigen" Rollenspiel und einem Computerrollenspiel - in letzterem sind die Optionen normalerweise relativ klar begrenzt und die Ziele in aller Regel wesentlich klarer vorgegeben sind, weil so etwas wie eine persönliche Agenda von Spielern oder Charakteren keine Rolle spielt, so dass die tatsächliche Performance das einzige Kriterium darstellt.
1c: Als Alternative zum Balancing zwischen Charakteren kann man in der Tat versuchen, das Verhältnis zwischen den Spielern halbwegs fair zu gestalten, auch wenn es gut möglich ist, dass auch dies nicht wirklich völlig umsetzbar ist, und ein Ideal bleibt. Balancing auf der Spielerebene ist vermutlich die naheliegendste und grundlegendste Form von Balancing, nämlich der Grundsatz, dass alle realen Personen, die mitspielen, sprich die Spieler, gleichermaßen fair behandelt werden und gleichermaßen Ernst genommen werden. Auf dieser Ebene ist Balancing eine Frage davon, Aufmerksamkeit gegenüber dem einzelnen und die Schaffung von Möglichkeiten, um aktiv am Spiel mitzuwirken so zu gestalten, dass sich jeder der Mitspieler wohl aufgehoben und respektiert fühlt. Diese Form des Balancing kann nur durch aktive Steuerung des Spielleiters und der gesamten Gruppe erreicht werden (gegenseitige Hochachtung sollte schliesslich von jedem einzelnen kommen) und erfordert dementsprechend regelmäßige aktive Maßnahmen, um die Mitspieler ins Geschehen einzubinden.
Für die Diskussion in diesem Thread kann diese Ebene allerdings als vorrausgesetzt betrachtet werden, da man zu Mindest im Rahmen des DSA-Regelwerks nur wenige (wenn überhaupt) vorgegebene Möglichkeiten hat, hier den Einfluss zu steuern. Die grundlegende Steuerungsmöglichkeiten sind schliesslich zwischenmenschliche Aufmerksamkeit und gegenseitiger Respekt, das kann man nur sehr begrenzt in Buchform vorgeben. Gleichzeitg ist diese Form des Balancings aber auch nur sehr begrenzt tatsächlich umsetzbar, denn Menschen - einschliesslich Spielleiter - sind keine Automaten, die völlig objektiv Zeit und Aufmerksamkeit verteilen können, oder vorhersehen können, in wie fern die Ereignisse innerhalb des Spiels von den jeweiligen Spielern auch als gleich wichtig erachtet werden. Daher halte ich Spielerbalancing für einen Idealzustand, auf den man zwar stetig zuarbeitet, den man aber eigentlich nie dauerhaft erreichen kann. Dementsprechend kann es kein Spiel geben, dass auf dieser Ebene von vorne herein gebalancet ist, aber es tut gut, es nichtsdestotrotz zu versuchen. (und ja, bei Spiel One on One fällt dieser Teil flach, da allen Spielern (1) die gleiche Aufmerksamkeit und Relevanz zu kommt. Allerdings dürfte dies doch ein Sonderfall sein, oder nicht?)
2: Wenn man sich auf den Aspekt der Spielweltkonsistenz einschiesst und dies zum erklärten Ziel der Regeln macht, sollte man hinnehmen, dass andere Aspekte, wie etwa der Balancing-Aspekt dann eine kleinere bis gar keine Rolle spielen. In wie fern reine Metagaming-Überlegungen wie z.B. Glückspunkte oder dergleichen, die keinen direkten Bezug zur Spielwelt haben, mit dem Ziel der möglichst exakten Spielweltwiedergabe verbunden werden können, ist meines Erachtens fraglich.
2 b: Mit einer anderen Zielsetzung gelten folglich auch andere Rahmenbedingungen für Spiel- und Regelelemente und wie sie ins Spiel passen. Letztendlich ist somit die Auswahl dieser Bausteine eine Frage der eigenen Präferenzen, und ob die überhaupt unterschiedlich gut sein können, ist eine sehr andere Diskussion. In diese Nische fällt dann auch die Frage, in wie fern reine Metagamingbestandteile dazu passen. Unter dem Gesichtspunkt, dass das höchste Ziel der Regeln sei, die Spielwelt darzustellen (und noch mal: das ist ein mögliches von vielen möglichen Zielen), halte ich es für eleganter, entsprechende Mechanismen kausal mit der Spielwelt zu verzahnen.
3: Wenn man dann allerdings davon ausgeht, dass Charakter-Balancing keinen sonderlich hohen Stellenwert im Spiel einnimmt, etwa weil das Spiel andere Prioritäten bzw. eh nur selten über den Zustand eines hohen, erklärten Ziels des Rollenspiels hinaus geht, kann man es genausogut ganz lassen. Die Konsequenz wäre dann, die Ungleicheit der Charaktere hinzunehmen und mal zu schauen, wie sich das auf die Gruppendynamik ausübt.
3 b: Da es mir widerstrebt, Spielern meinen Willen aufzudrücken und ich in aller Regel relativ viel Grundvertrauen zu meinen Mitspielern aufbringen will, bin ich gerne bereit, ihnen selbst zu überlassen, wie das Endergebnis dann aussehen soll. Das schliesst einen allgemeinen Konsens über Machtabstufungen nicht aus, bietet aber die Möglichkeit, nach oben oder unten auszureißen. Letztendlich ist das Kriterium dafür, welche Form eine angemessene Punktevergabe annimmt, eher vom jeweiligen Charakter und vom entsprechenden Spieler abhängig, nicht von einer nach Bauchgefühl festgelegten Grenze. Die Wertigkeit eines Charakters, so die Überlegung, hängt nicht davon ab, wie viel oder wie gut der Charakter bestimmte Dinge kann, sondern eher davon, wie viel Freude der Spieler daran hat, diesen Charakter zu spielen.
3c: Man mag mir elitäres Besserspielertum vorwerfen, aber manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass "Bäh, der hat aber mehr als ich" bzw. "Der hat aber ein viel schöneres Förmchen" Anwandlungen nicht unbedingt das sind, was ich von meinen Mitspielern erwarte. Wobei ich mich da nicht mal ausnehme, aber wie langweilig wäre es, wenn der persönliche Soll-Zustand dem Ist-Zustand entspräche?
4: Ich wollte noch eine schlaue Abschlussbemerkung hier einsetzen, um das ganze abzurunden, aber ich weiß nicht mehr, was.
Nun ja, was solls.