Dass es zwischen diesem Spaß und der Befähigung des Charakters, Herausforderungen im Spiel zu lösen, einen sehr engen Zusammenhang gibt oder geben kann (soweit eben Herausforderungen im konkreten Rollenspiel einer Gruppe eine Bedeutung haben), lässt Du m.E. außer Acht. Du vernachlässigst das spielerische Element in RollenSPIEL.
Genausogut könntest du das Gleiche den meisten älteren und einigen neueren Systemen, bei denen Spielwerte (noch) ausgewürfelt werden, sehr ähnliches vorhalten, da hier die Charaktere auch sehr unterschiedlich gut ausfallen können (und dies erfahrungsgemäß auch tun). Der Unterschied zu meiner Idee liegt dann darin, dass diese Ungleichheit nicht das Ergebnis eines Zufalls ist, sondern die Entscheidung, wie genau der Charakter aussieht eben der Verantwortung des jeweiligen Spielers überlassen wird.
Das ist ja so, als wenn Du Monopoly spielst, aber unterschiedlich viel Startkapital verteilst, nur um zu sehen, ob es den "armen" Spielern genauso viel Spaß macht, sich hochzuarbeiten, um sich endlich mal Grundstücke kaufen zu können.
Meines Erachtens hinkt der Vergleich, weil das Spielziel bei Monopoly klar vorgegeben ist und man das Spiel eindeutig gewinnen kann - und wenn man nicht gewinnt, hat man automatisch verloren. Das ist beim Rollenspiel meines Erachtens anders, da es eine Vielzahl von möglichen Spielzielen gibt, die sowohl klein wie auch groß sein können und weniger vom Spiel als viel mehr von den Spielern vorgegeben werden (was nicht heißt, dass es nicht auch einige vorgegebene Ziele gibt, aber zu Mindest die Gewichtung liegt eigentlich immer beim Spieler), und da diese Zielsetzung eben nicht eindeutig ist, ist auch die Frage nach gewinnen und verlieren nicht eindeutig zu beantworten. Überleben des Charakters ist normalerweise ein relativ wichtiges Ziel, aber wenn der Kriergerspieler sich dazu entscheidet, seinen Charakter in den Schlund der Bestie springen zu lassen um ihr von innen das Herz herauszureißen, auch wenn dies den sicheren Tod bedeutet aber halt das lokale Waisenhaus vor dem Untergang bewahrt (ich weiß, ist etwas an den Haaren herbeigezogen), hat der Kriegerspieler dann "verloren", wenn er seinen Charakter entsprechend opfert? Für manche mag das sicher gelten, andere werden sich halb tot darüber freuen, einen so epischen Abgang hinzulegen.
Im Zusammenhang von DSA gibt es hierfür ein exzellentes Beispiel: Den Schelm. Der Schelm als Charakter kann in aller Regel nur sehr wenig zum "Erfolg" einer Abenteurergruppe beitragen. Die Nützlichkeit eines Schelmes ist sehr begrenzt, insbesondere weil die Auflage für Magie, die der Schelm mit sich bringt eigentlich fast automoatisch eine Ernsthafte Magieanwendung ausschließt. Aber: Der Unterhaltungswert eines Schelmes kann gleichzeitig sehr hoch sein, er kann die Stimmung am Spieltisch aufhellen und Spaß und Freude verbreiten.
Die Frage hier scheint doch nicht mehr zu sein, ob man die SCs gegeneinander ausbalancieren will, sondern die Spieler. Rumpelstielzchen möchte das (wenn ich ihn richtig verstehe), Terrorbeagle nicht.
Ich will nichts anderes als das Verhältnis zwischen den Spielern angehen. Ich glaube nur nicht, dass das Balancing von Spielern eine Aufgabe ist, die irgendwelche Spielregeln
(sollte es da rühmliche Ausnahmen geben, lasse ich mich gerne eines besseren belehren) überhaupt stemmen können, sondern dies im Endeffekt immer über die impliziten Regeln des zwischenmenschlichen Verhaltens laufen muß - und wenn ich davon ausgehe, dass ich da so oder so durch eigenes Engagement hinterher muß, dann sind die Regeln bestenfalls eine kleinere Unterstützung und in aller Regel eher irgendwo zwischen Füllmaterial und Ballast einzuordnen.
Als Option kann man doch Schicksalspunkte einführen, sie inneraventurisch mit karmatischen Kausalstärken oder sonst einem Blubber erklären, und je nach Präferenz nimmt man sie rein (die Pro-Spielerbalance durch Regelwerk unterstützen-Fraktion) oder lässt sie raus (die Contra-SBdRWu-Fraktion). DAS wäre mal eine unkomplizierte Optionalregel mit minimal(st für DSA4-Verhältnisse)em zusätzlichem Aufwand.
Womit wir wieder ziemlich nah bei de wären, was ich ursprünglich mal in den Raum warf -also die entsprechenden Gummipunkte an die Spielwelt zu koppeln und sie eben nicht losgelöst und bezugslos dem Spiel überzustülpen, sondern sie organisch mitt dem Hintergrund zu verweben. Nennen wir das ganze Gottesgnaden oder Karmaenergie, oder meinetwegen auch Schlumpf und koppeln die Vergabe an die jewielige Gottheit des Charakters. Wenn der Charakter sich den Idealen der Gottheit gemäß verhält, ist ihm die Gotttheit wohlgesonnen und er wird mit den entsprechenden Gummipunkten bedacht. Diese können dann zur Erleichterung von heroischen Taten und oder als Lebensrettungsnotfallmaßnahme verwendet werden.
Wer kleinkarierter an die Sache herangehen will, kann auch für jede Gottheit eine eigene Kategorie aufmachen und unterschiedliche Formen sammeln, oder bei klaren Verstößen gegen die Ideale der Gottheit Punkte wieder abziehen, oder sogar die jeweiligen Gummipunkte je nach göttlicher Geschmacksrichtung auch klaren Handlungsfeldern zuweisen (das wäre die typische "warum einfach wenn es auch kompliziert geht" Herangehensweise, die DSA4 so ungemein charmant macht).
Das würde sich meines Erachtens nicht mit dem Hintergrund beißen, und hätte einen netten "Guten Leuten wiederfahren gute Dinge" Vibe, der ganz gut zum eher beschaulichen, eher romantischen Aventurien paßt (auch wenn dieses Aventurien scheinbar untergegangen ist).