Ich glaube, korknadel und TAFKAKB liegen da richtig. Das Expertentum scheint ein Wert an sich zu sein, und dafür sind komplizierte Regeln unerlässlich.
Dazu fällt mir eine kleine Anekdote ein: Eine Freundin von mir ist bekennende DSA-Spielerin, die auch kaum ein anderes Rollenspiel kennt. Sie spielt außerdem wundervolles Drama, erzählt wunderbare Geschichten, und geht völlig darin auf. Als simulationistischen Spieler mit tiefstgehender Regelkenntnis habe ich aber weniger sie, mehr aber ihren Freund erlebt. Als ich sie schließlich mal für eine Runde Polaris begeistern wollte und in einem Nebensatz die Knappheit der Regeln hervorhob, antwortete sie mir entrüstet: "Ach, Du meinst, damit die dumme [eigener Name] sie auch versteht."
Ich war ziemlich überrascht davon, weil ich selbst einerseits entweder "knappe Regeln" ohne Zusatz als Qualitätskriterium sehe, oder andererseits "komplexe Regeln" mit einem erklärenden Zusatz wie "aber dadurch mehr Optionen", "damit werden taktischere Gefechte möglich" oder meinetwegen auch mit "ist viel realistischer".
Ihre Entgegnung hatte aber einen solchen Zusatz nicht. Ihre Entgegnung blieb allein auf der Ebene, dass die Beherrschung komplexer Regeln mit hoher Intelligenz, hohem Expertentum, Besserspielertum und was auch immer korrelieren. Dass sie kein Vehikel für ein besonderes Spielerlebnis sind, sondern einen eigenen Wert darstellen. TAFKAKBs und korknadels Expertentum eben.
So habe ich das noch nie betrachtet. Das würde aber auch heißen, dass jede Verschlankung und jedes Streamlining der Regeln, selbst bei Beibehaltung der Optionsmenge und der verregelten Teilaspekte des Spiels, nicht möglich ist.
Lustige Randnotiz: TAFKAKBs "Torkamera" musste ich googlen. Ich habe zunächst vermutet, das sei ein brasilianischer Spieler oder irgendeine südamerikanische Trippeltechnik.