seufz... also jetzt wo ich den "Männlichkeitstest" gelesen habe frage ich mich auch, ob das System ernsthaft einen Blick wert ist...
Ich spiele und leite Deadlands seit ein paar Jahren. HAbe mit den Classic-Regeln angefangen, bin aber - wegen der Sperrigkeit und Unhandlichkeit des Regelsystems - relativ dankbar auf Savage Worlds umgestiegen. Allerdings sagt mir dieses System auch nicht sonderlich zu. Ich mag das Deadlands-Setting sehr gern, aber eben die Regeln nicht, und ich bin schon seit einiger Zeit am Suchen und Basteln, was ein besseres System betrifft (ich mag das Flair mit den Pokerchips und Spielkarten, aber die Umsetzung scheint mir etwas hakelig). Von daher bin ich durchaus neugierig was Doomstone betrifft - die offensichtliche Ähnlichkeit zu Deadlands (dem Flyer nach zu urteilen scheinen sie sich wirklich kaum die Mühe gemacht zu haben, was ein Alleinstellungsmerkmal betrifft) hat eigentlich sogar dazu geführt, dass ich neugierig geworden bin. Ich hab mich nie für Arcane Codex interessiert, und Frostzone kenn ich nur aus zweiter Hand, darum war ich eigentlich bereit, unvoreingenommen an den Doomstone-Release ranzugehen...
Mir drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass NaSta der Ansicht ist, dass der typische Rollenspieler ein Metal-Splatter-Fan ist, der nie aus seiner Pubertätsphase herausgekommen ist. Spritzendes Hirn, Massive Explosionen, raushängende Titten - das scheint tatsächlich das Credo von Doomstone zu sein. Klingt nach pompösem Powermetal (und mag als solches ganz lustig sein), aber nicht nach "Industrial Western". Als Western-Fan ziehe ich da gerne Sam Peckinpahs "The Wild Bunch" als Vorlage heran - sehr blutig, ziemlich brutal, und geizt auch nicht an Nacktheit (wer den Film nicht kennt, die Handlung konzentriert sich auf eine Gruppe Outlaws im beginnenden 20. Jahrhundert, Western-Banditen und Automobile). Aber es ist ernsthaft erzählt, sehr athmosphärisch, nicht over-the-top. Das Spiel "Red Dead Redemption" schlägt in eine ähnliche Bresche. Außerdem, Ich betreibe mit meinen Deadlandsrunden immer relativ viel Charakter-Play (Ich weiß ich weiß... Charakterspiel? In Savage Worlds? oooooh....
). So wie Doomstone für mich derzeit aussieht konzentrieren sie sich auf das Zombie-, Mech- und Splatter-Potential von Deadlands und werfen jeden Ansatz von Subtilität, Atmosphäre und Horror als "sinnlosen Balast" über Bord.
Nur mal ein Beispiel: In meiner aktuellen DL-Runde sind 4 Spieler, davon sind zwei weiblich. Der Charakter von einer der beiden Spielerinnen ist ein desertierter Ex-Soldat, auf der Flucht vor dem Gesetz, geplagt von Alpträumen und Schuldgefühlen, der eigentlich untertauchen möchte, aber aufgrund eines tief sitzenden Verantwortungsgefühls - und oft gegen seinen Willen - immer wieder in neue Auseinandersetzungen gezogen wird. Dieser Charakter würde beim "Männlichkeitstest" mit Sicherheit gnadenlos durchrasseln. Charaktere, die nicht sofort wild schreiend mit Dynamit um sich schmeißen und mit der anderen Hand eine Gatling-Gun aus der Hüfte abfeuern scheinen wohl nicht vorgesehen zu sein.
Doomstone will also offenbar nicht ernst genommen werden... ist okay. Ich kann mich über sowas herrlich amüsieren, und wenn mans ironisch nimmt könnte es vielleicht auch spaß machen. Wenn man sowas aber ernst nimmt, ist es schon ober-peinlich... ein 13-jähriger Manowar-Fan mag sowas männlich und cool finden, aber aus dem Alter bin ich doch ein BISSCHEN raus...
Wenn aber das System als wildes Krach-Bumm-Splatter-Spiel ausgelegt ist, versteh ich nicht, warum als Spielmechanik ein Pokersystem nach Texas Hold'em-Regeln vorgesehen ist... Ich meine, ein Over-The-Top system sollte doch auch eine simple, schnell funktionierende Regelmechanik besitzen...
Aber wahrscheinlich werde ich schon einen Blick ins Regelsystem werfen... einfach nur um zu sehen, WIE nah sie das an Deadlands wirklich angelegt haben...
Wobei ich seiner Logik auch nicht folgen kann, er verweist ja auf das gelungene "Handful of Zombies". Dabei sind gerade die Deadworlds der AFMBE-Supplements voll mit Ideenklau, weil die einfach in den meisten Fällen darauf basieren, ziemlich platt eine Vorlage in einer Zombie-Variante anzubieten, oder eben derart generisch zu sein, dass es schon fast beliebig ist. Das finde ICH nicht schlecht, aber aber ich würde es nicht als Paradebeispiel für gelungene, kreative Settings ohne Ideenklau darstellen .
"Fistful of Zombies" wurde in direkter Zusammenarbeit mit "Deadlands"-Entwickler Shane Lacey Hensley konzipiert und liefert gleichzeitig offizielle Konversionsregeln zwischen "Deadlands" und "AFMBE". Eine Ideenanlehnung ist in dem Fall also ganz offensichtlich vorgesehen. Wenn "Doomstone" das Gleiche machen würde würde ich deinen Einwand ja einsehen, aber NaSta scheint ja ganz offenkundig das System als ein gänzlich eigenes Werk darstellen zu wollen...