Ich denke auch, dass in den meisten Rollenspielen sozusagen aus traditionellen Gründen der TPK oder zumindest das Scheitern der aktuellen Queste der "default" sind.
Wenn ein System schon selbst explizit davon spricht, den SCs mit Kämpfen bestimmte Ressourcen rauszuziehen und welchen Anteil der Gesamtressourcen ein Kampf mit Schwierigkeit X "fressen" sollte, dann ist es doch nur folgerichtig, daraus zu schließen, dass die SCs die meisten Kämpfe ziemlich sicher gewinnen sollen - nur eben mit unterschiedlichen Kosten, je nachdem, wie sie sich geschlagen haben.
Die "dunkle Zeit" in diesem Kontext war für mich in meinem damaligen Spielerumfeld der Wechsel von DSA zu tödlicheren Systemen unter Beibehaltung der Strukturen klassischer DSA-Kaufabenteuer - das kann nicht funktionieren.
Einen weiteren großen Faktor sehe ich darin, dass der Bereich zwischen Handlungsunfähigkeit und Tod in den meisten Systemen ziemlich stiefmütterlich behandelt wird. Wenn das nah beieinander liegt oder größtenteils zusammenfällt, kann man ja sowieso nicht ohne akute Lebensgefahr verlieren - das beeinflusst natürlich auch ganz massiv taktische Entscheidungen.
Und wie sindar gerade sagte, machen es einem viele Systeme auch noch (unnötig) schwer, einen Kampf tatsächlich abzubrechen.
Das einmal zum rein Spielmechanischen.
Ansonsten steht und fällt das ganze Thema mit der Frage nach der Zielsetzung der Konflikparteien.
Ich leite z.B. gerade eine Polizeirunde im heutigen L.A..
Die bösen Buben wollen i.d.R. nur so schnell wie möglich weg, wenn die Staatsmacht anrückt - da bedeutet eine Niederlage für die SCs zunächst "nur", dass man die Zielpersonen nicht festnehmen konnte; das ist relativ unabhängig davon, auf welchem Level der Konflikt ausgetragen wird (also ob mit nichttödlichen oder tödlichen Mitteln).
Dementsprechend ist für die SCs der Anreiz ziemlich groß, bei übermäßiger Gefahr auch mal zurückzustecken.
Wenn umgekehrt irgendwelche Gangs Überfälle auf die SCs fahren, gilt das in ähnlicher Weise - dann ist nicht oberstes Ziel, alle Gegner kampfunfähig zu machen und festzunehmen (was dann ohnehin meist ziemlich utopisch ist), sondern erst mal, mit heiler Haut davon zu kommen.
In dieser Runde ist system- und settingbedingt niemand an einem fairen Kampf interessiert, und das zeigt sich ständig.
Da ist jede Situation, wo sich ein Kampf entwickeln kann, von der Frage geprägt, wie man selbst und der Gegner aufgestellt ist und ob die taktischen Verhältnisse angemessen erscheinen, um einen Kampf riskieren zu können.
Und als Spielleiter muss man solche Alternativen auch anbieten.
Also Situationen schaffen UND dies auch kommunizieren.
- die belagerte Burg, deren Belagerer Verstärkung bekommen, so dass offensichtlich ist, dass der nächste Sturmangriff nicht abgewehrt werden kann - kombiniert mit dem Geheimgang und der Situation, dass der Thronerbe (oder Dokumente, oder oder) in Sicherheit gebracht werden muss...
Das sind allerdings Geschehnisse außerhalb/vor Kämpfen. Da ist mehr Spielern* klar, dass es noch andere Möglichkeiten gibt bzw. da wird noch mehr diskutiert, wie es jetzt genau weiter laufen soll.
Wenn ein Kampf erst mal angefangen hat, sieht das meistens anders aus - da erlebe ich es sehr selten, dass dann noch der Gedanke aufkommt, in irgendeiner Weise abzubrechen.
*allerdings immer noch nicht allzu vielen. Ich kenne genug Runden, die auch trotz heftigster SL-Hinweise weiter das Zurückschlagen der Belagerer auf Biegen und Brechen betrieben hätten.
Das ist schlicht eine Gewöhungs- bzw. Konditionierungsfrage - und einer der wenigen Bereiche, wo ich mich als SL im Bildungsauftrag unterwegs sehe
Auch als Spieler sollte man sich doch hinterfragen können, ob ich wirklich immer bis zum Tode kämpfen muss. mache ich doch im Leben auch nicht (immer) dass ich auf Gedeih und Verderb mit dem Kopf durch die Wand will.
Hm, ich weiß nicht.
Mir fallen auch im zivilen Kontext jede Menge Konstellationen ein, wo es zumindest so ist, dass bei einem bereits begonnen Kampf Aufgeben aus diversen Gründen keine Option (mehr) darstellt.
Ansonsten (ist ja oben schon mal angeklungen) geht meiner Erfahrung nach im echten Leben vieles hauptsächlich deswegen nicht "bis zum Tode", weil die Realität andere Schadens- und Grapplingregeln hat als die meisten Rollenspiele
Und zuguterletzt:
Nuja, auch ein Rückzug braucht ne Taktik, sonst geht er halt schnell in die Hose
Das Blöde ist nur, dass einem in vielen Systemen da nicht allzu viel zur Verfügung steht, was dann auch tatsächlich funktioniert.
Da ist ein Rückzugsversuch meistens spieltheoretisch so unattraktiv, dass man tatsächlich besser versucht, den Kampf doch noch zu gewinnen - und wenns mit Glück ist.