Ich finde die Einsteigerregeln sehr umfangreich und auch voraussetzungsreich! Wenn ich mir vorstelle, das mit absoluten Anfängern spielen zu sollen, wird wohl Einiges an Erklärungen fällig. Ich sehe schon die Gesichter vor mir, von denen ich deutlich ablesen kann: Das ist mir zu kompliziert! Die Unterscheidung zwischen Eigenschaften und Talenten gleich mitzunehmen finde ich recht viel; gleiches gilt für die Zauber und die dazugehörigen Regeln. Wenn ich von Leuten ausgehe, die von Rollenspiel echt keine Ahnung habe, hätte ich´s lieber bei den Eigenschaften und vielleicht einem "Spezialtalent" (je nach Klasse) belassen. Bei der Magierin wäre das dann eben ein Spruch oder zwei gewesen. Auf die Erklärung, wie sich die Talente aus den Eigenschaften errechnen, hätte ich stillschweigend verzichtet; das sollten doch besser "Spezialskills" mit eben auch nur einem Wert sein.
Immerhin sind so ca. 11 von 16 Seiten im Dokument Regeln und Beispieltschars.
Wie die Erklärung von Rollenspiel und die Meisterhinweise für ganz Unbeleckte funktionieren, kann ich gar nicht einschätzen. Es wird mit dem Vergleich zu Literatur gearbeitet und es ist die Rede davon, dass die Spieler das Abenteuer "die Lösung" (gibt es nur eine?) finden und die "Geschichte zu einem runden Ende bringen" sollen. Es wird aus der Einführung nicht recht klar, wie genau das funktionieren soll - erzählt der "Meister" nun eine Geschichte, in der man ab und zu eine Abzweigung wählt? Die kurzen Beispiele lassen vermuten, dass man als Spieler schon wichtige Weichenstellungen trifft (Schatz erbeuten oder nur Gefangene retten zB), während der "Meister" hauptsächlich als Schauspieler der NSC vorgestellt wird. Im Abenteuer ist von diesen Weichenstellungen aber plötzlich keine Rede mehr. Machen denn nun die Spieler die Geschichte (und wenn ja, wie reagiert der "Meister" darauf?) oder der "Meister" (und wenn ja, was machen dann die Spieler?).
Überhaupt wird der "Meister" ziemlich alleine gelassen; es ist fast lustig, dass schon in diesem Einführungsabenteuer typische DSA-Forumlierungen auftauchen wie "Sorgen Sie dafür, dass ..." "Vermitteln Sie den Eindruck, dass ..." "Wenn Sie das Gefühl haben, die Spieler haben genug Atmosphäre geschnuppert, dann geschieht X ....") Über den Wert oder Unwert der hier angedeuteten Meisterfunktion will ich mich jetz gar nicht auslassen, mir geht es eher um den armen angehenden Spielleiter, dem hier doch einiges abverlangt wird, ohne dass er so recht weiß, wie. Das sind ja fortgeschrittene Erzähl- und Gruppenführungstechniken, die da abgerufen werden, wie soll denn das gehen?
Ich finde es schwierig, dass strukturell hier eine Verfolgungsjagd als Abenteuerkern gewählt wird, die, wie dem Text implizit zu entnehmen ist, größtenteils narrativ abgehandelt werden soll (es gibt zB keine Karte, keine Angaben darüber, wie sich das Tempo der Spielercharaktere mit dem der Orks abgleichen lässt, keine harten Regeln für die Situation). Okay, kann man ja so machen, obwohl ich mich, wie andere auch schon, dann frage, warum das Vorgeplänkel mit den Jahrmarktsspielen in Regeln und aufwendigen Talenteinsatz gefasst wird, der abenteuerliche Kern der Verfolgungsjagd aber nicht.
Andererseits ist aber die Rede davon, dass die Spieler auf dem Weg durch den Wald Fährten lesen sollen, einen Kampf bestehen und eine Brücke überqueren. Welche Auswirkungen hier ein Scheitern hat, darüber schweigt sich das Abenteuer aus (kommt man dann zum Ritual der Orks zu spät? Was, wenn man schwer verletzt ist und lieber erstmal umkehrt? Und wenn man die Fährte verliert - was im Abenteuer im Nebensatz als Möglichkeit angesprochen wird - steht man dann dumm im Wald und hat verloren?).
Hier sollen die Spieler durch ihre Erfolge oder Misserfolge auf einmal doch wieder die Handlung steuern, ohne dass dem "Meister", der zum ersten Mal mit einer Gruppe dasitzt, freilich gesagt würde, wie er damit umgehen soll. Man kann ja auch so eine Jagd durch den Wald ganz erzählerisch gestalten, gut, aber das ist im Text anders angelegt - und wenn man das wollte, müsste man dem "Meister" auch andere Hilfsmittel an die Hand geben: Ausdrücklich sagen, dass Zeit hier keine Rolle spielt, weil die Gruppe eh rechtzeitig ankommt, dass bei Fährtenverlust ein hilfreicher Waldläufer auftaucht, den die Spieler durch ein schön ausgespieltes Gespräch um Hilfe anflehen müssen, dass bei erzählten Ereignissen die es unlogisch erscheinen lassen, dass die Zeit noch eingehalten wird, der Schamane mit seinem neuen Ogerhaustier das Dorf überfällt und sich die Aufgabe der Spieler dahin verlagert, die Dorfbevölkerung zu organisieren, was man dann auch rein erzählerisch abhandeln kann usw.)
Hier fand ich alte Einstiegsabenteuer wie "Silvana" oder den "Schwarzen Turm" deutlich besser, weil sie eben nicht dieses schwierige Element von Verfolgung und Zeit beinhalten, das einer frisch gebackene Gruppe gleich die ganzen Probleme von harte Regeln vs. narrative Auflösung vor die Füße schmeißt. Dort war man an einem abgeschlossenen Handlungsort, an dem ganz unauffällig beides möglich und die Optionen bei Probenfehlschlägen auch überschaubar waren, weil sie nur die Situation am Schauplatz verändert haben, nicht den Fortgang des Szenarios überhaupt.
Also, ich finde, kurz gesagt, die Einsteigerregeln für Einsteiger VIEL zu umfangreich und das Szenariodesign zwischen "die Spieler machen den Plot" und "der Meister macht den Plot" zu unentschlossen. Beides wird irgendwie angedeutet, nichts so richtig mit den nötigen Materialien und Hilfestellungen -vor allem an den "Meister"- unterstützt. Eine Verfolgungsjagd als zentrales Element ist da zusätzlich unglücklich, weil die Unentschlossenheit da so böse auffällt. Natürlich reflektiert eine ganz unerfahrene Spielgruppe nicht so über die Fragen, ich denke aber schon, dass sie bei dem Versuch, nach diesem Einführungsabenteuer ohne irgendeine Hilfe zu spielen, schon darauf stoßen werden.
Das wäre für mich hier auch dringend notwendig: Natürlich soll man Anfänger nicht mit endlosen Erläuterungen zu Spielstilen und SL-Techniken überfordern; man müsste sich einfach klar für eine Spielweise entscheiden, die man den Leuten hier nahe legt, und dafür entsprechende Hilfestellungen und Beispiel geben.
So gesehen ist das PDF natürlich wirklich eine werkgetreue Einführung in DSA mit all seinen Problemen
.