Es gibt diverse Gründe dafür, eine eigene Welt zu erstellen:
- Spaß an der Weltenerstellung.
- Der Wunsch, etwas Abgefahrenes zu spielen, was es sonst nirgendwo gibt.
- Eine sehr umfassende Idee, die sich nur im Rahmen einer eigenen Welt umsetzen lässt.
- Der Wunsch, die Welt gemeinsam mit den Mitspielern genau auf die eigene Gruppe abzustimmen.
- Der Wunsch, eine (Sandkasten-)Welt zu bespielen, die selbst der SL bei Spielbeginn nicht genau kennt, sondern die erst im Laufe des Spiels durch die Aktionen der Mitspieler entdeckt wird.
Wenn es hingegen darum geht, dass die SC sich in die Bahnen einer vorgefertigten Welt und Gesellschaft einer bestehenden Welt einordnen, ist es meist sinnvoller, auf eine bestehende Welt (wie Glorantha oder Aventurien) zurückzugreifen, weil dann mehr Material zur Verfügung steht, mit dem sich alle Mitspieler über die Welt abstimmen können. (Es ist natürlich auch möglich, sich in einem bestehenden Setting ein kleines Gebiet auszusuchen, das man nach eigenem Gusto aber dem Flair der Welt entsprechend gestaltet.)
Umgekehrt ist es deswegen auch egal, wie besonders oder speziell die selbst erstellte Welt ist, wenn man eine 08/15-Fantasywelt als SL ebenfalls erkunden möchte, dann ist der im Laufe des Spiels zusammengestoppelter Sandkasten einem detaillierten Setting wie Aventurien einfach überlegen.
Kommen wir zum Handwerkszeug der Weltenerstellung. Die originelle Idee ist dafür gar nicht so wichtig, man kann auch ganz ohne originelle Idee ein gutes Setting bauen, wohingegen es vollkommen unmöglich ist, ein gutes Setting nur auf Basis einer originellen Idee zu bauen. Die originelle Idee kann als Gewürz wirken, um einem guten Setting den letzten Schliff zu verpassen, aber nicht mehr. Sie ist die hübsche Lackierung auf einem guten Auto, das aber auch ohne Lack fahren würde (und dann halt nicht so schick aussähe).
Wesentlich wichtiger als die originelle Idee sind die gute Ausführung folgender Punkte:
1. Ein Mysterium
In der Weltenbeschreibung werden Dinge als
unbekannt oder
rätselhaft beschrieben, welche in einem typischen Spiel erkundet werden können.
2. Konflikte
Ein gutes Setting darf nicht nur einen Konflikt haben, sondern mehrere teilweise miteinander verwobene Konflikte. Dies ist ein großes Problem bei der Umsetzung von Romanwelten, in denen es oft einen zentralen Konflikt gibt, auf dem das Setting basiert. Wenn dieser definierende Konflikt wegfällt, zerbricht das Setting, gleichzeitig braucht es aber Konflikte, um die SC ins Abenteuer zu ziehen.
3. Eine Bedrohung
Für die Bedrohung gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Status quo selbst ist die Bedrohung (ein vom Bösen besetztes Land, in dem man Freiheitskämpfer spielt) oder der Status Quo ist vergleichsweise angenehm und wird bedroht (die Reiter der Apokalypse werden auf die Welt losgelassen). Es muss möglich sein, die Katastrophe im Spiel abzuwenden. Die Katastrophe muss nicht weltbedrohend sein, es reicht vollkommen aus, wenn sie etwas bedroht, das die SC aus nachvollziehbaren Gründen beschützen würden - und wenn es nur der eigene Immanclub
Pottwal Prem ist, der von der Mafia, dem örtlichen Herrscher, fanatischen Bannstrahlern und den Erzfeinden von
Königstreu Salzerhaven beschützt werden muss...
4. Handlungsmöglichkeiten
Es muss im Setting eine Lücke für die Spieler geben, sozusagen ein Element der Anarchie, in dem sie Entscheidungen treffen können. Dies könnte ein Bürgerkrieg sein, der die staatliche Gewalt stark einschränkt und den SC die Möglichkeit gibt, aktiv zu handeln. Es könnte eine Welt sein, in der es nur in größeren bewohnte Orten überhaupt staatliche Ordnung gibt, während in der Wildnis das Faustrecht herrscht und jeder auf sich selbst gestellt ist. Oder die SC haben einen Status, in dem sie zwar weit gesteckte Ziele erhalten, diese aber nach eigenem Ermessen angehen können.