Na ja, so (über-)detailliert finde ich die Angaben bei L5R nicht. Es gibt eine ganz brauchbare Aufstellung, aber da das Setting noch nicht einmal eine verbindliche Geographie hat (alle offiziellen Karten sind "richtig", und widersprechen sich teilweise) und "so klar, wo die Nahrung herkommt" ist das alles sicher nicht. Das Setting beschäftigt sich mit so profanen Fragen kaum (und je neuer die Auflage, desto weniger wichtig sind Details und Ideen, die John Wick mal gehabt hat und in das Setting eingebunden hat. Das derzeitige Story Team ist nun mal viel zu sehr damit beschäftigt, großartige Geschichten der Vergangenheit rückgangig zu machen und wichtige Teile des gerade mal ein Jahr alten Regelwerks mit übers Knie gebrochen wirkenden Entscheidungen auszuhebeln um Mary (Daigot)sue zu vergöttern (wortwörtlich). Der gegenwärtige Metaplot stinkt.).
Meines Erachtens geht die Realität der Darstellung und Saurons Aufffassung da ganz schön auseinander, gerade wenn ich das mit, sagen wir mal, Hârnmaster vergleiche, dass in der Tat sehr genau auflistet, welche Truppen wann wo verfügbar sind, wie hoch die Argrarprodukte pro Landgut ausfallen usw. Das sucht man meines Wissens nach bei L5R vergeblich, und wenn ein ähnliches ominöses Quellenbuch doch verfügbar sein sollte, sagt Bescheid, das fehlt mir definitv in meiner Sammlung.
Das heißt aber nicht, dass das Grundkonzept "wir nehmen einen Clan und führen ihn zu Größe" nicht funktioniert, meiner Erfahrung nach dürfte das neben "wir sind die Gefolgsleute eines Emerald Magistrates" der häufigste Kampagnentyp für das Setting sein). Man sollte dann aber darauf achten, dass die Charaktere aber auch entsprechende Würdenträgerrollen einnehmen können und die Spieler das wollen.
Würde ich eine solche Kampagne aufbauen, würde ich vorher klären, welche Zeitlinie man anspielt. Den wirtschaftlichen und militärstrategischen Teil muß man sich dann allerdings etwas aus den Fingern saugen bzw. über Handwedelei und "Dramaturgie" abhandeln. Die Einstellung der meisten Samurai zu Geldfluss und dergleichen, wie sie vom Setting propagiert wird, ist dabei ganz hilfreich. Geld hat man halt. Darüber spricht man nicht.
Ich bin ja normalerweise unter den Leuten, die sich ausdauernd und gerne über Sinn- und Inhaltslosigkeiten bei Settings und Hintergründen beschweren kann und das auch ausdauernd tut.
Bei Rokugan/L5R nehe ich davon etwas Abstand, schlicht weil ich das Setting genug mag, um über die recht offensichtlichen Schwachstellen hinweg zu sehen. Man kann sich schon etwas aussuchen, in wie fern man auf Ungereimtheiten eingeht, selbst sie einem mit nacktem Arsch ins Gesicht springen.
Was ich statt dessen oder ergänzend vorschlagen würde: Neben dem Hauptplot, der sich um die Spielercharaktere dreht, gibt es einen ebenfalls von den Spielern gestalteten Neben- oder Metaplot, der auf Clansebene stattfindet. Dabei verkörpert jeder Spieler einen Clan, allerdings mit der Auflage, dass er aus dem Clan, den er kontrolliert keine Charaktere spielen kann. Der Metaplot entsteht dann aus den Entscheidungen der Spieler und der von ihnen verkörperten Clan-Champions, die vom Spielleiter dann gefiltert werden, wobei Meplotspielleiter und Charakterebenenspielleiter zwei unterschiedliche Leute sein können, oder vielleicht sogar sein sollten.
Und L5R hat nahezu perfekte Regeln für soziale Konflikte. Den Bereich mehr zu verregeln tut dem Spiel und dem Setting ungefähr so gut wie ein eiterndes Geschwür am After.