Autor Thema: Was für eine Funktion hat die Geschichte für das Rollenspiel?  (Gelesen 1322 mal)

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Offline Joerg.D

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Dieser Gedanke schiebt sich immer wieder mal prominent in meine Gedanken, wenn es um das Thema Rollenspiel geht und deshalb versuche ich meine Gedanken mal etwas in Form zu bringen.


MSch hat es einmal für eine meiner Runden sehr schön auf den Punkt gebracht:

Zitat
    „Der Erzählonkel-Teil ist in unserer momentanen Runde dazu da den Entscheidungen und Proben, Kämpfen und dem Rumgewürfele ein Kontext und vor allem Relevanz zu geben.“


Ich liebe dieses Zitat, denn es bringt eigentlich meine komplette Weltanschauung zur Geltung.


    Warum?


Ich bin ja bekanntermaßen nicht nur ein echtes Großmaul, sondern auch ein echter Egoist, also sehe ich beim Leiten von Rollenspielen zu, dass ich meinen Spaß habe. Diesen Spaß ziehe ich beim Leiten aus 5 Faktoren:


1.    Spaß am Spiel meiner SLC
2.    Spaß am Würfeln meiner SLC
3.    Spaß am Entwerfen von Strategien
4.    Spaß zu sehen wie meine Spieler auf die verschiedenen Situationen reagieren
5.    Spaß dabei zu sehen, wie aus einer Ausgangssituation und ein paar SLC eine Geschichte wird.



Natürlich spielt auch das soziale Umfeld eine große Rolle. Zumindest eine viel größere als ich mir lange Zeit selber eingestehen wollte. Aber das möchte ich an dieser Stelle einmal bewusst ausklammern.


Bei den Sachen die mir Spaß machen benötigt es natürlich ein Mittel um diese Vorlieben im Spiel umsetzen zu können und dieses Mittel ist die Geschichte.


    Geschichte? Ab er Jörg sagt doch sonst immer das jemand der Geschichten erzählen will ein Buch schreiben soll!!


Richtig! Denn die Geschichte die ich meine ist eine Interaktive und keine die von mir erzählt wird. Sie wird von mir im Groben vorgegeben und entwickelt sich dann entsprechende der Entscheidungen oder Planungen der Spieler und dem Glück oder Pech beim Umsetzen der Pläne und Entscheidungen.


Ich schaffe also die Voraussetzungen, dass meine Spieler ihre Charaktere spielen können und man viel Würfeln kann. Das Drama in der Geschichte füge ich ein, weil ich Drama mag und es mir die Möglichkeit zum intensiveren Spiel gibt. Außerdem ist Drama ein guter Motivator für Kämpfe, denn es geht auf einmal nicht nur um Sieg oder Niederlage, es kommen noch persönliche Motivationen dazu.


Das Drama und die Grundhandlung sorgen also dafür, dass die Würfe die im Spiel gemacht werden eine Relevanz haben und in einem Kontext stehen. Die Spieler und ihre Charaktere agieren nicht in einem luftleeren Raum und machen etwas, weil es das Konzept des Charakters so will oder es gut für die Gruppe ist. Sie haben eine persönliche Motivation bestimmte Sachen zu Regeln oder besser gesagt sie sind verflucht motiviert ihre Anliegen zu klären. Das kommt vielleicht in meinen Diarys nie so rüber, weil da halt nur erzählt wird, was passiert ist und nicht wie viel gewürfelt wurde.


Aber halte es da ein wenig mit Oscar Wilde, der mal sagte: Wo keine Übertreibung ist, da ist auch keine Liebe und wo keine Liebe ist, da ist auch kein Vertrauen.

Gutes Rollenspiel braucht Übertreibungen, weil es Liebe und Vertrauen braucht. Ich habe genügend Beispiele von Runden die hervorragende Diarys abgegeben haben und bei denen ich am Anfang des Tages nie wusste was am Ende für eine Geschichte entstanden ist. Die Geschichte wurde aber immer interaktiv gebaut und basierte in der Regel zu einem Drittel auf meiner Grundsituation, zu einem Drittel aus den Entscheidungen der Spieler und zum letzten Drittel aus den Entscheidungen durch Würfel-Würfe.

Das nächste mal, wwurde einfach auf die Geschichte vom letzten Mal aufgebaut und schon waren alle Spieler im Boot.

Fazit:
Ich weiß nicht ob ich so wirklich klar machen konnte wie ich denke,  aber vielleicht helfen mir Eure Gedanken und Kommentare ja mal, mein Bild zu schärfen. Auf jeden Fall denke ich das die Geschichte aus der letzten Runde immer ein guter Motivator ist in der neuen Runde zu agieren und dadurch wieder Geschichte zu schreiben.

Die Geschichte und er Erzählonkel Teil sind also als Motivator fürs Weiterspielen zu verstehen und nicht als Selbstzweck.
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Offline Arkam

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Hallo zusammen,

ich finde die Beschreibung passt schon.
Wenn ich als Spielleiter etwas leite woran ich keinen Spaß, bitte jetzt keine Grundsatzdiskussion, habe werde ich nicht lange dabei bleiben.
Weil ich mit anderen zusammen spiele kann ich nicht alles fest legen. Den Spielern ein Drittel zu überlassen finde ich fair. Wenn man sich vorher abspricht bekommt jede Seite sogar etwas mehr.
Ich als Spielleiter etwa mag Untote. Wenn meine Spieler jetzt etwa einen entsprechenden Magier wählen oder in ihren Zielen ebenfalls Untote vorkommen haben alle Seiten etwas mehr Anteil am Spiel.

Ein Drittel für die Würfel ist mir zu Viel. Aus meiner Sicht setzt sich dieses letzte Drittel zusammen aus Vorgaben aus dem Hintergrund. Wenn ich etwa auf der Old World von Warhammer spiele sind gewisse Start Bedingungen fest gegeben.
Aus Beschränkungen die sich aus den Regeln, hier ausdrücklich auch Hausregeln oder der Vereinbarung gewisse Themenkomplexe aus zu sparen, verstanden. In vielen Rollenspielen etwa sind große Schlachten ein Problem. Also spielt man sie entweder nach Hausregeln oder man einigt sich darauf das Schlachten im Spiel, also von Spielern oder Spielleiter ausgewürfelt, nicht vorkommen. Das heißt jetzt natürlich nicht das es auf dem bespielten Hintergrund keine Schlachten gibt aber sehr wohl das man eben keine Schlachten sondern maximal Kommandoaktionen ausspielt und Regeln dafür aufstellt.
Dann erst kommen die Würfel ins Spiel. Wobei man je nach bespielten System auch noch daran denken sollte das gewisse Aktionen teilweise nicht mehr den Würfeln unterliegen. Wie jetzt nicht den Würfeln und damit den Regeln unterliegen? Es gibt eben Systeme bei denen man Charaktere so aufstellen kann das sie bestimmte Situationen im Rahmen der Regeln stets schaffen. Das müssen nicht immer die extremen D&D / Pathfinder Builds sein. Auch bei anderen Systemen kann man an den Punkt kommen bei dem eine Aufgabe die für andere Charaktere oder nicht auf diese Aufgabe spezialisierte Charaktere noch einen Würfelwurf erforderlich macht der Experte selbst bei schlechtestem Ergebnis eben nicht mehr würfeln muss.

Gruß Jochen
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Offline Joerg.D

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Offline Maarzan

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Geschichte ist letztlich immer drin, und zwar weil Rollenspiel eine Funktion ist, aus der dann (irgendeine) Geschichte bei rauskommt.

Problematisch ist "bessere Geschichte", wo plötzlich das Ergebnis eine bestimmte Qualität erzielen soll und dann an der Funktion (dem Rollenspiel als Vorgang) herumgefummelt wird und dabei um ein vorgegebenes Ergebnis zu erzielen die Eigenschaft Variablen zu beinhalten kastriert wird (d.h. typischerweise die Beteiligung aller derjenigen, welche nicht exakt dieselbe Vorstellung bezüglich des Ergebnisses haben)
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Offline Oberkampf

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Geschichte ist letztlich immer drin, und zwar weil Rollenspiel eine Funktion ist, aus der dann (irgendeine) Geschichte bei rauskommt.

Trifft zwar meiner Meinung nach zu, wird aber nicht von allen Rollenspielern geteilt. Es wäre meiner Meinung nach schön, wenn diese Ansicht und die damit einhergehende Mitverantwortung der Spieler für nicht nur den Verlauf sondern auch die Qualität der Geschichte etwas weitläufiger bekannt würde. Die Frage ist auch: wie nehmen Spieler das auf, die der Überzeugung sind, die Gestaltung der Geschichte sei eine, wenn nicht sogar die zentrale Aufgabe des Spielleiters?

Wie erklärt man Spielern, dass ihre heiß ersehnten Geschichten nicht von einer NSC-Parade abhängen?

Generell zu JoergD.s Gedanken:

Eine ähnliche Ansicht habe ich auch, wobei ich persönlich mit meiner Faszination für das Unvorhersehbare im Rollenspiel vielleicht den Würfeln noch mehr Gewicht beimessen würde und beim SL Anteil dafür sparen möchte.
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Offline Joerg.D

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Glaub mir, durch das Spielen der SLC und das Gewürfel für sie ist der Anteil schnell erreicht.
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Offline Merlin Emrys

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Ich würde "Rollenspiel" und "Geschichtenmachen" für dasselbe halten, bzw. wenn überhaupt, dann Rollenspiel für einen Unterpunkt von "Geschichtenmachen". Und zwar deshalb, weil die "Rolle", die gespielt wird, die Geschichte schon voraussetzt. Die Geschichte wird bereits ins Spiel gebracht, wenn der Hintergrund festgelegt wird, also vor dem ersten Würfelwurf. Ein Teil der Geschichte steckt dann in den Werten - und wenn es eine 08/15-Schablone ist, die vorgibt, daß Charaktere dieser Art eben immer folgende Werte haben, weil sie ja [08/15-Schablonen-persönlichen Hintergrund hier einfügen]. Sie steckt darin, was überhaupt für Werte auf dem Charakterbogen stehen können.

Das heißt: Geschichte(nmachen) hat m.E. die Funktion, Rollenspiel (als Möglichkeit) überhaupt erst in die Existenz zu rufen.

Und dann hat sie noch ein paar Zusatzfuntionen, z.B. den Gemeinsamen Vorstellungsraum zu füllen und zu erlauben, ihn untereinander abzugleichen; Motivationen bereitzustellen und Ideen zu geben usw. usf.