Autor Thema: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL  (Gelesen 24908 mal)

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Offline Deep One

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #50 am: 6.02.2012 | 22:05 »
Wäre es zu viel verlangt, zum Thema zurückzufinden? Eigentlich hatte ich gehofft, dass es zu einem ernsthaften Dialog kommt, weil ich selbst im Moment nicht so richtig weiß, wo ich stehe bzw. wie mein eigener Leitstil aussehen sollte.

Worauf haste denn Bock? :)

Offline Grimnir

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #51 am: 6.02.2012 | 22:15 »
Das thema ist bis zu einem gewissen Grad tatsächlich belanglos. Die richtige Mischung von Freiheit/Erzählonkelei wird zu 100% durch die spezifische Gruppenkonstellation bedingt, die wieder ergbit sich aus persönlichem geschmack. Es kann daher in einer Tanelorn-Diskussion nix praktisch verwertbares rumkommen.

Diese Mischung oder besser der Leitstil allgemein ergibt sich ja zunächst nicht aus dem persönlichen Geschmack. Der muss erst noch erkannt werden. Und das ist ein langer und holpriger Weg bis dahin. Da gründet ein junger Rollenspieler als SL seine eigene Gruppe mit Rollenspielfrischlingen und weiß nicht, wie er leiten soll. Dann nutzt er den Stil, den er bei seinem SL gelernt hat. Oder er zieht die Spielleitertipps des einen Regelwerks zurate, das er kennt. Oder er interpretiert den Verlauf veröffentlichter Abenteuer, die er kauft, und versucht seine Abenteuer ähnlich zu gestalten. Ist das dann der perfekte, auf die Gruppe angepasste Stil? Mitnichten.

Man spielt ja nie in abgeschlossenen Räumen. Beeinflusst wird man immer. Und mal andere Ansätze auszuprobieren oder auch theoretischen Diskussionen zu lauschen ist da nicht der schlechteste Ratgeber. Einfach ausprobieren und akzeptieren, dass man Fehltritte macht und mal zu viel, mal zu wenig von außen übernommen hat. Dann kehrt man eben um und versucht was neues. Aber sich nach außen hin abschotten und den in der Gruppe praktizierten Leitstil nie zu hinterfragen ist bestimmt nicht der richtige Weg.
Selber Regelwerke schreiben zeugt IMHO von einer reaktionär-defaitistischen Haltung [...]

Vergibt Mitleidspunkte...
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Offline Bad Horse

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #52 am: 6.02.2012 | 22:17 »
Das Problem ist doch, dass du die Spielerbeteiligung in deiner Runde als SL nicht unbedingt steuern kannst. Du kannst diese Beteiligung zwar fördern oder behindern, aber wenn die Spieler keine allzu aktive Rolle jenseits des Charakterspielens übernehmen wollen, dann kannst du noch so sehr Bass in deiner Sandkiste spielen - es wird halt nix.

Der SL ist in seiner Funktion ja auch mit dem idealen Handwerkzeug ausgestattet, um die Handlung voranzutreiben. Insofern ist das Tandem gar nicht so schlecht gewählt - der SL ist halt derjenige, der in die Pedale stapfen muss, wenn der Rest gerade am Nachlassen ist. Normalerweise bringt das die restlichen Fahrer dann ja auch dazu, wieder kräftiger mitzustrampeln.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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ErikErikson

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #53 am: 6.02.2012 | 22:23 »
Der Dolge ist aber kein SL-Neuling.

Das Tanelorn hat viele gute Sachen zu sagen, die einem die Augen öffnen können, aber wenn man all diese Threads schon kennt dann wird man aus einem weiteren keinen Erkentnissgewinn mehr ziehen. Und ganz ehrlich: Wieviel Jung-SL lesen denn hier mit? Das soll jetzt nicht gemein sein, wenn nur einer irgendwann mitliest ist damit schon viel gewonnen.

Ich hab auch mal gedacht, es wäre das höchste des Rollenspiels, wenn man sich mit "Ihr" anspricht, jedes belanglose Gespräch ausspielt und seitenlange gedrechselte Beschreibungen vorliest. Das war zu der Zeit in. Teilweise gefällt mir das noch, teilweise nicht.   

Offline dunklerschatten

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #54 am: 6.02.2012 | 22:58 »
Wenn ich solche Themen hier lese dann frage ich mich immer ob ich ein Spielverderber bin ....

Die hier skizzierten SL-Probleme sind doch hausgemachte Sorgen die man sich selber einbrockt !

Zitat
Man hat es ja heute als SL nicht leicht. Früher hatte man immer Recht, heute ist man an allem Schuld. Man soll nicht so ein Tyrann sein, will man ja vielleicht auch gar nicht mehr, weil man auf die Idee gekommen ist, wenn die Spieler einem einen Teil der Verantwortung für das Gelingen der Spielsitzung abnehmen, trägt man leichter daran. Also fing man einfach an, weniger zu machen, und erwartete irgendwie, dass die Spieler ganz von selbst das entstehende Vakuum füllen würden. Machten sie aber nicht, stattdessen herrschte Vakuum allenthalben.

Das ist doch "Geheule" auf extrem hohen Level !
Wer zwingt mich als SL denn irgendeinen x beliebigen RPG-Mindfuck zu folgen, rischtisch niemand außer mir selber.
Und es gab in meinen Augen nie eine Zeit wo man als SL immer Recht hatte und es wird auch nie eine Zeit geben wo man als SL an allem Schuld ist.

Das wichtige im Leben und im RPG ist doch folgendes:

1.)Kenne dich selber
2.)bleibe dir selber Treu
3.)habe einen offenen Geist
4.)verbiege dich aber nicht zwanghaft


Daher, die Leiden sind selbstverschuldet bzw. eingebildet letzlich läuft es beim Rollenspiel wie in fast allen "Künsten", die Formlosigkeit ist das höchste Ziel.
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Offline Blizzard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #55 am: 7.02.2012 | 15:11 »
Man hat es ja heute als SL nicht leicht. Früher hatte man immer Recht, heute ist man an allem Schuld. Man soll nicht so ein Tyrann sein, will man ja vielleicht auch gar nicht mehr, weil man auf die Idee gekommen ist, wenn die Spieler einem einen Teil der Verantwortung für das Gelingen der Spielsitzung abnehmen, trägt man leichter daran. Also fing man einfach an, weniger zu machen, und erwartete irgendwie, dass die Spieler ganz von selbst das entstehende Vakuum füllen würden. Machten sie aber nicht, stattdessen herrschte Vakuum allenthalben.
Schön formuliert, Vermi. Ich denke, den "Wandel" den du hier beschreibst, ist ein Wandel, den das "moderne Rollenspiel" zwangsläufig mit sich gebracht hat. Seien wir doch mal ehrlich: Früher waren die Spieler froh, wenn der SL ein Machtwort am Tisch gesprochen hat, wenn Klärungsbedarf bestand. Da wurde dann ohne Gemurre weitergespielt. Heutzutage, in den Zeiten des modernen Rollenspiels, in denen die Spieler möglichst regelarm oder regelfrei spielen wollen und PlayerEmpowerment einen hohen Stellenwert geniesst, wird das Machtwort des SL viel eher als Beschneidung der Spielerfreiheit empfunden. Tja, so ändern sich die Zeiten. Dabei wäre es in diesen modernen Zeiten, in denen Regelarmut mehr oder minder eine Grundvoraussetzung für aktuelle Rollenspiele ist, nicht schlecht, sich ab und zu an die alten Tugenden und Werte des Rollenspiels zu erinnern. Ich will damit nicht sagen, dass früher alles besser war-denn das war es nicht. Es gibt einiges, was heute entschieden besser ist als damals anno'79. Aber: anstatt auf Teufel komm raus alles radikal neu zu machen, sollte man vielleicht in Erwägung ziehen, nur einen Teil neu zu machen, und einen Teil des Alten zu behalten oder zu übernehmen. Ich hab in den letzten Jahren diese Entwicklung festgestellt-an mir selbst als SL und auch in einigen von meinen Runden. Früher habe ich eher oldschool-orientiert geleitet, bin davon aber immer mehr abgekommen bis hin zu solchen Systemen, die keine Würfel verwenden oder gar ohne SL auskommen. Das hat sich auch bei der Abenteuerplanung so durchgezogen: Am Anfang nur Kaufabenteuer oder zumindest Abenteuer die teils recht exzessiv vorbereitet waren und den Spielern immer wieder Plothooks vorgesetzt. Dass Spieler das Abenteuer machen/gestalten, wäre mir nie in den Sinn gekommen und PlayerEmpowerment war für mich ein Fremdwort. Später dann nur noch wenig bis gar keine Vorbereitung der Abenteuer, viel Improvisation, und die Spieler einfach machen lassen. War aber letzten Endes dann auch nicht ganz so meins, und so habe ich versucht, einen Mittelweg zu finden: Vorbereitung? Ja-aber nicht mehr so intensiv. Improvisation während des Abenteuers: Ja, nach wie vor; aber eben nicht mehr nur Improvisieren-obwohl ich gerne improvisere. Spielerfreiheit/PlayerEmpowerment: Ja, bis zu einem gewissen Grad (frei nach dem Motto: " So frei wie möglich, so eng wie nötig"). Kurzum: Ich habe versucht, einen Leitstil (für mich) zu finden, der die Tugenden des Alten mit denen des modernen Rollenspiels vermischt. Heraus gekommen ist ein Leitstil, den ich als "traditionell modern" oder "traditionell fortschrittlich" bezeichnen würde,und der imho ein guter Kompromiss ist-sowohl für Oldschooler als für "moderne" Rollenspieler.
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #56 am: 7.02.2012 | 15:56 »
Heutzutage, in den Zeiten des modernen Rollenspiels, in denen die Spieler möglichst regelarm oder regelfrei spielen wollen und PlayerEmpowerment einen hohen Stellenwert geniesst

Fürs Protokoll:

Dieses "moderne Rollenspiel" ist in meinem Umfeld zum Teil nie richtig angekommen und zum Teil schon längst wieder ausgestorben...

In der Praxis war das bei uns nie mehr als eine Randerscheinung, die nur einen Vorteil mit sich brachte:
Man hat angesichts der neumodischen Ansätze viel klarer erkennen können, was einem an den alten gefällt und was nicht.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #57 am: 7.02.2012 | 16:31 »
Klar, das sogenannte Player Empowerment war eine andere Heilslehre (bis hin zur totalen Abschaffung des SL), mit ihren eigenen Tücken, auch die hat "man" ausprobiert, mit gemischtem Erfolg. Conflict Resolution, Agressive Scene Framing, Distributed Authoring, End Games, Personality Traits, und manchmal hat "man" sich auch da gefragt, wann es denn jetzt richtig losgeht. Aber das sind ja alles alte Hüte. Ich dachte, ich nehme zur Abwechslung mal das Sandboxing aufs Korn, weil das ja offensichtlich gerade die Modeerscheinung der Stunde ist und jeder es macht. ;)
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Offline Bad Horse

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #58 am: 7.02.2012 | 18:57 »
Beides hakt ja letzten Endes auch am selben Problem: Weder Player Empowerment noch Sandbox funktionieren, wenn die Spieler sich nicht intensiv mit dem Spiel auseinandersetzen. Ohne Arbeit und Hirnschmalz seitens der Spieler läuft beides nicht, und - große Überraschung - viele Spieler haben darauf überhaupt keine Lust!  ;)

Da könnten sie ja gleich leiten, oder so.
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Offline Tim Finnegan

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #59 am: 7.02.2012 | 18:58 »
Beides hakt ja letzten Endes auch am selben Problem: Weder Player Empowerment noch Sandbox funktionieren, wenn die Spieler sich nicht intensiv mit dem Spiel auseinandersetzen. Ohne Arbeit und Hirnschmalz seitens der Spieler läuft beides nicht, und - große Überraschung - viele Spieler haben darauf überhaupt keine Lust!  ;)

Da könnten sie ja gleich leiten, oder so.

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #60 am: 7.02.2012 | 19:13 »
Ja gut, das stimmt natürlich, darum ging's mir aber nicht primär. Sondern darum, dass "man" sich als SL, selbst wenn die Spieler keine faulen Säcke (tm) sind und machen, was sie sollen, in der deutlich passiveren/reaktiveren Rolle nicht unbedingt wohlfühlen muss. Dass sowohl Player Empowerment, als auch Sandboxing, ganz andere Dinge abliefern, als Tandemfahren. Dass, wenn man grundsätzlich die Dinge, die erfolgreiches Tandemfahren abliefert, sehen möchte, Sandboxing oder Player Empowerment ggf. gar keine gute Wahl sind. Dass die Vorstellung, mit diesen Techniken die gleichen Spaßfaktoren wie früher beim Tandem bedient zu finden, nur mit weniger Aufwand für den SL, fehlgeleitet ist.
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Offline Bad Horse

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #61 am: 7.02.2012 | 19:48 »
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

Das versucht man dann vielleicht auch, aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.
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Chrischie

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #62 am: 8.02.2012 | 08:30 »
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

[...]

Jup und deshalb habe ich versucht eine Sandbox zu leiten und es auch wieder aufgegeben. Meine Spieler sind bis auf eine Ausnahme auch nicht aktiv genug dafür. Ich habe die Zügel etwas angezogen und auf einmal haben alle wieder Spaß.  ;)

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #63 am: 8.02.2012 | 10:37 »
(…) aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.

Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.

Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.

Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.
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ErikErikson

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #64 am: 8.02.2012 | 10:40 »
Es gibt jetzt zwei "Sandbox"-Diaries, an die ich mich erinnere. Eines baut auf dem PF-Adventurepath auf, der keine Sandbox ist, und es wurde eine Abkehr von den sanboxigeren Aspekten von dne Spielern gewünscht. Damit bleibt eine Sandbox. Woran wird denn der Sandbox-Hype festgemacht?

Chrischie

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #65 am: 8.02.2012 | 10:51 »

[...]

Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Zustimmung. Ich finde es aber wichtig, dass dieser Aufbau durch das Regelsystem gefördert und abgedeckt wird.

@Erik Erikson

Der Hype zieht sich eher durch die Blogs als zwangsläufig hier im Forum.

Pyromancer

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #66 am: 8.02.2012 | 11:24 »
Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.
Das ist halt der Unterschied zwischen orthodoxer und reformierter Sandbox. Ich persönlich seh das ja, wie ich es auch als Spieler sehe: Wenn mein Charakter zwei Handlungsalternativen hat, die beide irgendwie logisch und nachvollziehbar sind, und die eine führt absehbar in gähnende Langeweile, und die andere könnte in eine Situation münden, die den Spieltisch rockt, dann überlege ich nicht lange, sondern wähle die zweite.

Zitat
Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.
Wenn man will, dann kann man auch in einer Sandbox mit rotem Faden spielen. Man muss halt die Sandbox, NSCs und SCs entsprechend "impfen".
Wobei mir nicht ganz klar ist, ob es vielleicht doch einen Unterschied gibt zwischen "Sandkasten" und "Plot-Kampagne, in der zwar Start- und Zielpunkt festgelegt sind, sich die Ereignisse aber einzig von den Aktionen und Reaktionen der SCs und NSCs getrieben entwickeln".

Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #67 am: 8.02.2012 | 11:31 »
Vielleicht kranken Sandbox und PE auch ein bißchen daran, dass sie bei einem der aktivsten Spieler am Tisch sagen: So, und du hältst dich jetzt zurück.

Das versucht man dann vielleicht auch, aber letzten Endes will man ja am Tisch auch irgendwas machen, und nicht nur Würfel rumschieben und reagieren.


Ich persönlich frage mich schon länger, warum Bass-Playing manchmal als rein reaktiv dargestellt wird. (Die Diskussion deckt sich übrigens mit keiner mir berichteten, konkreten Spielerfahrung.) Mag das daran liegen, dass das Impossible-Thing-Before-Breakfast schon beim Einkaufen der Brötchen gar nicht so unmöglich war?

Genauer: die Erkenntnis, dass Handlung in Erzählung aus der Handlung des/der Helden entsteht, diese von den Spielern geleitet wird und die Spieler damit Erzähler sind, ist ja richtig (und wichtig). Aber daraus zu schließen, dass Spielleiten als Erzählen unmöglich ist, unterstellt Handlungen die im luftleeren Raum entstehen - sprich: die nur aus der Entscheidungsfreiheit der Spieler erwachsen.
Handlung ist aber (in Realität und Spiel) kein einseitiges Konzept, sondern sie entsteht an Umständen, Herausforderungen und situativen Handlungsräumen (alles SL Hoheiten). Tatsächlich ist Kreativität ein Instrument der Problemlösung und der Creative Constraint ist wirksamer als das weiße Blatt.
Somit sind Spieler und Esel gemeinsam Schöpfer, Erzähler und Publikum der gleichen Geschichte. (Oder von n Geschichten mit n = Spielerzahl + 1). Das Possible-Thing-Before-Brunch. Das ist weder aufregend noch neu, sondern Spielrealität seit gefühlter Jung-Steinzeit.

Aber: Mein Bassplaying (so ich denn die Frechheit habe, es trotz Infragestellung der Grundannahme so zu bezeichnen), fühlt sich für mich genau SO an. Pro- und Reaktiv, mal zurückhaltend und mal solierend, immer aber auch strukturgebend. (Übrigens im RSP wie auch in der Musik.) Ich glaube unzähligen anderen SL geht es genau so, egal ob sie das Tiefton-Gleichnis verwenden oder nicht.

Ergänzt wird der Freiheitswillen vom "Ja-Sagen", dass Keith Johnstone für's Improtheater prägte - und das meines Wissens von dort übernommen wurde. Allerdings galt es für Improvisierer ohne Spielleiter.
Der Hintergedanke des Ja-Sagens ist das Vermeiden einer Entwertung von Handlungen. Statt "Ja-Aber" genügt häufig ein "...-Aber", dass klar macht, dass die Handlung der SC Konsequenzen hat. Es ist eben kein Freibrief zum Fakten schaffen.

Ich glaube also: Spielerunfreiheit ist erlaubt und sogar wünschenswert. Dazu muss sie allerdings, als unverschuldete Unfreiheit, den SC Raum zur Reaktion bieten. Will heißen die Unfreiheit besteht in der Fiktion, ist den SC bewusst und unterstellt ihnen keine vorangegangene Handlung, die die Spieler nicht beschrieben haben. So bietet die Unfreiheit genau den Funken, an dem sich die Handlung (der Helden und der Erzählung) entzünden kann.

(Ich weiß übrigens, dass dies nicht meine Entdeckung oder gar mein erfundener Stil ist.)

Mein großes ABER TROTZDEM:
Ich verdanke dem Umfeld der Theorie verschiedenste praktische Methoden. (Offenes Aussprechen von Flags, klares Strukturieren von Bangs, C-/R-Maps, niedrigeren Erwartungsdruck.) Diese sind für mich konkret nutzbar - und sie helfen mir nicht nur bei der Vorbereitung, sondern sie sind einsetzbar um die ergebnisoffene Geschichte strukturgebend wachsen zu lassen. Alle Spieler sind improvisierende Dramatiker (naja, zumindest fast), der SL setzt sich durch die Aufgabe des improvisierenden Dramaturgen davon ab.

HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Angesichts der Menge an Worten, der Kürze der Zeit und des Grades an Schlafmangel, möchte ich jede Verantwortung für Formulierung oder gar Orthographie von mir weisen.
»Gute Geschichten sind so gut aufgebaut, daß Lehrer natürlich denken, sie seien vorher geplant,
aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

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Offline Tim Finnegan

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #68 am: 8.02.2012 | 11:38 »
Ich persönlich glaube, der gegenwärtige Sandboxing-Hype hat auch viel damit zu tun, dass viele sich einfach vom fiktionalen Inhalt angesprochen fühlen. Etwas zu erforschen, sich etwas aufzubauen, an Macht und Einfluss zu gewinnen, das sind ja durchaus interessante Motive (mit oder ohne Elmore-Nostalgie). Ob aber für eine gegebene Gruppe Sandboxing im engeren Sinne, als Spielstil, die beste Wahl ist, um einen solchen fiktionalen Inhalt am Tisch umzusetzen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich meine auch dass es das so ziemlich trifft. Der Ansatz eine Bandbreite von Optionen zu haben und mehrere Facetten auszuleuchten hat seinen Reiz.
Natürlich kann man das auch anders machen, mit anderen Spielstilen, etc., nur hier ist hallt ein Tried & True am laufen.

@Pyromancer:

Naja, Setting und Roter Faden gehen oft nahtlos ineinander über. Siehe etwa das Third Empire für Traveller.
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #69 am: 8.02.2012 | 11:54 »
@ Nørdmännchen: Okay, gut, dass du den Haftungsausschluss drunter geschrieben hast, ich konnte dir nämlich nicht ganz folgen. ;) Richtig ist, dass es einen großen Unterschied zwischen Bass Playing und Sandboxing gibt, der im Wesentlichen darin besteht, dass der SL beim Bass Playing die Spieler und Charaktere ganz gezielt anspielt. D.h. in der Tat war es nicht ganz sauber von mir, Bass Playing als passiv-reaktiven Leitstil zu bezeichnen.

Ich ganz persönlich habe mich in verschiedenen Konstellationen an Bass Playing versucht, viel dazu gelesen und auch geschrieben, und mir sehr viel davon versprochen. Letztlich fühlte ich mich als SL aber oft hilflos, wenn ich merkte, dass das Spiel irgendwie stockte, in eine Sackgasse lief, zerfaserte, da hatte ich als Tandemfahrer ein erprobtes und zuverlässiges Repertoir, um schnell gegenzusteuern, aber als Bassspieler kam ich dann irgendwann selbst aus dem Rhythmus und konnte nicht wirklich was dagegen machen (was wohl dann, solange noch Handlungen und Konsequenzen stattfanden, von mir auch nicht erwartet wurde). Hinzu kommt beim Bass Playing die Problematik des fehlenden Gruppenspiels, die mir oft nur unbefriedigend gelöst schien.

Die Freiräume, das Ja-Sagen, solche Techniken verwendet selbstverständlich auch der moderne Tandemfahrer reichlich.
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oliof

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #70 am: 8.02.2012 | 12:15 »
Bezogen auf Sandboxing: Das ist die eine Seite der Medaille, wobei natürlich NSCs und Monster auch agieren können, aber eben nur aus ihrer inneren Motivation heraus agieren sollen, und nicht aus einer übergeordnete Agenda des SL wie etwa den Spielabend spannend zu gestalten.

Und die andere Seite der Medaille ist, dass „man“ vielleicht auch als Spieler eher genervt reagiert, wenn man zwar aktiv ist, eigene Ziele verfolgt und den Gerüchten, die interessant klingen, nachgeht, sich aber die Dinge eben oft eher undramatisch und/oder unzusammenhängend entwickeln. Mangels Hintergrundwissen kann (und soll) man als Spieler beim Sandboxing ja nicht für einen „roten Faden“ sorgen, und der SL tut es auch nicht, bzw. der rote Faden sind eben die Charaktere und sonst nichts.

Genau wie die forgigen Heilslehren eine gewisse Grundfertigkeit und Lernwilligkeit voraussetz(t)en und auch hier die Anwendung der Regeln allein nicht zum Totalen Spielerlebnis führt(e oder führen konnte), gilt auch für die Sandbox, dass sie sich nicht selbst spielt.   Sandbox ist erstmal für sich weder gut noch schlecht; wie du weiter ausführst, kann sie für eine gewisse Art von Spielinhalt und Gruppe genau richtig sein.

Ich habe in den letzten vier Jahren eine "gefälschte" (in Wahrheit doch geskriptete) und eine "echte" (ungeskriptet, aber … wie hiess es … reformierte, also nicht simulationistisch-kleinkarierte sondern "was immer du tust, etwas spannendes passiert") Sandbox kennengelernt; die letztere macht weiterhin viel Spass. Aber auch hier ist "tandemfahren" angesagt – der SL muss eine gute Vorstellung davon haben, was die Spieler wollen, und die Spieler müssen natürlich auf die Geschehnisse im Spiel anspringen. Aber ist das nicht die Binsenweisheit vom "miteinander spielen"?

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #71 am: 8.02.2012 | 12:40 »
Die reformierte Sandbox klingt für mich irgendwie nach Roads to Rome.
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oliof

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #72 am: 8.02.2012 | 12:57 »
Wie meinen?

Offline Ralf

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #73 am: 8.02.2012 | 13:02 »
"Roads to Rome" steht für einen halboffenen Spielstil bei dem der Weg zwar frei steht, aber, unabhängig davon was passiert immer zum selben vorher festeglegten Ende führt. Abgeleitet von "alle Strassen führen nach Rom".
Was oliof meinte ist aber nicht dasselbe. Eher "alle Strassen führen zu irgendeinem spannenden Ort in Italien" wenn ich es recht verstanden habe...
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- Jesse "The Body" Ventura

oliof

  • Gast
Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #74 am: 8.02.2012 | 13:08 »
Definition von Roads to Rome gefunden.

Nein, Roads to Rome war was ich die "gefälschte" Sandbox genannt habe. Was in der "echten" ein bißchen nach "Roads to Rome" riecht ist vielleicht, dass wir uns mittlerweile auf einen der Big Player eingeschossen haben und uns nun um den kümmern. Wir könnten aber wahrscheinlich auch ein Boot nehmen und woanders hinfahren; das Interesse am derzeitigen Geschehen ist aber gross genug, dass wir eben "mit in die Pedale treten", um hier einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Und natürlich suchen wir uns jetzt gezielt Dinge aus, die eben mit dem derzeitigen Geschehen zu tun haben und unsere Erfolgsaussichten zu verbessern …

EDIT: Ja, Ralf triffts auf den Punkt.