Autor Thema: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL  (Gelesen 24880 mal)

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Taschenschieber

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #125 am: 8.02.2012 | 19:00 »
Die Fakten sind von vorneherein festgelegt - wenn ich mich also an meine Setzung halte, kann ich damit weder bewusst noch unbewusst die Umgebung an die Handlungen der SCs (die erst stattfinden, nachdem ich die Festlegung getroffen habe) anpassen.

Wenn ich die Fakten hingegen erst im Spiel festlege, dann kann ich das sehr wohl.

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #126 am: 8.02.2012 | 19:29 »
Und daraus ergab sich dann ein unnötiges Lager-Denken, als ob man entweder NUR Particionism-orientiert ODER Sandbox-orientiert spielen könnte. Als ob es da keine Zwischenstufen gäbe.

Ein dreifaches Danke; viel mehr wollte ich heute morgen auch nicht zum Besten geben.  Bei all den Polaritäten wird oft übersehen, dass viele entwickelte Techniken sinnvoll verwendet werden können, ohne dass die Spielleitung entweder absolut freiheitlich oder nur gängelnd ist.
Mit meinem Geblubber wollte ich nur andeuten, dass das Impossible-Thing... und das Ja-Sagen implizieren können, die Spieler müssten völlig frei von Vorgaben bleiben. Im Sinne der Kreativität passiert dann aber meistens gar nix und die im Eingangspost beschriebene Langeweile tritt ein.

Ich persönlich versuche mich an einer erweiterten Form des Bassplayings. (Scheint ja veraltet zu sein... aber was solls?!  :korvin:)

Erklärungsversuch: Der SL improvisiert andauernd, aber er bereitet nicht nur vor und reagiert dann. Vielmehr nimmt er in verschiedenen Situationen Einfluss, um dem Spiel eine Struktur zu geben.

Dieser Einfluss bedeutet eine Unfreiheit für die Spieler - aber nicht für ihre Reaktionsmöglichkeiten. Ein erweiterter Bang; mit anderen Worten:
  • Die Unfreiheit ist völlig in der Spielwelt begründet; sie ist also eine Unfreiheit der SC.
  • Die Unfreiheit ist den SC als solche bewußt; sie können darauf reagieren.
  • Sie haben die Unfreiheit nicht verschuldet; es sei denn durch Handlungen, die zuvor von den Spielern gelenkt wurden.
  • Der SL gibt nicht vor, wie die Unfreiheit gelöst werden muß.

Bezogen auf den Illusionismus:
Es ist nicht statthaft, wenn die Handlungen der SC entwertet werden. Wenn ihnen also die Art und Weise der Problemlösung vom SL diktiert wird.
Es ist statthaft, die SC zum Handeln zu zwingen. Sie also per SL-Entscheid mit einem Problem zu konfrontieren.
Zudem darf der SL motivieren und prüfen und auch dafür Spielwirklichkeit on-the-fly konstruieren.

Es geht darum, dass aus dem Konflikt (den der SL initiiert) eine Handlung entsteht. Diese wird frei improvisiert, bis der Konflikt in seiner bisherigen Form aufgelöst wird.
Dann greift der SL lenkend ein, indem er den Konflikt erweitert oder auf einen neuen Konflikt verweisen lässt. (Es geschieht das, was einen Plotpoint auszeichnet.)
Aus dieser Wandlung des Konflikts entsteht die Struktur der Erzählung.

Ich bin dazu übergegangen, einen Konflikt einzuführen und dann meine Spieler zu analysieren. Wenn sie sich ein festes Ziel fassen, dann weiß ich, wo ich den nächsten Plotpoint vermuten darf. Den Weg dahin können sie sich selbst gestalten. Ich belohne dieses explizite "Fassen-Eines-Zieles" sogar, indem ich eine Art Fanmail-Pool aufstocke. Wir sprechen untereinander vom Fixpunkt und es geschieht fast immer völlig In-Time als Planung der SC.

Wer noch ein Beispiel aus einem anderen Bereich haben möchte und Keith Johnstones "Theaterspiele" zur Hand hat, der lese die "Reise ohne Karte" (in meinem Exemplar: S.112).
Johnstones Sohn soll eine Geschichte schreiben, der Auftrag der Lehrerin ist der vorherige Entwurf einer Karte. Johnstone ermutigt seinen Sohn zur Improvisation und macht nur Eingaben, wenn die Sache ins Stocken gerät: "Fang mit etwas Gewöhnlichem an, lass etwas Ungewöhnliches passieren, bring den Held in Schwierigkeiten, befreie ihn indem Du den Anfang aufgreifst."
Hier verwendet Johnstone die elementarste dramaturgische Form: Exposition-Konflikt-Auflösung unter Bezug auf die Exposition. Er wird zu dem, was ich einen improvisierenden Dramaturgen nennen würde. (Sein Sohn ist der improvisierende Dramatiker.)

Viele Grüße,
Henning
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 19:43 von Nørdmännchen »
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Offline Blizzard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #127 am: 8.02.2012 | 19:36 »
Die Fakten sind von vorneherein festgelegt - wenn ich mich also an meine Setzung halte, kann ich damit weder bewusst noch unbewusst die Umgebung an die Handlungen der SCs (die erst stattfinden, nachdem ich die Festlegung getroffen habe) anpassen.
Vorher festgelegte Fakten an die Spielwelt bzw. an die Charaktere anpassen ist eine Form der Improvisation.Ich sehe also nicht, warum das nicht gehen sollte. Es sei denn, du willst nicht improvisieren und beharrst stur auf deinen vorab festgelegten Fakten.
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Pyromancer

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #128 am: 8.02.2012 | 19:43 »
Vorher festgelegte Fakten an die Spielwelt bzw. an die Charaktere anpassen ist eine Form der Improvisation.Ich sehe also nicht, warum das nicht gehen sollte. Es sei denn, du willst nicht improvisieren und beharrst stur auf deinen vorab festgelegten Fakten.

Ich denke, wir sind längst über den Punkt hinaus, an dem "etwas nicht geht". Natürlich geht's. Die Frage ist doch: Welchen Einfluß hat es auf das Spiel, wenn man im Nachhinein Fakten verändert? Und gibt es vielleicht gute Gründe dafür, es nicht zu tun.

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #129 am: 8.02.2012 | 19:46 »
@ Nørdmännchen: Ja, ein Spielstil kann zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Verhandlungsmethoden und Autoritäten beinhalten, sodass die Ausgänge unterschiedlicher Situationen nicht immer zwingend nach der gleichen Maxime bestimmt werden. Man kann z.B. ein Abenteuer mit mehreren "Flaschenhälsen" haben, dazwischen aber völlig freies Spiel ohne "SL-Zwang", vielleicht auch Kämpfe mit offenem Ausgang aber ohne dass Charaktere sterben können. Man kann in manchen Szenen ganz viel Handwedeln und in anderen Szenen akribisch die Regeln anwenden.

Das alles funktioniert am besten, wenn es transparent abläuft und auch jederzeit klar ist, wie darüber entschieden wird, von einer Form in die nächste zu wechseln. In Danger Zone habe ich versucht, diese Transparenz im Regelgerüst zu verankern.
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Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #130 am: 8.02.2012 | 20:15 »
@ Nørdmännchen: Ja, ein Spielstil kann zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Verhandlungsmethoden und Autoritäten beinhalten, sodass die Ausgänge unterschiedlicher Situationen nicht immer zwingend nach der gleichen Maxime bestimmt werden. Man kann z.B. ein Abenteuer mit mehreren "Flaschenhälsen" haben, dazwischen aber völlig freies Spiel ohne "SL-Zwang", vielleicht auch Kämpfe mit offenem Ausgang aber ohne dass Charaktere sterben können. Man kann in manchen Szenen ganz viel Handwedeln und in anderen Szenen akribisch die Regeln anwenden.

OK, so könnte man es vielleicht sehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, die Verhandlungsmethode, den Grad an Autorität, die Stringenz der Regelanwendung oder der SL-Hoheit zu variieren. Ich fühle mich permanent aktiv und konsequent in der Methodik (beim Fällen von Entscheidungen). Manchmal muss ich nur mehr Inhalt in die Geschichte einbringen (sobald sich Konflikte ergeben oder wandeln) während ich an anderer Stelle nur auf Handlungen reagiere und Regeln anwende. Meine Maxime bleibt (meinem persönlichen Eindruck nach) unangetastet.
Ich varriere also den Grad meiner Aktivität, nicht den meiner Methode. Das Brechen mit dem Spielstil wäre mMn nur dann erforderlich, wenn ich davon ausgehen würde, dass zu einer gegebenen Zeit nur der SL oder nur die Spieler Erzähler (besser: Urheber) sein können. Ich glaube aber: wir sind alle gemeinsam und gleichzeitig schöpferisch. Oder habe ich einfach nur eine völlig andere (vielleicht auch krude) Auffassung?

Ich würde das wirklich gerne nachvollziehen. Denn diese (künstliche?) Trennung der Urheber-Funktion ist das Hauptproblem, das ich mit vielerlei SL-Theorie habe.

Vielen Dank für Erhellung  :), Grüße,
Henning
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Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #131 am: 8.02.2012 | 20:42 »
Okay, das führt jetzt relativ weit, aber was soll’s:

Ich varriere also den Grad meiner Aktivität, nicht den meiner Methode. Das Brechen mit dem Spielstil wäre mMn nur dann erforderlich, wenn ich davon ausgehen würde, dass zu einer gegebenen Zeit nur der SL oder nur die Spieler Erzähler (besser: Urheber) sein können. Ich glaube aber: wir sind alle gemeinsam und gleichzeitig schöpferisch.

Gleichzeitig und arbeitsteilig, das ist doch der Punkt. Von einem Brechen des Spielstils würde ich auch nicht sprechen, es ist ein einheitlicher Spielstil, wenn erfolgreich praktiziert. Es kommen aber ggf. zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Techniken zum Einsatz (weiß nicht, ob du das mit „Methode“ meinst oder nicht).

Beispiel: Die SCs jagen einen Kleinkriminellen durch die Stadt, und die Stadtwachen sind auch hinter ihm her. Will ich die Szene erzählerisch und mit etwas Handwedeln abhandeln, oder will ich es exakt nach den Regeln auswürfeln? Oder lasse ich vielleicht jeden mal einen Wurf machen, wie gut er sich schlägt, und gehe dann zum Handwedeln über? Von den drei verschiedenen Ausgängen (die SCs kriegen ihn, die Stadtwachen kriegen ihn, er entkommt), sind mir alle recht bzw. finde ich alle interessant? Oder will ich aus dramaturgischen Gründen einen davon erzwingen, brauche ihn vielleicht sogar, damit mein Abenteuer funktioniert? Möchte ich ein Aufeinandertreffen von SCs und Stadtwachen provozieren oder lieber vermeiden, oder bin ich da indifferent?

Feststellungen dazu:

1) Je nachdem, was ich als SL aus dieser Szene will, wähle ich die Techniken, die zum Einsatz kommen. SL-Zwang ja oder nein, ggf. statt dessen Zufallselemente/Modellierung nach Regeln, Handwedeln ja oder nein, etc.

2) Egal wie ich mich entscheide, diese Entscheidung und die daraus folgenden Handlungen sind mein schöpferischer Beitrag und die Entscheidungen und Handlungen der Spieler sind ihr schöpferischer Beitrag, die sich in der Narrative gegenseitig ergänzen. Ob allerdings die Entscheidungen und Handlungen der Spieler einen Einfluss auf den Ausgang der Situation haben, ist eine andere Frage, das liegt in meiner Hand als SL.

3) Eine mögliche Quelle von Frustration sind Missverständnisse darüber, wann die Spieler auf einen Ausgang Einfluss haben und wann nicht, oder wann Dinge Gehandwedelt und wann sie strikt nach den Regeln abgehandelt werden. Um solche Missverständnisse zu vermeiden, habe ich früher als SL im Wesentlichen einfach verbale Ansagen gemacht. Als Design-Ziel versuche ich heute, diese Differenzierungen klarer greifbar und kommunizierbar zu machen.

4) Selbst wenn feststeht, dass die Stadtwachen ihn kriegen, ist es nicht egal, wie gut sich die Spieler schlagen, im Gegenteil kann es u.U. den Spielern großen Spaß machen, alle Register bei der Verfolgung zu ziehen und mich echt ins Schwitzen zu bringen, wie ich es jetzt plausibel hinkriege, mein Ziel zu erzwingen. Sicherlich wird dies auch auf die spätere Reaktion der Stadtwachen und des Kleinkriminellen bei einem Wiedersehen mit den Charakteren Einfluss haben. Und wer weiß, vielleicht sind sie sogar so gut, dass ich am Ende meinen Plan über den Haufen werfe.
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Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #132 am: 8.02.2012 | 23:27 »
Ja, das kann ich so einsehen. Eine Technik ist eine Vorgehensweise im Sinne: Wie entscheide ich darüber, was die Konsequenzen einer Handlung sind. (Oder wie oben: Was definiert den Ausgang einer Situation?)

Dann habe ich mich vielleicht nicht klar genügend ausgedrückt. Es geht um folgenden Satz:
Zitat
Es ist nicht statthaft, wenn die Handlungen der SC entwertet werden. Wenn ihnen also die Art und Weise der Problemlösung vom SL diktiert wird.

Damit wollte ich sagen: ich persönlich will immer, dass der Ausgang der Situation ergebnisoffen ist und vom Spielgeschehen (bzw. nach den verwendeten Techniken) festgelegt wird. Also nicht (auch nicht manchmal) durch SL-Willkür beschlossen wird. Als SL ist es dann meine Aufgabe jedes eintretende Ergebnis als Fortschreiten der Handlung zu verstehen und zu ermöglichen. (Das ist auch in meinem Sinne von Bassplaying.) Soweit also meine Einheitlichkeit der Technik.

Ich plädiere nur für Folgendes:
Die Macht des SL besteht im laufenden Spiel in dem (Mit-)Erzeugen neuer Situationen. Auch der SL handelt (durch die SLC), was ebenso wenig zu entwerten ist wie die SC-Handlung. Der SL ist schlicht und ergreifend ebenso Teil des Prozesses wie die Spieler und steht nicht daneben. Er muß sich nicht entscheiden zwischen: "Ich will alles bestimmen," oder: "Ich lege nur die Handlungen der SC aus." Stattdessen sagt er: "Ich lege die Handlungen nach den geltenden Techniken aus, aber ich handle auch selbst."
Sowohl Spieler als auch SL haben dann lenkenden Einfluss - wo es endet steht nicht fest. Ein Bang ist ein gutes Beispiel hierfür, da er von Natur aus keinen Handlungsverlauf vorgeben soll, aber doch stark die Handlung prägt (er ist Index für einen Konflikt). Wenn man diese "Impulse" nicht nur als Beginn einer Spielsitzung sieht, sondern sie auch im Verlauf gezielt einsetzt, können sie ein Spielerlebnis ohne (oder mit wenig) Langeweile fördern. Trotzdem wird völlig ergebnisoffen gespielt. Wenn das Bassplaying zur Eintönigkeit führt: öfter mal neue "Anfänge" (eigentlich sind es Wendepunkte bzw. Plotpoints) in den Abend werfen.

Das ist meiner Auffassung nach etwas anderes als das erwähnte Tandem, oder? Denn im Grunde wollte ich mich nur dafür aussprechen, dass Bassplaying nicht zur Langeweile führen muss.

Aber danke für die Geduld und Klarstellung  :)
Grüße, Henning

EDIT: Natürlich müssen die erwähnten Impulse logisch aus den spontan ermittelten Ausgängen der vorherigen Situationen folgen. Fest geplante Bangs bergen die große Gefahr, dass sie nicht zum Einsatz kommen können. Aber es müssen eben auch keine perfekten Bangs sein...
« Letzte Änderung: 8.02.2012 | 23:31 von Nørdmännchen »
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aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

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Offline Benjamin

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #133 am: 9.02.2012 | 06:48 »
Das ist mein Problem mit Plots: Sie machen mich als SL unflexibel, am Ende spiele ich sogar gegen die Spieler, um ihn durchzuziehen.

Offline 1of3

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #134 am: 9.02.2012 | 08:16 »
[...] am Ende spiele ich sogar gegen die Spieler, um ihn durchzuziehen.
[/quote]

Per se nicht schlimm. Solange die Spieler solide Möglichkeiten haben, um gegenzuhalten.

El God

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #135 am: 9.02.2012 | 08:17 »
Vorsicht. Noch einen Schritt weiterdenken und wir sind beim Player Empowerment! RollenspielKOMMUNISTEN!
« Letzte Änderung: 9.02.2012 | 08:19 von Dolge »

Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #136 am: 9.02.2012 | 10:48 »
Moin Henning! :)

Zustimmung in zweierlei Hinsicht: Erstens, ja, in meinem bevorzugten Spielstil verstehe ich es ebenfalls als Aufgabe des SL, durch die kleinen Wendungen und Details, das Spiel der NSCs und der Spielwelt, einen kreativen Beitrag zur Fiktion zu leisten. Dieser Beitrag ist für den Spielspaß wahrscheinlich viel entscheidender als z.B. die Frage, ob der SL hier und da den Ausgang einer Situation durch Zwang vorgibt, oder nicht. Es findet also, sowohl beim Tandemfahren als auch beim Bassspielen, ein „Sich-gegenseitig-die-Bälle-zuspielen“ statt, bei dem jeder, Spieler oder SL, die kreativen Beiträge der anderen aufgreift und durch seine eigenen Beiträge fortführt. Um noch weiter mit Buzzwörtern um sich zu schmeißen, könnte man sagen, Tandemfahren und Bassspielen gehören beide zur großen Erzählspielfamilie. ;)

Zweitens, ja, was du beschreibst ist klassisches Bass Playing und der Unterschied zum Participationism (Tandemfahren) liegt genau da, wo du ihn ausgemacht hast: Eben bei der Ergebnisoffenheit. Wobei das nicht binär zu sehen ist, der Tandemfahrer-SL kann durchaus viele Szenen auch ergebnisoffen laufen lassen und seine Planung fortlaufend an die veränderte Situation anpassen. Wenn jede einzelne Situation im Spiel, bis ins kleinste Detail hinein, in ihrem Ausgang vom SL bestimmt wird, entsteht eben das bereits erwähnte Einbahnstraßenspiel, das leider ein nicht so einfach loszuwerdendes Gespenst ist. 

Aber es ist halt nicht so, dass komplett ergebnisoffenes Spiel der einzige Weg wäre, vom Einbahnstraßenspiel wegzukommen. Und der höhere Grad der Planbarkeit und Beherrschbarkeit beim Participationism macht es mir persönlich als SL leichter, den Spielern interessante Inhalte anzubieten, die Spieler gezielt zu fordern und ihnen gute Bälle zuzuspielen. Ich bin halt so strukturiert, dass ich die Dinge gerne vorher durchdenke. Manchmal habe ich auch direkt am Spieltisch Geistesblitze, aber oft kommen mir gute Ideen erst, nachdem ich länger über etwas nachgedacht habe. (Und ja, ich weiß, dass man auch Bass Playing vorbereiten kann und soll, aber es hat halt für mich meistens einfach nicht so gut funktioniert.) 

Gruß Frank
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Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #137 am: 9.02.2012 | 11:15 »
Cool, dann sind wir uns glaube ich einig.

Natürlich glaube ich:
Alle Ansätze und Überlegungen haben ihre Berechtigung und schärfen die eigene Wahrnehmung. Was es erleichtert den eigenen Stil/Geschmack zu finden, zu definieren und ins Besondere seinen Mitspielern zu kommunizieren. Dementsprechend danke für den Austausch (Klarheit ist was Schönes).

(Ich bin ein verdammter Harmonie-Suchtbolzen.)

Grüße,
Henning
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Offline Bad Horse

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #138 am: 9.02.2012 | 22:09 »
(Ich bin ein verdammter Harmonie-Suchtbolzen.)


Stimmt. :D
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #139 am: 10.02.2012 | 14:54 »
Ein bisschen Ergebnisfreiheit während des Spiels gibt es nicht. Was zählt ist, wenn es zum Konflikt zwischen den Vorstellungen kommt. Genausowenig wäre ein Storyteller ja befriedigt, wenn er sich halt an der szenischen Beschreibung der durchreisten Landschaft abseits des Weges austoben dürfte, aber sonst nichts.
Wol das gewünschet Maß liegt, mag ja bei jedem etwas anders sein, aber wo auch immer das dann ist, ist das vor dem Spiel festzulegen.
Wobei auch eine Planung einer Sandbox ja nicht umfassend sein kann, genauso wie kein Regelsystem wirklich komplett ist. Wo es Unterschiede gibt, ist in der Art und Weise wie und mit welchem Ziel diese Freiräume dann gefüllt werden (von regelbrechenden Übergriffen ganz zu schweigen).

Entsprechend sehe ich den SL auch nicht generell berechtigt, Konflikte spontan zu erzwingen. Auch die Aussage diesen Konflikt nicht zu führen ist eine Entscheidung des Spielers - soweit er eben nicht vor dem Start entsprechend qualifiziert gebrieft worden ist und dass dann mit seinem bewußten Einsteigen in die Runde abgenickt hat. Dann wäre es seine Pflicht entsprechend verabredungsgemäß zum Spiel beizutragen. Umgekehrt können so auch ganze Konflikte unzulässig sein - z.B. wenn eine Hofkampagne versprochen worden ist und das Spiel quasi damit beginnt, dass alle an eine ferne Front in der Barbarei als Soldaten zwangsverpflichtet worden sind.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #140 am: 10.02.2012 | 15:10 »
Klar, wenn die Spieler was anderes erwarten, als der SL macht, haut es nicht hin. Wenn dann auch noch Täuschung dazu kommt, hast du halt das Illusionismus-Problem / Impossible Thing Before Breakfast. Deswegen plädiere ich für Transparenz in den Abläufen. Das genaue Maß findet sich denke ich eher während des Spiels, sowas abstrakt vorher diskutieren und festlegen zu wollen, klappt m.E. nicht. So was muss sich bei einer Gruppe einfach "einspielen" (bzw. manchmal klappt es auch auf Anhieb, wenn man Spieler hat, die sehr gut zusammen passen). Das gilt ja auch für andere Dinge am Spieltisch.
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oliof

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #141 am: 12.02.2012 | 01:02 »
I'd +1 that.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #142 am: 12.02.2012 | 14:06 »
Nur noch mal eine Nuance die ich noch nicht so ganz verstehe: Kann man diesen Stil wirklich Partizipationismus nennen, also ist es wirklich das gleiche dem SL die Story zu überlassen und ihn "fahren" zu lassen während man als Charakter-Spieler mit "tritt", als wenn man sich vom SL bewusst völlige Handlungsfreiheit vortäuschen lässt.

Ich finde Partizipationismus nämlich so einen schwer haltbaren (sweet ?) Spot. Es ist ja gerade nicht explizit dass der SL die Story macht und man einfach dazu beiträgt, sondern es bleibt implizit. Der SL ist dafür verantwortlich die Story zu machen, aber für die Illusion von Handlungsfreiheit selbst zu sorgen. Die Spieler beschränken sich dahingehend nie selbst, haben nie die Story oder ihre Beschränkungen im Blick.
Ich würde sagen da ist noch ein ziemlich entscheidender Unterschied.

Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #143 am: 12.02.2012 | 14:39 »
Entsprechend sehe ich den SL auch nicht generell berechtigt, Konflikte spontan zu erzwingen. Auch die Aussage diesen Konflikt nicht zu führen ist eine Entscheidung des Spielers - soweit er eben nicht vor dem Start entsprechend qualifiziert gebrieft worden ist und dass dann mit seinem bewußten Einsteigen in die Runde abgenickt hat.

Grundsätzlich stimme ich Dir da voll zu. Ich will Dir mit diesem Post auch nicht widersprechen, aber dennoch in meinem Sinne ergänzen bzw. kommentieren:
Ich spreche nicht vom Erzwingen einer Konfrontation, sondern vom Initiieren eines Konflikts. Wenn die Spieler auf einen Konflikt nicht eingehen, ok. Ein zweites Ausweichen (auch Spieler haben Angst, Veränderungen zuzulassen) - meinetwegen. Spätestens das dritte Mal deutet jedoch auf ein Problem hin. Entweder die Spieler oder der SL halten sich nicht an die geltende Agenda.
An dieser Stelle bietet die Freiheit ("dann macht doch was Ihr wollt") nur bedingt mehr Spannung. Geschichten brauchen Konflikte (zumindest jene Geschichten die ich spielen möchte).
Besser ist eine Klärung: "Welche Art Konflikte wollen wir? Warum scheuen wir welche Konfrontationen?" usw.

Zum Zwang:
Ich finde Zwänge in der Spielwirklichkeit, wie oben dargestellt, durchaus legitim. Z.B.: "Natürlich müsst Ihr Eure Unschuld nicht beweisen, aber dann werdet Ihr Euch wohl mit der Polizei auseinander setzen müssen." Es muss ein Zwang sein, eine Handlung zu wählen, nicht der Zwang zu einer spezifischen Handlung (die der SL gewählt hat).
Für mich ist dies bereits ein Konflikt: "Wie entscheide ich mich?" Wenn auch noch nicht im Sinne einer zwingenden Konfrontation mit Gegenspieler XY. Im Sinne der Ergebnisoffenheit und Klarheit können wir es auch die "Aufforderung zur Wahl des Konflikts" nennen.
Ich glaube wir brauchen eine Begrenztheit der Möglichkeit, um frei handeln zu können. (Ist eher ein philosophischer Standpunkt.) Außerdem sind Grenzen meiner Erfahrung nach förderlich für die Kreativität.

Deswegen sage ich: Wenn wir annehmen, dass die Spieler mit ihren Mitteln Erzählung schaffen können ohne dabei in den Verdacht von Railroading zu geraten, dann kann das auch der SL und zwar zur gleichen Zeit. Die Idee die mancherorts mitschwingt (leider auch in Erklärungen des Impossible Things...) sagt: "Wenn die Spieler die Erzähler sind, kann es der SL nicht sein." Damit wäre ich nicht einverstanden.

The story is presumably about what the main characters did. If the character players have full control over what the characters do, then the referee cannot have control of the story; conversely, if the referee has full control of the story, then the players don't really have any control over what the characters do.
(Hervorhebung von mir, vielleicht anders gemeint - dann aber mißverständlich.)

Und um mit dem Verminator zu sprechen: alle Theorie ist grau, im Spiel funktioniert es mit etwas eingrooven gut (um mal beim Baßspielen zu bleiben).

Liebe Grüße,
Henning

PS: Ich wäre ebenfalls stark an einer Antwort auf Dr.Boomslangs letzte Frage interessiert. Ein +1 von mir.

EDIT: Minor Zeichensetzung...
« Letzte Änderung: 12.02.2012 | 15:17 von Nørdmännchen »
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #144 am: 12.02.2012 | 15:40 »
Ich möchte noch ergänzen: Wenn die Spieler mit den "Zwängen zur Konfliktwahl" unzufrieden sind, dann sollte dies außerhalb des Spiels geklärt werden. Eben weil die gemeinsame Agenda verlassen wurde und Geschichten gespielt werden, auf die nicht alle Bock haben. Mit einem Mangel an Ergebnisoffenheit hat dies allerdings meiner Meinung nach nichts zu tun, da der SL innerhalb seines Hoheitsgebiets improvisiert (so lang er nicht in die Handlungen der SC eingreift).
OK, wir könnten über den Fall diskutieren, dass immer wenn die SC einen Weg gehen, der dem SL nicht passt, eine neue Einschränkung auf den Plan tritt. Aber das ist meines Erachtens ein Problem der Praxis. Der SL sollte offen sein für die Lösungsansätze der Spieler, nachdem sie sich einen Konfrontation gewählt haben und sie nicht sofort mit einer weiteren Einschränkung belästigen.

In diesem Sinne: nach Spielbeginn existiert nie mehr völlige Ergebnisoffenheit. Sobald irgendein Mitspieler (inkl. des SL) irgendetwas beschreibt ist die Möglichkeit dessen was noch passieren kann eingeschränkt. Vielleicht ist es hilfreich, sich den Prozess der Improvisation als ein fortschreitendes, kooperatives Einschränken der Ergebnisoffenheit vorzustellen. Am Ende steht dann das Finale und schließlich der Abspann. (Im Rückblick ist die Geschichte gleichsam in Stein gemeißelt.)

Zu guter Letzt: Auch eine Sandbox ist doch eine Einschränkung der möglichen Ergebnisse, oder wieso habe ich es sonst noch nie geschafft Darth Vader unter die Mittelerde zu bringen?

Blabla - entschuldigt meinen Redefluß, liebe Grüße,
Henning
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #145 am: 12.02.2012 | 16:03 »
In diesem Sinne: nach Spielbeginn existiert nie mehr völlige Ergebnisoffenheit. Sobald irgendein Mitspieler (inkl. des SL) irgendetwas beschreibt ist die Möglichkeit dessen was noch passieren kann eingeschränkt.
Das ist ja das, was man vor dem Spiel "sich einigen, was man spielen will" nennt, und während des Spiels "Handlungen und Konsequenzen bzw. Ursache und Wirkung".

Zitat
Zu guter Letzt: Auch eine Sandbox ist doch eine Einschränkung der möglichen Ergebnisse, oder wieso habe ich es sonst noch nie geschafft Darth Vader unter die Mittelerde zu bringen?
Dieses Argument wird ja in ähnlicher Form immer wieder gebracht, wird dadurch aber nicht stichhaltiger. Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen
1) der Einschränkung der Ergebnismenge, weil die Grundregeln der Welt, auf die man sich vor Spielbeginn geeinigt hat, eben gewisse Ergebnisse nicht hergeben ("Wir spielen 1315n.Chr., da gibt's kein Penicillin." - "Spielleiterwillkür!") und
2) der Einschränkung der Ergebnismenge, weil der SL die Grundregeln der Welt aushebelt ("Der Oberschurke entkommt auf jeden Fall, egal, was ihr tut und vorher vorbereitet habt." - "Spielleiterwillkür!").

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #146 am: 12.02.2012 | 16:09 »
Natürlich ist das Argument stichhaltig, wenn man nur die Form der Einschränkung (bei Dir 1) mit einschließt. (Und ich glaube genau das habe ich, wenn auch etwas wortreich, getan.)
Ich sehe das alles genau so, aber mir wird bei der Forderung nach Ergebnisoffenheit zu oft die Unterscheidung der Einschränkungen unterlassen (oder sie wird unscharf).
Logische Beschränkungen in der Spielwelt - ja. Entwertung der SC-Handlung - nein.

EDIT: Zu vor dem Spiel: einigen; und während des Spiels: Ursache und Wirkung.
Ja, genau das ist es. Mit der Betonung, dass logische Einschränkungen auch während des Spiels stattfinden. Immer als Ursache-Wirkung, nur sind die SC und deren Handlungen nicht die einzige in Frage kommende Ursache. Wobei SLC-Handlungen logisch bleiben sollen und ebenso den Regeln unterliegen wie SC-Handlungen.
« Letzte Änderung: 12.02.2012 | 16:31 von Nørdmännchen »
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #147 am: 12.02.2012 | 21:36 »
Kann man diesen Stil wirklich Partizipationismus nennen, also ist es wirklich das gleiche dem SL die Story zu überlassen und ihn "fahren" zu lassen während man als Charakter-Spieler mit "tritt", als wenn man sich vom SL bewusst völlige Handlungsfreiheit vortäuschen lässt.

Ich finde Partizipationismus nämlich so einen schwer haltbaren (sweet ?) Spot. Es ist ja gerade nicht explizit dass der SL die Story macht und man einfach dazu beiträgt, sondern es bleibt implizit. Der SL ist dafür verantwortlich die Story zu machen, aber für die Illusion von Handlungsfreiheit selbst zu sorgen.

Das ist nicht mein Verständnis von Participationism, und ich glaube das ist auch nicht die offizielle Lesart auf der Schmiede. Was du beschreibst, ist doch letztendlich Illusionism, nur dass die Spieler, na ja, einen Verdacht haben und sich dann blind stellen? Nein, ich glaube wirklich nicht, dass P so definiert ist. Wenn dem so wäre, dann wäre Tandemfahren nicht P und Danger Zone nicht das neue beste System für P. ;)
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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #148 am: 12.02.2012 | 22:30 »
Natürlich ist das Argument stichhaltig, wenn man nur die Form der Einschränkung (bei Dir 1) mit einschließt. (Und ich glaube genau das habe ich, wenn auch etwas wortreich, getan.)
Ich sehe das alles genau so, aber mir wird bei der Forderung nach Ergebnisoffenheit zu oft die Unterscheidung der Einschränkungen unterlassen (oder sie wird unscharf).
Logische Beschränkungen in der Spielwelt - ja. Entwertung der SC-Handlung - nein.

Ich glaube, dann meinen wir genau das selbe. Der aus den Kehlen tausender gepeinigter Railroading-Spieler trotzig Widerspruch verkündende Protestruf der "Spielleiter-Willkür!" geht am Kern des Problems meilenweit vorbei. Willkür ist genau die Kehrseite der Ergebnisoffenheit; kein Gegenteil, sondern die andere Seite der Medaille, untrennbar damit verknüpft. Ohne Willkür (im weitesten Sinne) ist Rollenspiel bedeutungslos.

Offline Nørdmännchen

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Re: Von Sandkisten und Tandems: Die Leiden des modernen SL
« Antwort #149 am: 13.02.2012 | 01:17 »
Ich glaube, dann meinen wir genau das selbe.

Das glaube ich auch.

Leider sind bei all den Theorien viele Streitigkeiten entstanden, die es eigentlich nicht geben müsste. Auch diese Diskussion ist ja mal wieder ein Beleg für den Klärungsbedarf. Ich weiß z.B. nicht, wie ich die Tandem-Partizionismus-Illusionismus Begriffe auslegen soll. (Zumindest wenn ich verschiedene Quellen lese, wie z.B. die oben zitierte zu Partizionismus.) Meinetwegen entsteht diese Diskrepanz aufgrund all der tiefschürfenden Ergründungen und Definitionen. Ehrlich gesagt hört mein Intresse auch auf, wenn ich weiß was jemand konkret im Spiel möchte (egal ob die Bezeichnung Kanon ist oder nicht).

Wenn ich dagegen den Eingangspost lese (und den Post zwei weiter oben) habe ich zumindest ein Vorstellung davon, welchen Spielstil der Autor (und sein Regelsystem) will. Das fertige System wird dies wahrscheinlich noch mehr untermauern.
Genau nach praktischer Anwendbarkeit suche ich. Ich bin ein Freund davon, aus der Theorie-Schmiede die brauchbaren Elemente der Best Practice (und das sind nicht wenige) heraus zu suchen und die Theorie-Reste zu vergessen. Deswegen gebrauche ich gerne Begriffe wie Agenda, Flags, Bangs usw. Ich mag auch das Bild des Baßspielens, obwohl ich das Impossible-Thing kritisch sehe.
Aber auch das Phänomen Ergebnisoffenheit-Weißes Blatt-Langeweile ist mir in der Praxis begegnet. Ebenso wie der von Pyromancer genannte Protestschrei (dank der allgegenwärtigen Debatten). Vielleicht bin ich ein gebranntes Kind.
Auch wenn ich vermute, das meine Antwort* darauf anders aussieht als die von "Danger Zone", ist doch jeder Ansatz statthaft, so er nur sagt was er will.

@Hartholzharnisch: Verstehe ich Dich wie folgt richtig? Tandem beinhaltet:
1.) Lenken durch den SL ist möglich, wird dann aber immer offen kommuniziert.
2.) Es kann freiheitliche Phasen für den Spieler geben; aber der SL behält die Verantwortung für die Geschichte im Bewußtsein.
3.) Der SL ist auf den Antrieb der Spieler angewiesen, wenn ihnen seine Richtung nicht passt, entziehen sie ihre "Partizipation" und auch er kann nicht mehr weiter. Tandem fähren wäre also gewissermassen "Notwendigkeit des Partizipierens", bei optionalem, zeitweiligem Bassplaying?
...und das ist dann der Spielstil, den Danger Zone mit Regelmechanik bewirkt?

Klänge für mich interessant, ich müsste es testspielen, um zu sehen, ob ich so spielen wollen würde.

*Das wäre eher eine Art "strukturgebende Improvisation".
« Letzte Änderung: 13.02.2012 | 01:19 von Nørdmännchen »
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