Damit das Skelett ein bisschen Fleisch bekommt, entwerfe ich mal ein Modell dafür, wie ich mir ein Tanzsystem vorstellen könnte. Es ist weder tief durchdacht noch testgespielt. Mir geht es nur darum zu verdeutlichen, das ein Tanzsystem am Tisch umsetzbar ist und was dabei rauskommen könnte.
Beide Tanzpartner verfügen über einen Pool unterschiedlichster Würfel (W4 bis W12), die sich aus den Werten von Eigenschaften, Equipment, Gummipunkten etc. zusammensetzen. (Vergleiche: Dogs In The Vineyard).
Jeder Würfel steht für ein Gewicht (von Argumenten, Zügen, Attacken etc.). Dieses Gewicht entspricht seiner Seitenzahl (wenn's leichter fällt der halben Seitenzahl, siehe unten "Schritt 3; Manöver"). Um das System zu vereinfachen, könnte man auch einen einzigen Würfeltyp wählen, aber einige mögliche Strategien fallen dann weg.
Der Tanz läuft in Vorstößen ab., die von den Figuren innitiert werden können. Dabei legt der Spieler die Konsequenz des Vorstoßes fest.
Ein Vorstoß könnte z.B. Folgendes sein:
- Die Opening-Line (Verführung)
- Ein gezielter Schlag (physischer Kampf)
- Ein Argument über die Qualität einer Ware (Feilschen)
- Ein Pass in den Strafraum (Fußball)
- Ein führender Schritt (echter Tanz)
- "Verführung: Du willst mich näher kennenlernen."
- "Kampf: Du wirst verwundet."
- "Feilschen: Du schätzt den Wert dieses Computers auf 500,- Euro."
- "Fußball: Du kannst meinen Torschuß nur mit Schwierigkeiten aufhalten."
- "Tanz: Du drehst Dich um mich herum."
Der Tanz läuft wie folgt ab:
1.) Die Spieler schaffen Vorstöße
2.) Die Spieler bieten um die Kontrolle über die Vorstöße, akzeptierte Vorstöße werden geschlossen
3.) Erschwerende und erleichternde Vorstöße (Manöver) werden ausgelöst (gewürfelt).
4.) Schlußendlich werden alle verbleibenden Vorstöße zugeordnet: Sieg A / Sieg B / Einigung. Dann wird der Tanz aufgelöst. Die höchste Augenzahl der drei Möglichkeiten tritt ein.
Ein Spieler beschreibt einen Vorstoß und setzt die Würfel aus seinem Pool ein, die er bereit ist einzusetzen. Das Gegenüber reagiert darauf, nach den Möglichkeiten von Schritt 2 und kann unabhängig davon auch einen Vorstoß machen. Die Konsequenz kann auf einen Notizzettel geschrieben werden, auf dem auch die Würfel gesammelt werden.
Zu jedem Vorstoß kann sich ein Spieler wie folgt verhalten:
1.) Er akzeptiert den Vorstoß, indem er Würfel vom gleichen Gewicht einzahlt. Der Vorstoß kommt in die Mitte zwischen die Spieler und ist geschlossen.
2.) Er lässt den Vorstoß zunächst zu, indem er keine (oder weniger) Gewicht einzahlt. Der Vorstoß bleibt offen.
3.) Er wendet den Vorstoß ab, indem er mehr Gewicht einzahlt und die Konsequenz verneint. Der Vorstoß bleibt offen.
Die Spieler schaffen neue Vorstöße und bezahlen in bestehende, offene Vorstöße ein, um entweder die Konsequenz zu drehen oder sie zu akzeptieren.
Vorstöße werden unter folgenden Bedingungen ausgelöst:
Erschwernis: (z.B. Fußball: ein Pass zurück zur Mittellinie) Wenn ein neuer Vorstoß von einem bestehenden (offen oder geschlossen) erschwert wird, werden die Würfel des "Hindernisses" geworfen. In offene Hindernisse dürfen die Spieler vorher noch so lange einzahlen, bis sie zufrieden sind. (Dabei kann sich die Erschwernis in einer Erleichterung drehen.)
Die Erschwernis entspricht der doppelten Augenzahl (z.B. bei einer Summe von 7 => 14). Das Gegenüber nimmt sich Würfel, die dieses Gewicht haben (bei 14 z.B. 1W6 & 1W8 oder 2W4 & 1W6). Mit diesen kann er auf den neuen Vorstoß (und nur auf diesen) bieten.
Erleichterung: (z.B. Tanz: "Dir ist schwindelig.") Ist entsprechend das Gegenstück. Wenn ein bestehender Vorstoß einem Neuen erleichtert wird, so wird auch dieser ausgelöst. Auf offene "Erleichterungen" darf ebenfalls zuvor noch geboten werden. (Dabei können sie sich in eine Erschwernis drehen.)
Die Erleichterung entspricht wieder der doppelten Augenzahl in Würfelgewicht. Nur diesmal erhält derjenige die Würfel, der den neuen Vorstoß macht, um für ihn zu bieten.
Raus damit: Durch das Auslösen und Erschweren bzw. Erleichtern eines neuen Vorstoßes, ist der alte Vorstoß zu einem Manöver geworden. Er wird aus dem Tanz heraus genommen. Seine Konsequenzen gelten noch, aber er wird bei der Auflösung (Schritt 4) nicht gewertet.
Bemerkung: Aus einem Resultat von X folgen neuer Würfel mit 2X Seiten. Der Erwartungswert eines Würfels liegt bei X/2 + 0,5 (das fällt besonders ins Gewicht, wenn die Pools größer werden). Ein Würfel aus einem Manöver ist also etwas mehr "wert", als er gekostet hat. Deswegen ist das Ausnützen von Manövern tendenziell ratsamer, als nur bis zum Ende auf bestehende Vorstöße zu bieten.
Wenn keinem Spieler mehr Würfel verbleiben wird der gesamte Tanz aufgelöst. (Optional könnten Spieler eventuell Würfel zurück halten, um nach der Auflösung zusätzliche Konsequenzen zu definieren.) Dazu werden alle noch bestehenden Vorstöße (die nicht zu Manövern wurden) ausgewertet:
- Akzeptierte (=geschlossene) Vorstöße untermauern die Einigung.
- Offene Vorstöße kommen zu dem Spieler, der mehr Gewicht in sie eingezahlt hat.
Nun werden die Würfel aller Seiten geworfen. Es setzt sich die Seite mit der höchsten Punktzahl durch, entweder die Einigung oder eine der Parteien.
Wenn die Einigung eintritt, gelten nur die Konsequenzen aller gemachten Vorstöße. Sollte hingegen eine Seite siegen, so darf der entsprechende Spieler beschreiben, wie der Tanz konkret zu Ende geht. Auch dabei bleiben alle Konsequenzen der Vorstöße bestehen. Es könnte z.B. eine Seite in einem Fußball-Spiel bereits zwei Tore (als Konsequenzen) geschossen haben. Oder ein Kämpfer ist fünfmal verwundet worden. Aber die andere Seite entscheidet das Duell dennoch für sich.
Wenn ein Vorstoß Schaden verursacht, dann weil seine Konsequenz dies explizit fordert (z.B. Wunden, Traumatisierung, Gesichtsverlust). Die Menge des Schadens könnte an die Höhe des entsprechenden Würfelwurfs gekoppelt werden.
Ich denke, dass es leicht möglich ist, mehr als zwei Partner am Tanz teilnehmen zu lassen. Jeder kann Vorstöße machen und auf beliebige Vorstöße bieten. Als geschlossen gälte ein Vorstoß nur, wenn alle Seiten das gleiche Gewicht eingezahlt haben. Dadürch würden Einigungen voraussichtlich seltener, als beim Tanz mit nur zwei Partnern. Aber das deckt sich wahrscheinlich mit realem Tanz und (um beim Eingangsbeispiel zu bleiben) mit dem Flirt zwischen drei Personen.
Soweit erstmal, ich hoffe die Idee ist halbwegs zu verstehen. Bei Klärungs-Bedarf würde ich ein Beispiel-Tanz schreiben und posten.
Liebe Grüße,
Henning