Autor Thema: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR  (Gelesen 4500 mal)

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Offline Necoras

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Ich habe ein Verständnisproblem beim Auseinanderhalten von Narrativism und Simulationism, bei dem mir alte Theoriefüchse vermutlich mit wenigen Sätzen helfen können, weshalb ich hier in diesem Forum poste:

These 1: Ein konstitutives Merkmal von Simulationism (SIM) ist die Leitidee "Internal Cause is King" (ICK).
Es geht also darum, die Kausalität einer fiktiven Welt ernst zu nehmen; auch dann, wenn die Kausalität anderen Gesetzen folgen mag, als wir es in der Realität gewohnt sind (Magieregeln vs. irdische Physik etc.).

These 2: Kausalitätsüberlegungen sind sehr eng mit Plausibilitätsüberlegungen verbunden, auch wenn beide Begriffe nicht inhaltlich kongruent sind.
Selbst in den irdischen Naturwissenschaften sind wir erkenntnistheoretisch letztendlich auf Plausibilitätsargumente angewiesen. Das gilt umso mehr für Sozialwissenschaften, deren impliziter Anwendung im Rollenspiel noch mehr Gewicht zukommt (Charakterdatenblätter als persönlichkeitstheoriebasierte Beschreibungen, das (handlungstheoriebasierte, rollengerechte) Ausspielen seiner Rolle als Funktion des Charakters in Interaktion mit der Abenteuersituation etc.). Rollenspielwelten werden nicht durch wissenschaftliche Theorien beschrieben, allerdings geben die Regelwerke mitsamt den Hintergrundbeschreibungen einen relativ konkreten Rahmen dafür vor, was alles als plausible Wirkung einer bestimmten Ursache folgen könnte.

These 3: Ein konstitutives Merkmal von Narrativism (NAR) ist die Leitidee "Address Problematic Features of Human Existence" (APE).
Mit dieser Leitidee ist nicht gemeint, Probleme menschlicher Existenz lediglich zu beschreiben, sondern diese Probleme, den Umgang mit ihnen und ihre Lösung als Gegenstand des Rollenspiels selbst zu machen.

These 4: APE folgt sehr stark Plausibilitätsüberlegungen.
Die Konfliktinhalte von NAR entstehen bspw. dadurch, dass ein Charakter inkonsistent in Bezug auf sein Wertesystem handelt, indem er etwa gegen seine Prinzipien verstößt. Derartige Konflikte werden deshalb als Konflikte eingestuft, weil a) ein anderes (konsistentes) Handeln zu erwarten gewesen wäre und b) eine solche erwartungswidrige Handlung als problematisch für den Handelnden angesehen wird. Es sind also zwei Plausibilitätskomponenten beteiligt: a) ein rollengerechtes (konsistentes, plausibles etc.) Ausspielen des Charakters; und b) ein einleuchtender (nachvollziehbarer, plausibler etc.) Grund, warum und inwiefern Probleme für den Charakter entstehen.

Konklusion 1: „Internal Cause is King“ und „Address Problematic Features of Human Existence" sind beide grundlegend auf Plausibilitätsüberlegungen angewiesen, die hinreichend ähnlich sind, um die Unterscheidung der beiden Spielmodi SIM und NAR funktional in Frage zu stellen.


Habe ich Begriffe falsch verstanden? Wenn ja: inwiefern? Habe ich irgendwo einen Denkfehler? Sind die Merkmale doch nicht konstitutiv und damit so zentral für die Spielmodi? Sind andere Merkmale wichtiger?
Bin dankbar für Kommentare!

Offline Haukrinn

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #1 am: 6.03.2012 | 10:23 »
Mal so aus der Hüfte geschossen, um die Diskussion anzuregen: Der zentrale Fehler in Deinen Überlegungen ist dass Du Plausibilität über einen Kamm scherst. Gesetz dem Fall Deine Thesen sind soweit korrekt so muss zumindest zwischen externer Plausibilität (wie bei Dir bei SIM) und und internenPlausibilität (bei NAR) unterschieden werden. Bei SIM muss die Welt plausibel sein, bei NAR der Aufbau eines Charakters.
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ErikErikson

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #2 am: 6.03.2012 | 10:25 »
Ich vermute, das Plausibilität allen Spielstilen, auch GAM, zugrundeliegt.

Ich persönlich! unterscheide SIM und NAR folgendermaßen:

Bei SIM wird ein festes Regelsystem (wie ein Uhrwerk) vorangestellt und dann eine Bewegung in diesem System durchgespielt. Das Spiel ist auf die Vergangenheit orientiert insofern es versucht, den ursprünglichen Prämissen treu zu bleiben.

Bei NAR ist das Spiel auf die Zukunft orientiert, steuert auf einen Konflikt hin.

Der Unterschied ist also eher die subtile Orientierung. Zusätzlich hat NAR auch noch inhaltliche Definitionen.

El God

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #3 am: 6.03.2012 | 10:32 »
Ich sehe das auch so: Plausibilität wird grundlegend immer angenommen und sollte erhalten bleiben. Nur hat jeder Spielstil unterschiedliche Lücken, an denen das auch für ein "höheres Gut" gebrochen werden darf. Für mich heißt das in etwa: Beim Sim-Spiel sind die Lücken möglichst klein zu halten und nur vorhanden, um das Spiel überhaupt am Leben zu erhalten, beim Nar-Spiel sind die Lücken dort, wo Situationen erzeugt werden, die den SC an seine Grenzen bringen, um die Geschichte voranzutreiben und beim Gam-Spiel sind die Lücken dort, wo harte Plausibilität und Simulation dem "Wettbewerb" der Spieler mit dem SL und der konsequenten Regelanwendung im Weg stehen.

Offline Lord Verminaard

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #4 am: 6.03.2012 | 10:42 »
Plausibilität ist nach Forge-Lehre als ein Aspekt von Exploration zu verorten, gehört also zu jeder Art von Rollenspiel dazu und ist kein Anzeichen für eine bestimmte Creative Agenda. Überhaupt gibt es eigentlich nach gegenwärtiger Forge-Lehre so gut wie nichts, was man pauschal als Anzeichen für eine bestimmte Creative Agenda deuten könnte. Es kommt demnach immer auf den Einzelfall, die Gruppe am Spieltisch, den Instance of Play und "was uns wirklich wichtig ist" an.

Ungeachtet dessen gibt es gerade in dem Bereich des "persönlichen Dramas" eine sehr unscharfe Trennlinie zwischen NAR und SIM, wo dann GNS letztendlich theoretisch in der Lage ist, zwischen beiden zu entscheiden, praktisch aber darüber hinaus keinerlei Erkenntnisgewinn liefert und insofern nutzlos ist.
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Offline Necoras

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #5 am: 6.03.2012 | 14:01 »
Auch GAM basiert auf Plausibilität, klar. Aber GAM ist wohl am ehesten abgrenzbar zu den anderen Spielstilen und daher hier nicht Thema. Allerdings würde ich bei GAM eher von "externer Plausibilität" sprechen, da es bspw. um plausible Zusammenhänge des Metaspiels, also der Spielregeln, die das eigentlich Spiel ermöglichen sollen, geht.

Die Motivation meines Posts ist, dass ich die ex negativo-Definition von SIM ("SIM ist das, was übrig bleibt, wenn NAR und GAM subtrahiert werden") höchst unbefriedigend finde und ich mich frage, warum das dann überhaupt ein eigener Spielmodus sein soll, wenn es lediglich eine Restkategorie darstellt. Da scheint mir eher der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen zu sein, damit der GNS-Ansatz eher theorieästhetischen Präferenzen entspricht...

Dasjenige, was aber den Spielspaß produzieren soll (Creative Agenda), ist aber m. E. bei SIM und NAR zu ähnlich: Das Simulieren folgt (spielweltimmanenten) Plausibilitätserwägungen und das Erzählen folgt (spielweltimmanenten) Plausibilitätserwägungen. Beide bewegen sich selbstverständlich auf unterschiedlichen Ebenen. Es ist ebenso selbstverständlich, dass man SIM und NAR höchst trennscharf spielen kann.
Aber mein Problem ist, dass sich in meinen Augen im "Normalbetrieb" (der notwendig von den eigenen Spielpräferenzen abhängt...) zu viel bei SIM und NAR überschneidet: Die erzählten Konflikte (Narrative) müssen plausibel sein, um dramatisch im engeren Sinne sein zu können. Dies schmeckt für mich aber nach einer Form von SIM, die zwar mit vielen expliziten Regeln nicht viel zu tun haben mag (da die Preise für ein Stück Seife, die Klimaverhältnisse etc. irrelevant sein mögen), aber doch sehr stark mit Konsistenz, Plausibilität und schließlich Simulation von Charakteren und zwischenmenschlichen Dramen zu tun hat...

Kann das jemand nachvollziehen? Habe ich zu sehr eigene Spielstile (bspw. meiner Gruppe) vor Augen? Habe ich Grundlegendes beim GNS-Ansatz falsch verstanden?

ErikErikson

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #6 am: 6.03.2012 | 14:15 »
man wirft dem GAM ja vor, es sei nur "spielen wie Ron Edwards".

Aber ich finde der Unterschied ist folgender:

NAR ist psychologisch/ethisch und da gilt: "Everything goes (solange es Konflikt erzeugt). Der Massenmörder, der genau dann bereut, wenn es dem Konflikt bzw. der Story dient? Kann man sicher irgendwie rechtfertigen.

Bei SIM geht das nicht. Da bereut der Massenmörder genau dann, wenn es die Regeln vorschreiben, und nur dann.  

Bei NAR wird im grunde alles so hingebogen, damit Konflikt und Story entsteht. bei SIM wird gar nix gebogen, sondern sauber den vorher definierten Regeln gefolgt.

Ist aber nur mein verständnis von GNS und sicher von der wahren Lehre weit entfernt. Dafür kann ich wenigstens mit dem System bei einer Sache recht sicher sagen, ob sie nach SIM oder NAR gehandhabt wurde.

Taschenschieber

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #7 am: 6.03.2012 | 14:22 »
SIM heißt imho, dass die Plausibilität bzw. der "Realismus" (im Sinne von "korrekte Abbildung der Spielwelt", nicht "korrekte Abbildung unserer Welt") das oberste Ziel ist und irgendeine Komponente eben möglichst genau simuliert wird (also der Charakter möglichst "korrekt" gespielt wird, zum Beispiel).

Ziel ist also größtmögliche Plausibilität / größtmöglicher Realismus eines Elements, wie auch immer man es nennen will.

Bei NAR ist ein gewisses Grundniveau an Plausibilität zwar genauso nötig, aber die Plausibilität soll nicht zwingend maximiert werden. Oberziel ist stattdessen eine "schöne" Handlung.

An der Stelle sehe ich den Unterschied. Ja, auch in einem NAR-System wirken rosa Elefanten, die durch Gareth stapfen und das Metal Gear Solid-Theme pfeifen, eher komisch. Aber sobald eine gewisse Unterschwelle an Plausibilität erreicht ist, die für eine Suspension of Disbelief reicht, ist der Plausibilitätsgedanke eben nimmer wichtig. Würde mein Charakter das nach reiflicher Überlegung wirklichwirklichwirklich tun? Ach scheiß drauf, wenn er's tut, wird's spannender (Voraussetzung ist natürlich, dass die Charakterhandlung wenigstens im Ansatz plausibel ist). Ist Settingfakt X nicht furchtbar unrealistisch und unwissenschaftlich? Egal, schafft interessante Konflikte.

JM2C dazu. EEs Erklärung haut da auch in ziemlich genau die gleiche Kerbe (wobei es nicht zwingend um "Regeln" gehen muss, der Charhintergrund kann z. B. eine bestimmte Handlung genauso nahelegen).

Offline 1of3

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #8 am: 6.03.2012 | 14:29 »
Zitat
Bei NAR wird im grunde alles so hingebogen, damit Konflikt und Story entsteht. bei SIM wird gar nix gebogen, sondern sauber den vorher definierten Regeln gefolgt.

Das geht schon gut in Richtung Stance-Begriff. Nicht upassend meines Erachtens, erfordern doch die gern als NARrisch zitierten Spiele nicht selten das Verlassen der Actor Stance.

Offline Haukrinn

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #9 am: 6.03.2012 | 14:51 »
Die SIM-Definition hier scheint sich aber ganz schön weit weg zu bewegen von dem was auf der Forge definiert worden ist. Gerade an diese Konzentration auf die Regeln die irgendetwas simulieren sollen kann ich mich so garnicht erinnern - im Gegenteil, ich meine doch dass Ron das im Glossary explizit als kein Merkmal für SIM definiert.

Das mit dem ausreichenden Grundniveau von Plausibilität bei NAR und der beliebig hohen P. bei SIM halte ich ebenso für Kappes, salopp gesagt. Bei NAR brauche ich Dilemmata, die muss ich an einem Wertesystem messen und wenn das nicht völlig plausibel ist dann funktioniert das ganze Zeug doch garnicht.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #10 am: 6.03.2012 | 14:54 »
Ungeachtet dessen gibt es gerade in dem Bereich des "persönlichen Dramas" eine sehr unscharfe Trennlinie zwischen NAR und SIM, wo dann GNS letztendlich theoretisch in der Lage ist, zwischen beiden zu entscheiden, praktisch aber darüber hinaus keinerlei Erkenntnisgewinn liefert und insofern nutzlos ist.
Absolute Zustimmung dazu!  :d  Ein schöner formuliertes "Egal!!" habe ich selten gelesen. ;D

Passend dazu halte ich es für das größte Problem bei der Unterscheidung zwischen NAR und SIM, dass es immer noch (im Jahr 2012!) versucht wird. Leute, das ist sooooo 2005! ;)
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Zitat von: 1of3
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Offline Lord Verminaard

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #11 am: 6.03.2012 | 14:55 »
Die Motivation meines Posts ist, dass ich die ex negativo-Definition von SIM ("SIM ist das, was übrig bleibt, wenn NAR und GAM subtrahiert werden") höchst unbefriedigend finde (...)

Eine solche Ex-Negativo-Definition existiert auch nicht. Was übrig bleibt, wenn GAM und NAR subtrahiert werden, ist laut Forge-Lehre nicht etwa SIM, sondern SIM und Spiel ohne gemeinsame Creative Agenda. SIM muss also etwas haben, das es vom Spiel ohne gemeinsame Creative Agenda abhebt. Da gibt es dann Ansätze, Constructive Denial, Celebration of Source Material usw., richtig befriedigend sind die alle nicht, aber klar ist wohl so viel, dass eine einheitliche typologische Betrachtung daran scheitert, dass hier sehr, sehr verschiedene Spielstile unter einem Dach (willkürlich?) zusammengefasst werden. Wir haben da so extreme Pole wie die Method-Acting-Immersions-Fanatiker, die SL-dominierten cineastischen Dramaturgen und die buchhaltofphilen Wirtschafts-Simulatoren.
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Offline Oberkampf

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #12 am: 6.03.2012 | 14:58 »
NAR dreht sich hauptsächlich (soweit ich es verstanden habe) um die inneren Konflikte der SCs. Dilemmata werden im Spiel gesucht und pointiert ausgespielt, es weht ein Hauch von Tragik über dem Spielverlauf. Für die Dilemmata gibt es - ganz wichtig! - im NAR keine richtige Lösung, sondern "nur" Spielweltkonsequenzen für die eine oder andere Entscheidung. Insofern ist NAR eben kein "Storyspiel" in dem Sinne von "wir spielen eine vorgegebene Story".

Irgendwo gibts im  :T: einen Thread, in dem darauf hingewiesen wird, dass es verschiedene Schwerpunkte von SIM gibt. Den SIMs geht es stark um eine gewisse Verlässlichkeit ihrer Schwerpunkte, und wenn dabei SIM [Charakter] im Mittelpunkt steht, dann sollen die Charaktere konsequent und verlässlich ausgespielt werden, sozusagen statisch oder nur mit (im Vergleich zum NAR) sehr langsamer Veränderung. Dilemmata sind da eher hinderlich.* Meistens gehts aber um SIM [Spielwelt], im Mittelpunkt steht als eine Welt, die entsprechend ihrer eigenen "Logik" auf Aktionen der SCs reagieren soll (im Gegensatz zu einer Spielwelt, die entsprechend einer Dramaturgie agiert).

Mal ein Beispiel:
Für eine NAR-Agenda ist es völlig ok, wenn der Rechtschaffen Gute Paladin vor die Entscheidung gestellt wird, einen aufrechten Weg zu gehen, der vorhersehbar & äußerst wahrscheinlich üble ("böse") Konsequenzen haben wird, oder vom Pfad der Rechtschaffenheit abzuweichen, üm ein Übel zu verhindern. Ein Spieler mit einer SIM-Agenda käme sich bei dieser Konstellation betrogen vor, für ihn muss es einen "Dritten Weg" geben, der seinen Charakter ehrenhaft bleiben lässt, ohne zum Bösen Ende zu führen.
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Samael

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #13 am: 6.03.2012 | 15:10 »
Passend dazu halte ich es für das größte Problem bei der Unterscheidung zwischen NAR und SIM, dass es immer noch (im Jahr 2012!) versucht wird. Leute, das ist sooooo 2005! ;)

Da muss ich jetzt mal nachfragen, wenn du (als bekannter Rollo-Theorie-Jünger) das so in den Raum stellst. Ist GNS irgendwo hin evolutioniert, gibt es also eine Folge"theorie", die besser ist? Oder gilt GNS komplett als unzulänglich und gescheitert?

Pyromancer

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #14 am: 6.03.2012 | 15:21 »
Mal ein Beispiel:
Für eine NAR-Agenda ist es völlig ok, wenn der Rechtschaffen Gute Paladin vor die Entscheidung gestellt wird, einen aufrechten Weg zu gehen, der vorhersehbar & äußerst wahrscheinlich üble ("böse") Konsequenzen haben wird, oder vom Pfad der Rechtschaffenheit abzuweichen, üm ein Übel zu verhindern. Ein Spieler mit einer SIM-Agenda käme sich bei dieser Konstellation betrogen vor, für ihn muss es einen "Dritten Weg" geben, der seinen Charakter ehrenhaft bleiben lässt, ohne zum Bösen Ende zu führen.

Wenn dieses Dilemma organisch aus dem Spiel erwächst, dann ist das auch für den SIM-Spieler in Ordnung. Der SIM-SL setzt sich aber (im Gegensatz zum NAR-SL) nicht hin und konstruiert solche Dilemmas.

Offline Lord Verminaard

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #15 am: 6.03.2012 | 15:46 »
[GNS-Cop]

Ich habe mich wirklich intensiv mit diesem Thema beschäftigt, es auch mit Ron Edwards selbst intensiv diskutiert, und ich muss euch sagen, das trifft es alles nicht. Man kann es eben nicht auf eine bestimmte Technik, einen bestimmten Inhalt, ein bestimmtes Beispiel, ein oder zwei Sätze runterbrechen. Das ist ja auch eine Sache, die immer wieder kritisiert wird, wobei natürlich die Frage auch ist, was ein Modell wert ist, das man mit zwei Sätzen erschöpfend erklären könnte.

Wenn man intensives Charakterspiel betreibt und menschliche und moralische Fragen im Spiel thematisiert werden, und das mit gemeinsamer CA, dann ist für die Abgrenzung zwischen SIM und NAR darauf abzustellen, ob die aufgeworfenen menschlichen und moralischen Fragen durch sie Spielenden während des Spiels zu beantworten sind und das den Kern des Spiels ausmacht (dann NAR), oder ob die Antworten auf diese Fragen vorher bereits feststehen bzw. nicht von entscheidender Bedeutung sind und der Kern des Spiels eher im Hineinfühlen und Erleben des Charakters und/oder der Spielsituation liegt (dann SIM). Dabei sind nicht einzelne Momente im Spiel, sondern die Gesamtschau („Instance of Play“) zu betrachten.

Wie bereits angedeutet, ist die Abgrenzung an diesem Punkt eher theoretisch als praktisch relevant, zumal sie bei einer realen Spielrunde ggf. erst im Nachhinein, wenn überhaupt, erkennbar wird.
   
[/GNS-Cop]

Aber bitte. Wie Fredi schon sagt. Es ist egal.
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Offline 1of3

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #16 am: 6.03.2012 | 15:53 »
Egal trifft es ganz gut. Die Idee der kreativen Agenda funktioniert ja auch ganz toll, aber warum es nun diese Schubladen geben soll, das geht daraus nicht hervor.

Und dann sind diese Schubladen nicht besonders interrater-reliabel (d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass verschiedene Beurteiler ein Objekt in die gleiche Kategorie stecken ist nicht besonders hoch).

ErikErikson

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #17 am: 6.03.2012 | 16:09 »
Dabei sind nicht einzelne Momente im Spiel, sondern die Gesamtschau („Instance of Play“) zu betrachten.
   
[/GNS-Cop]

Aber bitte. Wie Fredi schon sagt. Es ist egal.

Eine Theorie, die erst dann eine Klassifizierung leistet, wenn man den gesamten Prozess, über den die Aussage getroffen wird, vollständig beobachtet hat, die ist doch völlig unökonomisch.

Offline Necoras

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #18 am: 6.03.2012 | 19:31 »
Sorry, ich verstehe den Unterschied immer noch nicht.

Wenn man intensives Charakterspiel betreibt und menschliche und moralische Fragen im Spiel thematisiert werden, und das mit gemeinsamer CA, dann ist für die Abgrenzung zwischen SIM und NAR darauf abzustellen, ob die aufgeworfenen menschlichen und moralischen Fragen durch sie Spielenden während des Spiels zu beantworten sind und das den Kern des Spiels ausmacht (dann NAR), oder ob die Antworten auf diese Fragen vorher bereits feststehen bzw. nicht von entscheidender Bedeutung sind und der Kern des Spiels eher im Hineinfühlen und Erleben des Charakters und/oder der Spielsituation liegt (dann SIM). Dabei sind nicht einzelne Momente im Spiel, sondern die Gesamtschau („Instance of Play“) zu betrachten.

Hier ist jetzt
  • NAR = a) Beantwortung/Bearbeitung moralischer Dilemmata UND b) Spielzentralität dieser Bearbeitung UND c) freie Improvisation dieser Bearbeitung (Weg und Ziel stehen nicht von vornherein fest)
  • SIM = a) Hineinfühlen/Erleben des Charakters bzw. der Spielsituation UND b) Spielperipherität der Bearbeitung moralischer Dilemmata UND c) Festlegung dieser Bearbeitung (Weg und Ziel stehen von vornherein (durch regelmechanische Kausalität?) fest)

Meines Erachtens hat nun "SIM.a) Hineinfühlen/Erleben des Charakters bzw. der Spielsituation" sehr viel mit dem Erzählen von Geschichten, also NAR, zu tun.
Dass die Bearbeitung moralischer Dilemmata für NAR zentral ist, dürfte unstrittig sein. Dass sie aber auch für SIM zentral sein kann, ebenso.
Schließlich kann ich nur begrenzt nachvollziehen, inwiefern die Bearbeitung moralischer Dilemmata bei SIM durch Regeln festgelegt ist, da Rollenspielregeln (je nach System) sicherlich sehr viel regeln, aber streng genommen nichts Sinnhaftes zu regeln in der Lage sind: Damit meine ich, dass Regeln zwar die spieltechnischen Auswirkungen von Verstößen gegen die eigenen Prinzipien simulieren können (i. e. Abzüge auf Spielwerte, Verlust von Privilegien etc.); aber Regeln können nicht vorgeben, wie ein Charakter mit diesem Konflikt umgeht, diesen Konflikt löst oder wie seine Lebensgeschichte danach weitergeht. Das meine ich mit unterschiedlichen Ebenen, auf denen SIM und NAR operieren. Ich denke nur nicht, dass es sich dabei um zwei verschiedene Spielmodi handelt.

ErikErikson

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #19 am: 6.03.2012 | 19:56 »
Ah ja, du darfst Regeln nicht nur mit festen Spielwerten übersetzen. Dazu gehören auch aus Beschreibung extrapolierte Verhaltensregeln.

Das beste Beispiel wurde schon genannt: Bei SIM geht der Paladin dahin und tut Gutes. Bei NAR geht der Paladin dahin und versucht Gutes zu tun und merkt es geht nicht.

Bei SIM nimmt man irgendentwas, eine Idee, eine Welt, und lässt es wie ein Uhrwerk laufen und schaut, wie alles ineinandergreift.
Bei NAR lässt man eine geschichte wachsen wie einen baum mit zahllosen Ästen, wo jede Verzweigung eine Entscheidung ist.

Bei SIM (Char), was NAR am nächsten kommt, gibt es keine moralischen Konflikte, deren Ausgang unbekannt ist-wie bei NAR. Der Ausgang des Konflikts kann schon vorher anhand der ethischen Struktur der Beteiligten vorhergesagt werden.

« Letzte Änderung: 6.03.2012 | 19:58 von ErikErikson »

Offline Necoras

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #20 am: 6.03.2012 | 20:25 »
Ah ja, du darfst Regeln nicht nur mit festen Spielwerten übersetzen. Dazu gehören auch aus Beschreibung extrapolierte Verhaltensregeln.
Wenn SIM sich auch auf "aus Beschreibung extrapolierte Verhaltensregeln" bezieht, dann ist eben genau diese Simulation doch ziemlich nah am (plausiblen) Geschichtenerzählen, oder nicht?

Das beste Beispiel wurde schon genannt: Bei SIM geht der Paladin dahin und tut Gutes. Bei NAR geht der Paladin dahin und versucht Gutes zu tun und merkt es geht nicht.
Das sehe ich auch so. Aber das ist ja gerade einer der Punkte (hier: Zentralität moralischer Dilemmata), an dem SIM und NAR divergieren können, aber nicht müssen. Daher finde ich, dass dieser Punkt kein gutes Kriterium ist, um beide voneinander zu unterscheiden.

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #21 am: 6.03.2012 | 20:27 »
Meines Erachtens hat nun "SIM.a) Hineinfühlen/Erleben des Charakters bzw. der Spielsituation" sehr viel mit dem Erzählen von Geschichten, also NAR, zu tun.
Dass die Bearbeitung moralischer Dilemmata für NAR zentral ist, dürfte unstrittig sein. Dass sie aber auch für SIM zentral sein kann, ebenso.

Ja. Beides findet bei beidem ggf. statt. Die Unterscheidung basiert dann auf der Frage, was (für die Gruppe im Instance of Play) zentral ist, ohne dass dadurch der jeweils anderen Komponente ihre Relevanz für den Spielspaß abgesprochen würde.

Guck mich nicht so an. Ich hab's mir nicht ausgedacht. ::)

Zitat
Schließlich kann ich nur begrenzt nachvollziehen, inwiefern die Bearbeitung moralischer Dilemmata bei SIM durch Regeln festgelegt ist (...)

Nachvollziehbar. Das ist ja auch Quatsch.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #22 am: 7.03.2012 | 09:17 »
Da muss ich jetzt mal nachfragen, wenn du (als bekannter Rollo-Theorie-Jünger) das so in den Raum stellst. Ist GNS irgendwo hin evolutioniert, gibt es also eine Folge"theorie", die besser ist? Oder gilt GNS komplett als unzulänglich und gescheitert?
Das Problem ist doch folgendes: GNS und das Big Model haben viel zum Verständnis von Rollenspiel beigetragen. Aber eine klare theoretische Trennung der drei CAs gehört nun mal nicht zu den Leistungen des Modells. Eine Einstufung tatsächlicher Instances of Play (am Besten live beobachtet) gelingt meist noch ganz passabel, eine rein theoretische Trennung fällt immer auf die Nase.

Und das meinte ich damit: Rumschwurbeln über GNS im luftleeren Raum bringt nichts. Das haben wir 2005 gemacht, weil wir es nicht besser wussten (und vielleicht tatsächlich noch ein wenig Raum dafür war). Aber inzwischen sollten wir unsere Lektion aus endlosen, blutigen und unproduktiven Forenschlachten gelernt haben: über GNS kann man nur in Verbindung mit konkreten praktischen Beispielen sinnvoll reden.
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Zitat von: 1of3
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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #23 am: 7.03.2012 | 11:24 »
Ich behaupte: Nicht mal dann kann man sinnvoll darüber reden.

ErikErikson

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Re: Problem bei der Unterscheidung von SIM und NAR
« Antwort #24 am: 7.03.2012 | 11:25 »
Darf man das überhaupt? Ich dachte an einzelbeispielen kann man keine CA festmachen.