Autor Thema: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele  (Gelesen 14969 mal)

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Offline Terrorbeagle

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[Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« am: 10.03.2012 | 08:06 »
So, ich hab eine Idee, die ich interessant fand, und die ich deswegen auf die Menschheit loslassen will: Einen Vergleich unterschiedlicher Systeme, die sich der selben Materie widmen. In diesem Fall: Der rollenspielerischen Umsetzung des Tolkienschen Mittelerde Settings.
Angefangen bei den bisher erschienenen 3 offiziellen Spielen (in chronologischer Reihenfolge: MERP/MERS, CODA/LOTR RPG, The One Ring), gibt es darüber hinaus eine ganze Reihe von Eigenproduktionen, Fan-Publikationen und, ganz stumpf, Konversionen für bestehende Systeme, die sich dem gleichen Thema widmen.

Es wird ein wenig dauern, da ich mich in eine Menge Krams einlesen muss, aber letztendlich will ich erst einmal alle möglichen Optionen zusammentragen (der Schritt ist großteils abgehakt), dann für jedes der Systeme einen kurzen Abriss einschliesslich der Stärken und Schwächen des jeweiligen Systems/Spiels bieten, um letztendlich eine relativ breite Vergleichsbasis zu bieten. Die Prioritäten liegen dabei (in der Reihenfolge) auf offiziellen Lizenzspielen>eigenständige/vollständige Fanysteme>Konvertierungen.

Ich werd irgndwann nachher, chronologisch zu Mindest etwas geordnet, mit MERS anfangen, um dann hoffentlich übers Wochenende die anderen beiden offfiziellen RPGs abzuarbeiten und zum wirklich interessanten Teil, den Fanmades, zu gelangen. 
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

Offline Terrorbeagle

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #1 am: 10.03.2012 | 13:06 »
Kleiner Nachtrag:

Bewertungskriterin. Sammeln und Vergleichen ist ja schön und gut, aber ich meine, dass eine Evaluation der ganzen Angelegenheit eine derartige Betrachtung erst wirklich abrundet. Ich werde daher neben einer Beschreibung der verschiedenen Systeme auch eine kleine Bewertung vornehmen, gemessen an relativ einfachen Kriterien:
1.: Stichhaltigkeit der Regeln. Sprich, wie elegant, sinnvoll, konsistent und smart sind die Regeln, wie viele oder wenige Logikfehler werden gemacht und vor allem: Wie gut oder schlecht passen die Regeln zum Hintergrund und wie gut schaffen sie es, das Abiente der Welt auch regeltechnisch einzufangen und zu übertragen. Hierfür verteile ich Null bis Drei mögliche Nazghul, was einem Drittel der Gesamtbewertung entspricht.
2.: Darbietung/Beschreibung/Wiedergabe des Hintergrunds. Sprich wie nah kommt das Spiel auch über die Beschreibung/Darbietung des Zusatzmaterials an den Hintergrund, wie viel Zusatzmaterial ausser dem Grundbuch bräuchte ich, um die Welt zu bespielen, vermitteln Texte und Beschreibungen einen brauchbaren Eindruck von Mittelerde und den Szenarien. Auch auf der Skala verteile ich Null bis Drei Mögliche Nazghul.
3. Zusatzpunkte. Jeweils einen möglichen Nazghul gibt es für Artwork und Aufmachung (was eigentlich unfair ist, wenn man Fan-Publikationen und Eigengewächse mit professionellen Produkten einerseits und Spiele aus den mittleren 80er Jahren mit Spielen aus der Gegenwart mit heutigen Spielen vergleicht, aber nichtsdestotrotz ist es meines Erachtens eine relevante Größe), Übersichtlichkeit und Zugang (wenn man den erst mal hat, sind die meisten Systeme ganz gut zu handlen, aber auch da gibt es nun mal deutliche Unterschiede. Eine relevante Frage wäre etwa das Vorhandensein eines Indexes oder einer Begriffserklärung) und letztendlich eine eher praktische Frage, nämlich wie gut oder schlecht kann ich mit den gegebenen Mitteln des Regelwerks die Gemeinschaft des Rings bauen (wobei Gandalf als quasi-göttliches Wesen da eine Ausnahme darstellt, auf die ich nicht unbedingt gesteigerten Wert lege) und wie ist das Verhältnis von Aufwand zu Ergebnis wenn ich diese acht Charaktere basteln würde, bzw. kann ich diese Charaktere halbwegs differenziert wiedergeben.
Somit werden pro Spiel theoretisch 0 (für ein wirklich mieses Spiel, dass keine der Anforderungen erfüllt) bis 9 (für ein nahezu perfektes Spiel, dass nichts wesentliches falsch macht) verteilt, wobei ich aber nicht davon ausgehe, dass diese Extreme wirklich relevant werden, sondern sich die meisten Spiele eher so im Mittelfeld tummeln werden.
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Achamanian

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #2 am: 10.03.2012 | 13:08 »
Schöne Idee, werde ich mit Interesse lesen, da ich nur MERS und One Ring kenne (und beide auf ihre Art sehr mag).
Allerdings fehlt als wichtiges Kriterium noch, ob es in dem System unsichtbare Schildkröten gibt.

Offline Terrorbeagle

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #3 am: 10.03.2012 | 13:13 »
Unsichtbare Schildkröten im Sinne von Stolperfallen oder Bremshügeln, die das System unnötig entschleunigen oder blockieren fallen für mich als Manko in der Stromlinienförmigkeit eines Systems ins Gewicht.
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Achamanian

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #4 am: 10.03.2012 | 13:16 »
Unsichtbare Schildkröten im Sinne von Stolperfallen oder Bremshügeln, die das System unnötig entschleunigen oder blockieren fallen für mich als Manko in der Stromlinienförmigkeit eines Systems ins Gewicht.

Wie, hat sich das jetzt etwa schon als Begriff für so etwas etabliert?

ich wollte ja eigentlich nur einen dummen Witz machen und auf das MERS-Patzerergebnis "Sie sind über eine unsichtbare Schildkröte gestolpert" anspielen ...

Offline Terrorbeagle

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #5 am: 10.03.2012 | 13:20 »
Ich hab geraten. Unsichtbare Schildkröten als Entschuldigung für Ungeschicklichkeiten oder dergliechen kenne ich allerdings außerhalb des Rollenspiels, bei meiner recht überschaubaren MERS-Karriere sind sie mir glaub ich bisher noch nicht untergekommen.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #6 am: 10.03.2012 | 14:11 »
So, fangen wir mit dem Urgewächs an - MERS (oder MERP, im Fall der Englischen Version), ein Rollenspiel, dass sich mit GURPS den besonderen Umstand teilt, dass der Name nach Onomatopoeia klingt. MERS (Kurz für MittelErde RollenSpiel kam ursprünglich anno '84 heraus, das Spiel wurde bis '99 verlegt, als auf Grund der Herr der Ringe Verfilmung die Lizenz neu verhandelt wurde. Ich meine mich zudem zu entsinnen, dass es auch vorher schon immer mal wieder Lizenzprobleme zwischen Iron Crown Enterprises, dem Verleger des Spiels, und dem Tolkien Estate gab, da die MERS-Produkte immer mal wieder Informationen oder Vorgaben beinhielten, die nicht von der Lizenz abgedeckt waren (wie die Unfinished Tales und insbesondere das Silmarillon) bzw. die Rollenspielautoren wohl manchmal etwas zu kreativ waren, was die Settingauslegung anging und Dinge hinzudichteten. Nichtsdestotrotz war/ist MERS mit so pi mal Daumen 2 Millionen verkauften Exemplaren (weltweit) ein ziemliches Rollenspielschwergewicht, wobei diese Zahlen natürlich auch etwas der Zeit ihrer Erscheinung geschuldet sind.

Die Regeln von MERS sind eine ans Setting angepasste und vereinfachte/verkürzte Version der Rolemaster-Regeln. Normalerweise gilt ja die Faustregel, dass vereinfachte, heruntergebrochene Regeln von an sich komplexen Systemen gegenüber dem Original sehr viel verlieren und vor allem kleiner,beschränkter und unscheinbarer sind. Ich persönlich glaube, dass Rolemaster/MERS in der Hinsicht eine wichtige Ausnahme darstellt (was aber auch daran liegen kann, dass Rolemaster ziemlich anstrengend ist und ungemein viel Redundanz beinhaltet); die bereinigte Form der Regeln bei MERS sind zwar nicht unbedingt elegant, aber okay (im Sinne von "nicht so furchtbar anstrengend wie es die Rolemaster-Vorlage vermuten lässt"), wobei die Präsentation und Darbietung der Regeln in der erwähnten Übersetzung der 2. Edition echt schauerlich ist und die Regeln eine ganze Ecke arkaner und unzugänglicher macht, als sie eigentlich zu sein brauchen.

ich habe als erstes die Deutsche Übersetzung der 2. Edition (von Queen Games) bespielt, und die Regeln seinerzeit gehasst, weil ich sie a) zu tabellenlastig und b) völlig unverständlich fand. Erst nachdem ich per Zufall mal die Erste Edition erhielt, haben sich mir die Regeln erschlossen. Effektiv funktionieren die so: Charaktere haben Eigenschaften, die per W100 bestimmt werden; je höher der Eigenschaftswert, desto höher der Eigenschaftsbonus. Zudem gibt es für jedes Volk noch einen weiteren Eigenschaftsbonus; die Boni werden zusammengerechnet, bei Fertigkeiten kommen noch zusätzliche Boni für den jeweiligen Beruf (das MERS-Äquivalent zur Klasse) und die Stufe der Fertigkeit dazu (in 5% Schritten gemessen). Der ganze Kladeradatsch wird dann zusammengerechnet und als Bonus bei den eigentlichen Proben verwandt, bei der logischerweise noch zusätzliche Boni oder Mali ; die werden mit einem W100 gewürfelt, der entsprechende Bonus/Fertigkeitswert usw. dazu addiert und dann wird das Gesamtergebnis mit einer Tabelle verglichen, aus der hervorgeht, wie gut oder schlecht das Ergebnis letztendlich ausfällt (ein Ergebnis von 76 ist für einen 'Teilerfolg' notwendig. Letztendlich also ein System, dass den Regeln von D20 gar nicht so unähnlich ist.
Jeder Charakter hat sieben Eigenschaften, von denen keines wirklich ungewöhnlich oder außergewöhnlich ist, und eine recht übersichtliche Liste an Fertigkeiten, die völlig aufs Abenteuerrelevante reduziert ist; die Fertigkeiten sind dann noch mal in eigene Kategorien unterteilt, und es wird Platz gelassen für sog. "Nebenfertigkeiten", die als Platzhalter für allen möglichen weiteren Sinn oder Unsinn, den ein Charakter so können soll, wobei man die auch getrost weglassen kann.
Charaktere werden übrigens komplett ausgewürfelt, ohne irgendwelche Warmeier-Weichduscher-Luschen-Rücksichtnahmen wie Pointbuy, Gummipunkte oder dergleichen zu berücksichtigen. Das Spiel ist eh von Grund auf und mit voller Absicht nicht gebalancet, was bei dem Quellenmaterial aber auch selbstverständlich sein sollte.

Charaktere setzen sich aus den beiden Standard-Stereotypen für Rollenspielcharaktere zusammen: Beruf und Volk. Die Berufe sind relativ einfach gehalten und bieten ein paar freie Punkte zum Verteilen auf verschiedene Fertigkeitskategorien (Krieger erhalten mehr Punkte für "Waffenfertigkeiten", aber wenige für "Spezialfertigkeiten", beim Kundschafter sieht es dann anders rum aus) und ein fixen Bonus auf bestimmte Fertigkeiten per Stufe. Jepp, MERS ist ein Stufensystem, mit Rassen und Klassen. Und es ist per Definition EDO-Fantasy. Man möchte fast sagen, es ist ein früher Heartbreaker.
Die relativ unaufdringlichen Berufe spielen sich nicht sonderlich in den Vordergrund, letztendlich kann jeder Charakter alles erlernen, er braucht nur unterschiedlich lange dafür (und wird vielleicht nie so gut wie ein dezidierter Spezialist), und auch ein Krieger kann etwas zaubern, wenn er denn Glück hat.

Die Beschreibung der Völker nimmt hingegen gefühlt die Hälfte des Buchs ein (tatsächlich sind es aber 'nur' 40 von 180 Seiten) und listet jedes Menschen- und Elfenvolk, aber natürlich auch Zwerge, und, klar, Hobbits auf. Hinzu kommen allerdings auch Orks und Trolle. Die Völker sind, getreu der Quelle, so was von nicht gebalancet, dass es eine wahre Freude ist: Anstelle von langweiliger Gleichmacherei hat man den richtigen Weg gewählt und sich an den Vorgaben des Quellmaterials orientiert, was gut für die Plastizität und Plausibilität des Systems ist, aber eher wettkampfbetonten Spielern wenig entgegen kommt. Da es bei einem Mittelerde Rollenspiel schlicht und ergreifend notwendig ist, diese Ungleichheiten auch abzubilden. Schließlich geht es darum, Tolkiens Mittelerde und eben nicht generisches EDO-Fantasy darzubieten.
Die Art und Weise, wie diese Völker beschreiben werden ist hingegen ein bizarres Unikum. MERS ist das erste und einzige Regelwerk, bei dem scheinbar mehr Augenmerk auf die Kleidung eines Charakters gerichtet wird als auf die jeweilige Kultur. Für jedes Volk gibt es einen kurzen Absatz der Beschreibung, einige Stichpunkte - und eine genaue Auflistung, was Männlein und Weiblein denn so tragen. Ich meine, es ist ja schön zu wissen, dass die Garderobe eines gondorianischen Dúnadan ein "Wams aus Seide oder Baumwolle in kräftigen Farben, mit aufwendigen Ärmeln (gerafft, geschlitzt, vielfach gepufft)" beinhalten mag, aber ich meine es gäbe da durchaus wichtigere Informationen, die etwas spielrelevanter sind. Wenigstes erfährt man dadurch, dass Elben "gutsitzende" Hosen bevorzugen. 

Kämpfe laufen ab wie alle anderen Fertigkeitsgeschichten auch, wobei aber das Tabellennachgekucke etwas überhand nimmt. Es gibt übrigens keine aktive Parade, aber wenigstens kann man, wenn man das will, Punkte von seinem "Offensivbonus" abziehen und der Verteidigung zuschlagen (als Abzüge für den Angreifer).  Das dominierende Element sind eher die unglaublich vielen sepparaten Tabellen für kritische Treffer, die für jede. einzelne. Schadensform getrennt aufgelistet werden. Ich persönlich finde das sehr, sehr ermüdend.

Die Magieregeln sind... unpassend, um es kurz zu fassen. Wie bereits erwähnt kann an sich jeder Charakter theoretisch lernen, zu Mindest etwas rumzuzaubern, was an sich in Ordnung geht. Allerdings ist die Auswahl der Zauber vermutlich eher von den ursprünglichen Rolemasterregeln als von den Gegebenheiten Mittelerdes geprägt und beinhaltet allerlei unpassendes wie komplexe Illusionen, explodierende Eisgeschosse und Feuerbälle, die der weitgehend subtilen und eher von understatement geprägten Magie Mittelerdes nicht wirklich gerecht werden wollen.


Alles in allem würde ich MERS als einen mittelmäßig rüstigen Rentner unter den Rollenspielen ansehen. Das System ist etwas altbacken (irgendwie sind das alle Systeme, die einen W100 verwenden), aber noch relativ stromlinienförmig und eigentlich sogar recht simpel und einleuchtend, wenn da nicht die enorme Tabellenverleibtheit hinzu käme. Die Magieregeln sind für'n Arsch (sorry, dass ich mich da so deutlicher Sprache bemühe), was die Settinganpassung angeht, womit ein nicht unwesentlicher Teil eines Fantasy-Settings deutlcihe Risse zeigt. Alles in allem sind die Regeln eindeutig eher meh, aber das kann auch am Alter liegen. Ich würde den Regeln einen von 3 möglichen Nazghul geben.
Der Hintergrund wird tendentiell nur recht spärlich beschrieben, mit der rühmlichen Ausnahme der Klammotten jeden einzelnen Volkes (warum auch immer). Bei der heutzutage frei verfügbaren Informationsquelle über Mittelerde im Netz ist das nicht mehr so tragisch, aber letztendlich ist es reichlich suboptimal, wenn man von vorne herein dazu gezwungen ist, externe Quellen zum Spiel heranzuziehen. Auch vom Hintergrund her würde ich daher einen von Drei Nazghul verteilen.
Bei den Zusatzqualifikationen: Ja, das System erlaubt es ohne weiteres oder größere Umstände, die gesamte Gemeinschaft des Rings darzustellen; allein Gandalf der alte Maiar bereitet Probleme (und bei den reichlich unpassenden Magieregeln macht er eh keinen Spaß). Das Artwork im inneren besteht aus unspektakulären, aber ziemlich okayen Schwarzweißzeichnungen, die zu Mindest nicht unpassend wirken. Die Cover von Angus McBride, die die meisten mir bekannten MERS-Publikationen schmücken sind hingegen Sahne und gut und gerne einen weiteren Nazghul wert. Der Aufbau der Bücher war nervig und zu Mindest bei der zweiten Edition, die ich zu Erst hatte so krampfig, dass sich wichtige Informationen sehr gut tarnen und verstecken. Für den Aufbau gibt es definitiv keinen Nazghul.
Kommen wir also in der Gesamtsumme auf 4 von 9 möglichen Nazghul, was ein solides, mittelmäßiges Ergebnis darstellt. 
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Achamanian

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #7 am: 10.03.2012 | 14:21 »
Was das MERS-Regelwerk betrifft: Ziemlich gute Zusammenfassung. Aber das wirklich gut aufbereitete Quellenmaterial in den Abenteuerbänden verdient m.E. eine Erwähnung - die Abenteuer selbst sind meistens unspannend, aber die Art, wie jeweils Flora, Fauna Gesellschaft und wichtige NSC einer Region in den MERS-Bänden beschrieben werden, finde ich oft vorbildlich (wenn auch nicht immer ganz Mittelerde-Settingtreu).

Offline Terrorbeagle

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #8 am: 11.03.2012 | 16:22 »
Ich betrachte prinzipiell nur die Grundbücher/Boxen; erstmal hab ich von den meisten Systemen schlicht nicht mehr, zwotens will ich ja auch auf den Vergleich von Fan-Publikationen und offiziellen Spielen hinaus, was einfach von den Ressourcen her sehr unfair wäre, und drittens kann man die meisten Abenteuer und dergleichen, da die Spielwelt ja die Selbe bleibt, eigentlich mit allen Mittelerde-Rollenspielen verwenden.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #9 am: 11.03.2012 | 16:22 »
So, das chronologisch zweite Mittelerde-Rollenspiel nach MERS war Deciphers Lord of the Rings Roleplaying game (kurz LOTR RPG, bzw. LOTR), dass erstmals 2002 erschien, ins deutsche übersetzt wurde und mehr oder weniger in der Bugwelle der Herr der Ringe Verfilmungen entstand und umgesetzt wurde. Die Verbindung zum Film ist ziemlich allgegenwärtig im Spiel – so beinhalten die Bücher fast kein eigenes Artwork, sondern sind zwar reich bebildert, verwenden aber fast ausschließlich Bilder aus den Filmen, um die Spielwelt und ihre Bewohner darzustellen, was m.E. Ein reichlich zweischneidiges Schwert darstellt.
Trotz des Erfolgs der Filme und einer Auszeichnung als bestes Rollenspiel bei den Origins anno 2002 verkaufte sich LOTR nicht übermäßig gut; vor allem scheiterte das Spiel als der Verleger Decipher mehr oder weniger kollabierte (nach allem, was ich gelesen hatte, nachdem sich einer der Mitarbeiter sehr reichlich aus den Kassen des Verlags bediente und effektiv den Verlag so sehr bestahl, dass sie viele Lizenzen und Produkte nicht halten konnten). Deswegen ist LOTR als Spiel, gerade was die Erweiterungen angeht, etwas unvollständig, mehrere geplante Quellenbücher, die quasi druckreif waren, wurden nicht mehr publiziert (darunter das Quellenbuch zu Rückkehr des Königs) und das Spiel verschwand relativ schnell wieder.

Da für die hiesigen Beobachtungen aber nur die jeweiligen Grundbücher eine Rolle spielen (mehr Material steht mir einfach nicht zur Verfügung, und würde auch noch mehr Zeit in Anspruch nehmen), ist die unabgeschlossene Quellenbuch-Reihe allerdings eher nebensächlich, wenn auch etwas ärgerlich.

Die Regeln für LOTR basieren auf dem Decipher-hauseigenen CODA-System das so oder so ähnlich auch beim vom gleichen Verlag verlegten Star Trek Rollenspiel verwendet wurde. Man merkt an einigen Stellen eine gewisse Ähnlichkeit zu D20/D&D 3.X, insgesamt ist das System aber schon recht eigenständig.
Grundsätzlich gelten die üblichen Register, die man als Rollenspieler von einem klassisch gehaltenen Rollenspiel so erwartet: Es gibt erst einmal Eigenschaften, dazu Fertigkeiten und zusätzlich „Edges“ und „Flaws“, die ein Mischmasch aus Vorteilen, D&D-typischen Feats und dergleichen darstellen. Gewürfelt wird prinzipiell mit 2W6, zu denen Boni für Eigenschaftswerte, Fertigkeiten und weitere Boni verteilt werden; die Summe aus Fertigkeit und Würfelergebnis wird dann mit einem Mindestwurf verglichen, der abhängig davon ist, wie einfach oder schwer die erhoffte Tätigkeit ausfällt. Bei einem Sechserpasch „explodieren“ die Würfel. Alles in allem ein völlig robustes System, von dem man aber keine großen Innovationen oder weltbewegende Neuerungen erwarten sollte. Mehr so etwas nach dem Motto „keine Experimente, keine Fehler“. Darüber hinaus gibt es noch dazu einen Pool an sog. „Courage Points“, die nach dem üblichen Gummi-Punkt Prinzip arbeiten – ich weiß nicht, wie außergewöhnlich das bei einem Spiel von 2002 ist. Ich persönlich bin kein Freund von Gummi-Punkten, aber in diesem Fall sind sie zu Mindest ansatzweise innerspielweltlich erklärt (auch wenn die Erklärung etwas fadenscheinig erscheint) und soll als Anreiz dazu dienen, sich möglichst heldenhaft zu verhalten – wobei die Vorgaben, was denn nun im Kontext von Mittelerde als heldenhaft anzusehen sei, gut hervorgehoben an zentraler Position aufgeführt wird, was eine sehr brauchbare Handreichung für den Flow der Punkte darstellt. Für ein Gummipunkt-System ist das ganze sehr solide umgesetzt.

Bei der Charaktererschaffung werden wiederum recht übliche Register verwendet – effektiv separate Klassen und Spezies, plus ein Stufensystem. Die Spezies und Völker sind ganz brauchbar beschrieben und gut regeltechnisch umgesetzt, wobei es relativ viele Freiheiten bei der Ausarbeitung der Details für den Spieler gibt, gleiches gilt auch für die „Orden“ - effektiv die Klassen des Systems – die auch eher grob gehalten sind und sich primär dadurch unterscheiden, welche Fertigkeiten effizienter gesteigert werden können, und welche besondere Fähigkeiten ihnen zur Verfügung stehen.. Stufenaufstiege funktionieren recht ähnlich zu den Advances bei Savage Worlds, soll heißen relativ unaufgeregt. Charaktere können relativ frei zwischen ihren jeweiligen Orden wechseln, oder in sog. Elite Orden, effektiv Prestige-Klassen, aufsteigen, die dann weitere
Die Liste der Fertigkeiten ist umfassender als die bei MERS, aber weit davon entfernt, überbordend auszufallen.
Das Spiel bietet eine gute Bandbreite aus Kompromissen beim Rollenspiel, so können Charaktere sowohl ausgewürfelt werden oder per Point-Buy erstellt werden, Charaktere können sehr schnell über Beispiel-Kulturen oder Beispiel-Varianten der üblichen Orden abgehandelt werden, was in wenigen Minuten abgearbeitet werden kann, oder man geht ins Detail und verteilt die Punkte selbst, was etwas zeitintensiver wird. Hell, das System bietet zudem sowohl vernünftige, taktisch relevante und halbwegs gleichberechtigte Optionen für aktive oder passive Paraden.
Das System beinhaltet darüber hinaus ein System für Massenkämpfe und ein sehr grobes, einfach gehaltenes System für die Befleckung/Verführung zum Bösen, dem Mittelerde-Äquivalent zum cthuluhesken Stabilitätsverlust, wobei das System aber recht einfach gehalten ist, sowie ein System für Reputation und Bekanntheitsgrad eines Charakters.
Das Kampfsystem ist (wie auch das System an sich) relativ einfach gehalten und bietet eine überschaubare, aber brauchbare Optionen, und für die Freunde derartiger Ideen auch Regeln für Mooks oder ähnliche Statisten.

Im Gegensatz zu MERS ist das Magiesystem sogar brauchbar und passt zum Setting (Gasp!) Es gibt einige Zauber, die allesamt recht gut zum Setting passen, das System ist wieder eher unkompliziert und erfordert relativ wenig Buchhaltung (Zaubern ziehen das Äquivalent zu einem Fortitude-Save nach sich, bei deren Misslingen der Charakter etwas erschöpfter wird). Hinzu kommen eher schlicht gehaltene Regeln für magische Gegenstände und ihre Erstellung. Das relativ einfach gehaltenes Kern-Curriculum von Zaubern bietet zudem noch Sonderfälle wie magische Runen oder Zauberlieder, die aber exakt nach dem selben Schema mit leichten Variationen funktionieren.

Alles in allem ist das System sehr stromlinienförmig, stimmig und allerhöchstens könnte man dem System vorwerfen, etwas zu sehr auf der alten Wein in neuen Schläuchen Schiene zu fahren und etwas innovationsarm zu sein, macht aber dennoch vieles richtig und wenig bis nichts so richtig falsch. Alles in allem bewegt sich das CODA System gefühlt ungefähr auf der gleichen Komplexitätsstufe wie Cinematic Unisystem oder Savage Worlds, allerdings mit etwas ausfallender gestalteter Fertigkeitenliste. Das System ist aber tendenziell eher in Richtung Plausibilität als in Richtung schnelles Gameplay ausgerichtet, aber dadurch auch sehr intuitiv und gut nachvollziehbar. Ich glaube nicht, dass das System selbst zu besten Zeiten einen Hype wie Savage Worlds oder Fate hätte aufbauen oder tragen können (dazu sind die Regeln dann zu statisch und vorhersehbar), aber das Regelwerk ist absolut solide und den gesetzten Aufgaben mehr als gewachsen. Ich zu Mindest bin positiv überrascht von der Angelegenheit. 

Das Spiel beinhaltet, anders als MERS, nur Angehörige der freien Völker Mittelerdes, beinhaltet also keine Option für die Erstellung von Uruk Magiern. Die verschiedenen Völker sind recht differenziert und umfassend und quellengerecht unausgewogen erstellt, wobei ausgerechnet die Darstellung von Menschen dann in weitaus gröberen Zügen daher kommt. Und an keiner Stelle wird erwähnt, was für Hosen denn Elben tragen. Was die Anschaulichkeit des Systems deutlich erhöht, ist das fast alle dieser Fähigkeiten (übrigens wie auch die meisten Edges und Flaws) mit Zitaten aus den Büchern unterfüttert wird, was die Nachvollziehbarkeit deutlich erhöht.
Die Orden, wie bereits erwähnt nicht übermäßig dominant, beinhalten sowohl die üblichen Fantasy- Rollenspiel-Standards (Kämpfer, Schurken, Zauberkundige), als auch etwas weniger abenteuerliche Formen, wie Handwerker (die tolle magische Gegenstände bauen können).

Die Beschreibung der Welt ist nicht erschöpfend, aber vorhanden und meines Erachtens ausreichend. Neben einer 15 Seiten umfassenden Beschreibung des Settings beinhaltet das Grundbuch auch zwei Kapitel, die sich mit verschiedenen Kampagnenformen und allgemeinen Stilhinweisen und Themen eines Mittelerde-Rollenspiels befassen. Auch hier taucht wenig auf, was völlig großartig und weltbewegend daherkommt, aber der Grundtenor ist völlig in Ordnung und absolut angemessen, sprich solide.

Die Aufmachung und der Stil des Systems ist wie eingangs erwähnt, etwas zwiespältig, was an den verwendeten Filmbildern liegt. Ich finde Photos in einem Fantasy-Regelwerk eher unglücklich, und die Bilder verlieren in ihrer statischen Form doch sehr gegenüber der Filmform, auch weil alles viel kleiner wirkt. Die Epik der Geschehnisse wird damit zweimal gestaucht, erstmal durch das Nadelöhr dessen, was filmisch möglich ist, und dann durch die statische Darstellung, die auch dem Film nicht wirklich gerecht wird. Ein klein wenig wirkt es so, als ob das Buch mit den Urlaubsphotos eines aufwendigen Wochenend-LARPS bebildert wurde. Dem gegenüber stehen die gut formulierten Texte (Anmerkung: Ich habe nur das englische Original der Regeln gelesen, nicht die deutsche Übersetzung. Ich kann daher nicht sagen, wie gut oder schlecht diese ist) und die häufige Einbindung der Textstellen und Zitate aus der Trilogie, die eine Menge dazu beitragen, das Ambiente und die Stimmung der Welt zu transportieren und die gediegene Tolkien-Sprache zum Stimmungsaufbau zu verwenden ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Darüber hinaus ist das System relativ sauber aufgebaut, übersichtlich und beinhaltet einen brauchbaren Index und Glossar. Teilweise muss man etwas suchen, wenn man einzelne Regeln nachschlagen will, aber über den Index geht das; darüber hinaus hab ich keine Hinweise auf die berühmte Seite XX gefunden. Wenn Querverweise auftauchen (was so selten nicht ist), dann führen sie auch dahin, wo die entsprechenden Angaben zu finden sind. Das sollte zwar eigentlich selbstverständlich sein, aber wir wissen alle, dass das nicht unbedingt den allgemeinen Qualitätsstandards von Rollenspielprodukten entspricht.


So, schreiten wir zur Bewertung:
Das Regelsystem ist zwar kein Meilenstein der Rollenspielentwicklung, aber völlig solide und reichlich stromlinienförmig und elegant und, was für die Bewertung in diesem Kontext nicht weniger wichtig ist: es passt zum Hintergrund und schwurbelt nicht groß rum. Alles in allem ist das System unaufgeregt, solide und gut verständlich, was mir reicht, um zweieinhalb von drei Nazghul für die Regeln zu verteilen.
Die Darbietung des Hintergrunds ist nicht erschlagend (was bei der Masse an Informationen und der Gravitas der Tolienschen Schreibe tatsächlich eine Leistung darstellt), und ist gut auf den Hausgebrauch runter gebrochen, aber für die Hardcore-Tolkienianer gut nach oben erweiterbar. Einziges wirkliches Manko: Es gibt keine gut verwendbare Karte in dem Spiel; die übliche Mittelerde-Karte prangt zwar sowohl von der Innenseite des Einbands als auch von einer Doppelseite im Innern des Buchs, aber durch den formatgegebenen Knick in der Mitte ist die Mitte der Karte halt nicht völlig verwendbar. Das fällt für mich allerdings eher unter Nicklichkeiten. Allein bei der Beschreibung der SC-Kulturen (stillschweigend vorausgesetzt, dass Menschen da das Gros stellen) hätte etwas umfangreicher ausfallen können. Auch für die Hintergrund-Darbietung würde ich daher zweieinhalb von drei Nazghul verteilen.
Bei den Zusatzpunkten finde ich die Übersichtlichkeit zwar in Ordnung, aber alles in allem muss man doch etwas viel blättern und mehr blättern, als bei einem an sich recht elegant gehaltenen und stromlinienförmigen Regeln eigentlich notwendig wäre, was das Spiel unnötig verkompliziert. Keinen Nazghul wert.
Die Gefährten des Rings lassen sich hingegen völlig problemlos mit dem System darstellen, auch der krasse Erfahrungsunterschied wird gut wiedergegeben, während die Regeln für Courage die „Kleinen“ in der Runde nicht völlig abhängt. Bietet wiederrum einen Nazghul.
Und letztendlich die Layout-Frage... ich finde das Artwork nicht gut, und vor allem finde ich es faul, einfach Screenshots aus dem Film per Copy+Paste ins Buch zu pflanzen hat etwas ziemlich langweiliges, und nutzt meiner Meinung nach die Möglichkeiten des Stimmungsaufbaus durch gute Illustrationen nur sehr bedingt aus. Dem Gegenüber stehen allerdings sehr gut formulierte Texte und die reichaltigen Tolkien-Zitate.

Insgesamt vergebe ich also 6 von 9 möglichen Nazghul an das CODA System, was ein überdurchschnittliches Ergebnis darstellt. Meines Erachtens ein wesentlich besseres System als MERS und mit unspektakulären, aber brauchbaren und anpassungsfähigen Regeln ausgestattet.
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Offline Feuersänger

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #10 am: 11.03.2012 | 17:31 »
Dazu würde ich auch noch ein paar Takte anmerken. Hast du die deutsche oder die englische Version getestet? Ich nehme mal an englisch, denn in der deutschen Fassung heissen die Klassen "Berufungen" und nicht "Orden".

1. finde ich das System nicht besonders belastbar, bzw. es widerspricht in seiner Mechanik dem im Spielleiter-Abschnitt propagierten Spielstil. So ist z.B. laut Regeln ein einziger Ork/Uruk ein verdammt harter Knochen und einem typischen Menschen von den Kampfwerten her überlegen. Und im SL-Kapitel wird dann geraten, die ganzen Gesundheitsgrad-Regeln über Bord zu werfen und die Mobs einfach nach ein bis drei Treffern zu Boden gehen zu lassen. Also was denn nun?

2. hat mich die Nomenklatur genervt; erstens diese zwanghafte Vermeidung konventioneller Rollenspielbegriffe: "wir sagen aber nicht Charisma sondern Auftreten". Zweitens viele verwirrend ähnlich lautende Begriffe, zumindest in der deutschen Fassung: "Tapfer" ist was anderes als "Tapferkeit", man muss Gewandheit von Geschicklichkeit unterscheiden (oder so ähnlich), und so weiter. Mal ganz abgesehen von diesem penetranten "Die Erzählerin"-Gefasel.

3. Das Regelbuch ist unübersichtlich hoch drei; das geht schon damit los, dass die Kapitel keine eindeutigen Überschriften haben, sondern irgendwelche Stimmi-Titel, die keine Rückschlüsse auf den Inhalt zulassen. Wer kommt z.B. auf die Idee, dass er im Kapitel "Gestrenge und entschlossene Männer" suchen muss, wenn er Edges und Flaws nachschauen will? Hinzu kommt, dass die Charaktererschaffung nicht klar und gebündelt abgehandelt wird, sondern man sich die einzelnen Komponenten mit ständigem vor- und zurückblättern zusammensuchen muss.

4. das Spiel ist von vorn bis hinten für "Storynutten" ausgelegt und eignet sich nicht die Bohne für herausforderungsorientiertes, ergebnisoffenes Spiel. Das fängt schon damit an, dass die Rassen vorn und hinten nicht ausbalanciert sind. Da gibt es ganz klar ein unübersehbares Machtgefälle in der Hierarchie Noldor > Sindar > Waldelben > Dunedain > Mittelmenschen etc., und irgendwo dazwischen fallen die Zwerge und ganz am Ende der Fahnenstange kommen die Hobbts. Das mag stimmig für Mittelerde sein, aber gefallen muss es einem trotzdem nicht. Wie gesagt, für Runden in denen die Würfel eh keine große Rolle spielen zweifellos geeignet, aber ich hätte mir etwas mehr Balance gewünscht.

5. Ich habe auch ein paar andere Supplements zu dem Spiel, die auch durchweg qualitativ in dieselbe Kerbe hauen wie das Hauptbuch. Etwas ratlos ließ mich z.B. der SL-Schirm, der auf der Innenseite zwar mit einer Reihe Tabellen bedruckt ist, deren Auswahl aber eher zufällig zustande gekommen sein muss. Nahkampfmodifikatoren sucht man vergebens, aber falls mal einer der Charaktere an Amnesie leidet, sind da die Modifkatoren schnell zur Hand.  :D

Positiv ist mir allerdings ebenfalls das stimmige Magiesystem aufgefallen -- wenn man denn schon unbedingt Magier als SC-Klasse anbieten muss; ich persönlich finde das ja in Mittelerde einfach fehl am Platz.

Insgesamt hätte ich dem Spiel vor allem beim System einen Abzug reingewürgt, und würde als Gesamtwertung sagen wir mal 5 Nazgul vergeben, womit es immerhin eine Benchmark für die Konkurrenz darstellt.

(edit: Tippfehler)
« Letzte Änderung: 11.03.2012 | 23:35 von Feuersänger »
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #11 am: 11.03.2012 | 19:58 »
Dazu würde ich auch noch ein paar Takte anmerken. Hast du die deutsche oder die englische Version getestet? Ich nehme mal an englisch, denn in der deutschen Fassung heissen die Klassen "Berufungen" und nicht "Orden".

Müßte ich irgendwo im Text erwähnt haben... ich hab nur die Englische Version von dem Spiel, ich weiß daher nicht, wie gut oder schlecht die Übersetzung gelungen ist.

1. finde ich das System nicht besonders belastbar, bzw. es widerspricht in seiner Mechanik dem im Spielleiter-Abschnitt propagierten Spielstil. So ist z.B. laut Regeln ein einziger Ork/Uruk ein verdammt harter Knochen und einem typischen Menschen von den Kampfwerten her überlegen. Und im SL-Kapitel wird dann geraten, die ganzen Gesundheitsgrad-Regeln über Bord zu werfen und die Mobs einfach nach ein bis drei Treffern zu Boden gehen zu lassen. Also was denn nun?

Ich habe das mit den Mook-Regeln als einen Vorschlag gesehen, der mit geringer Verbindlichkeit ausgesprochen wird. Ich persönlich verwende so was eh so gut wie nie - der Mehrwert von Mook-Regeln geht meiner Meinung stark hinter dem Verlust der innerweltlichen Kontinuität zurück - aber es ist nichtsdestotrotz erwähnenswert, dass es entsprechende Regeln gibt und das man eben die Möglichkeit hat, zwischen einer eher grittigen und einer eher cineastischen Version zu wählen. Aber ja, vereinfachte Poolwerte wie z.B. bei Cinematic Unisystem wären hilfreicher, um das Selbe zu erreichen. 

2. hat mich die Nomenklatur generft; erstens diese zwanghafte Vermeidung konventioneller Rollenspielbegriffe: "wir sagen aber nicht Charisma sondern Auftreten". Zweitens viele verwirrend ähnlich lautende Begriffe, zumindest in der deutschen Fassung: "Tapfer" ist was anderes als "Tapferkeit", man muss Gewandheit von Geschicklichkeit unterscheiden (oder so ähnlich), und so weiter. Mal ganz abgesehen von diesem penetranten "Die Erzählerin"-Gefasel.

Oh ja, die Schrecken der gegenderten Texte die es wagen, von der normativen Maskulinität der Sprachwahl abzuweichen. Sorry, aber das ist die so ziemlich lächerlichste Kritik, die man anbrechen kann, gleich neben "die ausgewählte Schrifttype ist häßlich".
Was die Begriffe angeht: Wie gesagt, zur Übersetzung kann ich nicht viel sagen, aber ich finde "Bearing" oder "Nimbleness" nicht weniger griffig oder verständlich als "Charisma" oder "Dexterity"; genausowenig gibt es einen irgendwie gearteten Zwang, ausgerechnet das D&D-Vokabular zu übernehmen.

3. Das Regelbuch ist unübersichtlich hoch drei; das geht schon damit los, dass die Kapitel keine eindeutigen Überschriften haben, sondern irgendwelche Stimme-Titel, die keine Rückschlüsse auf den Inhalt zulassen. Wer kommt z.B. auf die Idee, dass er im Kapitel "Gestrenge und entschlossene Männer" suchen muss, wenn er Edges und Flaws nachschauen will? Hinzu kommt, dass die Charaktererschaffung nicht klar und gebündelt abgehandelt wird, sondern man sich die einzelnen Komponenten mit ständigem vor- und zurückblättern zusammensuchen muss.

Als Kritik an der Rezension geht das etwas an dem vorbei, was ich geschrieben habe - eine Perle der Übersichtlichkeit ist das System nämlich wahrlich nicht, aber hey, dafür gibt es schliesslich einen Index. Und eine Einleitung, in der aufgeschlüsselt wird, was in welchem Kapitel steht. Ein guter Aufbau und Strukturierung ist sicher sehr hilfreich, ersetzt aber das Lesen an sich erst mal nicht. Und gerae bei den Kapitelnamen ist bei der Englischen Version mit angegeben, was genau das Kapitel behandelt (Um beim Beispiel zu bleiben: "Stern Men and Resolute: Traits"). Klar geht das besser, aber ich würde das als Manko nicht überbewerten (vor allem wenn man den wirklich schauerlichen Aufbau bei MERS noch vor Augen hat).

4. das Spiel ist von vorn bis hinten für "Storynutten" ausgelegt und eignet sich nicht die Bohne für herausforderungsorientiertes, ergebnisoffenes Spiel. Das fängt schon damit an, dass die Rassen vorn und hinten nicht ausbalanciert sind. Da gibt es ganz klar ein unübersehbares Machtgefälle in der Hierarchie Noldor > Sindar > Waldelben > Dunedain > Mittelmenschen etc., und irgendwo dazwischen fallen die Zwerge und ganz am Ende der Fahnenstange kommen die Hobbts. Das mag stimmig für Mittelerde sein, aber gefallen muss es einem trotzdem nicht. Wie gesagt, für Runden in denen die Würfel eh keine große Rolle spielen zweifellos geeignet, aber ich hätte mir etwas mehr Balance gewünscht.
Wer ausser "Storynutten" hat denn überhaupt ein Interesse an einem Mittelerde-Rollenspiel? Ich würde das wiederrum als vorgabengerechte Umsetzung ansehen - das Spiel kommt halt den eigenen Ansprüchen nach.
Darüber hinaus: Balancing zwischen den verschiedenen Völkern ist bei einem Mittelerde-Rollenspiel ungefähr so passend wie ausgiebige Automatikfeuer-Regeln. Wenn man sich die Vergleichsgruppe aus der Buchvorlage anschaut, reicht die Basis der Charaktere letztendlich von einem unerfahrenen Gärtner bis hin zu einem quasi göttlichen Wesen, das zufällig so aussieht wie ein alter Mann. Ich halte die aufoktruierte Gleichmacherei und das gegenseitige Ausbremsen, dass wohlwollend-euphemistisch als Balancing etikettiert wird, eh für eine bestenfalls völlig überbewertete, tendentiell sogar eher schädliche Konvention, denn letztendlich geht es quasi nie um so etwas wie Gerechtigkeit, sondern bloß um schlichten Neid, weil Spieler X plötzlich ein viel schöneres Förmchen at als man selbst. Ich würde sogar soweit gehen, dass derartige Unterschiede in der Basis, wie sie bei CODA auftauchen fürs herausforderungsorientierte Spiel auch nur marginale Einflüsse haben, denn ansonsten wäre jedes Spiel, dass auf ausgewürfelte Spielwerte setzt, genauso ungeeignet.


5. Ich habe auch ein paar andere Supplements zu dem Spiel, die auch durchweg qualitativ in dieselbe Kerbe hauen wie das Hauptbuch. Etwas ratlos ließ mich z.B. der SL-Schirm, der auf der Innenseite zwar mit einer Reihe Tabellen bedruckt ist, deren Auswahl aber eher zufällig zustande gekommen sein muss. Nahkampfmodifikatoren sucht man vergebens, aber falls mal einer der Charaktere an Amnesie leidet, sind da die Modifkatoren schnell zur Hand.  :D
Hab ich nicht, kann ich nix zu sagen. Was ich als Supplement kenne, sind die 9 Jahrgnge des frei zugänglichen E-Zine Hall of Fire und andere fan-based Sachen, die alles samt recht nützlich sind.

Positiv ist mir allerdings ebenfalls das stimmige Magiesystem aufgefallen -- wenn man denn schon unbedingt Magier als SC-Klasse anbieten muss; ich persönlich finde das ja in Mittelerde einfach fehl am Platz.
Magier wie in Gandalf oder Radagast fände ich auch eher unpassend. SC-Magier sind bei den Regeln auch eher so was wie der "Conjurer of cheap tricks" der Gandalf nun mal eben nicht ist und Zaubersprüche verschiedener Art werden an verschiedener Stelle im HdR erwähnt ("I once knew every spell in all the tongues of Elves or Men or Orcs, that was ever used for such a prpose. I can still remember ten score of them..."). Auch ausserhalb der fünf WIzards gibt es Leute, die Magie verwenden auf Mittelerde, sie sind nur halt nicht so gut. Und das geben die Regeln auch durchaus her.

Insgesamt hätte ich dem Spiel vor allem beim System einen Abzug reingewürgt, und würde als Gesamtwertung sagen wir mal 5 Nazgul vergeben, womit es immerhin eine Benchmark für die Konkurrenz darstellt.
Wie gesagt, ich bewerte System und Übersichtlichkeit als unabhängig von einander. Die Übersichtlichkeit ist keinen Nazghul wert, da gehe ich mit dir völlig d'accord. Aber gemessen an dem, was das System will ist es meines Erachtens durchaus gelungen.
Würde ich tatsächlich jedes Mal, wenn ich sinnbildlich Lehrgeld bezahlen würde, tatsächlich Geld verteilen, wäre ich arm.

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #12 am: 11.03.2012 | 20:41 »
Hat der Thread einen Anspruch auf Objektivität oder ist das ein "Was gefällt mir besser Thread"?

Wenn ich MERS und TOR unter dem Kriterium vergleiche, gefällt mir TOR besser.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #13 am: 11.03.2012 | 21:01 »
Hmh, die deutsche Fassung scheint einfach teilweise vermurkst zu sein und schlechter als das Original. Welch Überraschung, hat man ja noch nie gesehen.

Balancing ist sicher eine philosophische Frage. Ich sehe das so, dass es eben gerade in ME seine Gründe hat, dass mit der Zeitenwende die "Dominion of Man" beginnt, und man von Elben und Zwergen als "failing peoples" hört. Aber wie sich das in Spielwerten widerspiegeln lässt, okay, das ist eine andere Frage. Was ich zum Beispiel passend gefunden hätte, wäre, dass Elben deutlich langsamer als Menschen aufsteigen.

Zitat
Wer ausser "Storynutten" hat denn überhaupt ein Interesse an einem Mittelerde-Rollenspiel?

Ich zum Beispiel.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #14 am: 11.03.2012 | 21:02 »
Und ich bin eine "Storynutte", die trotzdem sehr an Balancing festhält. Gleiche Chancen für alle!
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #15 am: 11.03.2012 | 21:04 »
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Oberkampf

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #16 am: 11.03.2012 | 21:19 »
Und ich bin eine "Storynutte", die trotzdem sehr an Balancing festhält. Gleiche Chancen für alle!

Sehr verständlich. Storyspiel und schlechtes Balancing vertragen sich sowieso nicht gut.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #17 am: 11.03.2012 | 21:38 »
Hat der Thread einen Anspruch auf Objektivität oder ist das ein "Was gefällt mir besser Thread"?

Den Anspruch schon. Inwiefern sich das in die Realität umsetzen läßt, sei dahingestellt. Ich habe da meine Zweifel, versuche aber wenigstens meine persönlichen Präferenzen und Vorurteile erstmal unterzuordnen und Fragen wie etwa die generelle Komplexität des Systems oder spezifische Merkmale eher dahingehend anzuschauen, inwiefern sie zum angestrebten Spielstil und der Umsetzung der Spielwelt passen. Gerade bei den Eigengewächsen verschiedener Selbstschreiber geht das ziemlich weit auseinander, von sehr einfach gehaltenen Erzählspielen zu ziemlich anspruchsvollen und komplexen Regeln.

Balancing im Allgemeinen ist ein spannendes Thema und sicher diskussionswert, keine Frage,  führt aber in diesem Kontext etwas sehr weit von der Materie weg. Im spezifischen Kontext eines Mittelerde-Rollenspiels ist es hingegen so, dass gerade die Kulturen und Völker gemäß der Vorgabe eben nicht auf einer Ebene stehen, und dementsprechend die Frage ob und wie dies umgesetzt wird dann für die Frage, wie gut das System eben Mittelerde abbildet eben relevant ist. 
"Gutes Balancing" ist nichtsdestotrotz ein Oxymoron. Nur ein totes Balancing ist ein gutes Balancing. 
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Offline Chief Sgt. Bradley

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #18 am: 11.03.2012 | 22:13 »
Also ich mag diesen Trööd :)
@Terrorbeagle:
Du hast eine angenehme Schreibe, mich sehr unterhalten und mir eine super Zusammenfassung zweier Regelsysteme gegeben, welche ich zuvor noch nicht gespielt habe.

Ich freue mich jetzt schon auf deine Rezi zu der "Der Eine Ring"

Weiter so :d
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Insgesamt hab ich das vorhin einer Bekannten am Telefon beschrieben mit "Guardians of the Galaxy in XXL und geiler!"

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #19 am: 11.03.2012 | 23:14 »
Tolles Thema. Bisher lesen sich die Kritiken zu den Spielen recht fair.  :d
Besonders freut mich, dass du jeweils deine Perspektive vor Augen stellst.
Sehr hilfreich!



Was mich allerdings stört (und für mich den Faden durchaus abwertet) ist deine Apologie, terrorbeagle, wider
die kritischen Bemerkungen von Feuersänger. Seine Anmerkungen sind für mich durchaus richtig, entstammen
aber einem anderen Blickwinkel, der, wie mir scheint, für dich nicht so ganz nachvollziehbar ist.
Jedenfalls: Diese "ich-hab-aber-doch-Recht"-Haltung von jemandem, der gerade eine Spielerezension geschrieben hat,
geht mir auf den Keks. Vor allem, weil sich daraus ergebende Diskussionen gerne mal Rezensionsstränge im Vorbeigehen zerschießen. (Hab ich leider schon öfter beobachten müssen.)



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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #20 am: 12.03.2012 | 08:19 »
Kurz mal meine 2 Cent zu Mers:

Zwei Millionen Verlaufte Exemplare? Woher hast du die Zahl? Ich denke, die Auflage bewegt sich eher irgendwo im 10.000er-Bereich, zumindest nannte mir das mal einer, der die Autoren des Spiels ganz gut kennt. Kann da bei Interesse nochmal nachhören.

Mers und das Gleichgewicht der Völker, das ist schon eine seltsame Sache. Klar kann man sagen, dass Elben da was die besonderen Fähigkeiten angeht, besser abschneiden. Es sind die besten Magier und Animisten. Nur hat man dann bei den Kampffertigkeiten unglaublich bei denen gekürzt. Noldor, die ganze Kriege gegen Morgoth geführt haben, sind die mit schlechtesten Kämpfer des Systems. Ich führe das darauf zurück, dass man eben doch eine gewisse Balance zwischen den Völkern herstellen wollte.


Zum Herr der Ringe Rollenspiel von Decipher:

Es hat richtig gute Ansätze. Im Grundbuch bekommt man eine Beschreibung der Welt. Die Regeln hatten mich damals überzeugt. Nach jahrelangem Spielen musste ich aber feststellen, dass das System ziemlich schnell in sich zusammenfällt. Soll heißen, die Charaktere werden so schnell, so gut, dass sie es mit fast jedem aufnehmen können. Schön fand ich die Magieregeln. Wobei da Magier ganz schnell in die Richtung Gandalf gehen, was ich seltsam fand.
« Letzte Änderung: 12.03.2012 | 10:04 von Vanis »
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Achamanian

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #21 am: 12.03.2012 | 09:12 »
Balancing im Allgemeinen ist ein spannendes Thema und sicher diskussionswert, keine Frage,  führt aber in diesem Kontext etwas sehr weit von der Materie weg. Im spezifischen Kontext eines Mittelerde-Rollenspiels ist es hingegen so, dass gerade die Kulturen und Völker gemäß der Vorgabe eben nicht auf einer Ebene stehen, und dementsprechend die Frage ob und wie dies umgesetzt wird dann für die Frage, wie gut das System eben Mittelerde abbildet eben relevant ist. 

Ich halte das ehrlich gesagt für einen Irrtum über Mittelerde. An den Vorlagen lässt sich diese klare Hierarchie auf den für's Spiel relevanten Ebenen nicht wiederfinden. In Silmarillion und Unfinished Tales/Children of Hurin sind menschliche und elbische Helden moralisch und im Kampf tendenziell gleichwertig (wie schon im Thread zu DER würde ich da wirklich noch mal die Lektüre von letztgenanntem Buch empfehlen).
Im Hobbit und LotR tritt sogar noch deutlicher hervor, dass Balancing (zumindest der Kampfwerte) der Welt eigentlich sehr angemessen ist: Einige der größten Kampf-Heldentaten werden von Hobbits begangen (Bilbo gegen den Spinnen von Düsterwald, Sam gegen Shelob, Merry gegen den Hexenkönig von Angmar, Pippin, der in der Endschlacht im Alleingang mit einem Schlag einen Troll tötet!). Natürlich wird es immer so beschrieben, dass die Hobbits mit Mut, Glück und Geschicklichkeit ihre Siege erringen und nicht mit roher Kraft - aber genau das kann ja ein RSP-Regelwerk wiederspiegeln (und tut es, um mal vorzugreifen, im Falle von DER auch).

Natürlich agieren die Hobbits im LoTR kaum als Kämpfer in den Schlachten und werden auch nicht als solche betrachtet - sie sind ja auch im Gegensatz zu Aragorn, Boromor, Gimli und Legolas keine mehr oder weniger "berufsmäßigen" Kämpfer. Trotzdem zeigt sich gerade in LotR ja, dass die Hobbits, wenn es dann hart auf hart kommt, doch so einiges reißen - also wäre es, will man der Vorlage treu bleiben, ziemlich unlogisch, ihnen schlechtere Ausgangsbedingungen mitzugeben.

Und die totale Überlegenheit der Elben ist wie gesagt eigentlich bei keinem Tolkien-Werk so direkt zu erkennen, im Hobbit und in LotR schon gar nicht. Es ist Isildur, der Sauron den Finger abschlägt, kein Elbenkrieger. Zumindest die Sindar haben offensichtlich auch kein großartiges magisches Gespür, sonst hätte ihnen Bilbo nicht so auf der Nase herumtanzen kann. Und wie gesagt: Zahlreiche Sindar fallen in der Schlacht der fünf Heere gegen die Orks, und sie werden dort (im Gegensatz zu den Zwergen und zu Beorn) nie als die Partei hervorgehoben, die groß was reißt, sie kämpfen einfach nur mit.

Die größe der Heldentaten ist bei Tolkien in meinen Augen ziemlich eindeutig an die Zeitalter geknüpft: Im ersten werden die größten vollbracht, da kann selbst ein Menschenkrieger gegen Morgoth persönlich anstinken. Im zweiten geht immer noch einiges, auch ein Mensch kann da Sauron im Kampf besiegen. Im dritten ist die Zeit der wirklich großen Taten auf dem Schlachtfeld einfach vorbei, für Menschen und Elben ebenso wie für Zwerge und Hobbits. Bei einem im dritten Zeitalter angesiedelten Spiel ist es deshalb der Vorlage absolut angemessen, Menschen, Zwerge, Hobbits und Elben (mit Ausnahme der wirklich alten) zu balancen.

Schließlich: Wir wollen nicht Bullbeißer Tuck vergessen, der einen Orkkönig köpfte, sodass sein Kopf in einen Hasenbau flog, und damit nebenbei das Golfspiel erfand!

Offline Terrorbeagle

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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #22 am: 12.03.2012 | 11:28 »
Ich meine, du reduzierst die Balancing-Frage zu sehr auf das sehr enge Feld des Kampfes. Und ja, wenn es nur darum geht, Dinge zu zerstören und Leute zu töten, sind die Elben nicht weiter herausragend, zu Mindest im Vergleich zu den Hohen Menschen/Dúnedain oder den Zwergen. Nur ist Kampf meines Erachtens zwar ein wichtiger Punkt, aber nicht der einzige, und vor allem nicht der, in dem die Elben besonders auffällig sind. Generell scheinen sie besser dfarin u sein, etwas tz erschaffen als etwas niederzureißen; es wird so z.B. immer wieder betont wie herausragend so ziemlich alle Aspekte der elbischen Handwerkskunst seien, von profanem Bäckerwesen bis hin zur Mithtril-Verarbeitung. Worin sie ebenfalls übermenschlich sind, sind so Sachen wie der Gesichtssinn (Aragorn: "Seht mal, eine Staubwolke am Horrizont". Legolas:" Ja, das sind Reiter, 14 Stück um genau zu sein, sie führen 2 weitere Pferde mit sich, sieben haben Bärte und einer sehr ausgeprägte Aknenarben". Ich paraphrasiere.), auch und gerade bei Dunkelheit, eine unnachahmliche Leichtfüßigkeit und Körperbeherrschung (Am Caradras muß Boromir den restlichen Gefährten einen Weg durch den hüfthohen Schnee bahnen... Legolas läuft schlicht über die Schneedecke) oder um die [Übersetzung der] Worte Tolkiens selbst zu bemühen: [Legolas ist]"(...) gross wie ein junger Baum, schlank, sehr stark, fähig einen grossen Kriegsbogen zu zücken und einen Nazgul abzuschiessen, versehen mit immenser Lebenskraft der elbischen Körper, so hart und schwer zu verletzen, daß er nur mit leichten Schuhen über Felsen oder Schnee ging, der unermüdlichste von allen Gefährten"; Elben sehen so gut aus, dass relativ regelmäßig als Vergleich herhalten, wenn es darum geht, dass jemand attraktiv ist ("fair as an Elven maiden") und muß der lächerlich offensichtliche Zusammenhang aus faktischer Unsterblichkeit und lebenslangem Lernen noch extra erwähnt werden?
Geht man nach der Vorlage der Tolkienschen Texte, ist jede Behauptung, dass die Elben eben nicht in weiten Teilen übermenschlich seien, irgendwo im weiten Feld zwischen Wunschdenken, Hatedom oder Unwissenheit angesiedelt ist; die üblichen EDO-Fantasy Elfen sind relativ maue Abziehbilder der tolkienschen Version, die diesem "Original" eben nicht gerecht werden.
Nur um das noch mal klar zu machen: Ich bin kein Elfenfanboy oder dergleichen, der hier seine persönliche Favoriten pushen will; eher im Gegenteil. Worauf ich hingegen achte, ist die quellengetreue und thematisch angemessene Umsetzung des Stoffes, und in diesem Zusammenhang ist jedwede Behauptung, die im Widerspruch zu den Ausgangstexten stehen, eben keine an sich respektwürdige abweichende Meinung, sondern schlicht und ergreifend faktisch falsch. Entgegen des allgemeinen Volksglauben wird eine Falschaussage auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Schaut euch den Text an. Schaut euch an, wie Elfen, speziell Legolas der nun mal immer wieder sehr im Spotlight steht, beschrieben wird. Ich kann mich nur wiederholen: Wenn man den Text des Herren der Ringe zu Grunde legt, ist die Behauptung, der Elb (an sich) sei nicht in Teilen übermenschlich meines Erachtens schlicht und ergreifend völlig unhaltbar. Weitgehend kontrafaktisch.

Darüber hinaus: Der Witz beim Herrn der Ringe ist ja eben, dass diese augenscheinliche und offensichtliche Ungleichheit eben entscheidend ist; die grpßen Heldenfiguren der wiedergekehrte König und so - sind wenig mehr als ein Ablenkungsmanöver im großen Plan, damit zwei pelzfüßige Butterkugeln letztendlich triumphieren können. Dieser Triumph der pelzfüßigen Butterkugeln ist aber gerade deshalb so heroisch und herausragend, weil die Figuren eben gerade nicht heroisch veranlagt sind. Die Halblinge sind Allerweltsfiguren, der sprichwörtliche kleine Mann. Sie sind konsequent völlig mit der Situation in der sie sich befinden eigentlich überfordert - und, das ist der springende Punkt - sie nehmen diese enorme Herausforderung an und dadurch wachsen sie daran auch (sogar wortwörtlich; bei Merry und Pippin geht der charakterliche Wachstum mit körperlichem Wachstum einher) und die Diskrepanz zwischen den kleinen, schwachen, verletzlichen und oft elenden Hauptfiguren und der quasi nicht bewältigbaren Aufgabe ist nun mal wesentlich prägnanter und wirkungsmächtiger als ein Achilles oder Herakles an der Stelle gewirkt hätte. Durch eine künstliche Überhöhung der eigentlichen Protagonisten Sam und Frodo, Merry und Pippin, wird das, was sie erreicht haben, letztendlich geschmälert, was dann in der Konsequenz bedeutet, dass die Charaktere dadurch eben nicht an Bedeutung und Nimbus gewinnen, sondern einbüßen.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #23 am: 12.03.2012 | 11:45 »
[...] und muß der lächerlich offensichtliche Zusammenhang aus faktischer Unsterblichkeit und lebenslangem Lernen noch extra erwähnt werden?

Das ist ein interessanter Punkt, der mich auch lange beschäftigt hat. Aufs Rollenspiel bezogen muss man hier klar sagen, dass alle Charaktere irgendwo Anfänger sind. Daher haben Elben zu Spielbeginn erstmal nichts von ihrer Unsterblichkeit. Dann muss man aber auch sehen, wie sie mit ihrer Unsterblichkeit umgehen. So wie ich die Quellen interpretiere, schaffen es nur wenige Elben im Dritten Zeitalter, überhaupt etwas mit dieser Langlebigkeit anzufangen. Sie leben zurückgezogen, bewachen ihre Heimat. Anders als Menschen lernen sie anscheinend nicht sehr schnell, sondern leben im EInklang mit der Natur. Die wenigsten scheinen überhaupt ein Streben nach Macht zu besitzen.
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Re: [Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
« Antwort #24 am: 12.03.2012 | 11:45 »
Was mich allerdings stört (und für mich den Faden durchaus abwertet) ist deine Apologie, terrorbeagle, wider
die kritischen Bemerkungen von Feuersänger. Seine Anmerkungen sind für mich durchaus richtig, entstammen
aber einem anderen Blickwinkel, der, wie mir scheint, für dich nicht so ganz nachvollziehbar ist.
Jedenfalls: Diese "ich-hab-aber-doch-Recht"-Haltung von jemandem, der gerade eine Spielerezension geschrieben hat,
geht mir auf den Keks. Vor allem, weil sich daraus ergebende Diskussionen gerne mal Rezensionsstränge im Vorbeigehen zerschießen. (Hab ich leider schon öfter beobachten müssen.)

Siehste... und ich finde es klasse, dass Terrorbeagle seine Position argumentativ untermauert. Von dieser "recht-haben-Haltung" lese ich weniger. Zumal ich ihm diesen Unterton nicht unterstellen mag ;)