Hallo.
Es lässt mir keine Ruhe. Und obwohl ich kein großer Fan von tiefergehenden Fragen dieser Art bin, muss ich es einfach los werden - nicht, um mir hier Aggro von diesem großen Forum einzufangen (das Potential dafür ist aber in dem nachstehenden da!), sondern um Eure Eindrücke und Erfahrungen kennenzulernen und andere Perspektiven zu erfahren:
Im Tanelorn-Con-Unterforum habe ich ja bereits meine Fragen und Enttäuschungen über das "Conventus Leonis" in diesem Jahr mitgeteilt. (
http://tanelorn.net/index.php/topic,73820.0.html) In den darauf folgenden Tagen kreisten weitere Gedanken um diese Eindrücke; auch habe ich mich mit einigen (sehr) wenigen Rollenspielfreunden unterhalten.
Vorfragen: Ist das, was ich da von Freunden und Bekannten lese und höre, nur ein regionales Problem? Oder sogar ein grundsätzliches Problem? Überhaupt "ein Problem" oder einfach nur "der Status Quo"? Und sind die Klischees der Rollenspieler noch immer so hartnäckig zutreffend, wie sie es bereits vor 20 und mehr Jahren waren?
Was ist also passiert, dass ich diese Fragen stelle?
Am letzten Wochenende war ich das erste Mal seit langer Zeit auf dem Conventus Leonis in Braunschweig - eines der Convention-Klassiker in Niedersachsen schlechthin; zwar war es noch nie besonders groß, aber die Rollenspiel-Veteranen werden sich erinnern: Bis mindestens Ende der 90iger Jahre war es gut besucht und irgendwie auch überregionales Pflichtprogramm - und zwar so gut, dass es Spielleiter-Mangel, Spielrunden-Mangel, Platz-Mangel, und trotz allem gute Stimmung und viele, viele unterschiedliche Angebote auch im Bereich Stände, Workshops, Smalltalk, Wettbewerbe etc. gab. Das war dieses Jahr keineswegs so. Und bei Nachfragen wohl auch in den letzten Jahren eher mau ...
Mit zwei Ausnahmen:
(1)
Das Bild des langhaarigen, tendenziell ungepflegt wirkenden, irgendwie unsportlichen Spiele-Freaks besteht nach wie vor. Und während man sich im Treppenhaus oder auf dem Flur eher schüchtern und introvertiert begegnete, war das Potential der Eigendarstellung und der höchstpersönlichen Sonderbarkeit und Individualität am Spieltisch stets groß und wurde bisweilen vehement ausgespielt.
Natürlich: Ausnahmen gab es wie immer auch hier; aber diese bestätigten eher diese generelle Erscheinungsbild und Auftreten "des Rollenspielers" schlechthin.
(2)
Und noch etwas hat sich nicht geändert: Trotzdem es mittlerweile gute und vielseitige Rollenspiele gibt, die mehr ermöglichen, als bloß Modifikatoren zählen zu lassen, Monster zu killen oder die Selbstbefriedigung des Ich-habe-dickste-Wummen-und-bin-der-Coolste-Arsch-von-Welt-Rollenspielers zu adressieren, ist die "Quote" von RollenspielerINNEN doch nach wie vor erschreckend gering. Man mag auch darüber trefflich streiten, ob frühere/ alte Rollenspiele per se "frauenfeindlicher" oder "abschreckender" waren. Unabhängig davon ist aber klar: Die Zahl der RollenspielerInnen war auch schon vor 20+ Jahren unheimlich dürftig ...
Dabei habe ich die wenigen Rollenspielerinnen, denen ich in vielen Jahren begegnet war, stets als Mitspielerinnen sehr geschätzt - wegen ihrer Einfälle, ihre Spielweise, ihre mindestens gleichwertigen Begeisterungsfähigkeit für Rollenspiele (egal welcher Art auch immer).
Missversteht mich bitte nicht falsch: Die Eindrücke, die ich teile, sollen nicht sagen: Ich halte Rollenspieler für eine ziemlich krasse Minderheit; im Gegenteil hoffte ich, dass sich die Klischees aus den frühen Neunzigern, wie ich sie noch in Erinnerung habe, mittlerweile nicht mehr so fest auf aktuellen Conventions abbilden ließen. Meine Eindrücke vom Conventus Leonis veranlassten mich aber dazu, das Hannover Spiel dieser Tage gar nicht erst zu besuchen, um eine Wiederholung der Erfahrungen vom letzten Wochenende zu verhindern. Denn irgendwie hat sich das regelrecht eingebrannt: Diese "Szene" ist stehengeblieben ... Aber ist sie das wirklich?
Deshalb ernsthaft hier nachgefragt: Wie sieht das mit Euren Beobachtungen und vor allem Einschätzungen aus? Und wie sehr lassen sich daraus möglicherweise Rückschlüsse auf die regionalen Rollenspielszenen ableiten?
Dieser vorerst abschließende Gedanke noch: Viele "meiner" Rollenspielfreunde sind nicht "typische" Con-Gänger. Sie unterschieden sich auch von dem krassen Klischee, das ich oben erwähnte. Könnte man also auch schlussfolgern: Es gibt den typischen, öffentlich in Erscheinung tretenden Rollenspieler auf Conventions, und es gibt eben auch "die anderen"?
Bitte räumt mit meinen Vor- und gefestigten Urteilen auf!
Danke sehr.
AO