Kann es echt sein, dass ich hier noch nie meinen Senf dazu gegeben habe? Unglaublich.
Dabei erkenne ich mich in vielem wieder, was hier geschrieben wurde. Besondere Zustimmung von mir kriegen
Rollenspieler fabulieren über magische Zweihänder, wie sie den Ork mit einem Würfelwurf ewnthaupteten, haben eine Sprache, die keiner versteht: Hab den Ork am Kopf gecrittet und mit der 99 war erst 7 Runden stunned, hab ihm aber mit nem coup-de-grace den gar aus gemacht."
Jetzt mal ehrlich ... sind solche infantil wirkenden, megalomanischen und vor allem realitätsfremden Aussagen irgendwie normal?
und
Wenn ich nur die Gestalten sehe, die beim örtlichen RPG-Laden rumhängen.... meine Fresse.
Ich versuch's mal, systematisch aufzubereiten.
Peinlich im stillen Kämmerlein? Zunächst mal hat man mir seit dem Tag, an dem das Hobby Rollenspiel meine Freizeit gekapert hat (und das ist gerade ziemlich genau 29 Jahre her), ein schlechtes Gewissen eingeredet, wie man mit ebendieser kostbaren Freizeit so einen unfassbaren Stuss anstellen kann. Gut, unter Schulkameraden habe ich trotzdem genügend Interessierte gefunden, aber unter den Erwachsenen... meine Güte. Und da kann ich mir heutzutage noch so viele gute Argumente pro Rollenspiel überlegen, irgendetwas von diesem jahrelangen Mobbing ist halt doch hängen geblieben. So eine Art latent schlechtes Gewissen, dass man stattdessen in seiner Freizeit ja auch Robbenbabys retten, die nächste Super-App programmieren, eine neue Fremdsprache lernen
(nein, nicht Elbisch oder Klingonisch) oder wenigstens den Garten umgraben könnte.
Peinlich, darüber zu reden? Früher habe ich mein Hobby für mich behalten, heute gehe ich schon auch mal offensiver damit um (auch wenn ich einem Beruf nachgehe, dem gesellschaftlich sehr große Seriosität zugetraut wird - gell, Wellentänzer?
). Allerdings tue ich das nur in Situationen, wo die Möglichkeit besteht, das Hobby auch gleich zu erklären. Ich erwähne es daher nie nur mal eben zwischen Tür und Angel. Und ich rede niemals, niemals, niemals nur von "Rollenspiel", sondern immer von "Pen-and-Paper-Rollenspiel".
Peinliche Rollenspieler? Zu dem Thema ist mir gerade ein gewaltiges Licht aufgegangen. Ich hatte nämlich schon einen tollen Rant geschrieben über Leute, die ihr U-Bahn-Abteil mit Monologen à la
"Ich also mit der Elektro-Kettensäge auf die Orks, ne, ich sag nur explodierende Würfel, sieben Sechser hintereinander! Grüner Gore überall, das schöne neue Kettenhemd voller Eingeweidefetzen, SO 'ne Schweinerei sag ich dir. Und der Mage noch so: 'Kannste wegschmeißen, aber macht nichts, da is'n Grüner Punkt drauf. Und da auch, und da auch...' Voll geil, was haben wir gelacht..." unterhalten. Und wie diese Idioten ja das Bild von Rollenspielern in der Öffentlichkeit prägen und es für uns andere so schwer machen, vernünftig über unser Hobby zu sprechen.
Aber dann kamen mir Zweifel. Denn "wir anderen", wir spielen ja ganz anders, nicht wahr? So was primitives wie die Sache mit den Orks und der Kettensäge gäbe es bei uns natürlich nicht, oder? Äh. Hmtja. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich den Mitschnitt meiner eigenen Rollenspielsitzungen am Ende auch nicht unbedingt nochmal hören. Denn Hand aufs Herz - findet bei uns wirklich nur hochgeistiges Impro-Theater statt, vor ansprechendem viktorianischem Ambiente, mit anspruchsvollen Dialogen und großartiger Handlung? Klar, theoretisch kann man das mit dem Werkzeug "Rollenspiel" machen. Aber in der Praxis? Kommen auch bei uns alle paar Stunden die Würfel auf den Tisch, damit wir irgendeinem Bösewicht mal so richtig die Fresse polieren können. Und das ist - wie Luxferre da oben ganz richtig schreibt - einem Außenstehenden einfach nicht zu vermitteln, wenn man sich nicht selbst in die "komplett durchgeknallt"-Ecke stellen will.
Von daher: Nein, mein Hobby an sich ist mir nicht peinlich. Es gibt sinnvollere Freizeitbeschäftigungen, aber auch massenhaft erheblich sinnlosere (wenn ich da nur an die ganzen 16-jährigen denke, die hier allabendlichen auf ihrem Moped vor der Schule abhängen und Wodka in sich reinkippen...). Aber ich finde es aus den genannten Gründen einfacher, mich mit Unbeteiligten über Fußball zu unterhalten als über Rollenspiel. Ich oute mich deshalb nur dann, wenn ich gerade Zeit und Lust dazu habe.